TE Lvwg Erkenntnis 2022/9/5 LVwG-2021/36/2105-4

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Veröffentlicht am 05.09.2022
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Entscheidungsdatum

05.09.2022

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §13 Abs5
AVG §71
  1. AVG § 13 heute
  2. AVG § 13 gültig ab 15.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018
  3. AVG § 13 gültig von 01.01.2012 bis 14.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2011
  4. AVG § 13 gültig von 01.01.2011 bis 31.12.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  5. AVG § 13 gültig von 01.01.2008 bis 31.12.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  6. AVG § 13 gültig von 01.07.2004 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  7. AVG § 13 gültig von 01.03.2004 bis 30.06.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  8. AVG § 13 gültig von 20.04.2002 bis 29.02.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002
  9. AVG § 13 gültig von 01.01.2002 bis 19.04.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001
  10. AVG § 13 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  11. AVG § 13 gültig von 01.02.1991 bis 31.12.1998
  1. AVG § 71 heute
  2. AVG § 71 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  3. AVG § 71 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  4. AVG § 71 gültig von 01.07.1995 bis 31.12.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995
  5. AVG § 71 gültig von 01.02.1991 bis 30.06.1995

Text

A.

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Gstir über den Antrag des Herrn AA, Adresse 1, **** Z, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei BB GmbH, Adresse 2, **** Y, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 25.06.2021, Zl ***,

zu Recht:

1.       Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

B.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol fasst durch seine Richterin Dr.in Gstir über die Beschwerde des Herrn AA, Adresse 1, **** Z, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei BB GmbH, Adresse 2, **** Y, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 25.06.2021,
Zl ***, betreffend ein baupolizeiliches Verfahren nach der Tiroler Bauordnung 2018, den

Beschluss:

1.       Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Entscheidungswesentlicher Verfahrensgang und Sachverhalt:

Nach Durchführung eines Lokalaugenscheins am 04.05.2021 wurde mit dem gegenständlich bekämpften Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 25.06.2021,
Zl ***, Herrn AA (in der Folge: Beschwerdeführer) hinsichtlich eines landwirtschaftlichen Nebengebäudes auf Gst **1 KG Z baupolizeiliche Aufträge nach § 46 Abs 1 TBO 2018 (Wiederherstellungsauftrag), nach § 42 Abs 3 TBO 2018 (Baueinstellung) und nach § 46 Abs 6 lit a TBO 2018 (Benützungsuntersagung) erteilt.

Dagegen brachte der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung die Beschwerde vom 27.07.2021 ein, dies zum einen am Dienstag, den 27.07.2021, um 16.59 Uhr per Email und zum anderen wurde diese Beschwerde lt Poststempel und Einschreibvermerk am 29.07.2021 der Post zur Versendung übergeben. Zur Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels wird in dieser Beschwerde ausgeführt, dass der gegenständlich bekämpfte Bescheid dem Beschwerdeführer am 30.06.2021 zugestellt worden sei.

Aus dem im Akt einliegenden Rückschein ergibt sich, dass der gegenständlich bekämpfte Bescheid am 29.06.2021 übernommen wurde. In der Übernahmebestätigung ist die leserliche Unterschrift „CC“ angeführt.

Dazu wurde von der belangten Behörde auf Nachfrage des Landesverwaltungsgerichts mitgeteilt, dass es sich dabei um die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers handelt.

Zum Verspätungsvorhalt des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 04.10.2021,
LVwG-2021/36/2105-1, sowohl hinsichtlich der Einbringung der Beschwerde per Email als auch im Postweg, brachte der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung den Schriftsatz vom 20.10.2021 ein, in dem ua zum Verspätungsvorhalt Stellung genommen und ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt wurde. Der Eingabe angeschlossen war ua auch ein Email des Beschwerdeführers vom 30.06.2021, 14.21 Uhr, in dem dieser ua Folgendes ausführt:
„… Heute kam (überraschend) dieser Bescheid …“

In der Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt wird hinsichtlich der Einbringung der Beschwerde per Email vom Beschwerdeführer unter anderem auch vorgebracht, dass sich die ua am Dienstag, den 27.07.2021 um 16.59 Uhr per Email eingebrachte Beschwerde auch deshalb als rechtzeitig erweise, da entgegen den Vorgaben des § 13 Abs 5 AVG die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit der Gemeinde Z zwar im Internet nicht jedoch auch an der Amtstafel kundgemacht seien.

Dazu brachte die belangte Behörde die Stellungnahme vom 08.06.2022, unter Anschluss einer Reihe von Lichtbildbeilagen und einer Mitteilung des Gemeindeamtsleiters, ein und wird darin zusammengefasst ausgeführt, dass das Plakat der Gemeindeöffnungszeiten und die Kundmachung vom 07.04.2015 (§§ 13 und 42 AVG) jedenfalls auch im Zeitraum 29.06.2021 bis 27.07.2021 an der Gemeindeamtstafel der Gemeinde Z kundgemacht waren.

Dazu wurde vom Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung die Stellungnahme vom 01.07.2022 eingebracht.

II.      Beweiswürdigung:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich – wie vorstehend und im Folgenden in Detail dargetan - aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt, insbesondere dem Rückschein der nachweislichen Zustellung des bekämpften Bescheides sowie der Stellungnahme des Beschwerdeführers zum Verspätungsvorhalt des Landesverwaltungsgerichts und der Stellungnahme der belangten Behörde dazu sowie der Stellungnahme des Beschwerdeführers zu den Ausführungen und Beweismittel der belangten Behörde.

Daraus ergibt sich, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt nach Ansicht des erkennenden Gerichts im gegenständlichen Verfahren aufgrund der Aktenlage feststeht und eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache im Umfang der gegenständlichen Prüfbefugnis nicht erwarten lässt, sodass einem Entfall der mündlichen Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 GRC entgegenstanden (vgl EGMR 10.05.2007, Nr 7401/04; EGMR 03.05.2007, Nr 17.912/0518; VwGH 18.10.1999,
Zl 96/10/0199; VwGH 27.08.2014, Zl 2013/05/0169; VwGH 16.10.2019, Ra 2019/07/0095; uva).

III.     Rechtslage:

Gegenständlich sind insbesondere folgende Rechtsvorschriften entscheidungsrelevant:

Zustellgesetz – ZustG, in der hier maßgeblichen Fassung

„Ersatzzustellung

§ 16

(1) Kann das Dokument nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

(2) Ersatzempfänger kann jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die – außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt – zur Annahme bereit ist.

(3) Durch Organe eines Zustelldienstes darf an bestimmte Ersatzempfänger nicht oder nur an bestimmte Ersatzempfänger zugestellt werden, wenn der Empfänger dies schriftlich beim Zustelldienst verlangt hat.

(4) Die Behörde hat Personen wegen ihres Interesses an der Sache oder auf Grund einer schriftlichen Erklärung des Empfängers durch einen Vermerk auf dem Dokument und dem Zustellnachweis von der Ersatzzustellung auszuschließen; an sie darf nicht zugestellt werden.

(5) Eine Ersatzzustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.“

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, in der hier maßgeblichen Fassung :

„Beschwerderecht und Beschwerdefrist

§ 7

(…)

(4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG beträgt vier Wochen.

(…)“

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, in der hier maßgeblichen Fassung :

㤠13

(…)

(2) Schriftliche Anbringen können der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.

(…)

(5) Die Behörde ist nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, und, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, mündliche oder telefonische Anbringen entgegenzunehmen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen.

(…)

§ 32

(1) Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.

(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 71

(1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1.       die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2.       die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, daß kein Rechtsmittel zulässig sei.

(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

(3) Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

(4) Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat.

(5) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages findet keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statt.

(6) Die Behörde kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(7) Der Wiedereinsetzungsantrag kann nicht auf Umstände gestützt werden, die die Behörde schon früher für unzureichend befunden hat, um die Verlängerung der versäumten Frist oder die Verlegung der versäumten Verhandlung zu bewilligen.“

IV.      Erwägungen:

1.       Aus dem im Akt einliegenden Rückschein ergibt sich, dass der gegenständlich bekämpfte Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 25.06.2021,
Zl *** am 29.06.2021 durch die Post zugestellt wurde.

In der Übernahmebestätigung ist die leserliche Unterschrift „CC“ angeführt.

Kann das Dokument nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

Die Zustellung im Wege des Ersatzempfängers wird - sofern der Ausnahmetatbestand des
§ 16 Abs 5 Zustellgesetz nicht gegeben ist - grundsätzlich im Zeitpunkt der Übergabe der Sendung an diesen wirksam. Dies unabhängig davon, ob oder wann der Ersatzempfänger den Empfänger über die Zustellung informiert bzw ob oder wann die Sendung dem Empfänger tatsächlich zukommt (vgl VwGH 24.10.1989, 88/08/0264; VwGH 23.4.2009, 2007/09/0202; ua).

2.       Von der belangten Behörde wurde auf Nachfrage des Landesverwaltungsgerichts mitgeteilt, dass es sich bei der Person die den bekämpften Bescheid übernommen hat, um die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers handelt und wurde dies vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.

Auch wurde vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht, dass seine Lebensgefährtin nicht als Ersatzempfänger berechtigt gewesen wäre.

Zudem ergibt sich aus dem Email des Beschwerdeführers an seinen Rechtsvertreter vom 30.06.2021, dass der Beschwerdeführer bereits jedenfalls schon am 30.06.2021 vom bekämpften Bescheid und dessen Inhalt Kenntnis hatte.

Damit ergibt sich im gegenständlichen Fall sohin zusammengefasst, dass der gegenständlich bekämpfte Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 25.06.2021,
Zl ***, im Wege der Ersatzzustellung nach § 16 Zustellgesetz gegenüber dem Beschwerdeführer am 29.06.2021 wirksam zugestellt wurde.

3.       Die Frist zur Einbringung einer Beschwerde beträgt im gegenständlichen Fall gemäß
§ 7 Abs 4 VwGVG – wie auch in der Rechtsmittelbelehrung der bekämpften Entscheidung zutreffend ausgeführt – vier Wochen.

Gemäß § 32 Abs 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

Durch die gegenüber dem Beschwerdeführer wirksame Zustellung des gegenständlich bekämpften Bescheides am 29.06.2021 hat damit die Frist zur Einbringung einer Beschwerde dagegen am 27.07.2021 geendet.

4.       Soweit sich aufgrund des Akteninhalts ergibt, dass die gegenständliche Beschwerde per Email am 27.07.2021 um 16.59 Uhr bei der belangten Behörde eingelangt ist, ist dazu Folgendes auszuführen:

Gemäß § 13 Abs 5 AVG ist die Behörde nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, und, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, mündliche oder telefonische Anbringen entgegenzunehmen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen.

Aus §§ 1 und 2 der Kundmachung der Gemeinde Z nach § 13 AVG ergeben sich folgende Amtsstunden und Hinweise:

(vgl https://www.***)

„(…)

Montag bis Freitag jeweils von 08.00 – 12.00 Uhr und weiters

Montag 14.00 bis 18.00 Uhr, sowie Freitag von 14.00 bis 18.00 Uhr

(…)“

In dieser Bekanntmachung wird in Punkt 3. auch explizit darauf hingewiesen, dass die Empfangsgeräte (Telefax und E-Mail) auch außerhalb der Amtsstunden (siehe § 2) empfangsbereit sind, diese allerdings nur während der Amtsstunden betreut werden. Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden an diese Empfangsgeräte gerichtet werden, können daher nicht entgegengenommen werden. Dies hat die Wirkung, dass Anbringen auch dann, wenn sie an sich bereits in den Verfügungsbereich des Amtes gelangt sind, erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht (und eingelangt) gelten und von uns (erst) ab diesem Zeitpunkt behandelt werden.

5.       Zum Vorbringen des Beschwerdeführers in der Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt, dass entgegen den Vorgaben des § 13 Abs 5 AVG die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmten Zeiten der Gemeinde Z zwar im Internet nicht jedoch auch an der Amtstafel kundgemacht seien, brachte die belangte Behörde im Rahmen des Parteiengehörs die Stellungnahme vom 08.06.2022 unter Anschluss einer Reihe von Lichtbildbeilagen und einer Mitteilung des Gemeindeamtsleiters ein und wird darin zusammengefasst ausgeführt, dass das Plakat der Gemeindeöffnungszeiten und die Kundmachung vom 07.04.2015 (§§ 13 und 42 AVG) jedenfalls auch im Zeitraum 29.06.2021 bis 27.07.2021 an der Gemeindeamtstafel der Gemeinde Z kundgemacht waren.

Dem ist der Beschwerdeführer nicht entsprechend entgegengetreten und waren die Ausführungen in der Stellungnahme vom 01.07.2022 nicht geeignet Zweifel an den Ausführungen der belangten Behörde aufzuzeigen.

6.       Soweit dazu mit näheren Ausführungen ein Rechtschutzdefizit vorgebracht wurde ist dem entgegenzuhalten, dass diesbezüglich seitens der Höchstgerichte keine Bedenken bestehen.

Eine Kundmachung im Internet von (unter anderem) organisatorischen Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen Behörden und Beteiligten ist in § 13 Abs 5 AVG ausdrücklich vorgesehen.

Unter organisatorischen Beschränkungen sind nach den Erläuterungen zum Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetz 2007 auch Beschränkungen für außerhalb der Amtsstunden einlangende elektronische Anbringen zu verstehen.

Damit kann die Behörde – wie auch im Fall eines Einlaufkastens mit entsprechendem Hinweis – ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden mit der Wirkung bekunden, dass sie auch dann, wenn sie bereits in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt sind, erst zu einem späteren Zeitpunkt – mit Wiederbeginn der Amtsstunden – als eingebracht und eingelangt gelten (vgl 294 BlgNr XXIII. Gp 10).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt darin keine dem Gesetzgeber nicht zusinnbare Erschwerung des Zugangs zum Rechtsschutz vor, da durch die Kundmachung im Internet sichergestellt ist, dass sich die Parteien über die Voraussetzungen für ein rechtzeitiges Einlangen ihrer Anbringen umfassend informieren können (vgl VwGH 23.05.2012, 2012/08/0102).

Auch der Verfassungsgerichtshof hat hinsichtlich derartiger Beschränkungen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gehegt (vgl VfGH 03.03.2014, G106/2013-10).

7.       Zusammengefasst ergibt sich sohin, dass sich die am Dienstag, den 27.07.2021 um
16.59 Uhr außerhalb der Amtsstunden per Email bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde als verspätet erweist.

8.       Soweit die gegenständliche Beschwerde zudem auch per Post eingebracht wurde, ist dazu Folgendes weiter auszuführen:

Gemäß § 33 Abs 3 AVG werden die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) in die Frist nicht eingerechnet.

Aus der am Briefkuvert angeführten Einschreibnummer RQ 53 150 387 1 AT ergibt sich, dass dieses Schriftstück am 28.07.2021 um 08.14 Uhr der Post zur Beförderung übergeben wurde.

Da – wie vorstehend ausgeführt - die Zustellung der gegenständlich bekämpften Entscheidung im Wege der Ersatzzustellung gegenüber dem Beschwerdeführer am 29.06.2021 als bewirkt gilt, erweist sich daher auch die per Post übermittelte Beschwerde als verspätet, da diese erst am Tag nach Ablauf der Beschwerdefrist der Post zur Beförderung übergeben worden ist und daher die in § 33 Abs 3 AVG normierte Begünstigung gegenständlich nicht zur Anwendung gelangen konnte.

Zusammengefasst ergibt sich sohin, dass sich auch die im Postweg eingebrachte gegenständliche Beschwerde als verspätet erweist.

9.       Mit Schriftsatz vom 20.10.2021 wurde fristgerecht ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 25.06.2021,
Zl ***, eingebracht.

Maßgeblich für die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist, ob dieser vor der Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht gestellt wurde oder erst danach (vgl VwGH 26.09.2018, Ra 2017/17/0015; ua).

Im gegenständlichen Fall wurde der Wiedereinsetzungsantrag nach Ergehen des Verspätungsvorhaltes durch das Landesverwaltungsgericht erst nach Vorlage der Beschwerde durch die belangte Behörde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gestellt, und kommt daher die Zuständigkeit zur Entscheidung über den gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrag dem Landesverwaltungsgericht Tirol zu.

10.      Gemäß § 71 Abs 1 Z 1 AVG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Voraussetzung für die positive Erledigung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist sohin, dass die Partei bzw deren Vertreter glaubhaft machen kann, dass sie zum einen durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war die Frist einzuhalten und sie zudem kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft und müssen diese Kriterien kumulativ vorliegen.

Als „Ereignis“ ist nicht nur tatsächliches, in der Außenwelt stattfindendes, sondern prinzipiell jedes, auch inneres, psychisches Geschehen sowie ein psychologischer Vorgang anzusehen.

11.     Hinsichtlich des näheren Vorbringens im Wiedereinsetzungsantrag betreffend die Eintragung der gegenständlichen Beschwerdefrist durch einen geschulten langjährigen Kanzleiangestellten sowie der Kontrolle durch einen weiteren erfahrenen Kanzleiangestellten, ist Folgendes auszuführen:

Ein beruflich rechtskundiger Parteienvertreter hat seine Kanzlei so zu organisieren, dass die erforderliche und fristgerechte Setzung von Prozesshandlungen sichergestellt und nach menschlichem Ermessen die Versäumung von Fristen ausgeschlossen ist (vgl VwGH 17.04.1998, 98/04/0036; VwGH 13.11.1998, 98/19/0219; VwGH 04.09.2003, 2003/09/0108; VwGH 23.02.2006, 2006/07/0028; uva).

Dabei ist zum einen durch den richtigen Einsatz entsprechend qualifizierter Mitarbeiter und zum anderen aber auch durch hinreichende, wirksame Kontrollen dafür vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten infolge menschlichen Versagens so weit als möglich ausgeschaltet werden (VwGH 14.04.1994, 94/06/0047; VwGH 21.05.1996, 96/05/0047; VwGH 14.11.2002, 2001/09/0177; VwGH 24.09.2003, 97/13/0224; ua).

12.     Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Einhaltung der Rechtsmittelfristen grundsätzlich der berufliche rechtskundige Parteienvertreter verantwortlich und ist bei der Beurteilung, ob ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden vorliegt, an diesen ein strengerer Maßstab anzulegen (vgl VwGH 19.09.1997, 96/19/0679; VwGH 20.05.2003, 2003/02/0028; VwGH 03.09.2008, 2008/04/0127; VwGH 28.05. 2008, 2008/21/0320; ua).

Der Vertreter ist – um sein Verschulden auszuschließen – daher verhalten, sich selbst unverzüglich von der vertretenen Partei alle erforderlichen Informationen zu verschaffen, um die Prozesshandlungen zeitgerecht setzen und damit die Fristen wahren zu können (vgl VwGH 13.12.1989, 89/03/0091; VwGH 31.01.1990, 89/03/0254).

Dabei obliegt es dem Vertreter einer Partei insbesondere, die ihm von einem Klienten mitgeteilten Umstände über den für den Beginn der Rechtsmittelfrist maßgebenden Zustelltag nicht ungeprüft seiner Fristvormerkung zu Grunde zu legen (VwGH 22.11.1995, 95/15/0055; VwGH 27.04.2016, Ra 2016/05/0015).

Andererseits ist allerdings auch der Machtgeber verpflichtet, seinem Vertreter die notwendigen Daten – im Falle der Erhebung eines Rechtsmittels insbesondere das genaue Zustelldatum des Bescheides – bekanntzugeben (VwGH 31.01.1990, 89/03/0254; VwGH 07.04.2000, 97/19/1803; VwGH 25.02.2004, 2001/09/0019; ua).

Ein allfälliger Mangel in der Kommunikation zwischen der Partei und ihrem Vertreter, welche die Entscheidung, die notwendige Prozesshandlung zu setzen, beeinflussen konnten, stellen nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH allerdings kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis iSd § 71 Abs 1 Z 1 AVG dar (VwGH 16.03.2012, 2009/05/0078;
VwGH 23.05.2013, 2013/11/0040; VwGH 27.04.2016, Ra 2016/05/0015).

Es wäre daher in diesem Fall kein Wiedereinsetzungsgrund nach § 71 Abs 1 Z 1 AVG gegeben.

13.      Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer mit Email vom 30.06.2021,
14.21 Uhr seiner Rechtsvertretung Folgendes mitgeteilt: „Heute kam (überraschend) dieser Bescheid (…)“.

Aufgrund der Mitteilung des Beschwerdeführers wurde von seiner Rechtsvertretung der 30.06.2021 der Berechnung der Rechtsmittelfrist zu Grunde gelegt.

Tatsächlich wurde der gegenständlich bekämpfte Bescheid jedoch – wie sich aus dem Rückschein zweifelsfrei ergibt – bereits am 29.06.2021 im Wege der Ersatzzustellung an die Lebensgefährtin mit Wirkung gegenüber dem Beschwerdeführer zugestellt.

Im gegenständlichen Fall ergibt sich sohin in gebotener Gesamtbetrachtung zusammengefasst, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 71 Abs 1 Z 1 AVG im Lichte der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht gegeben waren.

14.      Soweit der Wiedereinsetzungsantag mit näherem Vorbringen darauf gestützt wird, dass die Rechtsmittelbelehrung mangelhaft und unzulänglich sei, da darin nicht darauf hingewiesen werde, dass die elektronische Einbringung nur während der Amtsstunden wirksam sei, und damit zudem ein Wiedereinsetzungsgrund nach § 71 Abs 1 Z 2 AVG geltend gemacht wird, ist dazu Folgendes auszuführen:

Nach § 61 Abs 1 AVG hat die Rechtsmittelbelehrung anzugeben, ob gegen den Bescheid ein Rechtsmittel erhoben werden kann, bejahendenfalls welchen Inhalt und welche Form dieses Rechtsmittel haben muss und bei welcher Behörde und innerhalb welcher Frist es einzubringen ist.

§ 61 Abs 1 AVG sieht jedoch nicht vor, dass die Rechtsmittelbelehrung auch einen Hinweis auf die Modalitäten einer Rechtsmittelerhebung mittels Telefax oder im elektronischem Weg zu enthalten hat (vgl VwGH 18.12.2000, 2000/10/0127; ua).

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist daher gegenständlich auch keine falsche oder unvollständige Rechtsmittelbelehrung gegeben und liegt damit auch der Wiedereinsetzungsgrund des § 71 Abs 1 Z 2 AVG ebenfalls nicht vor.

15.      Zusammengefasst ergibt sich sohin im Lichte der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, dass der gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 25.06.2021, Zl ***, abzuweisen war.

16.      Da dem gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrag keine Folge gegeben wurde, war in weiterer Folge dann die gegenständliche Beschwerde gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 25.06.2021, Zl ***, als verspätet zurückzuweisen.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Dazu kann insbesondere auf die in dieser Entscheidung angeführte höchstgerichtlichen Rechtsprechung verwiesen werden.

Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr.in Gstir

(Richterin)

Schlagworte

Wiedereinsetzung
Verspätete Einbringung

Anmerkung

Mit Beschluss vom 29.11.2022, Z E 2811/2022-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 05.09.2022, Z LVwG-2021/36/2105-4 erhobenen Beschwerde ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2021.36.2105.4

Zuletzt aktualisiert am

21.12.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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