TE OGH 2022/1/26 3Ob3/22w

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Veröffentlicht am 26.01.2022
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen Kinder 1) P* K*, geboren am * 2011, und 2) T* E*, geboren am * 2012, *, wegen Obsorge und Kontaktrecht, hier wegen Ablehnung des Richters Mag. R* H*, über den Rekurs des Großvaters P* E*, gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt vom 15. November 2021, GZ 13 R 66/21k-5, mit dem der Revisionsrekurs des Großvaters vom 19. Juni 2021 gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt vom 19. Mai 2021, GZ 13 R 66/21k-3, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird ersatzlos aufgehoben.

Dem Erstgericht wird der Auftrag erteilt, den außerordentlichen Revisionsrekurs des Großvaters gegen den Beschluss des Rekursgerichts vom 19. 5. 2021 – nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens durch Aufforderung zur Verbesserung des Rechtsmittels durch Beibringung der Unterschrift eines Rechtsanwalts – dem Obersten Gerichtshof vorzulegen.

Text

Begründung:

[1]       Das Erstgericht hat den Rekurs des Großvaters gegen die seine Ablehnung des Richters Mag. R* H* mangels Befangenheit zurückweisende Entscheidung als verspätet zurückgewiesen. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

[2]       In der Folge wies das Rekursgericht den vom Großvater gegen diese Entscheidung erhobenen Revisionsrekurs als unzulässig zurück. Gegen diesen Zurückweisungsbeschluss wendet sich nunmehr das Rechtsmittel des Großvaters.

[3]             1. Das Rekursgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Revisionsrekurs des Großvaters als jedenfalls unzulässig zurückgewiesen. Ein solcher (erstmaliger) Zurückweisungsbeschluss des Rekursgerichts nach § 67 AußStrG erfolgt als Durchlaufgericht und ergeht nicht im Rahmen des Rekursverfahrens. Für die Anfechtung von solchen Beschlüssen gilt § 45 AußStrG. Sie können daher – unabhängig vom Wert des Entscheidungsgegenstands und vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage – mit Rekurs angefochten werden (3 Ob 128/21a mwN). Der Revisionsrekurs ist demgegenüber das Rechtsmittel gegen einen Beschluss des Rekursgerichts im Rahmen des Rekursverfahrens. Das Rechtsmittel des Großvaters gegen den hier bekämpften Zurückweisungsbeschluss der zweiten Instanz ist damit zulässig.

[4]             2. Der Großvater beruft sich in seinem Rechtsmittel auch auf die Befangenheit der Mitglieder des Rekurssenats.

[5]       Dazu ist er zunächst auf die rechtskräftige Erledigung der Ablehnungssache zu AZ 13 Nc 1/21k des Landesgerichts Eisenstadt durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien vom 30. September 2021, GZ 12 R 43/21p-3, zu verweisen. Davon abgesehen ist trotz der Ablehnung von Richtern in einem Rechtsmittel eine sofortige Entscheidung des übergeordneten Gerichts über das Rechtsmittel nach ständiger Rechtsprechung dann zulässig, wenn keine konkreten persönlichen Befangenheitsgründe ins Treffen geführt werden oder die Ablehnung offenkundig rechtsmissbräuchlich ist (RS0046015; 1 Ob 32/19s; 3 Ob 182/21t).

[6]            Auch diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Großvater erhebt pauschale und unsachliche und zum Teil beleidigende Vorwürfe gegen die abgelehnten Richter des Rekurssenats. Im Rahmen unzulässiger Pauschalbehauptungen erhobene Anschuldigungen, denen kein nachvollziehbares Tatsachensubstrat zugrunde liegt und die ihren Grund offenkundig in der Missbilligung vorangegangener Entscheidungen haben, rechtfertigen schon von vornherein nicht die Annahme einer Befangenheit (vgl RS0046011; 2 Ob 180/18m). Entgegen der Ansicht des Großvaters wäre eine behauptete Befangenheit der Richter des Rekurssenats nur dann ein Aufhebungsgrund im Sinn des § 58 Abs 4 Z 1, § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG, wenn die Ablehnung erfolgreich gewesen wäre (3 Ob 137/18w; 2 Ob 71/20k). Dies ist hier nicht der Fall.

[7]             3. Inhaltlich stellt sich die Frage, ob der Revisionsrekurs gegen die bestätigende Entscheidung des Rekursgerichts vom 19. Mai 2021, GZ 13 R 66/21k-3, absolut unzulässig war und vom Rekursgericht (als Durchlaufgericht) daher zutreffend zurückgewiesen wurde.

Dies ist zu verneinen:

[8]       Nach § 24 Abs 2 JN ist im Ablehnungsverfahren der Revisionsrekurs gegen die Entscheidung der zweiten Instanz dann absolut unzulässig, wenn mit dieser die Zurückweisung eines Ablehnungsantrags (aus meritorischen oder formellen Gründen) bestätigt wurde. Sonst richten sich die Rechtsmittelbeschränkungen nach den Vorschriften jenes Verfahrens, in dem die Ablehnung erfolgt, hier also nach dem Außerstreitgesetz (vgl RS0006000). Der bestätigende Beschluss des Rekursgerichts vom 19. 5. 2021 betraf nicht die Zurückweisung eines Ablehnungsantrags, sondern die Zurückweisung eines Rekurses durch das Erstgericht. Die Zulässigkeit des Revisionsrekurses richtet sich demnach nach § 62 AußStrG. Ist daher – wie hier – der Entscheidungsgegenstand nicht rein vermögensrechtlicher Natur und hat das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs nicht für zulässig erklärt, so kann außerordentlicher Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof erhoben werden. Darin sind gesondert die Gründe anzugeben, warum die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt.

[9]             4. Daraus folgt, dass das Rekursgericht den Revisionsrekurs des Großvaters nicht hätte zurückweisen dürfen. Dieses Rechtsmittel wird nunmehr vom Erstgericht (§ 69 Abs 4 AußStrG) – nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens – dem Obersten Gerichtshof vorzulegen sein. Wie bereits ausgeführt, richtet sich das Rechtsmittelverfahren in Ablehnungssachen bei Fehlen von Sonderregelungen in den §§ 19 bis 25 JN nach den Vorschriften jenes Verfahrens, in dem die Ablehnung erfolgt. Für eine allfällige Vertretungspflicht im Ablehnungsstreit sind daher die Grundsätze des Hauptverfahrens maßgebend (RS0035708). Besteht im Hauptverfahren für das Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof Anwaltspflicht, so muss der Revisionsrekurs mit der Unterschrift eines Rechtsanwalts versehen sein (vgl RS0113115). Dies ist hier der Fall: Gemäß § 65 Abs 3 Z 5 AußStrG bedarf der Revisionsrekurs der Unterschrift eines Rechtsanwalts (§ 6 Abs 1 AußStrG). Liegt nur ein von der Partei selbst unterfertigtes Rechtsmittel vor, so ist dieses dem Erstgericht zur Durchführung des gemäß § 10 Abs 4 AußStrG gebotenen Verbesserungsverfahrens zurückzustellen (vgl 7 Ob 90/14g).

Textnummer

E134502

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2022:0030OB00003.22W.0126.000

Im RIS seit

22.04.2022

Zuletzt aktualisiert am

22.04.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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