TE Lvwg Erkenntnis 2022/11/17 LVwG-2022/40/1683-3

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Veröffentlicht am 17.11.2022
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Entscheidungsdatum

17.11.2022

Index

50/01 Gewerbeordnung

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Piccolroaz über die Beschwerde der 1. AA GmbH und des 2. BB, beide vertreten durch Rechtsanwalt CC, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 09.05.2022, Zl ***, betreffend die Nichtkenntnisnahme der Gewerbeanmeldung und Untersagung der Ausübung des angemeldeten Gewerbes nach der GewO 1994, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Eingabe vom 21.02.2022 meldete die AA GmbH bei der belangten Behörde das Gewerbe „Baumeister gem § 94 Z 5 GewO 1994, eingeschränkt auf Aushub und Abbruch“ an, wobei gleichzeitig der Zweitbeschwerdeführer BB, geb am XX.XX.XXXX als gewerberechtlicher Geschäftsführer namhaft gemacht wurde. Mit Eingabe vom 25.03.2022 wurde die Versicherungsbestätigung nachgereicht.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 05.04.2022 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert bekannt zu geben, ob das Gewerbe „Baumeister“ oder das Gewerbe „Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf Aushub und Abbruch“ angemeldet werden solle.

Mit E-Mail vom 21.04.2022 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass folgende Gewerbewortlaute bekanntgegeben würden: „Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf Aushub und Abbruch“ und „Abfallbeauftragter“.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 09.05.2022, Zl ***, stellte die belangte Behörde fest, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung des angemeldeten Gewerbes nicht vorliegen und untersagte die Ausübung des angemeldeten Gewerbes. Begründend wurde dazu im Wesentlichen zusammengefasst festgestellt, dass aufgrund dessen, dass bei dem angemeldeten Gewerbe gem § 95 Abs 1 GewO 1994 eine besondere Zuverlässigkeitsprüfung durchgeführt werden müsse, am 14.03.2022 die Verwaltungsstrafen vom handelsrechtlichen Geschäftsführer der Firma AA GmbH, BB, geb am XX.XX.XXXX, überprüft worden seien. Bei der Zuverlässigkeitsprüfung schienen mehrere und sehr hohe Verwaltungsvorstrafen (gesamt fünfstelliger Eurobereich) von 2017 bis dato auf. Da der handelsrechtliche Geschäftsführer wie oben angeführt infolge mehrerer schwerwiegender Verstöße die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitze, liege ein Gewerbeausschlussgrund gem § 95 Abs 1 GewO 1994 vor.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde bringen die rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst vor, dass Herr BB handelsrechtlicher Geschäftsführer der AA GmbH sei. Dem angefochtenen Bescheid sei weder zu entnehmen, welche verwaltungsrechtlichen Verstöße des handelsrechtlichen Geschäftsführers verwaltungsstrafrechtlich geahndet worden seien noch wann diese Verstöße begangen worden seien noch welche konkreten Strafen ausgesprochen worden seien. Den Beschwerdeführern sei kein rechtliches Gehör gewährt worden. Bei der Zuverlässigkeitsprüfung gehe es darum, ob eine Person jene Zuverlässigkeit besitze, die erforderlich sei, um das betreffende Gewerbe zuverlässig auszuüben. Unzuverlässigkeit nach einer Richtung, die sich in keiner Weise bei der Ausübung des Gewerbes ungünstig auswirken könne, biete keine Grundlage, die Bewilligung mangels Erfüllung des gesetzlichen Erfordernisses der Zuverlässigkeit zu verweigern. Aus dem Bescheid gehe nicht hervor, welche Verwaltungsübertretungen Herr BB vorgeworfen würden und wie sich diese auf das beantragte Gewerbe hinsichtlich seiner Zuverlässigkeit negativ auswirken könnten. Es sei daher zu beurteilen, ob die vorliegenden verwaltungsstrafrechtlichen Verurteilungen als schwerwiegende Verstöße gegen Rechtsvorschriften oder Schutzinteressen im Zusammenhang mit dem beantragten Baugewerbe eingeschränkt auf Aushub und Abbruch zu werten seien und somit überhaupt einen Ausschließungsgrund im Sinne der GewO bilden würden. Aus dem angefochtenen Bescheid sei dies nicht zu ermitteln.

Am 16.11.2022 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol statt, in welcher die Akten verlesen wurden und der Beschwerdeführer persönlich einvernommen wurde.

II.      Sachverhalt:

Der Zweitbeschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der AA GmbH, FN *** mit dem Firmensitz in **** Y, Adresse 2. Die Erstbeschwerdeführerin AA GmbH hat mit Eingabe vom 21.02.2022, vollständig eingelangt bei der belangten Behörde am 21.04.2022, das Gewerbe „Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf Aushub und Abbruch“ gem § 94 Z 5 GewO 1994 iVm § 99 Abs 5 GewO 1994 angemeldet. Gleichzeitig wurde der Zweitbeschwerdeführer als gewerberechtlicher Geschäftsführer namhaft gemacht.

Der Verwaltungsstrafregisterauszug für den Zweitbeschwerdeführer BB weist im Zeitraum 15.11.2017 bis 24.09.2022 insgesamt 104 rechtskräftige Verwaltungsstrafvormerkungen auf. Darunter finden sich insgesamt 37 rechtskräftige Bestrafungen wegen Übertretung der StVO, davon 19 Übertretungen gem § 52 lit a Z 10a StVO mit Strafhöhen von Euro 35,00 bis Euro 350,00. Weiters wurde der Beschwerdeführer in 48 Fällen wegen Übertretungen des KFG, davon in 29 Fällen wegen einer Übertretung des § 103 Abs 1 Z 1 KFG mit Strafen in der Höhe von Euro 50,00 bis Euro 365,00 rechtskräftig bestraft. Es liegen 12 Übertretungen des § 102 KFG mit einem verhängten Strafrahmen von Euro 30,00 bis Euro 200,00 vor. Neun rechtskräftige Bestrafungen liegen wegen Übertretung des AWG, darunter eine gem § 24a Abs 1 und acht wegen Übertretung des § 79 Abs 1 bzw 2 AWG 2002 vor, wobei die Strafen in einem Rahmen von Euro 400,00 bis Euro 6.000,00 ausgesprochen worden sind. Weiters liegen drei Übertretungen gem § 366 GewO 1994 und eine Übertretung gem § 367 GewO 1994 vor, wobei hier der Strafrahmen von Euro 360,00 bis Euro 500,00 liegt. Darüber hinaus liegen noch gegen den Beschwerdeführer rechtskräftige Bestrafungen gem § 8 Arbeitsinspektionsgesetz (Euro 410,00) nach § 87 Bauarbeiterschutzverordnung (Euro 1.826,00) und gem § 45 Tiroler Naturschutzgesetz (Euro 1.700,00) vor.

III.     Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde sowie aus dem Auszug aus dem Verwaltungsstrafregister des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 19.10.2022, wobei in diesem Register nur die rechtskräftigen Bestrafungen erfasst sind.

IV.      Rechtslage:

Die maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194/1994 idF BGBl I Nr 171/2022 lauten:

§ 94

„1. Reglementierte Gewerbe

Folgende Gewerbe sind reglementierte Gewerbe:

         5.       Baumeister, Brunnenmeister

…“

§ 95

„Überprüfung der Zuverlässigkeit

§ 95. (1) Bei den im § 94 Z 5, 10, 16, 18, 25, 32, 36, 56, 62, 65, 75, 80 und 82 angeführten Gewerben ist von der Behörde zu überprüfen, ob der Bewerber oder, falls sich eine juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft um die Gewerbeberechtigung bewirbt, die im § 13 Abs. 7 genannten Personen die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit (§ 87 Abs. 1 Z 3) besitzen. Mit der Gewerbeausübung darf der Anmelder erst mit der Rechtskraft des Bescheides gemäß § 340 beginnen.

(2) Bei den im Abs. 1 angeführten Gewerben ist die Bestellung eines Geschäftsführers oder eines Filialgeschäftsführers für die Ausübung des Gewerbes genehmigungspflichtig. Die Genehmigung ist auf Ansuchen des Gewerbeinhabers zu erteilen, wenn die im § 39 Abs. 2 bzw. § 47 Abs. 2 angeführten Voraussetzungen erfüllt sind.“

§ 99

„Baumeister

(5) Wird das Gewerbe der Baumeister in einem Umfang angemeldet, der nicht das Recht zur umfassenden Planung gemäß Abs. 1 Z 1 beinhaltet, hat der Gewerbeanmelder die Bezeichnung „Baugewerbetreibender“ unter Beifügung der entsprechenden Einschränkung zu verwenden. Nur Gewerbetreibende, deren Gewerbeberechtigung das Recht zur umfassenden Planung gemäß Abs. 1 Z 1 beinhaltet, dürfen die Bezeichnung „Baumeister“ verwenden. Gewerbetreibende, die zur Ausübung des Baumeistergewerbes eingeschränkt auf die Ausführung von Bauten berechtigt sind, dürfen keine Bezeichnung verwenden, die den Eindruck erwecken könnte, dass sie zur Planung von Bauten berechtigt sind.

…“

§ 340

„(1) Auf Grund der Anmeldung des Gewerbes (§ 339 Abs. 1) hat die Behörde zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen. Liegen die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes vor und hat die Anmeldung nicht ein in Abs. 2 genanntes Gewerbe zum Gegenstand, so hat die Behörde den Anmelder längstens binnen drei Monaten in das GISA einzutragen und durch Übermittlung eines Auszugs aus dem GISA von der Eintragung zu verständigen. Ist im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung ein Verfahren über eine erforderliche Nachsicht, eine Anerkennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e anhängig, so hat die Behörde die innerhalb der im zweiten Satz festgelegten dreimonatigen Frist rechtskräftig erteilte Nachsicht, Anerkennung oder Gleichhaltung zu berücksichtigen. Als Tag der Gewerbeanmeldung gilt jener Tag, an welchem alle erforderlichen Nachweise (§ 339 Abs. 3) bei der Behörde eingelangt sind und die allenfalls erforderliche Feststellung der individuellen Befähigung gemäß § 19, eine erforderliche Nachsicht, eine Anerkennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e rechtswirksam erfolgt ist. Als Mangel der gesetzlichen Voraussetzungen gilt auch, wenn der Firmenwortlaut im Hinblick auf den Inhalt des Gewerbes eine erhebliche Irreführung bedeuten würde.

(2) Hat die Anmeldung ein im § 95 genanntes Gewerbe zum Gegenstand, so hat die Behörde über das Ergebnis ihrer Feststellungen längstens binnen drei Monaten einen Bescheid zu erlassen. Erwächst der Bescheid, mit dem festgestellt wurde, dass die Voraussetzungen gemäß Abs. 1 vorliegen, in Rechtskraft, so hat die Behörde den Anmelder umgehend in das GISA einzutragen.

(3) Liegen die im Abs. 1 genannten Voraussetzungen nicht vor, so hat die Behörde unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs. 1 Z 1 dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen.“

V.       Erwägungen:

Gem § 340 Abs 1 GewO 1994 hat die Behörde aufgrund der Anmeldung des Gewerbes (§ 339 Abs 1) zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch die Anmelderin in dem betreffenden Standort vorliegen und bejahendenfalls die Anmelderin in das Gewerberegister einzutragen. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, so hat die Behörde gem § 340 Abs 3 GewO 1994 dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen.

Bei dem von der Erstbeschwerdeführerin angemeldeten Gewerbe „Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf Aushub und Abbruch“ gem § 94 Z 5 GewO 1994 ist gem § 95 Abs 1 GewO 1994 von der Behörde zu überprüfen, ob die Anmelderin oder, falls sich eine juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft um die Gewerbeberechtigung bewirbt, die im § 13 Abs 7 genannten Personen die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit (§ 87 Abs 1 Z 3) besitzen. Es war daher zu prüfen, ob der Zweitbeschwerdeführer die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt.

Die belangte Behörde steht diesbezüglich auf dem Standpunkt, dass bei der Zuverlässigkeitsüberprüfung mehrere und sehr hohe Verwaltungsvorstrafen bei BB als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma AA GmbH (gesamt fünfstelliger Eurobereich) von 2017 bis dato aufscheinen würden. Der handelsrechtliche Geschäftsführer besitze daher nicht die erforderliche Zuverlässigkeit.

Die Beschwerdeführerin steht diesbezüglich auf dem Standpunkt, dass die konkreten Verwaltungsübertretungen seitens der belangten Behörde hätten ermittelt werden müssen.

Im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol wurden dem Beschwerdeführer die verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen vorgehalten. Die Beschwerdeführerin bzw der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin und Zweitbeschwerdeführer verantwortet sich damit, dass es sich bei der Firma, in welcher er handelsrechtlicher und gewerberechtlicher Geschäftsführer wäre, um eine Transportfirma mit ca 45 Fahrzeugen handle und dementsprechend sich die zahlreichen Übertretungen nach der StVO und dem KFG daraus ergäben. Die Beschwerdeführer steht weiters auf dem Standpunkt, dass einige der Strafverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen wären bzw. Revisionen beim Höchstgericht anhängig wären. Dazu ist festzuhalten, dass dem Zweitbeschwerdeführer ohnehin nur die rechtskräftig verhängten Verwaltungsübertretungen vorgehalten wurden.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren war sohin eine ergänzende Überprüfung der Zuverlässigkeit des Zweitbeschwerdeführers vorzunehmen.

Der Begriff der Zuverlässigkeit hat durch die Rsp des VwGH eine Auslegung des Inhaltes erfahren, dass darunter eine solche Geisteshaltung und Sinnesart zu verstehen ist, die Gewähr dafür bietet, dass bei Ausübung des Gewerbes die hiebei zu beachtenden öffentlichen Rücksichten gewahrt werden. Diese Voraussetzung ist somit dann nicht erfüllt, wenn die Handlungen und Unterlassungen der Anmelderin– im Beschwerdefall der der Anmelderin diesbezüglich gem § 13 Abs 7 gleichgestellten Person des Zweitbeschwerdeführers – so beschaffen sind, dass das daraus zu gewinnende Persönlichkeitsbild es zweifelhaft erscheinen lässt, dass eine zukünftige Ausübung der gewerblichen Tätigkeit den im Zusammenhang mit dem Gewerbe zu beachtenden öffentlichen Interessen entsprechen würde (VwGH 27. 11. 1990, 89/04/0018; 28. 6. 1994, 93/04/0034).

Bei der Prüfung des Persönlichkeitsbildes kommt es nicht darauf an, dass die Handlungen oder Unterlassungen, die die Behörde ihrer Wertung zugrunde legt, im Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes begangen worden sind (VwGH 16. 1. 1981, 436/80, VwGH 10. 12. 1991, 91/04/0164, ebenso VwGH 27. 11. 1990, 89/04/0018).

Bei der Prüfung der Erfüllung der im § 95 Abs 1 GewO 1994 angeführten Voraussetzungen hat die Behörde – unabhängig von einer allfälligen Bestrafung – zu beurteilen, ob das Verhalten des Bewilligungswerbers die Annahme des Fehlens der erforderlichen Zuverlässigkeit rechtfertigt. Sie ist hiebei an rechtskräftige Bestrafungen zwar insofern gebunden, als damit die Tatsache der Handlung und Unterlassung, derentwegen die Bestrafung erfolgte, feststeht, hat aber im Verfahren unabhängig davon das sich ergebende Persönlichkeitsbild des Bewerbers zu untersuchen. Hiebei kommt es weder auf die Verbüßung der Strafe an, noch müssen Handlungen und Unterlassungen im Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes begangen worden sein, wie dies ja auch – abgesehen vom Fall einer bereits erfolgten gleichartigen Gewerbeausübung – beim Ansuchen um Bewilligungserteilung nicht Sachverhaltsgrundlage sein könnte. Entscheidend ist vielmehr, dass der Bewerber nach seinem Verhalten keine Gewähr dafür bietet, dass er bei Ausübung des Gewerbes die hiebei zu beachtenden öffentlichen Rücksichten wahren werde (VwGH 22. 11. 1979, 3395/78; 23. 5. 1980, 1444/78; 25. 9. 1990, 90/04/0053; 27. 4. 1993, 92/04/0247).

Nach der Rsp des VwGH kann das in § 87 Abs 1 Z 3 GewO 1994 genannte Tatbestandsmerkmal der „schwerwiegenden Verstöße“ nicht nur durch an sich als schwerwiegend zu beurteilende Verstöße erfüllt werden, sondern auch dann, wenn durch eine Vielzahl für sich genommen geringfügiger Verletzungen ein weiteres vorschriftswidriges Verhalten zu befürchten ist. Entscheidend ist in einem solchen Fall, dass sich aus der Vielzahl unter Berücksichtigung der Art der verletzten Schutzinteressen und der Schwere ihrer Verletzung der Schluss ziehen lässt, der Gewerbetreibende sei nicht mehr als zuverlässig anzusehen (VwGH 14. 10. 2015, Ra 2015/04/0065 mwN). Die Schwere der Rechtsverletzung ist anhand der rechtskräftigen Strafbescheide zu beurteilen. Schwere Verletzungen werden etwa dann angenommen, wenn Verstöße trotz erfolgter Bestrafung wiederholt begangen wurden (Hinweis VwGH 22. 5. 2012, 2012/04/0062 mwN). VwGH 18. 9. 2019, Ra 2019/04/0102. (E)

Das Gewicht des Verstoßes ergibt sich weiters aus der Bedeutung des verletzten Schutzinteresses. Als bedeutendes Schutzinteresse werden – je nach Art und Gegenstand des Gewerbes – zB Interessen des Umweltschutzes, des Schutzes vor Gefährdung der Gesundheit und der körperlichen Sicherheit angesehen.

Auf dem Boden dieser Rechtslage kann im vorliegenden Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob die einzelnen Übertretungen, derentwegen der Beschwerdeführer rechtskräftig bestraft wurde, für sich genommen die Schwelle eines schwer wiegenden Verstoßes iSd § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 überschreiten. Sie erfüllen nämlich vor dem Hintergrund, dass über den Beschwerdeführer während des Zeitraumes vom 15.11.2017 bis 24.09.2022, wenn auch nicht ausschließlich, aber vor allem im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Erstbeschwerdeführerin nicht weniger als 100 Verwaltungsstrafen rechtskräftig verhängt wurden, zumindest insgesamt das Tatbestandsmerkmal der "schwer wiegenden Verstöße" im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994.

Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführer sind die im angefochtenen Bescheid genannten Übertretungen als Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften iSd § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 zu werten. Dies gilt auch für die zahlreichen wiederholten Übertretungen der Straßenverkehrsordnung und des Kraftfahrgesetzes in Bezug auf - schon definitionsgemäß der Gewerbeausübung dienende – Firmenfahrzeuge (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. September 2000, Zl. 2000/04/0129).

Gerade im Hinblick auf das angemeldete Gewerbe „Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf Aushub und Abbruch“ erfordert die Wartung und Pflege von Fahrzeugen und Baumaschinen aller Art besondere Sorgfalt, da dies im erheblichen Ausmaß der Sicherheit von Personen nicht nur im Straßenverkehr, sondern auch auf Baustellen udgl dient. Dass der Zweitbeschwerdeführer diesem Schutzzweck wiederholt zuwidergehandelt hat, ergibt sich aus den insgesamt 29 Übertretungen des § 103 Abs 1 Z 1 KFG.

Insbesondere die zahlreichen Geschwindigkeitsdelikte, die nur vom Lenker eines Kaftfahrzeuges begangen werden können, zeigen bereits ein klares Persönlichkeitsbild des Zweitbeschwerdeführers, indem dieser offenbar nicht gewillt ist, sich an straßenpolizeiliche Vorschriften zu halten. Im Zusammenhang mit den zahlreich erwiesenen Mängeln an Fahrzeugen, die auch nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers die Firmenfahrzeuge betroffen haben, kann daher keine günstige Zukunftsprognose für den Zweitbeschwerdeführer erstellt werden. Auch die Bestrafungen im Zusammenhang mit drei unbefugten Gewerbeausübungen bzw der unbefugten Abfallsammlung lässt keine andere Beurteilung des Zweitbeschwerdeführers zu.

Da sohin der Zweitbeschwerdeführer die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 95 Abs 1 GewO 1994 nicht besitzt, war spruchgemäß zu entscheiden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Piccolroaz

(Richter)

Schlagworte

Zuverlässigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.40.1683.3

Zuletzt aktualisiert am

16.12.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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