TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/10 I422 2240019-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.09.2021
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Entscheidungsdatum

10.09.2021

Norm

AVG §32 Abs2
AVG §33 Abs2
AVG §59 Abs1
AVG §78 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §125
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §69 Abs1
FPG §69 Abs2
FPG §69 Abs3
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §7 Abs4 Z1
ZustG §37
ZustG §7
ZustG §9

Spruch


I422 2240019-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Rumänien, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin MAHRER, Graben 19, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.08.2020, Zl. XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 16.02.2021, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vom 07.09.2021, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und die Beschwerdevorentscheidung wie folgt abgeändert:

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 iVm § 27 VwGVG

I. im Umfang des Spruchpunkt I. aufgehoben. In Entsprechung des Antrages vom 20.03.2019 wird das mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 25.04.2009, Zl. XXXX erlassene unbefristete Aufenthaltsverbot gemäß § 69 Abs. 2 FPG behoben.

II. im Umfang des Spruchpunkt II. als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 78 AVG hat der Beschwerdeführer Bundesverwaltungsabgaben in der Höhe von Euro 6,50 zu entrichten. Die Zahlungsfrist beträgt zwei Wochen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste im Juni 2007 in das österreichische Bundesgebiet ein und war ab dem 05.07.2007 in Österreich hauptgemeldet.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 19.01.2009, rechtskräftig mit 18.08.2009, Zl. XXXX wurde er wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 25.04.2009, Zl. XXXX wurde gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Dieser Bescheid erwuchs mit 02.06.2009 in Rechtskraft.

Am 10.06.2011 wurde der Beschwerdeführer aufgrund einer Entscheidung des Landesgerichts XXXX den rumänischen Behörden zwecks Übernahme der Strafvollstreckung übergeben. Seit 11.06.2011 ist er nicht mehr aufrecht im Bundesgebiet gemeldet.

Mit E-Mail an das Bundesverwaltungsgericht vom 20.03.2019 beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des gegen ihn bestehenden, unbefristeten Aufenthaltsverbotes und brachte zugleich sowohl eine Vollmacht für seine Vertretung durch den Rechtsanwalt Dr. MAHRER, als auch eine Vollmacht für seine Vertretung durch jeden seiner beiden Elternteile in Vorlage. Dieser Antrag wurde mit verfahrensleitendem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.08.2019, Zl. G307 2216268-1/2E zuständigkeitshalber an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) weitergeleitet.

Mit Schriftsatz vom 11.06.2020 brachte der Beschwerdeführer im Wege seines bevollmächtigten Rechtsvertreters Rechtsanwalt Dr. MAHRER bei der belangten Behörde eine Säumnisbeschwerde ein. Darin wurde unter Verweis auf die Antragstellung vom 20.03.2019 bezüglich die Aufhebung des gegen den Beschwerdeführer bestehenden Aufenthaltsverbotes und die im alleinigen Verschulden der belangten Behörde gelegene Säumnis der Antrag gestellt, das Bundesverwaltungsgericht möge nach Abhaltung einer mündlichen Verhandlung das betreffende Aufenthaltsverbot beheben, in eventu die Befristung desselben herabsetzen, sohin an Stelle der belangten Behörde in der Sache entscheiden.

Mit Schriftsatz der belangten Behörde vom 09.07.2020 ("Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme") wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt werde, seinen Antrag auf Aufhebung des gegen ihn bestehenden Aufenthaltsverbotes abzulehnen und ihm die Möglichkeit eingeräumt, diesbezüglich sowie zu einem Fragenkatalog hinsichtlich seiner persönlichen Verhältnisse innerhalb von sieben Tagen ab Zustellung schriftlich Stellung zu beziehen. Von dieser Möglichkeit machte der Beschwerdeführer keinen Gebrauch.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 07.08.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 20.03.2019 auf Aufhebung des gegen ihn mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 25.04.2009, Zl. XXXX erlassenen Aufenthaltsverbotes gemäß § 69 Abs. 2 FPG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Zudem wurde ihm gemäß § 78 AVG vorgeschrieben, Bundesverwaltungsabgaben in der Höhe von 6,50 Euro zu entrichten und ihm hierfür eine Zahlungsfrist von zwei Wochen eingeräumt (Spruchpunkt II.). Laut einer sich im Akt befindlichen Übermittlungsbestätigung wurde dieser Bescheid dem bevollmächtigten Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Dr. MAHRER, am 09.09.2020 via Fax zugestellt.

Mit E-Mail vom 29.09.2020 übermittelte Rechtsanwalt Dr. MAHRER der belangten Behörde erneut die Säumnisbeschwerde vom 11.06.2020 und stellte zugleich „wegen fortlaufender Nichterledigung in der Sache“ den Antrag auf Vorlage der Säumnisbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht „zur weiteren prozessualen Behandlung“. Diese Säumnisbeschwerde wurde gemeinsam mit den Bezug habenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und langte dort am 05.10.2020 ein.

Mit E-Mail vom 16.11.2020 brachte Rechtsanwalt Dr. MAHRER der belangten Behörde abermals zur Kenntnis, dass er am 11.06.2020 die angeschlossene Säumnisbeschwerde eingebracht habe und erkundigte sich, wann diese dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt worden sei.

Mit E-Mail vom 20.11.2020 setzte die belangte Behörde Rechtsanwalt Dr. MAHRER davon in Kenntnis, dass die Säumnisbeschwerde am 01.10.2020 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt worden sei.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.11.2020, Zl. G306 2216268-2/2E wurde die Säumnisbeschwerde des Beschwerdeführers rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die belangte Behörde habe den Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid abgewiesen und diesen Bescheid seinem bevollmächtigten Rechtsvertreter am 09.09.2020 via Fax zugestellt. Die belangte Behörde habe somit, gerechnet vom dortigen Eingang der ersten Säumnisbeschwerde am 11.06.2020, innerhalb der dreimonatigen Frist des § 16 Abs. 1 VwGVG, konkret am 09.09.2020, eine Entscheidung in der Sache getroffen und damit das vom Beschwerdeführer initiierte Antragsverfahren als – weiterhin – sachlich zuständige Behörde einer Erledigung zugeführt. Vor diesem Hintergrund mangle es einer neuerlichen, nach erfolgter Zustellung des die Rechtsache erledigenden Bescheides, konkret am 29.09.2020, eingebrachten Säumnisbeschwerde an einem verschuldeten Versäumnis der belangten Behörde, weshalb diese als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.

Mit E-Mail vom 26.11.2020 beantragte Rechtsanwalt Dr. MAHRER bei der belangten Behörde, „mangels ordnungsgemäßer Zustellung Ihres Bescheides BFA, Zl. XXXX , vom 07.08.2020“ die Zustellung „zu meinen Handen“. Er verfüge über ein „ XXXX “, in welchem „alle Ein- und Ausgänge penibel aufgelistet“ seien. Der Eingang des betreffenden Bescheides finde sich dort jedoch nicht und sei dieser niemals bei ihm angekommen.

Mit E-Mail der belangten Behörde vom 04.12.2020 wurde Rechtsanwalt Dr. MAHRER neuerlich der gegenständlich angefochtene Bescheid übermittelt und ihm zugleich mitgeteilt, dass der Bescheid zwar bereits am 07.08.2020 erstellt, ihm jedoch – wie auch der Amtssignatur auf dem Bescheid entnommen werden könne – am 09.09.2020 per Fax übermittelt worden sei. Eine betreffende Zustellbestätigung werde nachgereicht.

Mit Schriftsatz vom 20.12.2020, bei der belangten Behörde per E-Mail eingelangt am 27.12.2020, erhob der Beschwerdeführer im Wege seines bevollmächtigten Rechtsvertreters Rechtsanwalt Dr. MAHRER Beschwerde gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid.

Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde (ebenfalls als "Bescheid" bezeichnet) vom 16.02.2021 wurde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ausgesprochen, dass die Beschwerde gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid als verspätet zurückgewiesen werde (Spruchpunkt I.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der angefochtene Bescheid sei dem bevollmächtigten Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, RA Dr. MAHRER, nachweislich – wie einer im Akt enthaltenen Zustellbestätigung entnommen werden könne – am 09.09.2020 per Fax zugestellt worden, wobei der Bescheid nach Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist mit 08.10.2020 in Rechtskraft erwachsen sei und sich die erhobene Bescheidbeschwerde somit als verspätet erweise.

Mit Schriftsatz vom 24.02.2021, bei der belangten Behörde per E-Mail eingelangt am selben Tag, beantragte der Beschwerdeführer im Wege seines Rechtsvertreters Rechtsanwalt Dr. MAHRER die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Inhaltlich wurde ausgeführt, dass am 09.09.2020 kein Fax bei Rechtsanwalt Dr. MAHRER eingelangt und der angefochtene Bescheid somit erst am 04.12.2020 zugestellt worden sei. Die erhobene Bescheidbeschwerde sei daher fristgerecht erfolgt. Zugleich wurde an die belangte Behörde neuerlich der Antrag gestellt, das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot aufzuheben.

Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 02.03.2021 vorgelegt.

Mit Schreiben vom 09.03.2021 richtete das Bundesverwaltungsgericht einen Verspätungsvorhalt an den bevollmächtigten Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Dr. MAHRER. Darin wurde festgehalten, dass sich aus der Aktenlage ergebe, dass die Zustellung des angefochtenen Bescheides nachweislich am 09.09.2020 mittels Faxzusendung an ihn erfolgt sei, sodass – ausgehend von einer vierwöchigen Beschwerdefrist – der 07.10.2020 der letzte Tag der Einbringungsfrist für eine Bescheidbeschwerde gewesen sei. Die mit 20.12.2020 datierte und am 27.12.2020 bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde erweise sich somit als verspätet. Zum Ergebnis dieser Beweisaufnahme wurde Rechtsanwalt Dr. MAHRER die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung schriftlich Stellung zu beziehen.

Mit Schriftsatz vom 11.03.2021 ("Äußerung") brachte Rechtsanwalt Dr. MAHRER eine schriftliche Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht ein. Darin wurde neuerlich ausgeführt, dass am 09.09.2020 „überhaupt kein Fax“ bei ihm eingelangt und ihm der gegenständlich angefochtene Bescheid seitens der belangten Behörde erstmalig via E-Mail vom 04.12.2020 übermittelt worden sei. Die erhobene Bescheidbeschwerde erweise sich daher als rechtzeitig. Dem Schriftsatz angeschlossen war eine E-Mail-Korrespondenz zwischen Rechtsanwalt Dr. MAHRER und dem Dienstleistungsunternehmen " XXXX GmbH", bei welchem dieser um Übermittlung seiner gesamten Fax-Kommunikationsdaten für September 2020 angesucht hatte. Einer RA Dr. MAHRER infolge dessen übermittelten Aufschlüsselung seiner Fax-Kommunikationsdaten seitens der " XXXX GmbH" für September 2020 ist hierbei kein Faxeingang am 09.09.2020 zu entnehmen.

Mit Schriftsatz des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.03.2021 ("Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme") wurde der belangten Behörde unter Anschluss der schriftlichen Stellungnahme von Rechtsanwalt Dr. MAHRER vom 11.03.2021 sowie seiner Korrespondenz mit der " XXXX GmbH" zur Kenntnis gebracht, dass den Ausführungen und übermittelten Unterlagen zu entnehmen sei, dass der angefochtene Bescheid am 09.09.2020 nicht per Fax bei ihm eingelangt sei. Der belangten Behörde wurde die Möglichkeit eingeräumt, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung schriftlich Stellung zu beziehen.

Mit Schriftsatz vom 23.03.2021 ("Stellungnahme") brachte die belangte Behörde eine schriftliche Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht ein, führte darin jedoch lediglich aus, „im Lichte der Sach- und Rechtslage von einer weiteren Stellungnahme Abstand“ zu nehmen.

Am 07.09.2021 wurde durch das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung abgehalten und hierbei die gegenständliche Beschwerdesache erörtert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden nachstehende Feststellungen getroffen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Rumänien und somit EWR-Bürger. Seine Identität steht fest. Er ist gesund und erwerbsfähig. Der Beschwerdeführer ist ledig. Er befindet sich jedoch seit Dezember 2020 in einer Beziehung zu einer in Deutschland aufhältigen deutschen Staatsangehörigen. Seine Lebensgefährtin bringt einen zehnjährigen Sohn in die Beziehung mit ein.

Der Beschwerdeführer ist in Rumänien geboren und aufgewachsen. Im Alter von elf Jahren trennten sich seine Eltern. Seine Mutter zog nach Österreich und der Beschwerdeführer wuchs in weiterer Folge bei seinem Vater auf. In seinem Herkunftsstaat besuchte der Beschwerdeführer insgesamt vier Jahre die Volksschule, vier Jahre die Hauptschule und vier Jahre die Berufsschule, erlernte den Beruf des Bauarbeiters und sammelte überdies Berufserfahrung als Schreiner.

Er reiste im Juni 2007 in das österreichische Bundesgebiet ein und war von 05.07.2007 bis 11.06.2011 – hiervon ab 04.05.2008 durchgehend in Justizanstalten – aufrecht im Bundesgebiet gemeldet, verfügte jedoch zu keinem Zeitpunkt über einen Aufenthaltstitel. Von 14.01.2008 bis 25.01.2008 ging der Beschwerdeführer in Österreich einer angemeldeten Erwerbstätigkeit als Arbeiter im Baugewerbe nach. Nachdem sich der Beschwerdeführer in keinem angemeldeten Beschäftigungsverhältnis mehr befand, führte er gelegentlich „Schwarzarbeiten“ bei Privatleuten durch. Am 10.06.2011 wurde er aufgrund einer Entscheidung des Landesgerichts XXXX den rumänischen Behörden zwecks Übernahme der Strafvollstreckung übergeben. In Rumänien wurde der Beschwerdeführer im Juni 2013 aus der Haft entlassen.

Nach seiner Haftentlassung lebte der Beschwerdeführer in Rumänien in der Eigentumswohnung seines Vaters. Im August 2013 begann der Beschwerdeführer zunächst eine Beschäftigung bei einem Unternehmen, das Couch-Möbel produzierte und wechselte er im Juli 2015 zu einem Unternehmen, das Lenkräder für den Kfz-Bereich produzierte. Im Juli 2015 zog der Beschwerdeführer nach Deutschland. Er hält sich seither in Deutschland auf und befindet sich durchgehend in einem Beschäftigungsverhältnis.

Die getrennten Eltern und ein Halbbruder des Beschwerdeführers leben in Österreich. Sein Vater ist seit 21.06.2007 durchgehend im Bundesgebiet hauptgemeldet. Er ist selbständig und arbeitet als Bühnenbauer am Theater und besitzt die rumänischer Staatsangehörigkeit. Die Mutter des Beschwerdeführers, welche bereits seit 10.10.2002 durchgehend im Bundesgebiet hauptgemeldet ist, arbeitet als Floristin und besitzt mittlerweile die österreichische Staatsbürgerschaft. Der Halbbruder des Beschwerdeführers hält sich seit 20.10.2008 im Bundesgebiet auf, lebt in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Vater und bereitet sich gegenwärtig auf die Matura vor. Der Beschwerdeführer steht in regelmäßigem Kontakt zu seinen Eltern. Neben regelmäßigen Telefonaten und Besuchen seiner Familie in Deutschland – welche aufgrund von COVID-19-eingeschränkt waren – verbringt der Beschwerdeführer auch gemeinsame Urlaube und Aufenthalte in Rumänien.

Darüber hinaus verfügt er in Österreich über keine maßgeblichen familiären oder privaten Anknüpfungspunkte.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 19.01.2009, rechtskräftig mit 18.08.2009, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass er im April und Mai 2008 in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Mittäter, unter Anwendung von Gewalt sowie Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe, insgesamt fünf Supermarktfilialen überfallen hatte. Erstmalig am 02.04.2008 versetzte sein Mittäter hierbei einer Supermarktangestellten mit einer Gaspistole einen Schlag ins Gesicht und entnahm Bargeld in Höhe von 2.108 Euro aus der geöffnete Kassenlade, während der Beschwerdeführer „Aufpasserdienste“ leistete und sie gemeinsam mit dem Bargeld die Flucht ergriffen. Am 12.04.2008 hielt der Mittäter einer Supermarktangestellten seine Gaspistole gegen den Hals und entnahm 700 Euro aus der geöffneten Kassenlade, während der Beschwerdeführer mit drohender Körperhaltung danebenstand, ehe sie zusammen mit dem geraubten Bargeld die Flucht ergriffen. Am 19.04.2008 versetzte der Mittäter einer Supermarktangestellten abermals mit seiner Gaspistole einen Schlag und feuerte einen Schuss in Richtung des Gesichtes eines anwesenden Kunden ab, wodurch die Angestellte eine blutende Rissquetschwunde über dem linken Auge und der Kunde eine Bindehautentzündung erlitt, während der Beschwerdeführer direkt hinter dem Mittäter stand und mit diesem gemeinsam in die geöffnete Geldlade griff, wo sie Bargeld in Höhe von 4.055,69 Euro entnahmen und damit die Flucht ergriffen. Am 24.04.2008 versetzte der Mittäter einer Kundin einen Schlag mit seiner Gaspistole gegen den Hals und feuerte einen Schuss aus seiner Gaspistole ab, um eine Supermarktangestellte zur Herausgabe der Geldlade zu nötigen, während der Beschwerdeführer die im Geschäft befindlichen Kunden mit seiner Gaspistole in Schach hielt und abwechselnd auf eine Kundin und eine Angestellte zielte, ehe der Beschwerdeführer und sein Mittäter die Kassenlade mit Bargeld in Höhe von 993,33 Euro an sich nahmen und damit flüchteten. Am 02.05.2008 versetzte der Mittäter einem Supermarktangestellten mit seiner Gaspistole einen Schlag gegen die linke Halsseite, während der Beschwerdeführer ebenfalls mit seiner Gaspistole auf den Angestellten zielte und der Mittäter in die bereits geöffnete Geldlade griff und Bargeld in Höhe von 1.335 Euro entnahm, womit sie gemeinsam die Flucht ergriffen. Als mildernd wurde im Rahmen der Strafbemessung das Geständnis, der bisherige ordentliche Lebenswandel des Beschwerdeführers sowie sein damaliges Alter von unter 21 Jahren berücksichtigt, während die wiederholten Tatbegehungen als erschwerend gewertet wurden. Einer seitens des Beschwerdeführers erhobenen Berufung wurde dahingehend stattgegeben, dass die gegen ihn ursprünglich verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Jahren auf sieben Jahre und sechs Monate herabgesetzt wurde.

Zudem wurde über den Beschwerdeführer von der Landespolizeidirektion XXXX zu Zl. XXXX ein Waffenverbot ausgesprochen, das mit 10.11.2021 außer Kraft tritt.

Nach dieser Verurteilung trat der Beschwerdeführer kein weiteres Mal mehr strafrechtlich in Erscheinung, weder in Österreich noch in seinem Herkunftsstaat Rumänien und auch nicht in seinem gegenwärtigen Aufenthaltsland Deutschland.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 25.04.2009, Zl. XXXX wurde gemäß dem damaligen § 86 Abs. 1 FPG (idF BGBl. I Nr. 29/2009) gegen den Beschwerdeführer gemäß § 63 Abs. 1 FPG (idF BGBl. I Nr. 29/2009) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Dieser Bescheid erwuchs mit 02.06.2009 in Rechtskraft. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe zwar Bindungen zu seiner in Österreich lebenden Mutter, lebe jedoch mit seiner Freundin, einer rumänischen Staatsangehörigen, in einem gemeinsamen Haushalt. Er sei lediglich kurz angemeldet beschäftigt gewesen und seien weder er noch seine Freundin je in Besitz einer Anmeldebescheinigung gewesen. Während seines nur kurzen Aufenthaltes ab Juni 2007 habe er überdies mit einem Mittäter fünf Raubüberfälle begangen. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes würden die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes und die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung eines solchen unverhältnismäßig schwerer wiegen als die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.

Am 20.03.2019 beantragte der Beschwerdeführer im Wege seines bevollmächtigten Rechtsvertreters Rechtsanwalt Dr. MAHRER die Aufhebung des gegen ihn verhängten, unbefristeten Aufenthaltsverbotes. Dieser Antrag wurde mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 07.08.2020 abgewiesen, welche begründend im Wesentlichen ausgeführt hatte, dass vom Vorliegen des Wegfalles der Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben, nicht ausgegangen werden könne. So habe der Beschwerdeführer in Österreich – abgesehen von seiner Mutter – keinerlei familiäre Bindungen und vermochte er auch kein besonders schützenswertes Privatleben geltend zu machen. Zudem rechtfertige seine gravierende strafrechtliche Verurteilung aus dem Jahr 2009 nach wie vor die Annahme, dass sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden könne. Der angefochtene Bescheid wurde am 04.12.2020 rechtswirksam zugestellt.

2. Beweiswürdigung:

Der umseits unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts. Überdies wurde Beweis aufgenommen durch die Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am 07.09.2021 in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung. Ergänzend wurde Einsicht genommen in das zentrale Melderegister (ZMR), das Informationsverbundsystem zentrales Fremdenregister (IZR), einen Auszug des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger und das Strafregister der Republik Österreich. Zudem wurden in Bezug auf Rumänien und Deutschland Abfragen des Europäischen Strafregister-Informationssystem (ECRIS) eingeholt.

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines vor den österreichischen Behörden in Vorlage gebrachten – und sowohl im zentralen Melderegister als auch im Informationsverbund zentrales Fremdenregister vermerkten - rumänischen Reisepasses Nr. XXXX fest.

Die Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand, seinen Familienverhältnissen, seiner Herkunft, seiner Schulbildung und Berufserfahrung, seinen Lebensumständen in Rumänien, Österreich und Deutschland sowie zu seiner bisherigen Erwerbstätigkeit ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt in Zusammenschau mit den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung.

Die Einreise und die Wohnsitzmeldungen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet von 05.07.2007 bis 11.06.2011 – hiervon ab 04.05.2008 durchgehend in Justizanstalten - ergeben sich aus dem im Verwaltungsakt befindlichen Beschuldigtenvernehmung vom 03.05.2008 und einer Abfrage im zentralen Melderegister. Aus letzterem resultiert auch die Feststellung, dass sein Vater seit 21.06.2007, seine Mutter seit 10.10.2002 und sein Halbbruder seit 20.10.2008 durchgehend im Bundesgebiet hauptgemeldet ist. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung bestätigte der Beschwerdeführer die Staatsangehörigkeiten seiner Familienangehörigen und legte er deren berufliche Tätigen dar. Aus der Einsichtnahme in das Informationsverbundsystem zentrales Fremdenregister ist belegt, dass der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt über einen Aufenthaltstitel verfügte.

Die angemeldete Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers in Österreich als Arbeiter von 14.01.2008 bis 25.01.2008 ergibt sich aus einer Abfrage im Hauptverband österreichischer Sozialversicherungsträger und ist aus den Angaben des Beschwerdeführers in seiner Beschuldigtenvernehmung vom 03.05.2008 seine Tätigkeit in der Schwarzarbeit bestätigt.

Dass er am 10.06.2011 aufgrund einer Entscheidung des Landesgerichts XXXX den rumänischen Behörden zwecks Übernahme der Strafvollstreckung übergeben wurde, ergibt sich aus einem diesbezüglichen, sich im Akt befindlichen Verständigungsschreiben der Justizanstalt XXXX an die Bezirkshauptmannschaft XXXX vom 06.06.2011, in Zusammenschau mit einer Abfrage im zentralen Melderegister, in welchem der Beschwerdeführer seit 11.06.2011 nicht mehr aufscheint. Zuletzt bestätigte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vom 07.09.2021, dass er im Juni 2013 in Rumänien aus der Strafhaft entlassen worden sei. Auf den glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 07.09.2021 sowie den vorab der mündlichen Verhandlung seitens seiner Rechtsvertretung vorgelegten Unterlagen fußen die Feststellungen zu seinem Lebensverlauf nach seiner Haftentlassung, insbesondere seinen beruflichen Tätigkeiten in Rumänien und Deutschland und seinen seit Juli 2015 bestehenden Aufenthalt in Deutschland.

Die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

Die Feststellungen bezüglich den seiner Verurteilung zugrundeliegenden strafbaren Handlungen sowie den Erwägungen des Strafgerichts im Rahmen der Strafbemessung ergeben sich aus der im Akt enthaltenen Urteilsausfertigung des Landesgerichts XXXX zur Zl. XXXX .

Dass der Beschwerdeführer nach dieser Verurteilung weder in Österreich noch in seinem Herkunftsstaat Rumänien und auch nicht in Deutschland ein weiteres Mal strafrechtlich in Erscheinung trat, ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich in Zusammenschau mit einer eingeholten Auskunft aus dem Europäischen Strafregister-Informationssystem, in welchem ebenfalls lediglich diese eine Verurteilung des Beschwerdeführers aufscheint. Dies deckt sich auch mit einer von der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers eingeholten und im Verwaltungsakt einliegenden Auskunft des Bundeskriminalamtes vom 11.03.2019 und lässt sich dieser auch die Feststellung zum aufrechten und bis 10.11.2021 befristeten Waffenverbot des Beschwerdeführers entnehmen.

Die Feststellungen zur Begründung des Bescheides der Bundespolizeidirektion XXXX vom 25.04.2009, Zl. XXXX , mit welchem gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden war, ergeben sich aus dem Inhalt dieses sich im Akt befindlichen Bescheides. Dass dieser Bescheid mit 02.06.2009 in Rechtskraft erwuchs, ergibt sich aus einer Abfrage im Informationsverbund zentrales Fremdenregister.

Die Feststellungen zur Begründung des gegenständlich angefochtenen Bescheides ergeben sich aus dem Inhalt desselben. Dass der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer überdies erst mit 04.12.2020 rechtswirksam zugestellt wurde, ergibt sich aus dem Umstand, dass sein bevollmächtigter Rechtsvertreter Rechtsanwalt Dr. MAHRER im Verfahren durch seine schriftliche Stellungnahme an das Bundesverwaltungsgericht vom 11.03.2021, unter Anschluss einer E-Mail-Korrespondenz zwischen ihm und dem Dienstleistungsunternehmen " XXXX GmbH" samt Aufschlüsselung seiner Fax-Kommunikationsdaten für September 2020, glaubhaft darlegen konnte, den angefochtenen Bescheid tatsächlich nicht am 09.09.2020 per Fax erhalten zu haben, sodass insoweit von einem Zustellmangel auszugehen ist, welcher jedoch mit der tatsächlichen Übernahme des angefochtenen Bescheides durch Rechtsanwalt Dr. MAHRER am 04.12.2020 geheilt wurde (vgl. Punkt II.3.1.).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zulässigkeit der Beschwerde:

3.1.1.1. Gemäß § 9 Abs. 1 ZustG können, soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht). Abs. 3 leg. cit. lautet: „Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.“

§ 37 ZustG bietet die Möglichkeit der Zustellung an einer elektronischen Zustelladresse. Eine "elektronische Zustelladresse" ist "eine vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem anhängigen oder gleichzeitig anhängig gemachten Verfahren angegebene elektronische Adresse" (§ 2 Z 5 ZustG). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedarf es zur Gültigkeit einer elektronischen Zustellung auf dem zuzustellenden Dokument einer Amtssignatur nach § 19 E-GovG (vgl. VwGH 10.9.2015, Ra 2015/09/0015, mwN). Allgemein kann von einer "Angabe" einer elektronischen Zustelladresse in einem anhängigen oder gleichzeitig anhängig gemachten Verfahren ausgegangen werden, wenn der Empfänger die elektronische Zustelladresse beispielsweise auf seinem Eingabeschriftsatz anführt oder seinen Antrag über diese - etwa per E-Mail - eingebracht hat (vgl. VwGH 14.10.2011, 2009/09/0244; überdies Bumberger/Schmid, Praxiskommentar zum Zustellgesetz [Stand: 1.1.2018], § 2 ZustG K18). Die Zustellung an eine elektronische Zustelladresse wird nach § 37 Abs. 1 zweiter Satz ZustG mit dem Zeitpunkt des Einlangens beim Empfänger wirksam. Auf den Zeitpunkt des Öffnens des Dokuments kommt es hingegen nicht an (vgl. VwGH 14.10.2011, 2009/09/0244).

Ein mangelhafter und dementsprechend gesetzwidriger Zustellvorgang steht einer rechtswirksamen Zustellung grundsätzlich entgegen und löst den Beginn der Rechtsmittelfrist nicht aus (vgl. VwGH 02.09.2019, Ra 2019/02/0129, mwN). "Mangelhaft" im zustellungsrechtlichen Sinn ist der Zustellvorgang jedoch insbesondere dann nicht, wenn eindeutig erkennbar ist, an wen sich die Erledigung richtet. In diesem Sinne nicht sinnstörende Fehler, wie etwa die Weglassung bzw. Verwechslung akademischer Grade, ein unrichtig geschriebener Adressat oder eine Fehlbezeichnung der Anschrift, schaden daher nicht, sofern keine Verwechslungsgefahr besteht (vgl. VwGH 06.05.1997, 97/08/0022). Heilbar sind demnach grundsätzlich alle Zustellmängel, soweit sie nicht einen unrichtigen Empfänger betreffen (vgl. Bumberger/Schmid, Praxiskommentar zum Zustellgesetz [Stand: 1.1.2018], § 7 ZustG K3).

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt gemäß den §§ 7 und 9 ZustG die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger (Zustellungsbevollmächtigten) tatsächlich zukommt. Ein tatsächliches Zukommen setzt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass der vom Gesetz vorgesehene Empfänger tatsächlich in den Besitz des zuzustellenden Schriftstücks kommt. Nicht ausreichend ist die bloße Kenntnisnahme des Inhalts des Schriftstücks, beispielsweise durch Übermittlung einer Ablichtung oder durch Akteneinsicht. Wenn die Kenntnisnahme des Schriftstücks (ohne tatsächliches Zukommen) nicht genügt, dann saniert auch der Umstand, dass ein Rechtsmittel gegen das Schriftstück eingebracht wird, die fehlende Zustellung nicht (vgl. etwa VwGH 20.11.2019, Fr 2018/15/0011; sowie im Ergebnis bereits VwGH 18.11.2015, Ra 2015/17/0026).

3.1.1.2. Gegenständlich brachte der Beschwerdeführer zugleich mit seinem Antrag vom 20.03.2019 auf Aufhebung des gegen ihn erlassenen, unbefristeten Aufenthaltsverbotes eine Vollmacht für seine Vertretung durch den Rechtsanwalt Dr. MAHRER in Vorlage und hatte dieser bereits im Schriftsatz der Antragstellung sowohl seine Faxnummer als auch seine E-Mail Adresse angegeben, sodass die seitens der belangten Behörde intendierte Übermittlung des gegenständlich angefochtenen, mit einer Amtssignatur versehenen Bescheides per Fax vom 09.09.2020, adressiert an Rechtsanwalt Dr. MAHRER, grundsätzlich eine rechtswirksame Zustellung desselben bewirken hätte können. Da Rechtsanwalt Dr. MAHRER im Beschwerdeverfahren jedoch glaubhaft – unter Vorlage einer übermittelten Aufschlüsselung seiner Fax-Kommunikationsdaten für September 2020 – darlegen konnte, am 09.09.2020 kein Fax auf dem in Rede stehenden, auch auf der sich im Akt befindlichen Zustellbestätigung ersichtlichen Anschluss (+43 XXXX ) erhalten zu haben, wobei diesem Umstand seitens der belangten Behörde, welche nach einem betreffenden Vorhalt Abstand von einer weiterführenden Stellungnahme an das Bundesverwaltungsgericht genommen hatte, nicht entgegengetreten wurde, ist im Hinblick auf den per Fax am 09.09.2020 unternommenen Zustellversuch von einem Mangel auszugehen, welcher einer rechtswirksamen Zustellung entgegensteht und den Beginn der Rechtsmittelfrist nicht auszulösen vermochte.

Im Falle einer mangelhaften Zustellung gilt diese gemäß § 7 ZustG jedoch als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Allseits unbestritten wurde der angefochtene Bescheid samt Amtssignatur dem bevollmächtigten Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Dr. MAHRER, am 04.12.2020 seitens der belangten Behörde per E-Mail übermittelt und ist ihm dieser dadurch auch tatsächlich zugekommen, sodass gegenständlich von einer rechtswirksamen Zustellung des angefochtenen Bescheides mit 04.12.2020 auszugehen ist.

3.1.2.1. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG beträgt gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG - wie auch in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides zutreffend ausgeführt - vier Wochen und beginnt, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung. Diese Frist ist gemäß § 17 VwGVG nach den §§ 32 und 33 AVG zu berechnen. Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist gemäß § 33 Abs. 2 AVG der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

3.1.2.2. Im gegenständlichen Fall begann die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid mit dem Tag seiner Zustellung am 04.12.2020 zu laufen und endete für den Beschwerdeführer in Anwendung von §§ 32 Abs. 2 iVm 33 Abs. 2 AVG am 04.01.2021. Seine mit 20.12.2020 datierte und am 27.12.2020 bei der belangten Behörde eingelangte Bescheidbeschwerde erweist sich somit als fristgerecht und zulässig.

3.1.3.1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verhältnis zwischen Ausgangsbescheid und Beschwerdevorentscheidung derogiert die Beschwerdevorentscheidung dem Ausgangsbescheid. Das Rechtsmittel, über welches das Verwaltungsgericht zu entscheiden hat, bleibt im Fall eines zulässigen Vorlageantrags die Beschwerde; der Vorlageantrag richtet sich nämlich (nur) darauf, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht vorgelegt wird. Da sich die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid richtet und sich ihre Begründung auf diesen beziehen muss, bleibt der Ausgangsbescheid auch Maßstab dafür, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht; durch das Verwaltungsgericht im Sinne des § 14 Abs. 1 VwGVG aufgehoben, abgeändert oder bestätigt werden kann freilich nur die - außer in Fällen einer Zurückweisung der Beschwerde - an die Stelle des Ausgangsbescheides getretene Beschwerdevorentscheidung (vgl. VwGH 25.05.2021, Ra 2020/08/0046, mwN).

Der Grundsatz, dass die Beschwerdevorentscheidung an die Stelle des Ausgangsbescheides tritt, gilt in den Fällen einer Zurückweisung der Beschwerde mittels Beschwerdevorentscheidung allerdings nicht. Ist die Beschwerde zulässig, wurde sie mit der Beschwerdevorentscheidung aber zurückgewiesen, so hat das Verwaltungsgericht inhaltlich über die Beschwerde zu erkennen (und den Ausgangsbescheid zu bestätigen, zu beheben oder abzuändern), wobei seine Entscheidung an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung tritt, ohne dass diese explizit behoben werden muss (vgl. VwGH 25.04.2018, Ra 2017/09/0033, mwN).

3.1.3.2. Dieser Rechtsprechung folgend war daher die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 16.02.2021, mit welcher die rechtzeitige und zulässige Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid als verspätet zurückgewiesen worden war, nicht zu beheben und vielmehr die Beschwerde meritorisch zu beurteilen.

Zu A) Zur meritorischen Prüfung der Beschwerde:

3.2. Zur teilweisen Stattgabe des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Zur Stattgabe des Antrags auf Aufhebung des unbefristeten Aufenthaltsverbotes (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1.1. Zu den Rechtsgrundlagen zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes:

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 25.04.2009, Zl. XXXX wurde gemäß dem damaligen § 86 Abs. 1 FPG (idF BGBl. I Nr. 29/2009) gegen den Beschwerdeführer gemäß § 63 Abs. 1 FPG (idF BGBl. I Nr. 29/2009) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der mit "Voraussetzungen für das Aufenthaltsverbot" betitelte § 60 FPG in der zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides geltenden Fassung BGBl. I Nr. 29/2009 lautete – auszugsweise - wie folgt:

㤠60 (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1.       die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2.       anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

(2) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder

1.       von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       … “

Der mit "Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes oder des Rückkehrverbotes" betitelte § 63 FPG in der zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides geltenden Fassung BGBl. I Nr. 29/2009 lautete wie folgt:

„§ 63 (1) Ein Aufenthaltsverbot oder ein Rückkehrverbot kann in den Fällen des § 60 Abs. 2 Z 1, 5 und 12 bis 14 unbefristet und sonst für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(2) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes oder des Rückkehrverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.“

Der mit "Sonderbestimmungen für den Entzug der Aufenthaltsberechtigung und für verfahrensfreie Maßnahmen" betitelte § 86 Abs. 1 FPG in der zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides geltenden Fassung BGBl. I Nr. 29/2009 lautete wie folgt:

„§ 86 (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes ihren Hauptwohnsitz ununterbrochen seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.“

3.2.1.2. Zu den aktuell gültigen Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 125 Abs. 16 FPG idgF BGBl. I Nr. 54/2021 bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 oder Rückkehrverbote gemäß § 62 bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

Gemäß § 125 Abs. 25 FPG idgF BGBl. I Nr. 54/2021 FPG bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012 erlassene Aufenthaltsverbote bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig und können nach Ablauf des 31. Dezember 2013 gemäß § 69 Abs. 2 und 3 in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012 aufgehoben werden oder außer Kraft treten.

Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG idgF BGBl. I Nr. 54/2021 lautet auszugsweise:

„§ 67 (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       … “

Der mit "Gegenstandslosigkeit und Aufhebung" betitelte § 69 FPG idgF BGBl. I Nr. 54/2021 lautet:

„§ 69 (1) Eine Ausweisung wird gegenstandslos, wenn der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung (§ 70) nachgekommen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot ist auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

(3) Das Aufenthaltsverbot tritt außer Kraft, wenn einem EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird.“

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG idgF BGBl. I Nr. 110/2021 lautet:

„§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.“

3.2.1.3. Zur Anwendung der Rechtsgrundlagen auf den gegenständlichen Fall:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein Antrag nach § 69 Abs. 2 FPG auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung der Maßnahme eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Bei der Entscheidung über die Aufhebung einer solchen Maßnahme kann die Rechtmäßigkeit jenes Bescheides (Erkenntnisses), mit dem diese Maßnahme erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden. Eine Änderung der Rechtslage kann allerdings den Wegfall eines Grundes für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes darstellen und ist demnach bei der Prüfung der Zulässigkeit der Aufrechterhaltung eines Aufenthaltsverbotes zu berücksichtigen. Das heißt jedoch nicht, dass die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes schon dann zu erfolgen habe, wenn seine Erlassung bei fiktiver Geltung der aktuellen Rechtslage nicht möglich gewesen wäre (vgl. VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0156, mwN). Dem Umstand, dass auf Grund der geänderten Rechtslage kein unbefristetes Aufenthaltsverbot mehr erlassen werden dürfte, ist jedoch zwingend (ungeachtet etwaiger, nach der Verhängung der Maßnahme eingetretener und gegen die Aufhebung sprechender Umstände) dahingehend Rechnung zu tragen, dass nach Ablauf von zehn Jahren das Aufenthaltsverbot aufzuheben ist (vgl. VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0143, mwN).

Im gegenständlichen Fall dürfte gegen den Beschwerdeführer auch nach aktuell geltender Rechtslage ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen werden, da dieser wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt wurde und nach § 67 Abs. 3 Z 1 FPG idgF BGBl. I Nr. 54/2021 ein Aufenthaltsverbot insbesondere dann nach wie vor unbefristet erlassen werden kann, wenn ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist (vgl. auch VwGH 24.01.2012, 2011/18/0267). Eine im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gebotene, zwingende Aufhebung des Aufenthaltsverbotes nach zehn Jahren – ohne Berücksichtigung der weiteren Umstände – kommt fallgegenständlich somit nicht in Betracht.

Die Entscheidung über die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer hat demnach – der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend - aufgrund einer Einzelfallbeurteilung zu erfolgen, weshalb insoweit die abstrakte allgemeine Festlegung eines Wohlverhaltenszeitraumes nicht in Betracht kommt. Dass es jedoch grundsätzlich eines Zeitraums des Wohlverhaltens – regelmäßig in Freiheit – bedarf, um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom Fremden ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können, was grundsätzlich Voraussetzung für die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes ist, kann nicht zweifelhaft sein; ebenso wenig, dass dieser Zeitraum üblicherweise umso länger anzusetzen sein wird, je nachdrücklicher sich die für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgebliche Gefährlichkeit manifestiert hat (vgl. VwGH 22.01.2015, Ra 2014/21/0009, mwN).

Darüber hinaus ist im Verfahren über einen Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes eine Interessenabwägung vorzunehmen, wenn durch das Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Betroffenen eingegriffen wird. Dabei ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen, insbesondere unter Berücksichtigung der im § 61 Abs. 2 FPG idF FrÄG 2011 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 61 Abs. 3 FPG idF FrÄG 2011 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0033, mwN), wobei der damalige § 61 Abs. 2 FPG idF FrÄG 2011 wortident dem nunmehrigen § 9 Abs. 2 BFA-VG entspricht, an dessen Maßstab die Zulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK nach aktuell geltender Rechtslage zu prüfen ist (vgl. VwGH 01.06.2021, Ra 2021/21/0133, mwN). Für die Beurteilung eines schützenswerten Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind dabei insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist, zu berücksichtigen.

Den gegenständlichen Antrag auf Aufhebung des unbefristeten Aufenthaltsverbotes begründete der Beschwerdeführer zunächst mit der Änderung der Rechtslage. In weiterer Folge brachte er in der mündlichen Verhandlung ergänzend vor, dass einerseits auch die Verbindung zu seiner in Österreich aufhältigen Familie und andererseits auch seine in der Zwischenzeit eingetretene persönliche Entwicklung ein unbefristetes Aufenthaltsverbot nicht mehr rechtfertige. Zum Zeitpunkt seiner strafrechtlich relevanten Handlungen sei er jung und nicht reif gewesen. Er habe sich damals in einer finanziell schwierigen Lage befunden und aus der Not heraus eine schlechte Entscheidung getroffen. Der Beschwerdeführer bestätigte, dass das Aufenthaltsverbot zum damaligen Zeitpunkt zu Recht erfolgt sei. Allerdings sei er zwischenzeitig gereift und habe aus seinen Fehlern gelernt. Er habe mittlerweile selbst eine Familie. Aufgrund der gegenwärtigen COVID-19-Situation wisse er den Wert des persönlichen Kontaktes zu Familienangehörigen zu schätzen. Er wolle persönlichen Kontakt zu seiner in Österreich aufhältigen Familie haben, vor allem auch unter dem Aspekt, dass seine Eltern älter werden.

Die ursprüngliche Antragsbegründung – nämlich lediglich die Änderung der Gesetzeslage – vermag noch nicht den Wegfall, der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung belegen und begründete die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ihre abweisende Entscheidung zu Recht damit, dass vom Vorliegen des Wegfalles der Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben, nicht ausgegangen werden könne, auch wenn bereits die Hälfte der Dauer des Aufenthaltsverbotes abgelaufen sei, er sich nach wie vor nichts zu Schulden kommen habe lassen und er nach wie vor Kontakt zu seiner in Österreich aufhältigen Familie habe.

Die vom Beschwerdeführer in Österreich begangenen Straftaten und sein sich daraus ergebendes Persönlichkeitsbild indizieren im Rahmen einer Gesamtschau nach wie vor eine Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, zumal der Verwaltungsgerichtshof gerade in Bezug auf das Verbrechen des schweren Raubes ausdrücklich festgehalten hat, dass ein derartiges strafrechtswidriges Fehlverhalten eines Fremden in hohem Maße das große öffentliche Interesse an der Verhinderung der Eigentums- und der Gewaltkriminalität gravierend beeinträchtigt (vgl. VwGH 22.09.2011, 2008/18/0508, mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Gesinnungswandel eines Straftäters allerdings grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat; für die Annahme eines Wegfalls der aus dem bisherigen Fehlverhalten ableitbaren Gefährlichkeit eines Fremden ist somit in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich. Dabei ist der Beobachtungszeitraum umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden in der Vergangenheit manifestiert hat (vgl. VwGH 15.02.2021, Ra 2021/17/0006). Zweifelsfrei weisen die vom Beschwerdeführer im April 2008 begangenen delinquenten Handlungen eine besondere Gravität auf, die einer langen Wohlverhaltensphase bedürfen. Seit seiner Haftentlassung in Rumänien im Juni 2013 liegt nunmehr eine Wohlverhaltensphase von rund acht Jahren. Im Rahmen der Gesamtbetrachtung bleibt auch zu berücksichtigten, dass es sich um die erste und einzige strafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers in Österreich handelt. Nach seiner Haftentlassung in Rumänien im Juni 2013 folgte keine weitere Verurteilung mehr – weder in Rumänien, wo er sich unmittelbar nach der Haft aufhielt, noch in Deutschland, wo er nunmehr seit 2015 lebt. Es fließt auch mit ein, dass der Beschwerdeführer das Übel der Strafhaft erfuhr – sowohl in Österreich, als auch nach seiner Überstellung nach Rumänien. Er baute sich nach seiner Haftentlassung ein privates, berufliches und familiäres Umfeld auf. So sicherte er sich nach seiner Haftentlassung seine Unterkunft sowohl in Rumänien als auch in Deutschland. Seit August 2013 befindet er sich durchgehend in einem Beschäftigungsverhältnis. Seit Dezember 2020 befindet sich der Beschwerdeführer zudem in einer Beziehung. Der Beschwerdeführer vermochte das erkennende Gericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung durchaus von einer geistigen Reifung und nachhaltigen Änderung seiner Persönlichkeit zu überzeugen und bleibt dahingehend zu bedenken, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt rund 20 Jahre alt war und seither ein Zeitraum von insgesamt rund 13 Jahre vergangen sind. Durchaus lässt das erkennende Gericht nicht unberücksichtigt, dass die mündliche Verhandlung zunächst von einer mangelnden Schuldeinsicht geprägt war, wenn der Beschwerdeführer vermeinte, dass er das „Opfer“ gewesen sei und er „unter Einfluss der anderen Person“ gestanden sei. Allerdings gestand sich der Beschwerdeführer zugleich auch ein, dass er „etwas Schlimmes“ gemacht habe. Er habe dafür die Konsequenzen zu tragen und sei das ausgesprochen Aufenthaltsverbot daher auch zu Recht erfolgt. Auch der im Zuge der mündlichen Verhandlung dargelegten Läuterung – wonach er daraus gelernt habe und er so etwas jetzt nie mehr machen würde – vermag vom erkennenden Gericht beigetreten zu werden.

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes ist aufgrund der vorangegangenen Ausführungen und im Lichte der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass die Wohlverhaltensphase ausreicht, um beim Beschwerdeführer einen nachhaltigen Gesinnungswandel herbeizuführen. Vom Beschwerdeführer geht somit keine Gefahr mehr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus. Dadurch sind aber die Umstände, die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben, weggefallen.

Es wird abschließend darauf hingewiesen, dass im Falle eines neuerlichen Fehlverhaltens auch unter Berücksichtigung seiner bereits erfolgten Verurteilung durchaus wieder die Verhängung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme in Betracht kommen kann.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2.2. Zur Vorschreibung von Bundesverwaltungsabgaben (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 59 Abs. 1 AVG ist im Spruch des Bescheides neben der Hauptsache nach Möglichkeit die allfällige Kostenfrage zu erledigen.

Gemäß § 78 Abs. 1 AVG können den Parteien in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung (unmittelbare oder mittelbare Bundesverwaltung, übertragener Wirkungsbereich der Gemeinden in Bundesangelegenheiten) für die Verleihung von Berechtigungen oder sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen der Behörden Bundesverwaltungsabgaben auferlegt werden, sofern die Freiheit von derlei Abgaben nicht ausdrücklich durch Gesetz festgesetzt ist.

Gemäß § 78 Abs. 2 AVG sind die durch Verordnung der Bundesregierung zu erlassende Tarife maßgebend.

Gemäß Tarif A Z 2 der Bundesverwaltungsabgabenveror

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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