TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/12 W140 2242527-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.08.2021
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Entscheidungsdatum

12.08.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch


W140 2242527-2/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. HÖLLER, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl: XXXX , über die weitere Anhaltung von XXXX , Staatsangehörigkeit Nigeria, alias Liberia, in Schubhaft zu Recht:

A) Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Nach illegaler Einreise stellte der Beschwerdeführer (BF) am 24.11.2004 einen unbegründeten Asylantrag.

Am 31.03.2005 wurde er mit Urteil eines Landesgerichtes rechtskräftig wegen strafbarer Handlungen gemäß §§ 15 StGB, 27 Abs. 1 u. 2 (1. Fall) SMG für schuldig erkannt und wurde er für diese Straftaten mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bedingt bestraft.

Am 17.02.2006 wurden er mit Urteil eines Landesgerichtes rechtskräftig wegen strafbarer Handlungen gemäß §§ 15 StGB, 27 Abs 1 u. 2 SMG für schuldig erkannt und wurde er für diese Straftaten mit einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten unbedingt bestraft.

Am 14.06.2006 wurde gegen ihn ein unbefristetes Rückkehrverbot erlassen, gegen welches er Beschwerde erhob. In weiterer Folge wurde dieser Beschwerde keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Am 11.10.2007 wurde der BF mit Urteil eines Landesgerichtes rechtskräftig wegen strafbarer Handlungen gemäß § 27 Abs 1 u. 2 (1. Fall) SMG, für schuldig erkannt und wurde er für diese Straftaten mit einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten unbedingt bestraft.

Sein Asylverfahren wurde mit Bescheid vom 15.12.2005 - in zweiter Instanz rechtskräftig am 17.04.2008 - negativ entschieden. Eine Revision beim VwGH blieb erfolglos.

Der BF verblieb jedoch illegal im Bundesgebiet. Teilweise führte er ein Leben im Verborgenen.

Am 25.06.2010 wurde er mit Urteil eines Landesgerichtes rechtskräftig wegen strafbarer Handlungen gemäß §§ 223/2 224 StGB für schuldig erkannt und wurde er für diese Straftaten mit einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten unbedingt bestraft.

Am 21.09.2012 stellte der BF einen Antrag auf Aufhebung des Rückkehrverbotes welcher am 24.04.2013 per Bescheid rechtskräftig abgewiesen wurde.

Am 03.12.2012 wurde sein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung vom 23.08.2012 rechtskräftig abgewiesen.

Am 10.07.2014 wurde er mit Urteil eines Bezirksgerichtes rechtskräftig wegen strafbarer Handlungen gemäß §§ 146 StGB und 125 StGB für schuldig erkannt und wurde er für diese Straftaten mit einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten bedingt bestraft.

Am 21.11.2016 erlangte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) erstmalig davon Kenntnis, dass es sich bei der Person des BF um den nigerianischen Staatsbürger XXXX handelt, da eine Kopie seines nigerianischen Reisepasses, ausgestellt in Wien/Österreich durch die nigerianische Botschaft, von dritter Seite übermittelt wurde.

Am 20.04.2017 wurde der BF durch Beamte einer LPD zufällig angetroffen und festgestellt, dass sich dieser nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt.

Am 21.04.2017 wurde über den BF eine erste Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot sowie zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates wurde durch die nigerianische Botschaft zugesagt. Durch das Verschlucken eines Gegenstandes (abgebrochener Löffelstiel) presste sich der BF unmittelbar vor der geplanten Abschiebung aus der Schubhaft frei. Seine Abschiebung musste storniert werden.

Mit Bescheid vom 28.04.2017 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr.100/2005 (AsylG) idgF, nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen ihn auch ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dagegen erhob der BF Beschwerde. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.07.2017 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die eingereichte Revision beim Verwaltungsgerichtshof blieb ebenfalls erfolglos. Eine Ausreise des BF erfolgte abermals nicht.

Am 09.05.2018 wurde der BF im Zuge einer Personenkontrolle erneut im Bundesgebiet angetroffen und in ein PAZ eingeliefert.

Am 10.05.2018 wurde die zweite Schubhaft über den BF verhängt. Am 12.09.2018 wurde er jedoch aus der Schubhaft entlassen, da keine HRZ-Ausstellung möglich war. Es wurde eine Wohnsitzauflage erteilt. Diese Wohnsitzauflage wurde seitens des BF nicht eingehalten.

Der BF meldete sich am 15.03.2019 an einer Adresse in XXXX an. Am 18.06.2019 wurde er sodann aber amtlich abgemeldet, da er dort nicht aufhältig war.

Am 10.07.2019 wurde der BF erneut festgenommen und in eine Justizanstalt verbracht.

Ein Landesgericht verurteilte ihn am 25.10.2019 (rk 25.10.2019) wegen § 28a (1) 5. Fall SMG i.V.m. § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 Jahren.

Mit Schreiben des BFA vom 11.02.2021 wurde dem BF die Absicht der Verhängung der Schubhaft nach seiner Strafhaft zur Kenntnis gebracht und gleichzeitig die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Am 17.02.2021 wurde eine diesbezügliche Stellungnahme abgegeben.

Im Anschluss an das Parteiengehör wurde über den BF mit Bescheid vom 31.03.2021 gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Der Bescheid wurde dem BF persönlich übergeben. Der BF habe danach durch sein Vorverhalten die Tatbestandmerkmale des § 76 Abs. 3 Zi. 1, 3, 8 und 9 FPG erfüllt und es sei daher von Fluchtgefahr auszugehen. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit habe ergeben, dass die privaten Interessen der Schonung der persönlichen Freiheit des BF dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung und des Fremdenwesens hintanzustehen haben. Ein gelinderes Mittel sei nach Ansicht der Behörde nicht als ausreichende Sicherung anzusehen, um von einer gesicherten Rückführung des BF in seinen Herkunftsstaat ausgehen zu können. Die gegenständliche Schubhaft sei daher notwendig und rechtmäßig.

Am 09.04.2021 wurde der BF bedingt aus der Strafhaft entlassen und direkt bis zum 15.04.2021 in Verwaltungsstrafhaft und am 15.04.2021 in die Schubhaft überführt. Dagegen erhob der BF Beschwerde.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, XXXX vom 21.05.2021 wurde

die Beschwerde gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG wurde festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen (Spruchpunkt II).

Die Verwaltungsbehörde übermittelte am 05.08.2021 zum Zwecke der Überprüfung der Schubhaft im Sinne des § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verwaltungsakten womit "die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht gilt".

Mit E-Mail vom 05.08.2021 übermittelte das BFA folgende Stellungnahme:

„Das Bundesamt informiert über gegenständliches Verfahren, in welchem ein Bescheid gem. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG ergangen ist.

Oa. Fremde befindet sich seit 15.04.2021 in Schubhaft.

Übersicht zum Verfahren:

Nach illegaler Einreise stellte die VP am 24.11.2004 einen unbegründeten Asylantrag.

Am 31.03.2005 wurde die VP, dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX folgend, rechtskräftig, wegen strafbarer Handlungen gem. §§ 27 Abs 1 u 2/2 (1. FALL) SMG § 15 StGB, als schuldig überwiesen und wurde er für diese Straftaten mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bedingt bestraft.(…)

Am 17.02.2006 wurde XXXX , dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX folgend, rechtskräftig, wegen strafbarer Handlungen gem. §§ 27 ABS 1 u 2/2 SMG § 15 StGB, als schuldig überwiesen und wurde er für diese Straftaten mit einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten unbedingt bestraft.(…)

Am 14.06.2006 wurde gegen die VP zu XXXX ein unbefristetes Rückkehrverbot erlassen, gegen welches er Beschwerde erhob und in weiterer Folge zu Zl: SD 753/06 dieser Beschwerde keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt wurde.(…)

Am 11.10.2007 wurden die VP, dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX folgend, rechtskräftig, wegen strafbarer Handlungen gem. § 27 Abs 1 U 2/2 (1. FALL) SMG, als schuldig überwiesen und wurde er für diese Straftaten mit einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten unbedingt bestraft.(…)

Das Asylverfahren von XXXX wurde mit Bescheid zur Zahl: XXXX am 15.12.2005, in zweiter Instanz rechtskräftig am 17.04.2008, negativ entschieden. Eine Revision beim VwGH blieb erfolglos.(…)

Die VP verblieb illegal im Bundesgebiet. Teilweise führte er ein Leben im Verborgenen.

Am 25.06.2010 wurden XXXX , dem Urteil des Landesgericht XXXX folgend, rechtskräftig, wegen strafbarer Handlungen gem. §§ 223/2, 224 StGB, als schuldig überwiesen und wurden er für diese Straftaten mit einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten unbedingt bestraft.(…)

Am 21.09.2012 stellten die VP einen Antrag auf Aufhebung des Rückkehrverbotes zu XXXX , ihm wurde hierzu am 15.11.2012 Parteiengehör gewährt und wurde sein Antrag auf Aufhebung am 24.04.2013 per Bescheid zu Zl: XXXX , rechtskräftig, abgewiesen.(…)

XXXX befand sich von 01.06.2010 bis 28.02.2021 in Strafhaft.

Am 03.12.2012 wurde durch die XXXX der Antrag der VP zu XXXX auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung iSd Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz idgF vom 23.08.2012, rechtskräftig, abgewiesen.(…)

Am 10.07.2014 wurde die VP, dem Urteil des Bezirksgericht XXXX folgend, rechtskräftig, wegen strafbarer Handlungen gem. §§ 146, 125 StGB, als schuldig überwiesen und wurde er für diese Straftaten mit einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten bedingt bestraft.(…)

Am 21.11.2016 erlangte die hs. Behörde erstmalig davon Kenntnis, dass es sich bei der VP um den nigerianischen Staatsbürger XXXX handelt, da der hs. Behörde die Kopie seines nigerianischen Reisepasses mit der XXXX , gültig bis 25.03.2018, ausgestellt in Wien/Österreich durch die nigerianische Botschaft, von Dritter Seite her anher übermittelt wurde.(…)

Am 20.04.2017 wurde die VP durch Beamte der LPD XXXX im Zuge einer Lokalkontrolle vor Ort XXXX gegen 21:00 Uhr angetroffen. Gegenüber den Organen der LPD XXXX gab die VP an, dass er in XXXX mit seiner Freundin lebe, nicht wusste, dass er an der angegebenen Adresse nicht mehr gemeldet sei und zuletzt im Jahr 2004 in das Bundesgebiet eingereist sei. Er konnte sich lediglich mit einer Kopie seines Meldezettels und einer weiteren Kopie mit seinem Lichtbild darauf gegenüber den Organen der LPD legitimieren und wurde im Weiteren festgestellt, dass die VP sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte.

Am 21.04.2017 wurde über die VP die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot sowie zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Die VP befand sich im Polizeianhaltezentrum XXXX in Erwartung Ihrer Abschiebung nach Nigeria.

Am 21.04.2017 wurde XXXX im PAZ-HG einer nigerianischen Delegation vorgeführt, gemäß Ergebnisbericht als nigerianischer Staatsbürger identifiziert und durch die nigerianische Botschaft die umgehende Ausstellung eines Heimreisezertifikates zugesagt.(…)

Mit Schreiben des Bundesamtes vom 22.05.2017 wurde die VP über die bevorstehende Abschiebung am 22.06.2017 informiert. Er wurde 1 Stunde vor der Abschiebung aus gesundheitlichen Gründen aus der Schubhaft entlassen. Dabei hat die VP sich durch Verschlucken eines Gegenstandes (abgebrochener Löffelstiel) aus der Schubhaft freigepresst. Seine Abschiebung musste storniert werden.

Mit Bescheid zur Zahl: IFA XXXX vom 28.04.2017 wurde der VP ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr.100/2005 (AsylG) idgF, nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die VP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen XXXX ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt. Die Entscheidung erwuchs in zweiter Instanz am 12.07.2017 in Rechtskraft. Die eingereichte Revision beim Verwaltungsgerichtshof blieb ebenfalls erfolglos.(…)

Die VP verblieb seinem Einreiseverbot zuwider im Bundesgebiet.

XXXX wurde am 09.05.2018 im Zuge einer Personenkontrolle erneut im Bundesgebiet angetroffen. Aufgrund des bestehenden Einreiseverbotes, sowie seines unsteten Aufenthaltes hielt er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf und wurden in das PAZ XXXX eingeliefert.

Am 10.05.2018 wurde die Schubhaft über die VP verhängt. Er wurde mit Schreiben des Bundesamtes informiert, dass er am 17.05.2018 abgeschoben werden soll.(…)

Am 12.09.2018 wurde die VP aus der Schubhaft entlassen, da keine HRZ Ausstellung erreicht wurde.

Es wurde eine Wohnsitzauflage verhängt. Gegen die Wohnsitzauflage hat die VP verstoßen.(…)

Die VP hat sich am 15.03.2019 an der Adresse XXXX angemeldet. Am 18.06.2019 wurde XXXX amtlich abgemeldet, da er dort nicht aufhältig waren.(…)

Die VP wurde am 10.07.2019 erneut festgenommen und in eine Justizanstalt verbracht.

Das Landesgericht für Strafsachen XXXX verurteilte die VP unter der GZ: XXXX am 25.10.2019 (RK 25.10.2019), wegen § 28a (1) 5. Fall SMG § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 Jahren.(…)

Folgendes ist dem übermittelten Schubhaftakt zu entnehmen:

Mit Schreiben der ho. Behörde vom 11.02.2021 wurde ihm die Beabsichtigung der Verhängung der Schubhaft nach seiner Strafhaft zur Kenntnis gebracht und gleichzeitig die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.

Seine Stellungnahme vom 17.02.2021 lautete im Wesentlichen wie folgt:

1. Die VP wäre 2004 mit einem Schlepper in einem LKW nach Österreich gereist. Er hätte Nigeria verlassen, weil er durch seinen Onkel mit dem Umbringen bedroht worden sei. Er wäre ca. 14 Jahre alt gewesen, als sein Vater ermordet wurde. Es wäre um Besitz von Land gegangen und er wäre der älteste Sohn der Familie gewesen. Daher wäre er auch zum Opfer seines Onkels geworden.

2. Die VP hätte in Nigeria einen Reisepass gehabt. Nach dem Mord an seinem Vater wäre seine Wohnung angezündet worden. Dort wäre auch sein Reisepass gewesen. Seither hätte er keine Reisedokumente mehr.

3 XXXX wäre in Österreich Asyl gewährt worden, welches mittlerweile aberkannt worden wäre. Er hätte in keinem anderen europäischen Staat eine Aufenthaltsberechtigung.

4. Die VP hätte mit einer österreichischen Staatsbürgerin einen Sohn. Sein Sohn würde XXXX heißen und wäre am 06.04.2008 geboren. Derzeit würde sein Sohn in der betreuten Wohngemeinschaft XXXX ) leben. Er würde jeden Tag mit seinem Sohn telefonieren, ebenso würde er Videotelefonate in der Haft führen. Beiliegend würde er ein Schreiben der Wohneinrichtung übermitteln, in dem ihm guter Kontakt zu seinem Sohn bestätig werden würde.

5. Die VP wäre in guten Kontakt mit seinem Freund XXXX , der in XXXX wohnhaft wäre. Auch nach der Entlassung könnte er bei ihm wohnen. Außerdem hätte er Kontakt mit seiner Freundin XXXX

6. XXXX wäre zuletzt in Afrika bei seinen Eltern in der XXXX wohnhaft gewesen.

7. Er wäre derzeit in Haft in der Justizanstalt Suben. Er wären in der Küche beschäftigt.

8. Nach der Entlassung könnte die VP zwischenzeitlich bei Freunden wohnen. Er würde sich wegen einer Arbeitserlaubnis in Österreich bemühen und dann in einem afrikanischen Supermarkt arbeiten. Wenn die VP in Grundversorgung genommen werden würden wäre er krankenversichert.

9. Die VP hätte vor seiner Inhaftierung am XXXX in XXXX bei einem Freund zur Untermiete gewohnt. Er hätte seinen Wohnsitz vor der Haft dort gemeldet.

10. XXXX hätte Probleme mit einem offenen Lid. Er würde dagegen Augentropfen nehmen. Wegen Bluthochdruck würden er auch in der Justizanstalt Medikamente bekommen. Er hätten in Haft auch noch die Drogentherapie erfolgreich abgeschlossen.

11. Die VP hätte einen minderjährigen Sohn in Österreich. Er wäre für ihn verantwortlich und würde sich auch in Zukunft um ihn sorgen. XXXX hätte guten Kontakt zum ihm. Wenn er nach Nigeria müsse, hätte sein Sohn kaum mehr Bezugspersonen in Österreich. Die VP würde in Österreich ein neues Leben beginnen wollen und für seinen Sohn würde er da sein wollen. Er würde gut Deutsch sprechen und könnte sich gut in Österreich integrieren.

12. Die VP würde nicht freiwillig nach Nigeria zurückgehen. Er hätte keine Familie dort.

13. Er könnte nach der Entlassung bei seinem Freund XXXX , der in XXXX Unterkunft nehmen. Begleitend wurde ein Schreiben des Vereins XXXX vom 26.01.2021 übergeben.

Die VP wurde am 09.04.2021 bedingt aus der Strafhaft entlassen und musste nach Haftentlassung unverzüglich eine Verwaltungsstrafhaft antreten. Aus diesem Grund traten die Rechtsfolgen des Schubhaftbescheides am 15.04.2021, nach Entlassung aus der Verwaltungsstrafhaft, ein.

HRZ-Ausstellungen und Anmeldungen auf Abschiebecharter für Nigeria und Stornierungen aufgrund PCR-Testverweigerungen

Am 25.05.2021 wurde von der nigerianischen Botschaft ein HRZ mit der Nr. 021/025 gültig bis 25.06.2021 ausgestellt. (lt IFA-Speicherung im HRZ-Verfahren)

Da die VP den zur Abschiebung erforderlichen PCR Test im Mai 2021 verweigerte, musste die Charter Anmeldung (Abschiebecharter Nigeria 26.-27.05.2021) storniert werden.

Auch eine neuerliche Anmeldung für einen Abschiebecharter (22.-23.06.2021) musste auf Grund der PCR Test Verweigerung der VP storniert werden.

Aus diesem Grund musste auch ein neuerliches Heimreisezertifikat bei der nigerianischen Botschaft beantragt werden. Am 23.07.2021 wurde von der nigerianischen Botschaft neuerlich ein HRZ mit der Nr. 021/025-1 ausgestellt, welches bis 30.08.2021 gültig ist. (lt IFA-Speicherung im HRZ-Verfahren)

XXXX wurde daraufhin für den folgenden Charter (27.-28.07.2021) angemeldet, welcher erneut auf Grund der PCR Testverweigerung storniert werden musste.

Derzeit ist die VP für den nächstmöglichen Charter am 24.08.2021 angemeldet, jedoch kann laut den derzeitigen Vorgaben von Nigeria eine Abschiebung nur in Verbindung mit einer elektronischen Anmeldung (auf Grund COVID) erfolgen. Eine elektronische Anmeldung, wie vorgesehen, kann jedoch nur erfolgreich abgeschlossen werden, wenn ein PCR Test hochgeladen wird.

Derzeitige Information der BFA Direktion betreffend etwaiger neuer Regelungen bei Abschiebungen nach Nigeria in Zusammenarbeit mit der nigerianischen Botschaft:

In einem gleichgelagerten Fall erteilte die BFA Direktion dem BVwG Wien (…) die Auskunft, dass derzeit Bestrebungen laufen, Alternativen zu schaffen, um die derzeit gültigen Verpflichtungen (verbindlicher PCR Test) anzupassen. Innerhalb der letzten Wochen fanden, lt. Information der BFA Direktion, bereits Gespräche auf ministerieller Ebene mit der nigerianischen Botschaft statt und ein konkreter neuerlicher Gesprächstermin stand für 03.08.2021 fest. Das Ergebnis dieser Besprechungen ist derzeit noch nicht bekannt. Da jedoch Österreich mit dieser Problematik nicht alleine steht, und für andere EU Staaten bereits Ausnahmeregelungen geschaffen wurden, kann davon ausgegangen werden, dass dies auch den österreichischen Behörden in Zusammenarbeit mit der nigerianischen Botschaft gelingen wird.

Lt telefonischer Rücksprache mit (…) von der BFA-Direktion am 04.08.2021, 13:20 Uhr, besteht derzeit noch keine Rückmeldung betreffend der Gespräche. Sobald Informationen über die zukünftige Vorgehensweise vorliegen, wird diese do Gericht unverzüglich mitgeteilt werden.

Somit kann aus derzeitiger Sicht von keiner Unabschiebbarkeit ausgegangen werden.

Eine Anfrage bei der BBU am 03.08.2021 betreffend der dort vermerkten Rückkehrberatungen ergab, dass die VP, XXXX einem Mitarbeiter der BBU, beim ersten Gespräch am 04.05.2021 im PAZ XXXX , sagte, dass er keine Beratung brauche.

Somit muss von ho Behörde davon ausgegangen werden, dass XXXX ausreiseunwillig ist.

Zuletzt, am 02.08.2021 übermittelte Herr XXXX im Wege des XXXX , etabliert in XXXX , ein Schreiben vom 26.01.2021, wonach er regelmäßigen Kontakt zu seinem 2008 geborenen Sohn XXXX habe. Dieser Kontakt sei vorwiegend telefonisch (auch Videotelefonie).

Lt den angeforderten Besucherlisten scheint in einer der Listen für die Tage 12.03.2020 (von 11:15 Uhr bis 11:45 Uhr) und 05.03.2021 (von 11:05 Uhr bis 11:45 Uhr) je ein Besuch von XXXX in Begleitung von XXXX auf.

In der ebenfalls erhaltenen Liste betreffend der Videotelefonate (gesamt 5 an der Zahl) scheint in der Spalte der Terminbeschreibung lediglich 1 Mal als Beschreibung der Name XXXX auf. Bei den restlichen Videotelefonaten ist keine Terminbeschreibung eingetragen.

In diesem Zusammenhang wird des Weiteren darauf verwiesen, dass die VP bereits am 19.05.2021 eine Schubhaftbeschwerde einbrachte und auch zu diesem Zeitpunkt auf seinen Bezug zu seinem Sohn XXXX verwies.

Bereits bei Beschwerdevorlage am 19.05.2021 führte das BFA diesbezüglich aus, dass wenn sich die VP auf Sozialkontakte und regelmäßige Kontakte mit seinem Sohn beruft, ist auszuführen, dass diese Umstände, nämlich das Führen eines Soziallebens die VP nicht daran gehindert haben, Straftaten zu begehen und wurde er sechsmal verurteilt, wobei das letzte Mal die VP mit Suchtgift handelte und deshalb vom Landesgericht für Strafsachen XXXX unter GZ XXXX am 25.10.2019 (RK 25.10.2019), wegen § 28a (1) 5. Fall SMG § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 Jahren verurteilt wurde und die VP sich die letzten 22 Monate in Haft befand. Die VP dokumentiert durch ihr strafrechtlich relevantes Verhalten, dass XXXX durch das Begehen von Straftaten billigend in Kauf nimmt von seinen Sozialkontakten getrennt zu werden, weshalb eine positive Prognose dahingehend, dass bei der VP ein Umdenken eingesetzt hat, insbesondere im Hinblick auf das mehrfach strafrechtliche Verhalten und dass die letzte Strafhaft erst vor knapp 3 Monaten endete, nicht getroffen werden kann.

Des Weiteren wird in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis des BVwG (Beschwerdeverfahren Schubhaft) XXXX auf Seite 16 unter 3.1.4 folgendes ausgeführt wurde:

„Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaftnahme nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer zwar den regelmäßigen Kontakt mit seinem mj. Sohn ins Treffen führen konnte, aber sonst keinerlei nennenswerten familiäre/soziale Kontakte im Inland hat, die im Rahmen der gerichtlichen und behördlichen Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung bzw. eines Belassen in Freiheit zu beeinflussen ausreichend waren. Der BF hat durch seine Ignoranz der ihn treffenden Ausreiseverpflichtung und die Be- bzw. Verhinderung seiner Abschiebung gegen seine Mitwirkungspflichten verstoßen und damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland bestehende Rechtssystem beabsichtigt. Er hat in Österreich erfolglos einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und wurden über ihn eine aufenthaltsbeendende Maßnahme getroffen. Die Republik Österreich hat damit nach Ansicht des Gerichts nunmehr ausreichend klar dargestellt, dass ein Verbleib des BF im Inland rechtlich nicht gedeckt ist und sohin auch ein erhöhtes Interesse an einer Außerlandesbringung des BF kundgetan. Dem gegenüber wiegen die persönlichen Interessen des BF weit weniger schwer als das öffentliche Interesse einer baldigen gesicherten Außerlandesbringung des BF. Aufgrund seiner wiederholten Straffälligkeit (sechs Vorstrafen) und dem massiven Rückfall in dieselbe sozialschädliche Neigung (Suchmitteldelikte, vier Verurteilungen) ist weiters von einem erhöhten allgemeinen Interesse an einer gesicherten Abschiebung des BF auszugehen.“

In gegenständlichem Fall besteht eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung iVm einem auf 5 Jahre befristeten Einreiseverbot.

Aufgrund vorangeführter Übersicht zum Verfahren erlaubt sich das BFA folgendes auszuführen:

Bis dato bereits erfolgte Buchungen auf Abschiebe-Charter nach Nigeria:

Die VP wurde für folgende Abschiebe-Charter nach Nigeria gebucht. In der nachstehenden Auflistung werden auch die Gründe vermerkt weswegen die Buchungen storniert werden mussten

1)       Buchung auf Charter für 22.06.2017

Diese musste storniert werden, da sich die VP etwa 1 Stunde vor dem Transport durch Verschlucken eines Gegenstandes (abgebrochener Löffelstiel) aus der Schubhaft freigepresste

2)       Buchung auf Charter für 26.05. - 27.05.2021

Diese Buchung musste storniert werden, da die VP den PCR-Test verweigerte.

3)       Buchung auf Charter für 22.06. - 23.06.2021

Diese Buchung musste storniert werden, da die VP den PCR-Test verweigerte.

4)       Buchung auf Charter für 27.07. - 28.07.2021

Diese Buchung musste storniert werden, da die VP den PCR-Test verweigerte.

Aufgrund der Verweigerung des PCR-Testes kann die Abschiebung nicht durchgeführt werden, da für diesen Zweck eine elektronische Anmeldung erforderlich ist, bei der zwingend der negative PCR-Test hochgeladen werden muss. Nachdem kein PCR-Test vorlag (aufgrund Verweigerung) konnte keine elektronische Anmeldung erfolgen und auch die Abschiebung nicht stattfinden.

Wäre die VP ihrer Verpflichtung zur freiwilligen Rückkehr in den Herkunftsstaat nachgekommen, bzw hätte sich XXXX dem PCR-Test unterzogen, so hätte innerhalb kürzester Zeit eine Abschiebung in den Herkunftsstaat stattfinden können.

Aufgrund vorliegendenden Sachverhalts geht die entscheidende Behörde davon aus, dass das Abschiebehindernis alleine im Verhalten der VP gelegen ist und somit die Voraussetzungen gem § 80 Abs 4 Ziff 4 FPG vorliegen.

Das Gesamtverhalten vor und während der Schubhaft lässt für die Behörde keinen anderen Rückschluss zu, als dass eine erhebliche Fluchtgefahr besteht. (…)

Es wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge die Schubhaft zu o.a. Verfahrenszwecke weiter aufrechterhalten.

Bemerkungen zum Verfahren: - Fremder in Schubhaft, - HRZ vorhanden“

Die Stellungnahme des BFA wurde der Vertretung des BF am 06.08.2021 zum Parteiengehör übermittelt. Eine Stellungnahme langte bis zur Erkenntniserlassung nicht ein.

Mit E-Mail vom 10.08.2021 übermittelte das BFA eine ergänzende Stellungnahme mit folgendem Inhalt:

„Die aktuellen Abschiebemodalitäten in Bezug auf Nigeria im Zusammenhang mit den Covid Tests lassen sich kurz und einfach darstellen. Laut “PRESIDENTIAL TASK FORCE ON COVID-19 OFFICE OF THE SECRETARY TO THE GOVERNMENT OF THE FEDERATION” müssen mit Stichtag 11.01.2021 alle rückzuführenden Personen nach Nigeria einem mehrstufigen Quarantäneprotokoll folge leisten. Kann diesem nicht nachgekommen werden, ist eine Rückführung nicht umsetzbar. Einer dieser Schritte schreibt vor, dass alle rückzuführenden Personen vor Abflug einen PCR-Test vorweisen müssen, welcher nicht älter als 4 Tage (96 Stunden) sein darf. Eine schriftliche Ausfertigung dieses Testergebnisses muss in englischer Sprache als Nachweis bei der Übergabe in Nigeria den Behörden vorgelegt werden. Die notwendigen Tests werden im Zuge der Anhaltung einige Tage vor dem Charter durch die LPD durchgeführt. Testverweigerer werden im Anschluss im Zuge der Kontaktgespräche, unter Beisein einer Rückkehrberatung, eines Dolmetscher und einer Schubhaftbetreuung, nochmals darauf angesprochen. Das eine oder andere mal lassen sich Dank dieser Gespräche Unklarheiten aufklären und werden anschließend die fehlenden Tests nachgeholt.
Da sich die Anzahl der PCR-Testverweigerer in letzter Zeit immer mehr häufen und die österreichische Gesetzgebung zurzeit keine zwangsweise Testungen zulässt, gibt es hier seit einiger Zeit Bestrebungen alternativen zu implementieren. Innerhalb Europas stehen wir jedoch mit dieser Problematik nicht auf einsamen Posten. Einige Länder wie z.B.: die Schweiz oder Belgien sind uns bereits einen Schritt voraus und können dank bilateraler Gespräche Testverweigerer rückführen. Unsere Bestrebungen gehen ebenfalls in diese Richtung bzw. bieten wir auch die Option einer Vorab-Ersatzquarantäne an. Hierzu fanden bereits in den letzten Wochen intensive Gespräche auf ministerieller Ebene mit den nigerianischen Behörden statt, zuletzt am 03.08.2021 zwischen dem BM.I und dem nigerianischen Botschafter in Österreich (Herrn (…). Da uns bis dato noch keine negative Rückmeldung dieser Besprechung vorliegt, kann die Behörde davon ausgehen, dass Bestrebungen zur Lösungsfindung von nigerianischer Seite bestehen und diese bereits für den kommenden Charter Ende August schlagend werden.
Zusammengefasst kann festgehalten werden, das Lockerungen in nächster Zeit im Raum stehen und kann zu diesem Zeitpunkt von keiner Unabschiebbarkeit von Testverweigerern geredet werden.“

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Zur Person:

Der BF reiste vermutlich 2004 illegal in das Bundesgebiet ein und ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er ist Fremder i.S.d. Diktion des FPG. Seine Identität steht mittlerweile fest.

Er stellte am 24.11.2004 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde negativ beschieden. Der BF hat keinen gültigen dauerhaften Aufenthaltstitel in Österreich erhalten und wurde eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung verbunden mit einem Einreiseverbot gegen ihn erlassen.

Der BF leidet an Bluthochdruck und einem Problem mit seinem Augenlid. Er ist jedoch weiterhin haftfähig.

Er ist in Österreich bereits sechsmal vorbestraft. Viermal davon einschlägig wegen Suchtgiftdelikten. Der BF befand sich mehrmals in Strafhaft.

Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:

Seit dem 12.07.2017 besteht gegen den BF eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung.

Am 25.05.2021 wurde von der nigerianischen Botschaft ein Heimreisezertifikat (HRZ) gültig bis 25.06.2021 ausgestellt. Da der BF den zur Abschiebung erforderlichen PCR Test im Mai 2021 verweigerte, musste die Charter Anmeldung (Abschiebecharter Nigeria 26.-27.05.2021) storniert werden. Auch eine neuerliche Anmeldung für einen Abschiebecharter (22.-23.06.2021) musste aufgrund der PCR Test Verweigerung des BF storniert werden.

Aus diesem Grund musste auch ein neuerliches HRZ bei der nigerianischen Botschaft beantragt werden. Am 23.07.2021 wurde von der nigerianischen Botschaft neuerlich ein HRZ ausgestellt, welches bis 30.08.2021 gültig ist. Der BF wurde daraufhin für den Charter (27.-28.07.2021) angemeldet, welcher erneut aufgrund der PCR Testverweigerung storniert werden musste. Der BF ist für den nächstmöglichen Charter am 24.08.2021 angemeldet.

Seit 11.01.2021 müssen alle nach Nigeria rückzuführenden Personen ein mehrstufiges Quarantäneprotokoll befolgen. Ein Teil dieses Quarantäneprotokolls verlangt, dass vor dem Abflug ein PCR-Test vorzuweisen ist, der nicht älter als 96 Stunden (vier Tage) alt sein darf. Eine schriftliche Ausfertigung dieses Testergebnisses muss in englischer Sprache als Nachweis bei der Übergabe in Nigeria an die Behörden vorgelegt werden. Die notwendigen Tests werden im Zuge der Anhaltung einige Tage vor dem Charter durch die LPD durchgeführt. Personen, die die Durchführung des Tests verweigern, werden in einem anschließenden Gespräch mit der Rückkehrberatung, der Schubhaftbetreuung und im Beisein eines Dolmetschers nochmals aufgeklärt. Durch derartige Gespräche lassen sich manchmal Unklarheiten beseitigen und die Tests werden nachgeholt.

Da – auch auf europäischer Ebene – die Anzahl der Testverweigerer immer mehr zunimmt, um Abschiebungen zu verhindern, werden mehrfach Alternativen implementiert (z. B. durch eine vor oder nach dem Abschiebeflug durchgeführte quarantäneähnliche Unterbringung). Durch bilaterale Gespräche werden Möglichkeiten geschaffen (wie bereits in der Schweiz und in Belgien) auch Testverweigerer in ihre Herkunftsstaaten rückzuführen. Diesbezüglich fanden in den letzten Wochen vermehrt Gespräche mit der nigerianischen Botschaft statt, zuletzt am 03.08.2021. Es ist daher davon auszugehen, dass in der nächsten Zeit Lockerungen zu den verpflichtenden Covid-PCR-Tests als Abschiebevoraussetzungen stattfinden und eine Abschiebung des BF in absehbarer Zeit auch ohne Durchführung eines PCR-Tests stattfinden kann.

Zum Sicherungsbedarf/Verhältnismäßigkeit:

Gegen den BF liegt eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

Der BF ist während des Verfahrens untergetaucht und war für die Behörde nicht greifbar. Mitunter war der BF auch an seinem gemeldeten Wohnsitz für die Behörde nicht greifbar.

Er ist nicht vertrauenswürdig. Er ist nicht rückreisewillig und nicht kooperativ.

Er hat gegen die Wohnsitzauflage vom 13.02.2019 verstoßen.

Der BF hat die Behörden über lange Zeit über seine wahre Identität getäuscht und diese nicht selbst preisgegeben.

Eine bereits angesetzte Abschiebung 2017 wurde vom BF durch das Verschlucken eines Gegenstandes faktisch verhindert.

Im Jahr 2021 war der BF 3 Mal zur Abschiebung mittels Charter nach Nigeria angemeldet. Der BF verweigerte im Jahr 2021 3 Mal die Durchführung eines Covid-PCR-Tests um seine Abschiebung zu verhindern.

Der BF ist bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht bereit freiwillig auszureisen.


Zur familiären/sozialen Komponente:

In Österreich bestehen mit Ausnahme eines Sohnes und zweier Bekannter keine familiären und sonstigen nennenswerten sozialen Beziehungen. Dieser Sohn lebt in einer betreuten Wohngemeinschaft. Mit ihm besteht regelmäßiger telefonischer Kontakt bzw. hat der Sohn den BF in der Haft besucht.

Der BF geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, ist nicht selbsterhaltungsfähig und weist keine besonderen Integrationsmerkmale auf.

Er verfügt über einen Geldbetrag von € 352,00 (per 10.08.2021) ist jedoch sonst nicht selbsterhaltungsfähig.

Der BF konnte im Verfahren keinen gesicherten Wohnsitz bescheinigen.

Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Akten des BFA und in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes, durch Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungsinformationssystem sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Anhaltspunkte dafür, dass der BF die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist, finden sich weder im Akt des BFA noch in den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen zum Schubhaftbescheid und der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung ergeben sich widerspruchsfrei aus dem Verwaltungsakt. Mit Erkenntnis des BVwG vom 10.07.2017 wurde die behördlich ausgesprochene Rückkehrentscheidung bestätigt und erwuchs in weiterer Folge in Rechtskraft. Die Feststellung hinsichtlich des Asylverfahrens ergibt sich aus dem Akteninhalt.

Ebenso lässt sich den Behördenakten, dem ZMR-Auszug sowie dem Gerichtsakt entnehmen, dass der BF während seines bisherigen Aufenthaltes nicht durchgehend melderechtlich erfasst war und auch fallweise an seiner Meldeadresse nicht aufhältig gewesen ist.

Aus der Einsichtnahme in das Strafregister ergeben sich die strafrechtlichen Verurteilungen des BF.

Der Zeitpunkt, seit dem der BF in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den damit übereinstimmenden Angaben in der Anhaltedatei.

Die Identität des BF ergibt sich aus der der Behörde zugespielten Passkopie. Die nigerianische Staatsangehörigkeit wurde bereits von der Botschaft bestätigt. Die Feststellung zum Gesundheitszustand und zur Haftfähigkeit ergibt sich aus dem Befund und Gutachten des Amtsarztes vom 12.08.2021 und aus den eigenen Angaben des BF im Rahmen seines schriftlichen Parteiengehörs. Das Gericht konnte daher davon ausgehen, dass der BF zwar gesundheitliche Beschwerden hat, jedoch haftfähig ist und gesundheitliche Gründe auch einer Abschiebung nicht entgegenstehen.

Die Feststellungen zum Heimreisezertifikat, den geplanten / stornierten Charterflügen, der 3-maligen Verweigerung des BF der Durchführung eines Covid-PCR-Tests sowie den Bemühungen des BFA in Bezug auf Testverweigerer ergeben sich aus den Stellungnahmen des BFA anlässlich der Aktenvorlage sowie den aktuellen Informationen des BFA zu Rückführungen.

Aus dem gesamten Verhalten des BF ergibt sich, dass dieser nicht vertrauenswürdig ist. Dies zeigt sich etwa auch dadurch, dass der BF den Angaben im Strafregister zur Folge wiederholt mit Suchtgift zu tun hatte und es erst 2019 wieder zu einem akuten Rückfall gekommen ist. Aber auch die anderen verübten Straftaten (etwa Betrug, Urkundendelikte und Sachbeschädigung) konnten das Gericht nur in der Beurteilung der Vertrauensunwürdigkeit bestärken. Die fehlende Rückkehrwilligkeit ergibt sich ebenso aus der Tatsache, dass es der BF schon seit vielen Jahren nicht der Mühe wert gefunden hat, eine Rückreise auch nur ansatzweise ins Auge zu fassen sowie aus seiner schriftlichen Erklärung im Rahmen des Parteiengehörs vor Verhängung der Schubhaft in welcher er eine freiwillige Rückkehr deutlich ausschloss sowie der Verweigerung der Rückkehrberatung. Auch zeigte sich der BF aufgrund seines bisherigen Verhaltens ganz und gar nicht kooperativ. Er verschleierte seine Identität so lange es möglich war, gab diese selbst nie bekannt und führte mehrere Aliasidentitäten. Aus dem Akteninhalt und der Tatsache, dass der BF über mehrere Aliasidentitäten verfügt ergibt sich, dass der BF stets bestrebt war, seine Identität geheim zu halten. Erst die Zumittlung einer Passkopie des BF konnte der Behörde hier Klarheit verschaffen. Der BF hat sohin die Behörde über viele Jahre erfolgreich über seine Identität getäuscht.

Im Jahr 2017 verhinderte er seine bevorstehende Abschiebung durch das Verschlucken eines Löffelteiles. Nach der Entlassung aus der zweiten Schubhaft am 12.09.2018 wurde dem BF nach dem Akteninhalt eine Wohnsitzauflage erteilt, die er nicht eingehalten hat. Im Jahr 2021 war der BF 3 Mal zur Abschiebung mittels Charter nach Nigeria angemeldet. Der BF verweigerte im Jahr 2021 3 Mal die Durchführung eines Covid-PCR-Tests um seine Abschiebung zu verhindern. Das Gericht konnte daher im Falle des BF nicht von Kooperativität ausgehen.

Aufgrund der eigenen Angaben des BF im Rahmen des Parteiengehörs vom 17.02.2021 und dem vorgelegten Schreiben des Vereins „ XXXX “ vom 04.05.2021 ergibt sich, dass der BF mit seinem Sohn seit Oktober 2017 regelmäßigen Kontakt hat. Der BF sagt selbst aus, mit seinem Sohn täglich telefoniert zu haben und von ihm in der Haft auch besucht worden zu sein. Ein gemeinsames Familienleben etwa mit demselben Wohnsitz ist jedoch klar nicht gegeben. Weiters nennt der BF den Namen und die Adresse eines Freundes in XXXX und einer Freundin in Oberösterreich. Darüber hinausgehende soziale bzw. familiäre Kontakte wurden weder bescheinigt, noch hat solche das gerichtliche Verfahren gezeigt. Der BF hat auch bisher nach dem Akteninhalt zur Folge von sozialen Zuwendungen gelebt und war zur eigenen dauerhaften Existenzsicherung nicht in der Lage. Die Feststellung, dass der BF im Verfahren keinen gesicherten Wohnsitz bescheinigen konnte, beruht darauf, dass der BF lediglich behauptete bei einem namentlich genannten Freund nach der Haft unterkommen zu können. Hierbei wurde auch eine konkrete Adresse angegeben. Die Nachforschungen des Gerichts haben hiezu jedoch ergeben, dass die genannte Person an der genannten Adresse nicht gemeldet ist und daher auch für den BF an dieser Adresse kein gesicherter Wohnsitz bestehen kann.

Im gerichtlichen Verfahren sind keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass es für den BF nicht möglich wäre, innerhalb der dafür gesetzlich vorgesehenen zeitlichen Grenzen auch tatsächlich in sein Heimatland verbracht zu werden.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife der Sache nicht mehr aufzunehmen.


Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A. – Fortsetzungsausspruch

§§ 76 und 77 Fremdenpolizeigesetz (FPG), § 22a Abs 4 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten auszugsweise:

Schubhaft (FPG)


„§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. 

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Gelinderes Mittel (FPG)

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
2.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Dauer der Schubhaft (FPG)

§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich,
1.         drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.         sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil,
1.         die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.         eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.         der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.         die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft (BFA-VG)

§ 22a (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde

Anwendungsbereich (Rückführungsrichtlinie)

Art 2. (1) Diese Richtlinie findet Anwendung auf illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhältige Drittstaatsangehörige.

Inhaftnahme (Rückführungsrichtlinie)

Art 15. (1) Sofern in dem konkreten Fall keine anderen ausreichenden, jedoch weniger intensiven Zwangsmaßnahmen wirksam angewandt werden können, dürfen die Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörige, gegen die ein Rückkehrverfahren anhängig ist, nur in Haft nehmen, um deren Rückkehr vorzubereiten und/oder die Abschiebung durchzuführen, (…)

(5) Die Haft wird so lange aufrechterhalten, wie die in Absatz 1 dargelegten Umstände gegeben sind und wie dies erforderlich ist, um den erfolgreichen Vollzug der Abschiebung zu gewährleisten. Jeder Mitgliedstaat legt eine Höchsthaftdauer fest, die sechs Monate nicht überschreiten darf. 

(6) Die Mitgliedstaaten dürfen den in Absatz 5 genannten Zeitraum nicht verlängern; lediglich in den Fällen, in denen die Abschiebungsmaßnahme trotz ihrer angemessenen Bemühungen aufgrund der nachstehend genannten Faktoren wahrscheinlich länger dauern wird, dürfen sie diesen Zeitraum im Einklang mit dem einzelstaatlichen Recht um höchstens zwölf Monate verlängern:
a.         mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens der betroffenen Drittstaatsangehörigen oder,
b.         Verzögerung bei der Übermittlung der erforderlichen Unterlagen durch Drittstaaten.

Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). D

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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