TE Vfgh Erkenntnis 2014/3/3 G106/2013

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Veröffentlicht am 03.03.2014
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Index

40/01 Verwaltungsverfahrensgesetze außer Finanz- und Dienstrechtsverfahren

Norm

B-VG Art18 Abs1
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
AVG §13 Abs2, Abs5
ZustellG §2 Z7

Leitsatz

Keine Verfassungswidrigkeit von Bestimmungen des AVG betreffend schriftliche Anbringen in Form von E-Mail während der Amtsstunden; Beschränkungen des elektronischen Verkehrs mit Behörden und Festlegung von Amtsstunden keine Angelegenheiten des Verwaltungsverfahrensrechtes sondern des Verwaltungsorganisationsrechtes; Bestimmung über bekannt zu machende Beschränkungen daher keine Ermächtigungsnorm sondern Publizitätsvorschrift; Anknüpfen des Verwaltungsverfahrensgesetzgebers an organisationsrechtliche Tatbestände nicht bedenklich; kein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot und den Gleichheitssatz

Spruch

§13 Abs2 letzter Satz des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl Nr 51/1991, in der Fassung BGBl I Nr 5/2008, und §13 Abs5 AVG, BGBl Nr 51/1991 in der Fassung BGBl I Nr 100/2011, werden nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren

1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl B621/2013 eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

1.1. Mit Bescheid vom 10. April 2013 wies der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark (im Folgenden: UVS Steiermark) die Berufung der Beschwerdeführerin gegen das wegen Verstoßes gegen die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Murtal vom 4. März 2013 wegen Verspätung zurück. Der UVS Steiermark begründet seine Entscheidung damit, dass der Beschwerdeführerin das Straferkenntnis am 6. März 2013 zugestellt, aber "laut Eingangsdatum (E-Mail) die Berufung erst am 21.03.2013 um 06.54 Uhr" verspätet eingebracht worden sei. Aus der Kundmachung der Bezirkshauptmannschaft Murtal über ihre Amtsstunden gehe hervor, dass bei außerhalb der Amtsstunden übermittelten elektronischen Anbringen diese erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden entgegengenommen würden und erst ab diesem Zeitpunkt als eingebracht und eingelangt anzusehen seien.

1.2. In der dagegen erhobenen, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde behauptet die Beschwerdeführerin die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. §13 Abs5 AVG sei verfassungswidrig, weil "die Kundmachung der Verfügung der Behörde (einer Verordnung), wann sie bereit sei, E-Mails entgegenzunehmen, nicht genügend determiniert ist. Die Verordnungsermächtigung ist so ungenau, dass die darauf basierende Kundmachung der BH Murtal auf ihrer 'offiziellen Homepage' nicht ausreichend determiniert ist." Die Verordnungsermächtigung "im Internet" sei so vage, dass eine konkrete Verlautbarung dieser Verordnung nicht möglich sei. Es sei als gleichheitswidrig anzusehen, wenn es möglich sei, "im Rahmen der Post-Zustellung zu fingieren, dass die Zustellung mit Aufgabe als eingebracht gilt, im Rahmen des elektronischen Zustellverkehrs jedoch darauf abstellen zu wollen, dass es erst mit den Amtsstunden am nächsten Tag als eingelangt gilt".

1.3. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und trat darin den Beschwerdebehauptungen entgegen. Unstrittig sei, dass die Berufung außerhalb der Amtsstunden übermittelt worden sei. Aus den Gesetzesbestimmungen ergebe sich, dass die Ermächtigung der Behörde zur Einschränkung des elektronischen Verkehrs sich entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin aus §13 Abs2 und nicht aus Abs5 AVG ableite. Eine Kundmachung von derartigen Beschränkungen sei nur im Internet vorgeschrieben, weitere Kundmachungserfordernisse seien nicht erkennbar.

1.4. Die Bezirkshauptfrau von Murtal erstattete eine Stellungnahme und hielt den Beschwerdevorwürfen entgegen, dass – obwohl gemäß §13 Abs2 zweiter Satz AVG etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten ausschließlich im Internet bekanntzumachen seien – die Kundmachung zusätzlich über ein Jahr an der Amtstafel der Bezirkshauptmannschaft Murtal dauernd angeschlagen gewesen sei. In den Erläuternden Bemerkungen zur Novelle BGBl I 5/2008 (RV294 BlgNR 23. GP) sei ausdrücklich die Möglichkeit erwähnt, dass eine Behörde ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden durch entsprechende Erklärungen mit der Wirkung zum Ausdruck bringen könne, dass elektronische Anbringen auch dann, wenn sie an sich bereits in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt seien, erst zu einem späteren Zeitpunkt (mit Wiederbeginn der Amtsstunden) als eingebracht (und eingelangt) gälten. Zwar sei zuzugestehen, dass die Bekanntmachung nicht an einem "prominenten Platz" erfolgt sei, sie sei aber – wie die Beschwerdeführerin zugestanden habe – auffindbar gewesen. Wenn die Beschwerdeführerin zugebe, die Bekanntmachung gefunden, gelesen und zur Kenntnis genommen zu haben, so müsse ihr bewusst sein, dass sie ein nach Ende der Amtsstunden eingebrachtes elektronisches Anbringen nicht rechtzeitig einbringen könne.

2. Bei der Behandlung der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §13 Abs2 letzter Satz des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl 51/1991, idF BGBl I 5/2008, sowie des §13 Abs5 AVG, BGBl 51/1991, idF BGBl I 100/2011, entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 11. Dezember 2013 beschlossen, diese Gesetzesbestimmungen von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

3. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"[…]

2. §13 Abs5 AVG wurde in den vergangenen Jahren mehrfach novelliert und insbesondere im Hinblick auf neue Möglichkeiten der technischen Einbringung von Anbringen angepasst.

2.1. In der wiederverlautbarten Fassung des AVG, BGBl 51/1991, lautete §13 Abs5:

'(5) Zur Entgegennahme mündlicher Anbringen ist die Behörde, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit, zur Entgegennahme schriftlicher Eingaben nur während der Amtsstunden verpflichtet. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind bei der Behörde durch Anschlag kundzumachen.'

2.2. Mit der Novelle BGBl I 158/1998 erhielt §13 Abs5 AVG folgende Fassung:

'(5) Zur Entgegennahme mündlicher oder telephonischer Anbringen ist die Behörde, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit, zur Entgegennahme schriftlicher Anbringen nur während der Amtsstunden verpflichtet. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind bei der Behörde durch Anschlag kundzumachen. Mit Telefax, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingebrachte Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden bei der Behörde einlangen, gelten erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als bei ihr eingelangt.'

Der Verwaltungsgerichtshof interpretierte diese Bestimmung dahin, dass eine mit Telefax eingebrachte Berufung spätestens am letzten Tag der Frist bis zum Ende der Amtsstunden bei der zuständigen Behörde eingelangt sein musste, um als innerhalb der Berufungsfrist eingebracht zu gelten (VwGH 5.8.1999, 99/03/0311). Die Begriffe 'Einlangen' und 'Einbringen' stellten nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auf den gleichen Zeitpunkt, nämlich auf die Entgegennahme durch die Behörde ab (vgl. VwGH 29.5.1998, 98/02/0146; 13.3.1998, 98/19/0036), allerdings das eine Mal aus dem Blickwinkel des Einschreiters, das andere Mal aus jenem der Behörde (Hengstschläger/Leeb, AVG §13, 2005, 142, Rz 36; VwSlg 15.462 A/2000; vgl. auch VwGH 11.10.2000, 2000/03/0200).

Im Gegensatz dazu hob der Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis VfSlg 15.858/2000 einen Bescheid wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art83 Abs2 B-VG auf, mit dem eine nach den Amtsstunden, aber noch vor Ablauf des letzten Tages der Berufungsfrist per Telefax übermittelte Berufung als verspätet zurückgewiesen wurde. Der Verfassungsgerichtshof begründete dies damit, dass §13 Abs5 letzter Satz AVG idF BGBl I 158/1998 ausschließlich für den Beginn oder das Ende von jenen Fristen von Bedeutung wäre, die spezifisch auf das 'Einlangen' abstellten (zB §73 Abs1 und 3 AVG; vgl. auch VfGH 13.3.2003,

B1329/02 zur lex specialis des §2 VersammlungsG), jedoch keine Bedeutung für die Wahrung von Fristen – wie jene des §63 Abs5 AVG – habe, bei denen es auf das 'Einbringen' ankäme (so auch VfGH 25.9.2000, B1280/00; 14.3.2001, B2385/00

).

2.3. Dieser Divergenz in der Rechtsprechung der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts trug der Gesetzgeber durch die Novelle BGBl I 137/2001 folgendermaßen – im Sinne der Ansicht des Verfassungsgerichtshofes – Rechnung:

'(5) Zur Entgegennahme mündlicher oder telefonischer Anbringen ist die Behörde, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit, zur Entgegennahme schriftlicher Anbringen nur während der Amtsstunden verpflichtet. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind bei der Behörde durch Anschlag kundzumachen. Anbringen, die mit Telefax, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise binnen offener Frist eingebracht werden und außerhalb der Amtsstunden bei der Behörde einlangen, gelten als rechtzeitig eingebracht. Behördliche Entscheidungsfristen beginnen jedoch erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden zu laufen.'

§13 Abs5 dritter Satz AVG idF dieser Novelle normierte ausdrücklich, dass Anbringen, die auf elektronischem Weg binnen offener Frist eingebracht wurden, aber außerhalb der Amtsstunden bei der Behörde einlangten, als rechtzeitig eingebracht galten. Nur Rechtsfolgen, die an das 'Einlangen' eines Anbringens anknüpften (insbesondere 'behördliche Entscheidungsfristen'), traten erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden ein.

2.4. Der Gesetzgeber änderte §13 Abs5 AVG erneut mit der Novelle BGBl I 10/2004:

'(5) Zur Entgegennahme mündlicher Anbringen ist die Behörde, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, zur Entgegennahme schriftlicher Anbringen nur während der Amtsstunden. Schriftliche Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden binnen offener Frist in einer technischen Form eingebracht werden, die die Feststellung des Zeitpunkts des Einlangens ermöglicht, gelten als rechtzeitig eingebracht. Behördliche Entscheidungsfristen beginnen jedoch erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden zu laufen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmten Zeiten sind von der Behörde durch Anschlag an der Amtstafel sowie im Internet kundzumachen.'

Der Gesetzgeber nahm nunmehr auf schriftliche Anbringen in jeder technischen Form Bezug und stellte darauf ab, ob 'die Feststellung des Zeitpunkt des Einlangens' möglich war. Die Unterscheidung zwischen 'Einlangen' und 'Einbringen' wurde beibehalten, weshalb der Gesetzgeber die Novellierung auch 'nicht als Abgehen vom bisherigen Regelungsinhalt des Abs5' verstanden wissen wollte (RV 252 BlgNR 22. GP, 12).

2.5. Mit der Novelle BGBl I 5/2008 erhielt §13 E-Mail 5 AVG (im Wesentlichen) seine heutige Fassung:

'(5) Die Behörde ist nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, und, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, mündliche oder telefonische Anbringen entgegenzunehmen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und durch Anschlag an der Amtstafel bekanntzumachen.'

Mit derselben Novelle änderte der Gesetzgeber auch §13 E-Mail 2 AVG folgendermaßen:

'(2) Schriftliche Anbringen können der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.'

2.6. Durch die jüngste Novelle BGBl I 100/2011 entfiel in §13 Abs5 letzter Satz AVG die Wortfolge 'durch Anschlag'.

3. Auf der Grundlage der geltenden Rechtslage sprach der Verwaltungsgerichtshof betreffend sowohl per E-Mail als auch per Telefax nach Ende der Amtsstunden, aber noch vor Ablauf des letzten Tages des Berufungsfrist eingelangter Berufungen aus, dass diese nicht fristwahrend erhoben wurden, wenn die Behörde zuvor gemäß §13 E-Mail 2 AVG im Internet bekannt gemacht hatte, dass außerhalb der Amtsstunden per Fax, E-Mail oder Online-Formular übermittelte Anbringen erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht und eingelangt gälten (VwGH 23.5.2012, 2012/08/0102).

4. Bei Behandlung der Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §13 Abs2 letzter Satz AVG, BGBl 51/1991, idF BGBl I 5/2008, sowie des §13 Abs5 AVG, BGBl 51/1991, idF BGBl I 100/2011, entstanden:

4.1. Schriftliche Anbringen können gemäß §13 Abs2 AVG in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, 'mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen'. Die Erläuterungen (RV 294 BlgNr 23. GP, 10) erachten den letzten Satz des §13 Abs2 AVG unter anderem als Grundlage für zeitliche Annahmebeschränkungen im Sinne des §13 Abs5 AVG für den elektronischen Verkehr zwischen Behörde und Beteiligten.

§13 Abs2 letzter Satz AVG scheint somit der Behörde die Möglichkeit zu eröffnen, jegliche zeitliche Annahmebeschränkung vorzusehen. Die einzige Einschränkung scheint sich aus §13 Abs5 AVG zu ergeben, der die Behörde 'nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten'. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig von der Auffassung aus, dass §13 Abs2 letzter Satz AVG es der Behörde nicht erlaubt, während der Amtsstunden die Annahme von E-Mails einzuschränken. Die Amtsstunden sind gemäß §13 Abs5 AVG im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen.

4.2. Nach der vorläufigen Auffassung dürften die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sowohl gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 B-VG als auch gegen den Gleichheitssatz verstoßen:

4.2.1. Eine Verletzung des Bestimmtheitsgebot des Art18 B-VG dürfte nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes zunächst darin bestehen, dass die Beteiligten (§8 AVG) nicht mit der nötigen Sicherheit wissen, ob und welche zeitlichen (oder sonstigen) Annahmebeschränkungen die jeweilige Behörde für schriftliches Anbringen in Form von E-Mail festsetzt. §13 Abs2 letzter Satz iVm Abs5 AVG scheint der Behörde weder eine zeitliche Grenze für solche von ihr bestimmte Annahmebeschränkungen zu setzen noch scheint §13 Abs2 letzter Satz iVm Abs5 AVG zu gewährleisten, dass solche Annahmebeschränkungen für die Beteiligten zB für die Dauer offener (Rechtsmittel)Fristen vorhersehbar sind.

Nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes dürfte es Art18 B-VG erfordern, dass es der Gesetzgeber jedenfalls bei fristgebundenen Anbringen von Beteiligten (zB Rechtmittelfristen) nicht der Behörde – ohne jegliche Schranken – überlässt, zeitliche Annahmebeschränkungen für Anbringen mit E-Mail festzulegen. Daran dürfte auch §13 Abs5 AVG nichts ändern, wonach eine Behörde während der Amtsstunden verpflichtet ist, schriftliche Anbringen – zu denen auch solche mit E-Mail zählen dürften (so jedenfalls RV 294 BlgNR 23. GP, 12) – entgegenzunehmen und Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, weil es auch dabei im Belieben der Behörde oder des Organisations- oder Dienstrechtsgesetzgebers steht, die Amtsstunden frei festzulegen und auch jederzeit, somit beispielsweise auch während des Laufs einer (Rechtsmittel-)Frist, zu ändern.

Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, dass die Festlegung der Amtsstunden (durch Verordnung oder durch eine 'bloße' Kundmachung), an welche §13 Abs5 AVG knüpft, nach herrschender Auffassung aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht auf der Grundlage der Verwaltungsverfahrensgesetze, sondern der organisations- bzw. dienstrechtlichen Bestimmungen erfolgen dürfte (vgl. z.B. Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht9, Rn 157; so auch ausdrücklich RV294 BlgNR 23. GP, 12).

Dies dürfte nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes bedeuten, dass §13 Abs2 iVm Abs5 AVG nur dann an Amtsstunden knüpfen dürfte, wenn der jeweils zuständige Organisationsgeber selbst bestimmte, allgemein gültige Amtsstunden festgelegt hat oder eine ausreichend bestimmte, die Interessen der Beteiligten (im Sinne des §8 AVG) angemessen berücksichtigende, gesetzliche Grundlage für die Festlegung der (Mindestzeiten für) Amtsstunden erlässt. Dem Verfahrensgesetzgeber dürfte aber auch die Möglichkeit offen stehen, selbst allgemein gültige Regelungen darüber zu treffen, wann die Behörde zur Entgegennahme von Anbringen in Form von E-Mails verpflichtet ist (vgl. etwa §13 Abs5 AVG idF der Novelle BGBl I 158/1998 und das dazu ergangene Erkenntnis VfSlg 15.858/2000).

4.2.2. Schließlich scheint §13 Abs2 letzter Satz iVm §13 Abs5 AVG auch gegen den Gleichheitssatz zu verstoßen. Es ist nämlich vorderhand keine sachliche Rechtfertigung dafür erkennbar, dass es bei schriftlichen Anbringen, die einem Zustelldienst im Sinne des §2 Z7 Zustellgesetz zur Übermittlung an die Behörde übergeben werden, auf den Zeitpunkt des Einlangens bei der Behörde nicht ankommt, weil die Tage des Postlaufes nicht eingerechnet werden, bei der Einbringung mit E-Mail aber darauf abgestellt wird, ob das E-Mail während der von der Behörde dafür festgesetzten Zeit einlangt, und zwar auch bei jenen Formen der elektronischen Einbringung, bei denen der Zeitpunkt des Einlangens (im Sinne der Rechtslage des §13 Abs5 AVG idF BGBl I 10/2004) oder Einbringens feststellbar ist. Unter dieser Voraussetzung dürfte es nämlich keine sachliche Rechtfertigung für eine unterschiedliche Behandlung von in Papierform einerseits und in elektronischer Form andererseits eingebrachten schriftlichen Anbringen geben (höchstens allenfalls – bei Feststellbarkeit nur des Einlangens – hinsichtlich einer auf Einlangen bzw. Einbringen abstellenden unterschiedlichen Behandlung).

[…]"

4. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie zum einen beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht verfassungswidrig sind, und im Übrigen den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken wie folgt entgegentritt:

"[...]

1.1.   Zu den Bedenken im Hinblick auf Art18 B-VG:

1.1.1. In Punkt 4.1 des Einleitungsbeschlusses (Rz. 23 f) wird zunächst ua. ausgeführt:

'Die Erläuterungen (RV294 BlgNR 23. GP, 10) erachten den letzten Satz des §13 Abs2 AVG unter anderem als Grundlage für zeitliche Annahmebeschränkungen im Sinne des §13 Abs5 AVG für den elektronischen Verkehr zwischen Behörde und Beteiligten.

§13 Abs2 letzter Satz AVG scheint somit der Behörde die Möglichkeit zu eröffnen, jegliche zeitliche Annahmebeschränkung vorzusehen.'

1.1.2.  Nach Ansicht der Bundesregierung sind die Erläuterungen jedoch nicht in diesem Sinn auszulegen und können schon aus kompetenzrechtlichen Gründen auch nicht so ausgelegt werden.

§13 Abs2 letzter Satz AVG nennt als Gegenstand der Bekanntmachung '[e]twaige technische Voraussetzungen und organisatorische Beschränkungen' (wobei erstere unter dem Gesichtspunkt des Gesetzesprüfungsverfahrens vernachlässigt werden können). Unter 'organisatorischen Beschränkungen' sind schon ihrem Wortlaut nach Beschränkungen zu verstehen, die sich aus der (Verwaltungs-)Organisation ergeben und damit ihre Grundlage im (Verwaltungs-)Organisationsrecht haben und nicht im (Verwaltungs-)Verfahrensrecht. Damit übereinstimmend wird in den Erläuterungen (294 BlgNR 23. GP, 10) ausgeführt:

'[O]rganisatorische Beschränkungen' des elektronischen Verkehrs sind zB Beschränkungen auf bestimmte Formen der elektronischen Übermittlung (vgl. den ersten Satz), Beschränkungen auf bestimmte elektronische Adressen (insb. E-Mail-Adressen) oder Beschränkungen für außerhalb der Amtsstunden einlangende elektronische Anbringen (siehe dazu näher die Erläuterungen zum vorgeschlagenen Abs5).'

Ebenso wenig wie §13 Abs5 AVG zur Festlegung ('Festsetzung') der Amtsstunden ermächtigt, ermächtigt §13 Abs2 letzter Satz AVG zur Festlegung zeitlicher Annahmebeschränkungen. Diese Bestimmung stellt also keine (gesetzliche) Grundlage für die Festlegung 'organisatorischer Beschränkungen' dar, sondern knüpft lediglich an etwaige 'organisatorische Beschränkungen' an. Solche 'organisatorischen Beschränkungen' bestehen von Rechts wegen oder sie bestehen eben nicht; weder das eine noch das andere kann der Verwaltungsverfahrensgesetzgeber beeinflussen.

§13 Abs2 letzter Satz AVG hat damit dieselbe Funktion wie sie §13 Abs2 zweiter Satz AVG(1925), BGBl Nr 274/1925 hatte: Da die Kenntnis bestimmter im Organisationsrecht getroffener Festlegungen (seinerzeit die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit, hier [sonstige] 'organisatorische Beschränkungen') für den Verkehr zwischen Behörden und Beteiligten und damit für die Beteiligten indirekt von Bedeutung ist, verpflichtet das Verwaltungsverfahrensrecht dazu, diese entsprechend kundzumachen bzw. bekanntzumachen. Einfacher formuliert: §13 Abs2 letzter Satz AVG ist keine Ermächtigungsnorm, sondern lediglich eine Publizitätsvorschrift.

1.1.3.  Der Sitz der vom Verfassungsgerichtshof vorläufig angenommenen Verfassungswidrigkeit kann daher auch keinesfalls in der Publizitätsvorschrift des §13 Abs2 letzter Satz AVG gelegen sein. Rechtswidrig können nämlich nur jene (organisationsrechtlichen) Bestimmungen sein, die zur Festlegung 'organisatorischer Beschränkungen' ermächtigen – also die jeweils maßgeblichen Ermächtigungsnormen –, oder die die 'organisatorischen Beschränkungen' normierenden Vorschriften selbst.

1.2.1.  In Punkt 4.2.1 des Einleitungsbeschlusses (Rz. 26) wird ausgeführt:

'4.2.1. Eine Verletzung des Bestimmtheitsgebotes des Art18 B-VG dürfte nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes zunächst darin bestehen, dass die Beteiligten (§8 AVG) nicht mit der nötigen Sicherheit wissen, ob und welche zeitlichen (oder sonstigen) Annahmebeschränkungen die jeweilige Behörde für schriftliche Anbringen in Form von E-Mail festsetzt.'

1.2.2.  Dass sich dieses Bedenken der Sache nach nicht gegen §13 Abs2 letzter Satz und §13 Abs5 AVG, sondern nur gegen die zur Erlassung von 'organisationsrechtlichen Beschränkungen' ermächtigenden organisationsrechtlichen Bestimmungen richtet bzw. richten kann, wurde bereits dargelegt.

1.2.3.  Es ist richtig, dass die Beteiligten nicht im Vorhinein wissen können, ob und welche 'organisatorische Beschränkungen' die Behörde für schriftliche Anbringen festlegen wird. Verfassungswidrig kann dies jedoch nach Ansicht der Bundesregierung schon deswegen nicht sein, weil 'organisatorische Beschränkungen', solange sie nicht festgelegt worden sind, eben nicht bestehen und daher den Verkehr zwischen Behörde und Beteiligten auch nicht beschränken können.

1.2.4.  Sobald jedoch entsprechende 'organisatorische Beschränkungen' (durch das Organisationsrecht) festgelegt und gemäß §13 Abs2 letzter Satz im Internet bekanntgemacht sind, ist es für jedermann unschwer und mit Sicherheit feststellbar, ob und welche zeitlichen (oder sonstigen) Annahmebeschränkungen die jeweilige Behörde für schriftliche Anbringen in Form von E-Mail festgesetzt hat.

1.3.1. In Punkt 4.2.1 des Einleitungsbeschlusses (Rz. 26) wird weiters ausgeführt:

'§13 Abs2 letzter Satz iVm Abs5 AVG scheint der Behörde weder eine zeitliche Grenze für solche von ihr bestimmte Annahmebeschränkungen zu setzen noch scheint §13 Abs2 letzter Satz iVm Abs5 AVG zu gewährleisten, dass solche Annahmebeschränkungen für die Beteiligten zB für die Dauer offener (Rechtsmittel-)Fristen vorhersehbar sind.'

1.3.2. Beide vorläufigen Annahmen des Einleitungsbeschlusses treffen nach Ansicht der Bundesregierung insofern zu, als Regelungen über 'organisatorische Beschränkungen' des Verkehrs zwischen Behörden und Beteiligten sowie über die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit zum Organisationsrecht gehören; die Verwaltungsverfahrensgesetze dürfen daher zur Erlassung solcher Regelungen weder ermächtigen, noch dürfen sie deren Inhalt näher determinieren. Dass §13 Abs2 letzter Satz und §13 Abs5 AVG die im Einleitungsbeschluss monierten Kriterien nicht enthält, ergibt sich also aus der allgemeinen Kompetenzverteilung. Eine im Hinblick auf Art18 B-VG verfassungswidrige Unbestimmtheit eines Gesetzes kann jedoch nach Ansicht der Bundesregierung keinesfalls darin gelegen sein, dass das Gesetz etwas nicht regelt, was es kompetenzmäßig überhaupt nicht regeln darf.

1.4.1. In Punkt 4.2.1 des Einleitungsbeschlusses (Rz. 27) wird ferner ausgeführt:

'Nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes dürfte es Art18 B-VG erfordern, dass es der Gesetzgeber jedenfalls bei fristgebundenen Anbringen von Beteiligten (zB Rechtmitteln) nicht der Behörde – ohne jegliche Schranken – überlässt, zeitliche Annahmebeschränkungen für Anbringen mit E-Mail festzulegen. Daran dürfte auch §13 Abs5 AVG nichts ändern, wonach eine Behörde während der Amtsstunden verpflichtet ist, schriftliche Anbringen – zu denen auch solche mit E-Mail zählen dürften (so jedenfalls RV 294 BlgNR 23. GP, 12) – entgegenzunehmen und Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, weil es auch dabei im Belieben der Behörde oder des Organisations- oder Dienstrechtsgesetzgebers steht, die Amtsstunden frei festzulegen und auch jederzeit, somit beispielsweise auch während des Laufs einer (Rechtsmittel-)Frist, zu ändern.'

1.4.2.  Wie bereits ausgeführt, ermächtigt §13 Abs2 letzter Satz AVG nicht zur Festlegung zeitlicher Annahmebeschränkungen, sondern knüpft an '[e]twaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen' an, die sich aus dem Organisationsrecht ergeben. Da der Verwaltungsverfahrensgesetzgeber – denn nur dieser kann unter den Gesichtspunkten dieses Gesetzesprüfungsverfahrens hier gemeint sein – die Behörde durch §13 Abs2 letzter Satz AVG zu keinen wie immer gearteten Festlegungen ermächtigt, 'überlässt' er der Behörde damit auch nichts. Auch dieses Bedenken richtet sich daher der Sache nach gegen organisationsrechtliche Vorschriften.

1.4.3. Wie eine Abgrenzung der Kompetenztatbestände 'Verwaltungsverfahren' und 'Organisation (der Verwaltung in den Ländern)' (vgl. bereits Art11 Abs1 Z7 und Art12 Abs1 Z1 des Bundes-Verfassungsgesetzes, BGBl Nr 1/1920) zeigt, gehören Regelungen betreffend die Amtsstunden und den Parteienverkehr nicht zum Verwaltungsverfahrensrecht, sondern zum (Verwaltungs-)Organisationsrecht. Dies manifestiert sich insbesondere darin, dass der – gemäß §4 Abs2 des Übergangsgesetzes, BGBl Nr 2/1920, als Landesgesetz übergeleitete – §36 der Amtsinstruktion für die politischen Bezirksämter, RGBl. Nr 52/1855, mit der Einführung der Verwaltungsverfahrensgesetze nicht aufgehoben wurde (vgl. ArtIII Abs1 und Abs2 Z8 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen, BGBl Nr 273/1925).

Obwohl bereits diese Bestimmung die Festsetzung der Amtsstunden nur knapp und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit überhaupt nicht determiniert, scheint der relativ weite Spielraum der Verwaltung bei der Festlegung der Amtsstunden und des Parteienverkehrs seit dem Jahr 1855 keine größeren rechtspolitischen Probleme aufgeworfen zu haben. Zumindest haben solche Probleme in Lehre und Rechtsprechung, soweit ersichtlich, bisher keinen Niederschlag gefunden.

Innerhalb des Organisationsrechts sind Regelungen betreffend die Amtsstunden und den Parteienverkehr der sogenannten 'inneren Organisation' zuzuordnen, welche nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes grundsätzlich keines Gesetzes bedarf. Der Einleitungsbeschluss geht von dieser jahrzehntelangen ständigen und gefestigten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes implizit ab. Dazu besteht jedoch nach Ansicht der Bundesregierung kein Grund.

1.4.4. Der Einleitungsbeschluss erachtet die Möglichkeit einer freien (organisationsrechtlichen) Festlegung der Amtsstunden durch die Behörde für verfassungsrechtlich bedenklich und illustriert diese mit dem Beispiel einer Änderung der Amtsstunden während einer laufenden Rechtsmittelfrist.

Dass im Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Änderung der Amtsstunden der Behörde gerade Rechtsmittelfristen laufen, stellt nicht bloß eine entfernte Möglichkeit dar, sondern ist – gerade im Fall der 'Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern' – sogar sehr wahrscheinlich. Würde das (Organisations-)Gesetz die Änderung der Amtsstunden davon abhängig machen, dass im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung keine Rechtsmittelfristen laufen dürfen, könnten die Amtsstunden dieser Behörden allerdings vermutlich nie geändert werden. Es erscheint daher nicht nur sachlich gerechtfertigt, sondern im Sinne einer tatsächlichen Realisierbarkeit geradezu sachlich geboten, die Zulässigkeit einer Änderung der Amtsstunden nicht an den Lauf allfälliger Rechtsmittelfristen anzuknüpfen.

Von entscheidender Bedeutung ist jedoch vor allem, dass die Änderung der Amtsstunden während einer laufenden Rechtsmittelfrist für sich allein unschädlich ist und nur unter folgenden Zusatzvoraussetzungen überhaupt zu einem Rechtsnachteil für den Rechtsmittelwerber führen kann:

– Der Rechtsmittelwerber (oder sein Vertreter) bringt das Rechtsmittel nicht mit der Post ein, sondern entscheidet sich für eine Einbringungsform, für die 'organisatorische Beschränkungen' vorgesehen sein können.

– Der Rechtsmittelwerber vergewissert sich vor Einbringung des Rechtsmittels (auf der Website der Behörde, an der Amtstafel der Behörde oder durch schriftliche, mündliche oder telefonische Anfrage), ob solche 'organisatorischen Beschränkungen' tatsächlich bestehen, und stellt in diesem Zusammenhang fest, um wieviel Uhr die Amtsstunden der Behörde am letzten Tag der Frist enden und dass die Behörde den elektronischen Verkehr mit E-Mail dahingehend beschränkt hat, dass das E-Mail vor Ende der Amtsstunden eingelangt sein muss.

– Der Rechtsmittelwerber bringt das Rechtsmittel am letzten Tag der Frist vor Ende der mutmaßlichen Amtsstunden ein und erfährt nachträglich, dass sein Rechtsmittel verspätet ist, weil die Amtsstunden von der Behörde in der Zwischenzeit verkürzt oder anders festgelegt wurden.

Eine solche Fallkonstellation wird sich in der Praxis nach Einschätzung der Bundesregierung kaum je ereignen und es ist ihrer Ansicht nach überaus bezeichnend, dass sie auch dem Anlassfall nicht zugrunde liegt: In diesem Fall wurde das Rechtsmittel vom berufsmäßigen Parteienvertreter nämlich eingebracht, ohne dass sich dieser vorher vergewissert hätte, ob und gegebenenfalls welche 'technischen Voraussetzungen oder organisatorischen Beschränkungen' bestehen. Auch blieben die im Anlassfall maßgeblichen Regelungen der Behörde während des gesamten Laufs der Rechtsmittelfrist unverändert. Nach Ansicht der Bundesregierung liegt geradezu auf der Hand, dass diese Fallkonstellation – und nicht die im Einleitungsbeschluss erwähnte Fallkonstellation – den statistischen Regelfall der Fristversäumung bilden wird.

Sollte sich ein solcher Fall trotzdem einmal ereignen, ist dem Rechtsschutzbedürfnis des Rechtsmittelwerbers im Übrigen durch die Möglichkeit der Wiedereinsetzung ausreichend Rechnung getragen: Denn die Änderung der Amtsstunden während des Laufs der Rechtsmittelfrist ist in der Tat ein 'Ereignis', das für den Rechtsmittelwerber sowohl 'unvorhergesehen' als auch 'unabwendbar' ist, und da sich dieser zuvor mit der (früher) geltenden Rechtslage vertraut gemacht hat, trifft ihn an der Fristversäumung auch kein Verschulden.

1.5.1. In Punkt 4.2.1 des Einleitungsbeschlusses (Rz. 29) wird weiters ausgeführt:

'Dies dürfte nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes bedeuten, dass §13 Abs2 iVm Abs5 AVG nur dann an Amtsstunden knüpfen darf, wenn der jeweils zuständige Organisationsgesetzgeber selbst bestimmte, allgemein gültige Amtsstunden festgelegt hat oder eine ausreichend bestimmte, die Interessen der Beteiligten (im Sinne des §8 AVG) angemessen berücksichtigende, gesetzliche Grundlage für die Festlegung der (Mindestzeiten für) Amtsstunden erlässt. Dem Verfahrensgesetzgeber dürfte aber auch die Möglichkeit offen stehen, selbst allgemein gültige Regelungen darüber zu treffen, wann die Behörde zur Entgegennahme von Anbringen in Form von E-Mails verpflichtet ist (vgl. etwa §13 Abs5 AVG idF der Novelle BGBl I 158/1998 und das dazu ergangene Erkenntnis VfSlg 15.858/2000).'

1.5.2. Die Bundesregierung teilt zunächst die in den zitierten Ausführungen zum Ausdruck kommende Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes, dass es sich bei der Bezugnahme in §13 Abs5 erster Satz AVG auf die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit um (bloße) Anknüpfungen – und nicht etwa um (dynamische) Verweisungen – handelt.

Enthielten §13 Abs2 zweiter Satz und §13 Abs5 AVG Verweisungen auf das Organisationsrecht, wäre den im Einleitungsbeschluss geäußerten, vorläufigen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes vollinhaltlich beizupflichten. Eine allfällige verfassungswidrige Unbestimmtheit der verwiesenen Normen hätte in diesem Fall nämlich zwangsläufig eine ebensolche Verfassungswidrigkeit der Verweisung zur Folge.

Wie bereits ausgeführt, enthalten §13 Abs2 zweiter Satz und §13 Abs5 AVG jedoch keine Verweisungen, sondern bloße Anknüpfungen an organisationsrechtliche Tatbestände. Dies wirft die Frage auf, ob auch die (mögliche) Unbestimmtheit von solchen Anknüpfungsobjekten die Verfassungswidrigkeit einer solchen Anknüpfung zur Folge haben kann.

In Bezug auf eine verfahrensrechtliche Anknüpfung an den Inhalt organisationsrechtlicher Regelungen über die Amtsstunden und den Parteienverkehr hätte die im Einleitungsbeschluss geäußerte, vorläufige Auffassung etwa zur Konsequenz, dass der Verwaltungsverfahrensgesetzgeber – bei sonstiger Verfassungswidrigkeit – im AVG nur dann an die Regelungen über die Amtsstunden und über den Parteienverkehr anknüpfen dürfte, wenn das Organisationsrecht die Amtsstunden und den Parteienverkehr aller Verwaltungsbehörden, die das AVG anzuwenden haben, in im Hinblick auf Art18 B-VG hinreichend bestimmter Weise regelt (seit dem Inkrafttreten der Generalklausel des ArtI Abs2 EGVG mit 1. Jänner 2014 ist das, vorbehaltlich der sachlichen Ausnahmen des Abs3 leg. cit., jede Verwaltungsbehörde, die ein 'behördliches Verfahren' durchzuführen hat). Streng genommen könnte es dabei nicht einmal mit einer inzidenten Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzesrechts sein Bewenden haben: Denn selbst wenn die gesetzlichen Ermächtigungen zur Regelungen der Amtsstunden und des Parteienverkehrs des Organisationsrechts der Behörden im Hinblick auf Art18 B-VG hinreichend bestimmt wären, würde das selbst noch nicht garantieren, dass von diesen gesetzlichen Ermächtigungen zur Regelung der Amtsstunden und des Parteienverkehrs auch in vollem Umfang und in gesetzmäßiger Weise Gebrauch gemacht worden ist. Wären jedoch im Anwendungsbereich des AVG die Regelungen über die Amtsstunden und den Parteienverkehr auch nur einer einzigen Verwaltungsbehörde gesetzwidrig oder die bezughabenden gesetzlichen Ermächtigungen im Organisationsgesetz im Hinblick auf Art18 B-VG verfassungswidrig, so hätte dies nach der im Einleitungsbeschluss vorläufig geäußerten Auffassung zur Konsequenz, dass der Verwaltungsverfahrensgesetzgeber bei sonstiger Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen des AVG nicht an den Inhalt dieser organisationsrechtlichen Regelungen anknüpfen dürfte. Und selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass dies einmal der Fall gewesen sein sollte, würden die Bestimmungen des AVG invalidieren, sobald auch nur ein einziges der maßgeblichen Organisationsgesetze den Anforderungen nicht mehr entspricht.

Um es auf den Punkt zu bringen: Nach der im Einleitungsbeschluss vorläufig geäußerten Auffassung wäre es verfassungsrechtlich nicht (mehr) zulässig, im Verwaltungsverfahrensrecht an die Amtsstunden und den Parteienverkehr anzuknüpfen, und zwar nicht nur im Zusammenhang mit der 'Entgegennahme' von Anbringen, sondern generell. Denn der Verwaltungsverfahrensgesetzgeber kann die Amtsstunden und den Parteienverkehr aus kompetenzrechtlichen Gründen weder selbst regeln noch kann er die hinreichende Bestimmtheit im Sinne des Art18 B-VG der organisationsrechtlichen Vorschriften über die Amtsstunden und den Parteienverkehr der (aller) Verwaltungsbehörden, die das AVG anzuwenden haben, voraussetzen oder gar gewährleisten.

In diesem Sinne wären etwa auch an den 'Sitz' oder an den 'Sprengel' anknüpfende Verfahrensregelungen (wie §40 Abs1 AVG) bereits dann verfassungswidrig, wenn die organisationsrechtlichen Regelungen über den Sitz oder den Sprengel einer einzigen Behörde nicht dem Bestimmtheitsgebot des Art18 B-VG entsprächen.

1.5.3. Nach Ansicht der Bundesregierung kann Art18 B-VG ein derartiger Inhalt jedoch nicht unterstellt werden.

1.5.4. In diesem Sinne hat die Frage der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit jener Normen, an die von einer anderen Rechtssetzungsautorität in verfassungsrechtlich zulässiger Weise angeknüpft wird, in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bisher auch kaum eine Rolle gespielt. Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt (siehe VfSlg 19.645/2012 mwH), ist es

'[k]einem Gesetzgeber [...] verfassungsrechtlich verwehrt, an die von einer anderen Rechtssetzungsautorität geschaffene Rechtslage anknüpfend, diese Rechtslage oder die darauf gestützten Vollzugsakte zum Tatbestandselement seiner eigenen Regelung zu machen. Entscheidendes Kriterium einer derartigen – verfassungsrechtlich zulässigen – tatbestandlichen Anknüpfung an fremde Normen oder Vollzugsakte ist, dass die zum Tatbestandselement erhobene (fremde) Norm nicht im verfassungsrechtlichen Sinn vollzogen, sondern lediglich ihre vorläufige inhaltliche Beurteilung dem Vollzug der eigenen Norm zugrunde gelegt wird (vgl. VfSlg 8161/1977, 9546/1982, 12.384/1990).

Nichts anderes geschieht jedoch in §13 Abs2 letzter Satz und §13 Abs5 AVG.

Besonders bedeutsam erscheint in diesem Zusammenhang das Erkenntnis VfSlg 12.384/1990, in welchem der Verfassungsgerichtshof das Standortverbot des §15 Z1 der Gewerbeordnung 1973 für verfassungsmäßig erachtet hat. Nach der im Einleitungsbeschluss vorläufig geäußerten Auffassung hätte dies nämlich erfordert, dass alle Ermächtigungen in allen landesgesetzlichen 'Rechtsvorschriften' (insbesondere auch aller Raumordnungsgesetze) aller Länder im Zeitpunkt der Fällung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes dem Bestimmtheitsgebot des Art18 B-VG entsprechen. Ein solche Prüfung der Verfassungsmäßigkeit weiter Teile des Landesrechts nahm der Verfassungsgerichtshof mit diesem Erkenntnis jedoch nicht vor, sondern führt darin lediglich aus:

'Insofern §15 Z1 GewO 1973 fremde Rechtsvorschriften, deren Vollzug verfassungsrechtlich einer anderen Autorität überlassen ist, einer – vorläufigen und daher der Beurteilung einer Vorfrage gleichkommenden – Anwendung durch die Gewerbebehörde eröffnet, steht dem weder vom Standpunkt der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung noch von der gebotenen Wahrnehmung seiner Kompetenz durch den jeweils zuständigen Gesetzgeber ein verfassungsrechtliches Hindernis entgegen. Daß §15 Z1 GewO 1973 auch dem Legalitätsprinzip nicht widerspricht, ergibt sich schon daraus, daß im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung lediglich jene 'Rechtsvorschriften' von der Gewerbebehörde gemäß §15 Z1 GewO 1973 heranzuziehen sind, die mit hinreichender Deutlichkeit und Bestimmtheit die betreffende gewerbliche Betätigung standortbezogen verbieten.'

Nach Ansicht der Bundesregierung ergibt sich daraus, dass §13 Abs2 letzter Satz und §13 Abs5 AVG dem Legalitätsprinzip ebenfalls nicht widersprechen, und zwar schon deswegen, weil im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung lediglich jene Regelungen heranzuziehen sind, die mit hinreichender Deutlichkeit und Bestimmtheit die Amtsstunden oder den Parteienverkehr regeln. In Bezug auf die Regelungen betreffend die Amtsstunden und den Parteienverkehr der Bezirkshauptmannschaften ist dies in allen Ländern offensichtlich der Fall.

1.5.5. Die Bundesregierung teilt die Auffassung des Verfassungsgerichtshofes, dass der Verwaltungsverfahrensgesetzgeber in allgemeiner Weise regeln kann, innerhalb welcher Zeiträume die Behörde zur Entgegennahme von Anbringen verpflichtet ist. Bereits §13 Abs2 StF AVG, BGBl Nr 274/1925, bestimmte nämlich:

'(2) Zur Entgegennahme mündlicher Anbringen ist die Behörde, außer bei Gefahr im Verzuge, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit, zur Entgegennahme schriftlicher Eingaben nur während der Amtsstunden verpflichtet. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind bei der Behörde durch Anschlag kundzumachen.'

In Verbindung mit ArtI §3 Z2 der B-VG-Novelle 1929, BGBl Nr 392/1929, ergibt sich aus dieser Bestimmung die kompetenzrechtliche Zulässigkeit einer solchen Regelung unter Inanspruchnahme des Kompetenztatbestandes 'Verwaltungsverfahren...' im Sinne des Art11 Abs2 BVG. Gegenstand einer solchen Regelung sind nämlich nicht die Amtsstunden oder der Parteienverkehr selbst, sondern ist die (verfahrensrechtliche) Verpflichtung der Behörde zur Entgegennahme von Anbringen.

Der Verwaltungsverfahrensgesetzgeber kann die Entgegennahme von Anbringen in Anknüpfung an organisationsrechtliche Tatbestände regeln, er muss dies jedoch nicht tun. Dass es dem Verfahrensgesetzgeber freisteht, die Verpflichtung zur Entgegennahme von Anbringen auch anders als durch Anknüpfung an organisationsrechtliche Tatbestände zu regeln, bedeutet freilich nicht, dass es ihm untersagt wäre, an derartige organisationsrechtliche Tatbestände anzuknüpfen. Bei schriftlichen Anbringen liegt eine Anknüpfung an die Amtsstunden nämlich ebenso nahe wie bei mündlichen Anbringen eine Anknüpfung an die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit: Nach Beendigung der Amtsstunden einlangende Anbringen können nämlich in der Regel nicht mehr bearbeitet werden und eine Verpflichtung zur Entgegennahme von mündlichen Anbringen auch außerhalb der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit würde den Zweck einer Regelung des Parteienverkehrs ad absurdum führen.

Die Anknüpfung an die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit hat zwar notwendigerweise zur Folge, dass die Zeiträume, innerhalb deren Anbringen eingebracht werden können, von Behörde zu Behörde unterschiedlich sein können. Das ist jedoch schon deswegen unvermeidlich, weil nach der allgemeinen Kompetenzverteilung auch die Organisationshoheit – und damit die Zuständigkeit zur Festlegung der Amtsstunden und der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit – zwischen den Gebietskörperschaften verteilt ist. Einheitliche Amtsstunden und für den Parteienverkehr bestimmte Zeiten für alle Behörden kann es im Bundesstaat eben nicht geben.

Es ist allerdings kein Spezifikum des elektronischen Verkehrs (oder des E-Mail-Verkehrs), dass bestimmte Tage und Tageszeiten für die Einbringung von Anbringen nicht zur Verfügung stehen: Denn auch wer ein schriftliches Anbringen außerhalb der Amtsstunden bei der Einlaufstelle der Behörde abzugeben versucht oder bei der Behörde zwar während der Amtsstunden, aber außerhalb der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit vorsprechen möchte, wird damit in der Regel scheitern. Die Erläuterungen (294 BlgNR 23. GP, 10 f) führen in diesem Zusammenhang aus:

'Bereits nach der Stammfassung des AVG stand es allerdings im Ermessen der Behörde, schriftliche Anbringen ('Eingaben') auch außerhalb der Amtsstunden entgegenzunehmen (arg. 'nur während der Amtsstunden verpflichtet'). Eine solche Bereitschaft zur Entgegennahme von Anbringen auch außerhalb der Amtsstunden kann sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwSlgNF 5833A/1962, 13.909A/1993) zB aus der Aufstellung eines Einlaufkastens ergeben: Sofern dieser keine gegenteiligen Hinweise beim Briefschlitz (wie zB einen Zeitpunkt der letzten Entleerung) enthält, gelten Anbringen diesfalls mit dem Einwurf in den Einlaufkasten als eingebracht (und eingelangt); bei Angabe eines Entleerungszeitpunktes ist dies hingegen erst mit diesem Zeitpunkt der Fall (in diesem Sinne Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8 [2003] Rz 238, Wessely, Die Tücken der Technik – Zum 'maschinellen' Verkehr zwischen Bürger und Behörde, ÖJZ2000, 701 [703] und Hengstschläger/Leeb, AVG [2004] §13 Rz 35 unter Hinweis auf das – allerdings den Einwurf in einen Briefkasten bzw. den Beginn des Post(en)laufs betreffende – Erkenntnis VwGH 18.8.1996, Zl. 95/10/0206).

Hält daher die Behörde auch außerhalb ihrer Amtsstunden Empfangsgeräte empfangsbereit und langt das Anbringen nach dem Ende der Amtsstunden (aber noch am letzten Tag einer allfälligen Frist) bei ihr ein, so gilt das Anbringen noch am selben Tag (und damit als rechtzeitig) eingebracht; langt es hingegen erst am nächsten Tag ein, so gilt es erst an diesem Tag (und damit nach Fristablauf) als eingebracht, weil das Post(en)laufprivileg des §33 Abs3 AVG für derartige Übermittlungsformen nicht gilt (Hengstschläger/Leeb, AVG [2004] §33 Rz 3). Nicht anders als im Fall des Einlaufkastens ist allerdings anzunehmen, dass die Behörde ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden durch entsprechende Erklärungen mit der Wirkung zum Ausdruck bringen kann, dass elektronische Anbringen auch dann, wenn sie an sich bereits in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt sind, erst zu einem späteren Zeitpunkt (mit Wiederbeginn der Amtsstunden) als eingebracht (und eingelangt) gelten.'

Zeitliche Beschränkungen für die Einbringung von Anbringen bestanden seit jeher, und sind für die (Vorgängerbehörden der) Bezirkshauptmannschaften bereits in der Amtsinstruktion aus dem Jahr 1855 nachweisbar (vgl., außer dem bereits zitierten §36, §47 der Amtsinstruktion, wonach der Amtsvorsteher 'nicht nur während der Amtsstunden Jedermann den Zutritt zu gestatten [hatte], sondern [...] als verantwortlicher Leiter des Amtes verpflichtet [war], in dringenden Fällen zu jeder Stunde Gehör zu geben' hatte, und §70 der Amtsinstruktion, wonach das Einreichungsprotokoll 'während der Amtsstunden offen zu halten' war). Sofern am Amtsgebäude der Behörde kein Einlaufkasten angebracht war, musste eine Übergabe schriftlicher Anbringen außerhalb der Amtsstunden damit lange Zeit schon daran scheitern, dass eine solche Übergabe faktisch eben nicht möglich war. Aber auch nach der Entwicklung moderner Kommunikationstechnologien wie der Telegraphie oder des Telefaxverkehrs bestand für die Behörde immerhin noch die Möglichkeit, ihre Empfangsgeräte mit Beendigung der Amtsstunden auszuschalten (und damit ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme von Anbringen außerhalb der Amtsstunden konkludent zum Ausdruck zu bringen). Mit der Einführung des E-Mail-Verkehrs kam diese Option jedoch praktisch nicht mehr in Betracht, weil elektronische Serversysteme nicht beliebig vom Netz genommen werden können.

Es der Behörde zu erlauben, den elektronischen Verkehr mit den Beteiligten auf bestimmte Zeiträume zu beschränken, mag nicht ohne weiteres verständlich erscheinen. Es wird jedoch verständlicher, wenn man bedenkt, dass §13 AVG für alle Anbringen gilt und prinzipiell jedes Anbringen – in welcher Form auch immer dieses übermittelt wurde – Handlungspflichten der Behörde auslösen kann, denen sie außerhalb der Amtsstunden nicht entsprechen kann, weil während dieser Zeit eben 'niemand da' ist. Letzteres gilt insbesondere für Anbringen, deren Einbringung an einem Freitag oder einem Tag erfolgt, auf den ein oder mehrere gesetzliche Feiertage folgen. Wenn man schließlich bedenkt, dass außerhalb der Amtsstunden, von den Sonderfällen der Einlaufkästen oder Briefschlitze abgesehen, schriftliche Anbringen bei der Behörde nicht unmittelbar eingebracht werden können und Anbringen auch weder mündlich noch telefonisch eingebracht werden können, erscheint es geradezu konsequent, es der Behörde zu gestatten, auch in Bezug auf außerhalb der Amtsstunden elektronisch übermittelte Anbringen ihre mangelnde Annahmebereitschaft durch entsprechende Erklärungen zum Ausdruck zu bringen; mangelnde Annahmebereitschaft nicht in dem Sinn, dass die Entgegennahme des Anbringens 'verweigert' wird – was bei elektronisch übermittelten Anbringen ja nicht möglich wäre –, sondern indem ein Einlangen der Anbringen im elektronischen Verfügungsbereich der Behörde, das außerhalb der Amtsstunden erfolgt, von der Behörde für rechtlich unbeachtlich erklärt werden kann (ebenso wie ein während dieser Zeit erfolgter Einwurf eines Schriftstücks in einen Einlaufkasten oder Briefschlitz der Behörde).

Regelungen, die – in Bezug auf elektronische Anbringen – ein Einlangen von Anbringen, die bereits in den elektronischen Verfügungsbereich der Behörde gelangt sind, erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden fingieren, haben daher ihren guten Sinn. Solche Regelungen stellen nämlich lediglich auf jenen Zeitpunkt ab, ab welchem eine Behandlung des Anbringens, also ein Tätigwerden der Behörde, bei realistischer Betrachtung frühestens erwartet werden kann. Dass es in Bezug auf Handlungspflichten der Behörde sachlich gerechtfertigt, wenn nicht sogar sachlich geboten ist, an diesen Zeitpunkt anzuknüpfen, liegt nach Ansicht der Bundesregierung auf der Hand. Dies zeigt auch ein Vergleich der Übermittlung von Anbringen m

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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