TE Bvwg Erkenntnis 2021/12/13 W250 2220811-5

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Veröffentlicht am 13.12.2021
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Entscheidungsdatum

13.12.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs3

Spruch


W250 2220811-5/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Ägypten (ungeklärt), vertreten durch BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.11.2021, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. Z. 2 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

IV. Gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z. 3 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet), dessen Staatsangehörigkeit bisher nicht geklärt werden konnte, stellte am 09.04.2018 nach illegaler Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom 27.11.2018 vollinhaltlich abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig sei und als Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt. Dieser Bescheid wurde dem BF am 03.12.2018 durch Hinterlegung im Akt zugestellt, da er über keine Meldeadresse verfügte und dem Bundesamt keine Abgabestelle bekannt war, und ist in Rechtskraft erwachsen.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 19.06.2019 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Aus der Schubhaft wurde der BF aufgrund eines Festnahmeauftrages einer Staatsanwaltschaft wegen des Verdachtes des Suchtgifthandels am 20.08.2019 entlassen.

3. Mit Bescheid vom 25.11.2019 erließ das Bundesamt neuerlich eine Rückkehrentscheidung gegen den BF, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt, weiters wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig sei, es wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und einer allfälligen Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebenden Wirkung aberkannt. Zudem wurde ein Einreiseverbot in der Dauer von acht Jahren erlassen. Dieser Bescheid wurde am gleichen Tage zugestellt, er wurde vom BF nicht in Beschwerde gezogen und erwuchs in Rechtskraft.

4. Mit Bescheid vom 29.11.2019 verhängte das Bundesamt neuerlich gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung im Anschluss an die Strafhaft über den BF. Zuvor wurde der BF zur Schubhaftverhängung einvernommen. Dabei gab der BF an, er habe 2 Jahre in England, 5 Jahre in Frankreich und 4 Jahre in Italien gelebt. Er habe kein gültiges Reisedokument, halte sich seit 14 Jahren in Europa auf und habe nie ein Reisedokument gebraucht. Er habe einen Bruder in Frankreich und einen Zwillingsbruder der in Ägypten lebe. Seine Dokumente seien bei seinen Freunden in Italien, dort sei auch sein ägyptischer Reisepass, mit diesen Freunden habe er aber keinen Kontakt. Er habe keine Familie in Österreich, habe hier nie legal gearbeitet und habe keine nennenswerten finanziellen Mittel. Auf Vorhalt, dass ein algerischer Staatsbürger angegeben habe, der Cousin des BF zu sein und dass dieser weiters angegeben habe, der BF sei auch Algerier, meinte der BF „Dies sei möglich, warum nicht“, die Person sei allerdings nicht sein Cousin. Als der BF auf seine Mitwirkungspflicht hingewiesen wurde, meinte er nur, er wolle dazu nichts sagen.

Der BF wurde am 29.11.2019 aus der Strafhaft entlassen und – nachdem er in Verwaltungsstrafhaft angehalten worden war – ab 03.12.2019 in Schubhaft angehalten, aus der er am 07.08.2020 entlassen wurde.

5. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 07.08.2020 wurde dem BF aufgetragen, an einer bestimmten Adresse Unterkunft zu nehmen. Dieser Aufforderung kam der BF nicht nach.

6. Seit 05.10.2020 wurde der BF wiederum in Gerichtshaft angehalten. Mit Parteiengehör vom 15.10.2021 wurde dem BF vom Bundesamt Gelegenheit gegeben, zur beabsichtigten Anordnung der Schubhaft Stellung zu nehmen. Dabei gab der BF im Wesentlichen an, dass er gesund sei und keine Angehörigen in Österreich habe. Er beabsichtige nach seiner Entlassung aus der Strafhaft Österreich zu verlassen und nach Italien auszuwandern, wobei er dafür zwei Tage Zeit benötige, da er noch einen bei der XXXX in XXXX aufbewahrten Geldbetrag abholen werde.

7. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 02.11.2021 wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG über den BF Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3, 8 und 9 FPG Fluchtgefahr vorliege. Der BF versuche seine Identität zu verschleiern, da ein Sprachgutachten eine sehr wahrscheinliche Hauptsozialisierung in Algerien ergeben habe, während der BF behaupte aus Ägypten zu kommen. Der BF habe keine Schritte unternommen um ein gültiges Reisedokument zu erlangen und sei untergetaucht, sobald er auf freien Fuß entlassen worden sei. Es sei daher auch diesmal davon auszugehen, dass der BF nach seiner Entlassung untertauchen werde, um eine Abschiebung zu verhindern. Außerdem habe der BF angegeben ohne Reisedokumente nach Italien ausreisen zu wollen. Gegen den BF liege eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot vor. Mit Bescheid vom 07.08.2020 sei der BF aufgefordert worden, in einer bestimmten Betreuungseinrichtung Unterkunft zu nehmen, dieser Aufforderung sei der BF nicht nachgekommen. In Österreich sei der BF nicht integriert und habe keine familiären oder privaten Bindungen. Er habe im Bundesgebiet keinen Wohnsitz und sei hier noch nie einer legalen Beschäftigung nachgegangen. Seinen Aufenthalt bis zu seiner Ausreise könne er sich aus eigenem nicht finanzieren. Mit der Anordnung eines gelinderen Mittels könne insbesondere deshalb nicht das Auslangen gefunden werden, da der BF bereits mehrfach untergetaucht sei und sich nicht an die österreichische Rechtsordnung halte.

Dieser Bescheid wurde dem BF am 04.11.2021 durch persönliche Übernahme zugestellt, seither wird er in Schubhaft angehalten.

8. Am 07.12.2021 erhob der BF Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vom 02.11.2021 und seine Anhaltung seit 04.11.2021 in Schubhaft. Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass der Sicherungszweck der Schubhaft nicht verwirklichbar sei, da es bisher – in 2,5 Jahren – nicht gelungen sei, ein Heimreisezertifikat für den BF zu erlangen. Darüber hinaus sei auf Grund des eingeschränkten Flugverkehrs mit einer Abschiebung in den vom Bundesamt angenommenen Herkunftsstaat Algerien nicht möglich. Da der BF nunmehr nach seiner Entlassung aus der Strafhaft in Schubhaft angehalten werde erweise sich diese als rechtswidrig, da das Bundesamt während der Anhaltung des BF in Strafhaft keine weiteren Schritte zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF unternommen habe. Der BF verfüge auch über einen Geldbetrag von EUR 4.050,-- und könne daher bis zum Tag seiner Ausreise selbständig Unterkunft nehmen und seine Verpflegung finanzieren. Er sei kooperationsbereit und würde der Anordnung eines gelinderen Mittels auch nachkommen.

Der BF beantragte eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den angefochtenen Bescheid zu beheben, auszusprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt seien, auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft nicht vorliegen und der Behörde den Ersatz der Kommissionsgebühren und der Barauslagen, für die der BF aufzukommen hat, aufzuerlegen.

9. Das Bundesamt legte am 09.12.2021 den Verwaltungsakt vor und gab dazu eine Stellungnahme ab, aus der sich im Wesentlichen ergibt, dass eine Vorführung des BF vor die Vertretungsbehörden der für den BF in Frage kommenden Herkunftsstaaten aus dem Stande der Strafhaft nicht möglich gewesen sei. Auch sei derzeit der Flugverkehr nicht eingeschränkt, sodass mit einer Abschiebung des BF innerhalb der noch zur Verfügung stehenden Schubhafthöchstdauer gerechnet werden könne. Das Bundesamt beantragte die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und den BF zum Ersatz des Vorlage- sowie des Verhandlungsaufwandes zu verpflichten.

10. Zur Stellungnahme des Bundesamtes wurde dem BF Parteiengehör gewährt, woraufhin er ausführte, dass er nunmehr die Möglichkeit habe, bei einem namentlich genannten Freund an einer bestimmten Adresse Unterkunft zu nehmen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Zum Verfahrensgang

Der unter I.1. bis I.10. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

2. Zur Person des BF

2.1. Der BF hat keine Unterlagen vorgelegt, die seine Identität bescheinigen. Seine Staatsangehörigkeit ist ungeklärt, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der BF ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

2.2. Der BF ist gesund und haftfähig.

3. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf

3.1. Der BF hält sich seit dem Jahr 2005 unrechtmäßig in unterschiedlichen Mitgliedstaaten auf und machte dort unterschiedliche Angaben zu seiner Identität. Auch in Österreich gab er verschiedene Identitätsdaten an um seine Abschiebung zu verhindern. In Österreich verfügte er zuletzt am 19.09.2018 über eine Meldeadresse außerhalb einer Justizanstalt oder einem Polizeianhaltezentrum. Der BF war von 05.02.2019 bis 19.06.2019 zwar obdachlos gemeldet, war an der angegebenen Zustelladresse jedoch nicht erreichbar. Der BF ist in Österreich mehrfach untergetaucht und hat sich dadurch sowohl seinem Verfahren auf Grund seines Antrages auf internationalen Schutz vom 09.04.2018 entzogen als auch seine Abschiebung behindert.

3.2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 25.11.2019 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem auf die Dauer von acht Jahren befristeten Einreiseverbot erlassen. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Es liegt eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

3.3. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 07.08.2020 wurde dem BF gemäß § 57 Abs. 1 FPG aufgetragen, an einer bestimmten Adresse Unterkunft zu nehmen. Dieser Wohnsitzauflage kam der BF nicht nach, stattdessen tauchte er unter.

3.4. In Österreich verfügt der BF über keine Familienangehörigen. Er hat die Möglichkeit in der Wohnung eines Bekannten Unterkunft zu nehmen und verfügt über ca. EUR 4.500,--. Er geht in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach. Über einen eigenen gesicherten Wohnsitz verfügt der BF nicht.

4. Zur Verhältnismäßigkeit

4.1. Der BF weist folgende gerichtliche Verurteilungen auf:

4.1.1. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 11.09.2019, rechtskräftig am selben Tag, wurde der BF wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z. 1 erster Fall, 27 Abs. 1 Z. 1 zweiter Fall, 27 Abs. 2 Suchtmittelgesetz – SMG sowie wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 zweiter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt. Die letzte dieser Verurteilung zu Grunde liegende Tat hat der BF am 08.12.2018 begangen.

4.1.2. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 23.09.2019, rechtskräftig am selben Tag, wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG, wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z. 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG und wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 zweiter Fall SMG zur einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, wovon ein Teil von 10 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt. Die letzte dieser Verurteilung zu Grunde liegende Tat hat der BF am 15.06.2019 begangen. Der unbedingte Teil der Freiheitsstrafe wurde bis 29.11.2019 vollzogen.

4.1.3. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 19.04.2021, rechtskräftig am selben Tag, wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 28a Abs. 1 fünfter Fall, 28a Abs. 2 Z. 2, 28a Abs. 4 Z. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Die letzte dieser Verurteilung zu Grunde liegende Tat hat der BF am 05.10.2020 begangen. Der BF wurde am 04.11.2021 vorzeitig bedingt aus der Freiheitsstrafe entlassen.

4.2. Der BF wurde von 19.06.2019 bis 20.08.2019 und von 03.12.2019 bis 07.08.2019 in Schubhaft angehalten. Derzeit wird er seit 04.11.2021 in Schubhaft angehalten.

4.3. Am XXXX leitete das Bundesamt ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bei der ägyptischen Vertretungsbehörde ein, wobei am XXXX ein Interview mit dem BF vor der Vertretungsbehörde stattfand, aber die eindeutige Abklärung der Staatsangehörigkeit nicht möglich war. Am XXXX wurde ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bei der Vertretungsbehörde Algeriens eingeleitet, wobei der BF am XXXX der Vertretungsbehörde vorgeführt wurde. Am XXXX wurde ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bei der tunesischen Vertretungsbehörde eingeleitet, wobei die Ausstellung eines Heimreisezertifikates am XXXX abgelehnt wurde. Ein Gutachten zu den Sprachkompetenzen und den Landeskenntnissen des BF vom 09.11.2000 ergibt, dass eine Hauptsozialisierung des BF in Ägypten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist und er mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in Algerien hauptsozialisiert wurde.

4.4. Zuletzt wurde der BF von 05.10.2020 bis 04.11.2021 in Strafhaft angehalten. Eine Vorführung des BF vor die Vertretungsbehörde Algeriens war während dieser Zeit nicht möglich. Am 04.11.2020 wurde der BF bedingt vorzeitig aus der Strafhaft entlassen.

4.5. Am XXXX wurde der BF einer Delegation der algerischen Vertretungsbehörde vorgeführt. Dabei konnte die algerische Staatsangehörigkeit des BF nicht festgestellt werden. Auf Grund des vom BF gesprochenen Akzentes gab die algerische Vertretungsbehörde bekannt, dass es sich zu 70 % um einen algerischen und zu 30 % um einen tunesischen Staatsangehörigen handelt. Die Unterlagen des BF wurden zur Überprüfung nach Algerien gesandt.

4.6. Am XXXX wurde der BF einer Delegation der ägyptischen Vertretungsbehörde vorgeführt. Die dabei gewonnenen Ergebnisse wurden zur Überprüfung nach Kairo übermittelt.

4.7. Am XXXX wurde neuerlich ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bei der tunesischen Vertretungsbehörde eingeleitet.

4.8. Derzeit ist es möglich sowohl Ägypten als auch Algerien auf dem Luftweg zu erreichen, Abschiebungen nach Algerien finden statt.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes, den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes die bisherigen Schubhaftverfahren des BF betreffend, in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

1. Zum Verfahrensgang

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Verfahrensakt des Bundesamtes und dem vorliegenden Akt des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes die bisherigen Schubhaftverfahren des BF betreffend. Diesen Feststellungen wurde in der Beschwerde nicht entgegengetreten.

2. Zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft

2.1. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass der BF bisher keine Dokumente vorgelegt hat, die seine Identität bescheinigen. Insbesondere gab er in der Einvernahme vor dem Bundesamt am 09.11.2021 an, dass er über kein Reisedokument verfüge. Der BF gibt zwar an, aus Ägypten zu stammen, aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Gutachten zu den Sprachkompetenzen und den Landeskenntnissen des BF vom 09.11.2000 ergibt sich jedoch, dass eine Hauptsozialisierung des BF in Ägypten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist und er mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in Algerien hauptsozialisiert wurde. Anhaltspunkte dafür, dass der BF die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, finden sich im Verwaltungsakt nicht. Da sein Antrag auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen wurde, handelt es sich beim BF weder um einen Asylberechtigten noch um einen subsidiär Schutzberechtigten.

2.2. Im Verwaltungsakt finden sich keine Hinweise auf gesundheitliche Beschwerden des BF, insbesondere gab er im Rahmen des Parteiengehörs vor Anordnung der Schubhaft an, dass er gesund sei und brachte auch in seiner Beschwerde keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vor. Insbesondere ergeben sich auch aus der Anhaltedatei keine Anhaltspunkte auf gesundheitliche Beschwerden des BF. Es konnte daher insgesamt festgestellt werden, dass der BF gesund und haftfähig ist.

3. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf

3.1. Dass sich der BF seit dem Jahr 2005 in unrechtmäßig in Mitgliedstaaten aufhält räumte er selbst in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 08.07.2019 ein, da er angab, Ende 2004 mit einem gültigen Visum nach Italien eingereist zu sein und sich nach Ablauf dieses Visums weiter im Bereich mehrerer Mitgliedstaaten aufgehalten zu haben. Dass er dies unter Angabe unterschiedlicher Identitätsdaten gemacht hat, gestand er in der genannten Beschwerdeverhandlung ebenfalls zu. In Österreich machte er ebenfalls unterschiedliche Angaben zu seiner Identität und gab in der Beschwerdeverhandlung vom 08.07.2019 an, dass er das gemacht habe, um nicht nach Ägypten ausreisen zu müssen. Die Feststellungen zu den Meldedaten des BF ergeben sich aus dem Zentralen Melderegister. Dass der BF an der im Zentralen Melderegister aufscheinenden Adresse, die er für die Zeit seiner Obdachlosigkeit als Zustelladresse angegeben hat, tatsächlich nicht erreichbar war, ergibt sich aus der Aussage des BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 09.07.2019, wonach er nur ein Mal, und zwar zu Beginn der Meldung als obdachlos, an der genannten Adresse Nachschau gehalten habe, ob er Post erhalten habe. Dass sich der BF seinem Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz entzogen hat konnte insofern festgestellt werden, als sich aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 19.06.2019 betreffend ergibt, dass dem BF die Entscheidung in seinem Asylverfahren durch Hinterlegung im Akt zugestellt wurde, da er über keine Meldeadresse verfügte und dem Bundesamt auch sonst keine Abgabestelle bekannt gegeben hat.

3.2. Die Feststellungen zu der mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX erlassenen Rückkehrentscheidung ergeben sich aus der im Verwaltungsakt einliegenden Ausfertigung dieses Bescheides und der Kopie des diesbezüglichen Zustellnachweises sowie aus dem Umstand, dass gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel eingebracht wurde.

3.3. Dass gegen den BF mit Bescheid vom 07.08.2020 eine Wohnsitzauflage erteilt wurde, ergibt sich aus der vom Bundesamt vorgelegten Bescheidausfertigung samt dem diesbezüglichen Zustellnachweis. Dass der BF dieser Wohnsitzauflage nicht entsprochen hat ergibt sich aus der vom Bundesamt vorgelegten Mitteilung jener Betreuungseinrichtung, bei der der BF Unterkunft nehmen hätte sollen. Dass er stattdessen untergetaucht ist steht insofern fest, als im Zentralen Melderegister keine Meldeadresse des BF ab 07.08.2020 bis zu seiner Festnahme im Oktober 2020 aufscheint.

3.4. Dass der BF in Österreich über keine Familienangehörigen verfügt gab er selbst im Rahmen des Parteiengehörs vor Anordnung der Schubhaft an. Dass er über ca. EUR 4.500,-- verfügt ergibt sich ebenso aus dem Beschwerdevorbringen des BF wie der Umstand, dass er bei einem Bekannten Unterkunft nehmen könnte. Im Verwaltungsakt findet sich kein Hinweis auf eine legale Beschäftigung des BF sowie auf das Vorhandensein eines eigenen Wohnsitzes.

4. Zur Verhältnismäßigkeit

4.1. Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des BF beruhen auf den Eintragungen im Strafregister.

4.2. Dass der BF bereits mehrmals in Schubhaft angehalten wurde ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den damit übereinstimmenden Ausführungen in der Stellungnahme des Bundesamtes vom 10.12.2021.

4.3. Die Feststellungen zu den bisher geführten Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind überdies unstrittig.

4.4. Die Feststellungen zur Anhaltung des BF in Strafhaft seit 05.10.2021 und seine vorzeitige bedingte Entlassung am 04.11.2021 ergeben sich aus dem Verwaltungsakt. Dass eine Vorführung des BF vor die algerische Vertretungsbehörde aus dem Stand der Strafhaft nicht möglich war, ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt dokumentierten internen Schriftverkehr des Bundesamtes.

4.5. Die Feststellungen zu dem am XXXX mit dem BF von der algerischen Vertretungsbehörde geführten Interview ergibt sich aus dem diesbezüglich im Verwaltungsakt einliegenden Ergebnisprotokoll.

4.6. Dass der BF am XXXX der ägyptischen Vertretungsbehörde vorgeführt wurde ergibt sich ebenso aus dem Verwaltungsakt wie der Umstand, dass am XXXX neuerlich ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bei der tunesischen Vertretungsbehörde eingeleitet wurde.

4.7. Die Feststellung, wonach Algerien und Ägypten derzeit auf dem Luftweg erreichbar sind und insbesondere Abschiebungen nach Algerien durchgeführt werden, ergibt sich aus der Stellungnahme des Bundesamtes vom 10.12.2021. Der BF hat in seiner Beschwerde zwar vorgebracht, dass auf Grund einer Information des Außenministeriums mit einer Einschränkung des Flug- und Reiseverkehrs mit Algerien zu rechnen sei und dass es darüber hinaus notorisch sei, dass der Flugverkehr eingeschränkt sei. Aus den vom Flughafen Wien sowie vom Flughafen Algier veröffentlichten Flugverbindungen ist jedoch ersichtlich, dass Direktflüge nach Ägypten möglich sind und auch Algerien über Flughäfen wie zum Beispiel Paris auf dem Luftweg erreichbar sind.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. – Spruchpunkt I. – Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c.es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

§ 77 Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

§ 80 FPG lautet:

„Dauer der Schubhaft

§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.“

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ überschriebene § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes lautet:

㤠22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.1.3. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, er ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Verhängung der Schubhaft über den BF grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

3.1.4. Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Es ist daher zu prüfen, ob eine Abschiebung des BF innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer möglich ist. Gemäß § 80 Abs. 4 Z. 1 FPG kann der BF höchstens 18 Monate in Schubhaft angehalten werden, da die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bisher unmöglich war. Dabei sind gemäß § 80 Abs. 4 FPG auch jene Zeiten zu berücksichtigen, die der BF bereits in Schubhaft angehalten wurde. Der BF wurde vor dem Vollzug der hier zu prüfenden Schubhaft bereits ca. 10 Monate in Schubhaft angehalten. Es wurden zwar seit dem Jahr 2019 Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF geführt, doch lagen damals keinerlei Anhaltspunkte für die tatsächliche Staatsangehörigkeit des BF, der keine Unterlagen zur Bescheinigung seiner Identität vorgelegt und falsche Angaben zu seiner Identität gemacht hat, vor. Erst mit Gutachten vom 09.11.2020 wurde festgestellt, dass der BF – entgegen seiner Angaben – nicht in Ägypten sondern mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in Algerien hauptsozialisiert wurde. Auf Grund dieser Informationen wurde der BF neuerlich der algerischen Vertretungsbehörde vorgeführt, die selbst nunmehr davon ausgeht, dass es wahrscheinlicher ist, dass der BF algerischer Staatbürger als tunesischer Staatsangehöriger ist. Die Identität des BF wird derzeit in Algerien überprüft. Parallel dazu wurde der BF auch der ägyptischen Vertretungsbehörde vorgeführt, was ebenfalls zu einer neuerlichen Überprüfung seiner Daten in Ägypten führte, und neuerlich ein Verfahren vor der tunesischen Vertretungsbehörde eingeleitet. Die Überprüfung der Identität des BF in den in Frage kommenden Herkunftsstaaten kann zwar einige Monate dauern, doch ist mit seiner tatsächlichen Identifizierung zu rechnen, zumal die algerische Vertretungsbehörde nunmehr selbst davon ausgeht, dass es wahrscheinlich ist, dass es sich beim BF um einen algerischen Staatsangehörigen handelt. Algerien ist derzeit auf dem Luftweg erreichbar und finden auch Abschiebungen aus Österreich dorthin statt. Das Bundesamt ging daher zu Recht davon aus, dass mit einer Abschiebung des BF innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer zu rechnen ist.

3.1.5. Das Bundesamt geht auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3, 8 und 9 FPG vom Vorliegen einer Fluchtgefahr aus.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Der BF ist in Österreich mehrmals untergetaucht und macht konsequent falsche Angaben zu seiner Identität. Dadurch wirkt er am Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht mit und behindert seine Abschiebung, wodurch er den Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG erfüllt.

Gemäß § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG ist bei der Beurteilung, ob Fluchtgefahr vorliegt, zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder ob der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Gegen den BF liegt eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor und er hat sich seinem Asylverfahren durch Untertauchen entzogen. Damit ist insgesamt der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG erfüllt.

Gemäß § 76 Abs. 3 Z. 8 FPG ist bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt zu berücksichtigen, ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme. Der BF ist der mit Bescheid des Bundesamtes vom 07.08.2020 angeordneten Wohnsitzauflage gemäß § 57 FPG nicht nachgekommen und es liegt eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Damit hat er auch den Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 8 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung der Fluchtgefahr ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG auch der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. Der BF verfügt über keine Familienmitglieder im Bundesgebiet. Er hat die Möglichkeit, bei einem Freund zu wohnen, über einen eigenen gesicherten Wohnsitz verfügt der BF nicht. Der BF verfügt über ca. EUR 4.500,-- an Bargeld. Die bestehende Fluchtgefahr wird weder durch die Wohnmöglichkeit noch durch die Geldmittel des BF gemindert, da er vor dem Bundesamt wiederholt angegeben hat, nach Italien ausreisen zu wollen um sich so der Abschiebung aus Österreich zu entziehen. Auch aus dem vom bisher in Österreich gezeigten Verhalten, dass er falsche Angaben zu seiner Identität macht und mehrmals untergetaucht ist, lässt die Fluchtgefahr durch den zur Verfügung stehenden Geldbetrag sowie die Wohnmöglichkeit nicht verringert erscheinen, zumal der BF gerade den Geldbetrag auf Grund seiner Angaben im Parteiengehör vor dem Bundesamt für seine unrechtmäßige Ausreise nach Italien und nicht zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes in Österreich verwenden will.

Das Bundesamt ist daher zu Recht vom Vorliegen von Fluchtgefahr ausgegangen.

3.1.6. Auch was den Sicherungsbedarf betrifft, ist dem Bundesamt zuzustimmen, dass ein solcher gegeben ist.

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Anordnung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen.

Der BF hält sich seit dem Jahr 2005 unrechtmäßig im Bereich der Mitgliedstaaten auf, machte falsche Angaben zu Identität, um seiner Abschiebung zu entgehen, tauchte mehrfach unter und kam auch einer Wohnsitzauflage nicht nach.

Der BF ist im Bundesgebiet weder familiär noch beruflich oder sozial verankert und verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz. Nach seiner Entlassung aus der Strafhaft beabsichtigte der BF unrechtmäßig nach Italien auszureisen.

Es ist daher im Fall des BF von erheblichem Sicherungsbedarf auszugehen.

3.1.7. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist das Bundesamt verpflichtet, auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken und hat nach Möglichkeit die Abschiebung des Fremden so zu organisieren, dass Schubhaft insgesamt unterbleiben kann. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt der Umstand zur Unverhältnismäßigkeit der Schubhaft, dass das Bundesamt zum absehbaren Ende einer gerichtlichen Strafhaft hin mit der Beschaffung eines Heimreisezertifikates untätig bleibt.

Im vorliegenden Fall wurde der BF seit 05.10.2020 in Gerichtshaft angehalten und mit Urteil vom 19.04.2021 zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Aus dieser Haft wurde der BF am 04.11.2021 vorzeitig bedingt entlassen. Das Bundesamt führte bereits seit dem Jahr 2019 Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bei den Vertretungsbehörden Ägyptens, Tunesiens und Algeriens. Mit Gutachten vom 09.11.2000 wurde festgestellt, dass die vom BF gemachten Angaben zu seiner Staatsangehörigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit falsch sind. Das Bundesamt sah es als erforderlich an, den BF neuerlich der algerischen Vertretungsbehörde vorzuführen, wobei eine Vorführung aus der Strafhaft nicht möglich war. Die Vorführung des BF vor die algerische Vertretungsbehörde fand am XXXX und damit etwa eine Woche nach Beginn des Vollzuges der hier zu prüfenden Schubhaft statt. Da eine Vorführung des BF vor die algerische Vertretungsbehörde im Zusammenhang mit der gutachtlich festgestellten wahrscheinlichen Herkunft des BF zur Erlangung eines Heimreisezertifikates erforderlich war, die Vorführung des BF aus dem Stand der Strafhaft jedoch nicht möglich war, liegen im vorliegenden Fall Umstände vor, die es dem Bundesamt ausnahmeweise erlauben, mit den konkreten Schritten zur Fortführung des Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bis nach der Entlassung des BF aus der Strafhaft zuzuwarten. Dass dieses Verfahren mit der tatsächlichen Erlangung eines Heimreisezertifikates abgeschlossen werden kann ist insofern wahrscheinlich, als sogar die algerische Vertretungsbehörde es nunmehr als wahrscheinlicher ansieht, dass der BF tatsächlich aus Algerien stammt als aus dem noch in Frage kommenden Herkunftsstaat Tunesien.

Dass das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates eine längere Zeitspanne andauert ist im Wesentlichen auf das Verhalten des BF selbst zurückzuführen, der weder Dokumente zum Nachweis seiner Identität vorgelegt noch der Wahrheit entsprechende Angaben zu seiner Herkunft gemacht hat.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Der BF wurde drei Mal nach den Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes bestraft, wobei er jeweils zwei Mal wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels sowie wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel verurteilt wurde. Dabei konnte der BF weder von bereits erfolgten Verurteilungen noch durch vollzogene Freiheitsstrafen von der Begehung weiterer einschlägiger Straftaten abgehalten werden. Gerade an der Verhinderung der Drogenkriminalität liegt jedoch ein besonders hohes öffentliches Interesse und ist im Fall des BF mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass er – wie bereits in der Vergangenheit – neuerlich rückfällig wird. Das öffentliche Interesse an der gesicherten Außerlandesbringung des BF überwiegt daher den Schutz der persönlichen Freiheit des BF bei weitem.

Insgesamt kommt den persönlichen Interessen des BF daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung. Der BF hat bereits mehrfach in der Vergangenheit gezeigt, dass er die ihn treffenden Verpflichtungen nicht einhält.

Auch der Gesundheitszustand des BF lässt die Anordnung der Schubhaft nicht unverhältnismäßig erscheinen.

Die angeordnete Schubhaft erfüllt daher auch das Kriterium der Verhältnismäßigkeit.

Das Bundesamt ist auch der gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen, den Schubhaftbescheid hinsichtlich des damals in Strafhaft angehaltenen BF nicht im Mandatsverfahren zu erlassen.

3.1.8. Die Prüfung, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt, führt zu dem Ergebnis, dass ein gelinderes Mittel zu Recht nicht zur Anwendung kam. Der BF zeigt durch sein langjährig geübtes Verhalten, dass er nicht nur seine fremdenrechtlichen Verpflichtungen negiert, sondern überdies gegen zahlreiche Bestimmungen der österreichischen Rechtsordnung verstößt. Eine Vertrauenswürdigkeit, die im Fall seiner Entlassung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Vermutung zulässt, dass er nicht neuerlich untertauchen wird, liegt nicht vor. So gab der BF im Verfahren vor dem Bundesamt an, nach Italien ausreisen zu wollen und bekräftigte dies in der Einvernahme durch das Bundesamt am 09.11.2021. Auch aus dem bisherigen Verhalten des BF zeigt sich, dass er nach Entlassung aus der Schubhaft regelmäßig untertaucht. Selbst einer Wohnsitzauflage, die im Zuge seiner Entlassung aus der Schubhaft am 07.08.2020 erlassen wurde, kam der BF nicht nach sondern tauchte neuerlich unter. Dass er die österreichische Rechtsordnung insgesamt nicht beachtet, ergibt sich insbesondere auch daraus, dass der BF mehrfach straffällig wurde. Es liegt daher beim BF keinerlei Vertrauenswürdigkeit oder Kooperationsbereitschaft vor, die die Erlassung eines gelinderen Mittels als ausreichend erscheinen lassen würde.

Das Bundesamt ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass mit der Anordnung eines gelinderen Mittels nicht das Auslangen gefunden werden kann.

3.1.9. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt eine „ultima ratio“ dar, da sowohl ein Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchteil A. – Spruchpunkt II. – Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft

3.2.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Der BF befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung in Schubhaft, es ist daher eine Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu treffen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG ausgesprochen, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat. Diese P

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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