TE OGH 2022/3/29 4Ob27/22g

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Veröffentlicht am 29.03.2022
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. PD Dr. Rassi sowie MMag. Matzka und die Hofrätin Mag. Istjan, LL.M., als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. J* B* und 2. H* B*, beide *, beide vertreten durch Sauerzopf und Partner Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei A* C*, Ungarn, vertreten durch Dr. Eva Domjan, Rechtsanwältin in Graz, wegen 23.552,77 EUR sA, über die ordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 22. November 2021, GZ 12 R 85/21i-41, mit dem das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 5. August 2021, GZ 2 Cg 1/20m-34, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien haben die Kosten ihrer Revision selbst zu tragen.

Text

Begründung:

[1]       Die Vorinstanzen wiesen das auf Zahlung von Sanierungskosten nach mangelhafter Erfüllung eines Werkauftrags zum Ausbau eines Dachbodens gerichtete Klagebegehren übereinstimmend wegen Verjährung ab.

[2]       Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil die Rechtsprechung zur den Gewährleistungsberechtigten treffende Beweislast für die Einhaltung der Gewährleistungsfrist in einem Spannungsverhältnis zur Rechtsprechung stehe, wonach denjenigen, der die Verjährungseinrede erhebe, die Beweispflicht für den Beginn des Laufes der Verjährung begründende Umstände treffe, zumal mit dem GewRÄG, BGBl I 2001/48, klargestellt worden sei, dass Gewährleistungsfristen Verjährungsfristen seien.

Rechtliche Beurteilung

[3]        Damit zeigt das Berufungsgericht keine erhebliche Rechtsfrage auf. Da auch die Kläger in ihrer Revision das Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu begründen vermögen, ist ihr Rechtsmittel entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung ordentlicher Rechtsmittel wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

[4]       1. Die kurze Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB wird durch die Kenntnis des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen sowie des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Schaden und dem schadensstiftenden Verhalten in Gang gesetzt (RS0034374). Unter die Entschädigungsklagen nach § 1489 ABGB fallen auch Klagen auf Ersatz der aus mangelhafter oder Nichterfüllung eines Vertrags entstehenden Schäden (RS0017735 [T3–T5]). Der Schaden, der darin liegt, dass der Werkbesteller infolge des schuldhaften Verzugs des Unternehmers mit der Verbesserung der Werkmängel und des deswegen erklärten Rücktritts die Kosten für die Verbesserung des Werks selbst zu tragen haben wird, ist erst in dem Zeitpunkt entstanden, in dem klargestellt wurde, dass es zur Verbesserung des Werks durch den Unternehmer nicht mehr kommen werde; damit beginnt die Verjährungsfrist (RS0022078).

[5]       2.1. Die Kläger wussten hier spätestens 2013, dass die 2011 erbrachten Werkleistungen des Beklagten (augenscheinlich und auch für Laien erkennbar) mangelhafter „Pfusch“ waren. Das Berufungsgericht beurteilte die weitere Feststellung, wonach der Beklagte 2014 erklärte, das Werk nicht mehr fertigzustellen, dahin, dass damit endgültig keine Verbesserung mehr erfolgen würde. Dies hält sich im Rahmen des den Gerichten zukommenden Ermessensspielraums, wogegen die Revision keine im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung aufzeigt.

[6]       2.2. Ausgehend davon ist dem Beklagten der ihm obliegende Beweis gelungen, dass im Jahr 2014 die Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB zu laufen begann.

[7]       2.3. Die Behauptungs- und Beweislast, dass eine die Verjährung eines Schadenersatzanspruchs unterbrechende gerichtliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde, trifft aber nicht denjenigen, der den Verjährungseinwand, sondern denjenigen, der die diesem Einwand ausgesetzte Forderung geltend macht (vgl 5 Ob 265/02k mwN; RS0034456 [T1]), hier somit die Kläger.

[8]       2.4. Diese haben hier aber erst 2019 Klage erhoben, sodass sich die durch die Vorinstanzen erfolgte Beurteilung des Klagebegehrens als verjährt im Rahmen der dargelegten Rechtsprechungsgrundsätze hält. Ein außergerichtliches Schreiben an den Beklagten im Jahr 2017, in dem die Behebung der Mängel gefordert wird, vermochte hier daran nichts zu ändern; auf die vom Berufungsgericht aufgeworfene Zulassungsfrage, die auch in der Revision releviert wird, kommt es hier nicht an.

[9]       2.5. Der Rechtssatz RS0018933, wonach die Beweislast für die Wahrung der Frist den Gewährleistungsberechtigten trifft, bezieht sich nämlich auf die Rechtslage vor dem GewRÄG. Unter diesem Rechtssatz sind zwei Entscheidungen indiziert. Die Entscheidung 7 Ob 642/85 erging mehr als 15 Jahre vor Inkrafttreten des GewRÄG. Die Entscheidung 7 Ob 256/03b erging zwar nach dessen Inkrafttreten, betraf aber – wie sich aus den dort wiedergegebenen Feststellungen in einer jeden Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt – einen Sachverhalt vor dessen Inkrafttreten, sodass das GewRÄG nicht anwendbar war.

[10]     Nach der Rechtslage vor dem GewRÄG handelte es sich bei den Gewährleistungsfristen um Präklusivfristen, seit dem GewRÄG – wie auch durch die Überschrift vor § 933 ABGB klargestellt ist – hingegen um Verjährungsfristen (Reischauer in Rummel, ABGB4 § 933 Rz 6). Auf die Rechtslage nach dem GewRÄG 2001 lassen sich die Rechtssätze RS0018933 und RS0018869 sohin keinesfalls übertragen. Weil diese Rechtslage ohnehin nicht mehr anzuwenden ist, bedarf es auch keines Eingehens auf die Richtigkeit dieses Rechtssatzes nach der alten Rechtslage. Nach der geltenden Rechtslage kann jedenfalls keinem Zweifel unterliegen, dass die Beweislast für das Vorliegen der Verjährung begründenden Umstände den Übergeber trifft (Reischauer in Rummel, ABGB4 § 933 Rz 145).

[11]     Damit liegt der vom Berufungsgericht erblickte Widerspruch in Wahrheit gar nicht vor. Im Übrigen hat das Berufungsgericht § 933 ABGB gar nicht angewendet, sondern hatte ausschließlich Schadenersatzansprüche („Schadenersatz statt Gewährleistung“) zu beurteilen.

[12]     3. Insgesamt stellt sich somit keine erhebliche Rechtsfrage. Die Revision der Kläger ist daher nicht zulässig und folglich zurückzuweisen.

[13]     4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 40 ZPO. Da der Beklagte keine Revisionsbeantwortung erstattete, war auszusprechen, dass die Kläger die Kosten ihres nicht zulässigen Rechtsmittels selbst zu tragen haben.

Textnummer

E134658

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2022:0040OB00027.22G.0329.000

Im RIS seit

09.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

09.05.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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