TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/24 W147 2227201-1

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Veröffentlicht am 24.09.2021
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Entscheidungsdatum

24.09.2021

Norm

AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z2
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §54
FPG §55
FPG §58 Abs2

Spruch


W147 2227201-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. KANHÄUSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 6. Dezember 2019, 731513910-191158526, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16. September 2021 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkte I. bis III. wird gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 iVm § 7 Abs. 4 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017 sowie § 57 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt II. lautet:

„II. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 Asylgesetz 2005 wird Ihnen der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation nicht zuerkannt.“

II. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV. bis VII. wird stattgegeben, eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 9 BFA- Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, auf Dauer für unzulässig erklärt und XXXX gemäß §§ 54 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, 55 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, und § 58 Abs. 2 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2020, der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung Plus“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Dem Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen der Russischen Föderation, der tschetschenischen Volksgruppe zugehörig und muslimischen Glaubens wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 29. April 2004 durch Erstreckung – bezogen auf die Fluchtgründe seines Vaters - der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

2. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX , rechtskräftig am selben Tag, wurde der Beschwerdeführer gemäß § 105 Abs. 1 und § 84 Abs. 4 StGB in Anwendung der Jugendstrafbestimmungen zu einer bedingten Freiheitstrafe von sechs Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

3. Mit Aktenvermerk vom 13. November 2019 leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das nunmehrige Aberkennungsverfahren gegen den Beschwerdeführer ein.

4. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 5. Dezember 2019 gab der Beschwerdeführer im Beisein seiner gesetzlichen Vertretung an, seine Muttersprache sei Tschetschenisch, weiters spreche er Deutsch, Englisch, Russisch und ein wenig Italienisch. Er sei ledig, kinderlos gesund, nehme derzeit keine Arzneimittel ein und besuche derzeit die 4. Klasse einer Handelsakademie. Er sei im Gebiet von Sibirien geboren und im Jahre 2003 mit seiner Familie in Österreich eingereist. Hier habe er den Kindergarten und die ersten zwei Klassen der Volkschule besucht. Danach sei er mit seiner Familie nach Tschetschenien gereist und habe dort die dritte und vierte Schulstufe absolviert. Nach zwei Jahre in Tschetschenien sei er mit seiner Familie wieder zurück nach Österreich gereist. In Österreich habe er sodann die Hauptschule und nun die Handelsakademie besucht.

In seinem Herkunftsland aufhältig seien seine Großeltern, zwei Onkel und eine Tante, mit denen er regelmäßig in Kontakt stehe. Befragt zu seinen Befürchtungen im Falle einer Rückkehr führte der Beschwerdeführer aus, er würde gezwungen sein, die Sprache und „Alles“ neu zu lernen. In der Schule würde er sich schwertun und wäre er auf sich alleine gestellt. Zu seiner Verurteilung befragt gab der Beschwerdeführer an, er werde sich bemühen, dass so etwas nie wieder vorkomme. Er habe aus seinen Fehlern gelernt und auch verstanden, sich auf derartige Provokationen nicht mehr einzulassen. Er habe einen Fehler gemacht und tue es ihm auch leid.

Vorgelegt wurden das Semesterzeugnis des dritten Jahrganges der Handelsakademie, Empfehlungsschreiben und ein Bericht der Bewährungshilfe.

5. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 29. April 2004, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Absatz 1 Ziffer 1 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF., aberkannt. Gemäß § 7 Absatz 4 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.).

Unter Spruchpunkt II. wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Absatz 1 Ziffer 2 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt.

Unter Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt.

Unter Spruchpunkt IV. wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 1 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen.

Unter Spruchpunkt V. wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei.

Die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers wurde gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bemessen (Spruchpunkt VI.).

Unter Spruchpunkt VII. wurde gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Im Wesentlichen begründete die belangte Behörde ihre Entscheidung damit, dass sich die Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wesentlich geändert habe und sich die russischen bzw. tschetschenischen Behörde mittlerweile auf IS-Kämpfer/Unterstützer bzw. auf Personen, welche im Nordkaukasus gegen die Sicherheitskräfte kämpfen, konzentriere und sohin Veteranen der Tschetschenienkriege bzw. der Angehörigen keine Verfolgungshandlungen durch die Behörden mehr drohen.

Zur Erteilung eines Einreiseverbotes führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner strafgerichtlichen Verurteilung eine gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die Gesellschaft darstelle.

6. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG vom 6. Dezember 2019 wurde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die „ARGE-Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien“ als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

7. Mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2019 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht verfahrensgegenständliche Beschwerde gegen den genannten Bescheid und focht diesen in vollem Umfang an.

8. Mit Urkundenvorlage vom 2. März 2020 legte der Beschwerdeführer sein Semesterzeugnis über den vierten Jahrgang der Handelsakademie und eine SAP-Teilnahmebestätigung vor.

9. Mit Urkundenvorlage vom 17. Juli 2020 legte der Beschwerdeführer neuerlich sein Semesterzeugnis über den vierten Jahrgang der Handelsakademie und eine Bestätigung über eine Ausbildung in einer Servicestelle österreichischer Übungsfirmen vor.

10. Am 8. Februar 2021 langte die Vollmacht zu seiner nunmehrigen gewillkürten Vertretung beim Bundesverwaltungsgericht ein.

11. Am 16. September 2021 fand zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes in Anwesenheit des Rechtsvertreters und eines Vertreters des Bundesamtes eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, in welcher der Beschwerdeführer zu seinen Rückkehrbefürchtungen, Familien- und Privatleben, seinem Gesundheitszustand sowie zu allfälligen Integrationsaspekten befragt wurde. Vorgelegt wurde seitens des Beschwerdeführers das Zertifikat über das seitens des Strafgerichts auferlegte Anti-Gewalt-Training, Maturazeugnis der Handelsakademie, ausgestellt am 7. Juni 2021, Lohn- und Gehaltsabrechnung für Juni bis August 2021 mit einem durchschnittlichen Nettogehalt von € 1.900,-, SAP-Teilnahmebestätigung, Cambridge ASSESSMENT English Zertifikat Level B1, ausgestellt im Juni 2020, sowie eine Bestätigung über die absolvierte Unternehmerprüfung im Juni 2021.

Das Bundesverwaltungsgericht hat zur vorliegenden Beschwerde wie folgt erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grundlage der Verwaltungsakte der belangten Behörde und der herangezogenen Hintergrundberichte zur aktuellen relevanten Lage in der Russischen Föderation wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes Folgendes festgestellt:

1.1. Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer, dessen Identität feststeht, ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, der tschetschenischen Volksgruppe zugehörig sowie muslimischen Glaubens.

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 29. April 2004 wurde ihm der Status des Asylberechtigten im Wege der Asylerstreckung zuerkannt.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit seinem XXXX Lebensjahr im Bundesgebiet und wurde in Österreich einmal strafgerichtlich verurteilt, wobei diese Verurteilung als Jugendlicher zweieinhalb Jahre zurückliegt.

Der Beschwerdeführer lebt in Österreich gemeinsam mit seinem Vater in einem gemeinsamen Haushalt. Er hat vor kurzem die Matura an der Handelsakademie erfolgreich absolviert, ist derzeit beruflich in einer COVID-19-Teststraße tätig und wird ab dem Herbst an der technischen - Universität XXXX inskribieren.

Der kinderlose Beschwerdeführer hat derzeit eine Freundin, mit der er in keinem gemeinsamen Haushalt lebt. Er leidet unter keiner akuten oder lebensbedrohlichen psychischen oder physischen Erkrankung.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Weder der Beschwerdeführer noch dessen Vater werden in der Russischen Föderation individuell und konkret bedroht oder verfolgt, weil der Vater des Beschwerdeführers tschetschenische Freiheitskämpfer unterstützt hat.

Das Vorliegen anderer Verfolgungsgründe auf Grund von Religion, Nationalität, politischer Einstellung, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder ethnischer Zugehörigkeit wurde nicht konkret vorgebracht; Hinweise für eine solche Verfolgung sind auch sonst nicht hervorgekommen.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in die Russische Föderation:

Der Beschwerdeführer liefe nicht konkret Gefahr, im Fall einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat dort der Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe beziehungsweise der Todesstrafe unterworfen zu werden. Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig und in der Lage, im Fall einer Rückkehr für seinen Lebensunterhalt aufzukommen und seine Existenz zu sichern. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen. Im Herkunftsland verfügt der Beschwerdeführer über Verwandte, und kann darüber hinaus auch von seinen in Österreich lebenden Verwandten unterstützt werden.

1.4. Zur Lage in der Russischen Föderation/Tschetschenien werden die Länderinformationen der Staatendokumentation, Stand 17. Juni 2021, Version 3, festgestellt, die dem Beschwerdeführer im Rahmen der Ladung zur mündlichen Beschwerdeverhandlung zur Kenntnis gebracht wurden.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, den Gerichtsakt des Beschwerdeführers sowie Sichtung der im Laufe des gesamten Verfahrens vorgelegten und eingeholten Urkunden, Dokumente sowie sonstigen Schriftstücke und insbesondere Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen einer öffentlichen Beschwerdeverhandlung.

2.1. Zum bisherigen Verfahrensgang und zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich im Wesentlichen aus dem Verwaltungsakt.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zu der strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers in Österreich stützen sich auf einen aktuellen Strafregisterauszug und das im Akt aufliegende Strafurteil.

Die Feststellungen zum Familien- und Privatleben einschließlich der Aspekte einer Integration in Österreich ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers, den vorlegten Zeugnissen und der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.

2.2. Zu den ursprünglich vorgebrachten Fluchtgründen:

Die Feststellung, dass aufgrund des Fluchtvorbringens des Vaters des Beschwerdeführers dieser aktuell keiner Verfolgung mehr in der Russischen Föderation ausgesetzt ist, resultiert einerseits aus der sich aus den vorliegenden Länderfeststellungen ergebenden allgemein eingetretenen Stabilisierung der Lage in Tschetschenien sowie der zwischenzeitlich gegebenen Möglichkeit für Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe, sich in anderen Teilen der Russischen Föderation niederzulassen.

Die ursprüngliche Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an den Vater des Beschwerdeführers beruhte im Wesentlichen auf der Verfolgung durch russische Sicherheitsbehörden aufgrund seiner Unterstützungshandlungen der Rebellen und der allgemeinen damaligen Sicherheitslage in Tschetschenien. Aufgrund der vorliegenden Länderinformationen ergibt sich, dass im Hinblick auf jenen Asylgrund zwischenzeitlich eine maßgebliche Verbesserung der relevanten Gegebenheiten im Herkunftsstaat eingetreten ist.

Dass kein Anhaltspunkt für eine im Herkunftsstaat aktuell nach wie vor drohende Verfolgung besteht ist auch dadurch belegt, dass die gesamte Familie des Beschwerdeführers für einen Zeitraum von zwei Jahren nach Tschetschenien zurückkehrte und dort nach wie vor Verwandte des Beschwerdeführers unbehelligt leben.

Zudem kommt hinzu, dass für den Beschwerdeführer selbst keine individuelle Gefährdung bei der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgebracht wurde, sondern ihm der Asylstatus im Wege der Asylerstreckung aufgrund seines Vaters zuerkannt wurde. Auch auf Nachfrage, was der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat befürchte, führte dieser im Rahmen seiner Stellungnahme lediglich aus, er sei dort womöglich auf sich allein gestellt und sei das Bildungsangebot in der Russischen Föderation nicht mit jenem in Österreich zu vergleichen.

Dass der Beschwerdeführer nunmehr – rund 17 Jahre später – einer Gefährdung aufgrund seines Vaters ausgesetzt sein würde, kann zusammenfassend keinesfalls angenommen werden.

Da infolge der Beendigung des zweiten Tschetschenienkrieges eine nachhaltige Änderung der dortigen Sicherheits- und Menschenrechtslage eingetreten ist, und der Beschwerdeführer auch im gegenständlichen Verfahren keine konkrete Furcht vor individueller Verfolgung oder einer sonstigen Gefährdung im Fall seiner Rückkehr geäußert hat, konnte im Fall des Beschwerdeführers keine aktuell bestehende Gefährdung im Fall einer Rückkehr prognostiziert werden. Der Beschwerdeführer hat sich zuletzt im Kindesalter im Herkunftsstaat aufgehalten und im nunmehrigen Verfahren keine konkreten Rückkehrbefürchtungen geäußert, welche ein Interesse russischer respektive tschetschenischer Sicherheitskräfte wahrscheinlich erscheinen ließen.

Aufgrund der dargelegten Umstände, welche bereits im angefochtenen Bescheid festgestellt wurden, ergibt sich, dass eine aktuelle Gefahr einer Verfolgung aus asylrelevanten Motiven nicht gegeben ist und auch darüber hinaus keine Gefährdung des Beschwerdeführers im Falle seiner Rückkehr zu prognostizieren ist.

2.4. Zu den Feststellungen zu einer möglichen Rückkehr in die Russische Föderation:

Im Verfahren sind, auch unter Berücksichtigung obiger Ausführungen, keinerlei Hinweise hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer in der Russischen Föderation konkret Gefahr liefe, Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe beziehungsweise der Todesstrafe unterworfen zu werden. Dass der Beschwerdeführer arbeitsfähig und in der Lage ist, für seinen Lebensunterhalt aufzukommen und seine Existenz zu sichern, basiert auf den Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren sowie den diesem Erkenntnis zugrundeliegenden Länderfeststellungen. Der Beschwerdeführer hat Arbeitserfahrung aufzuweisen und ist arbeitswillig. Dabei wird nicht übersehen, dass die soziale Lage in der Russischen Föderation angespannt ist und in Tschetschenien Arbeitslosigkeit sowie daraus resultierend Armut von Teilen der Bevölkerung problematisch sind. Die materiellen Lebensumstände für die Mehrheit der tschetschenischen Bevölkerung haben sich seit dem Ende des Tschetschenienkrieges jedoch deutlich verbessert; die Grundversorgung ist in der Russischen Föderation im Allgemeinen gewährleistet. Dafür, dass gerade der junge, arbeitsfähige und -willige Beschwerdeführer nicht für seine notwendige Existenzgrundlage sorgen könnte, sind im Verfahren keine Hinweise hervorgekommen.

Bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat stünde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit offen, als russischer Staatsbürger auf Leistungen des dortigen Sozialsystems zurückzugreifen und zur Erleichterung einer Niederlassung im Herkunftsstaat Rückkehrhilfe gemäß § 52a BFA-BG in Anspruch zu nehmen. Schließlich wäre es seinen in Österreich lebenden volljährigen Verwandten möglich, den Beschwerdeführer durch Überweisungen finanziell zu unterstützen, sodass insgesamt auch unter Berücksichtigung seiner bereits langen Ortsabwesenheit kein konkretes Risiko erkannt werden kann, dass der Beschwerdeführer nach einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht in der Lage sein würde, sein Existenzminimum zu sichern. Aus den Länderberichten ergibt sich kein Hinweis, dass die wirtschaftliche Lage in Tschetschenien derart prekär ist, als dass alle Bewohner der Teilrepublik von existenzgefährdenden Lebensbedingungen betroffen wären. Da der Beschwerdeführer demnach keine besondere Vulnerabilität aufweist, ist ihm eine Niederlassung in der Herkunftsregion seiner Familie, Tschetschenien, möglich und zumutbar.

Dem Beschwerdeführer ist aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes grundsätzlich eine eigenständige Bestreitung seines Lebensunterhalts möglich. Der Beschwerdeführer beherrscht Tschetschenisch auf muttersprachlichem Niveau, ebenso spricht er grundlegend Russisch und Deutsch. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen, welche ihn in seiner Fähigkeit, am Erwerbsleben teilzunehmen, einschränken oder ihn im Falle einer Rückkehr potentiell in eine existenzbedrohende Notlage bringen würden. Im gesamten Verfahren wurde nicht dargelegt, weshalb es dem Beschwerdeführer als gesunden Mann, welcher grundsätzlich mit den Gegebenheiten in seinem Herkunftsstaat und der dort gebräuchlichen Sprache vertraut ist, nicht möglich sein sollte, nach einer Rückkehr eigenständig für seinen Lebensunterhalt aufzukommen.

2.5. Zur Lage in der Russischen Föderation

Die Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers ergeben sich aus den jeweils darunter namentlich genannten aktuellen Berichten diverser anerkannter staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen bzw. Organisationen und bieten ein in inhaltlicher Hinsicht grundsätzlich übereinstimmenden und ausgewogenes Bild, sodass insgesamt kein Grund besteht, an deren Richtigkeit zu zweifeln.

Die aktuell vorherrschende COVID-19-Pandemie stellt kein Rückkehrhindernis dar. Der Beschwerdeführer ist körperlich gesund und gehört er mit Blick auf sein Alter von knapp XXXX Jahren sowie aufgrund des Fehlens einschlägiger physischer (chronischer) Vorerkrankungen keiner spezifischen Risikogruppe betreffend COVID-19 an. Es besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in die Russische Föderation eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus erleiden würde. COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche – zulässige und rechtzeitige – Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFAVG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder einzustellen ist.

3.2. Zu Spruchteil A)

3.2.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Der mit „Aberkennung des Status des Asylberechtigten“ betitelte § 7 AsylG 2005 lautet wie folgt:

„(1) Der Status des Asylberechtigten ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;

2. einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder

3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

(2) Ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten ist jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3) und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 wahrscheinlich ist.

(3) Das Bundesamt kann einem Fremden, der nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3), den Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 nicht aberkennen, wenn die Aberkennung durch das Bundesamt - wenn auch nicht rechtskräftig - nicht innerhalb von fünf Jahren nach Zuerkennung erfolgt und der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat. Kann nach dem ersten Satz nicht aberkannt werden, hat das Bundesamt die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuständige Aufenthaltsbehörde vom Sachverhalt zu verständigen. Teilt diese dem Bundesamt mit, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat, kann auch einem solchen Fremden der Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 aberkannt werden.

(4) Die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und 2 ist mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen."

Die Aberkennung des Status des Asylberechtigten erweist sich aus dem Grund des § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 iVm Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK als gerechtfertigt.

Gemäß Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK wird dieses Abkommen auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt, nicht mehr angewendet werden, wenn sie nach Wegfall der Umstände, aufgrund derer sie als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt.

Im konkreten Beschwerdefall handelt es sich bei dem Beschwerdeführer um einen anerkannten Flüchtling, dem der Status des Asylberechtigten mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 29. April 2004 Asyl zuerkannt wurde.

Die Bestimmung des Art. 1 Abschnitt C Z 5 verleiht dem Grundsatz Ausdruck, dass die Gewährung von internationalem Schutz lediglich der vorübergehenden Schutzgewährung, nicht aber der Begründung eines Aufenthaltstitels dienen soll. Bestehen nämlich die Umstände, aufgrund derer eine Person als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr und kann sie es daher nicht weiterhin ablehnen, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen, so stellt auch dies einen Grund dar, den gewährten Status wieder abzuerkennen (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 AsylG, K8.).

Die Bestimmung des Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK stellt primär auf eine grundlegende Änderung der (objektiven) Umstände im Herkunftsstaat ab, kann jedoch auch die Änderung der in der Person des Flüchtlings gelegenen Umstände umfassen, etwa wenn eine wegen der Mitgliedschaft zu einer bestimmten Religion verfolgte Person nun doch zu der den staatlichen Stellen genehmen Religion übertritt und damit eine gefahrlose Heimkehr möglich ist (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 AsylG, K9).

Ein in der Person des Flüchtlings gelegenes subjektives Element spielt auch insofern eine Rolle, zumal aus der in Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK enthaltenen Wortfolge „nicht mehr ablehnen kann“ auch die Zumutbarkeit einer Rückkehr in das Herkunftsland ein entscheidendes Kriterium einer Aberkennung des Flüchtlingsstatus ist (vgl. Putzer/Rohrböck, aaO, Rz 146).

Um die Beendigung der Flüchtlingseigenschaft zu bejahen, muss die Änderung der Umstände sowohl grundlegend als auch dauerhaft sein, zumal der Flüchtlingsschutz umfassende und dauerhafte Lösungen zum Ziel hat und Personen nicht unfreiwillig in Verhältnisse zurückkehren sollen, welche möglicherweise zu einer neuerlichen Flucht führen. Da eine voreilige oder unzureichende Begründung der Beendigungsklauseln ernsthafte Konsequenzen haben kann, ist es angebracht, die Klauseln restriktiv auszulegen. (vgl. UNHCR, Richtlinien zum internationalen Schutz: Beendigung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Artikels 1 C (5) und (6) des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ["Wegfall der Umstände"-Klauseln], Abs. 6 f).

3.2.3. Im konkreten Beschwerdefall handelt es sich bei dem Beschwerdeführer um einen anerkannten Flüchtling, dem der Status des Asylberechtigten nicht aufgrund einer individuellen Gefährdung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, sondern im Wege der nationalen Regelungen im Wege des Familienverfahrens – abgeleitet vom Status seines Vaters - zuerkannt worden war.

Die Aberkennung des Status des Asylberechtigten erfolgte fallgegenständlich, wie im angefochtenen Bescheid dargelegt, weil die Umstände, aufgrund derer dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden war, zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr bestehen und der Beschwerdeführer es daher nicht weiterhin ablehnen könne, sich unter den Schutz seines Heimatlandes zu stellen.

Da der Beschwerdeführer straffällig im Sinne des § 2 Abs. 3 AsylG 2005 geworden ist, schadet es gemäß § 7 Abs. 3 AsylG 2005 nicht, dass die Aberkennung fallgegenständlich nicht innerhalb von fünf Jahren ab rechtskräftiger Zuerkennung des Status erfolgt ist.

3.2.4. Zur Begründung der Aberkennung des derart zuerkannten Status unter Anwendung der "Wegfall der Umstände"-Klausel vertrat die Behörde im angefochtenen Bescheid die Ansicht, dass sich die Lage in der Russischen Föderation seit dem Jahr 2004 erheblich verändert habe, und die Familien von Unterstützern der Widerstandskämpfer 2006 amnestiert worden seien, bzw. deren Angehörigen keine Verfolgung durch staatliche Behörden mehr drohe und keine bewaffneten Konflikte mehr im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers ausgetragen werden würden.

In seinem Erkenntnis vom 23. Oktober 2019, Ra 2019/19/0059-6, führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass es auf die Frage, ob einem Familienangehörigen im Herkunftsstaat asylrelevante Verfolgung iSd § 3 Abs. 1 AsylG 2005 droht, für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nach § 34 Abs. 2 AsylG 2005 gerade nicht ankomme und es daher den Bestimmungen des § 34 AsylG 2005 über das Familienverfahren zuwiderlaufen würde, wenn für die Frage, ob der nach diesen Bestimmungen zuerkannte Status des Asylberechtigten abzuerkennen sei, auf das Vorliegen einer asylrelevanten Verfolgung beim Familienangehörigen abgestellt würde. Ebenso wenig sei für die Asylaberkennung in einem solchen Fall maßgeblich, ob alle Voraussetzungen des § 34 AsylG 2005 für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten im Familienverfahren (also etwa die im Revisionsfall, wie auch im vorliegenden Beschwerdefall, nicht mehr gegebene fehlende Straffälligkeit iSd § 34 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005) noch vorliegen. Eine solche Auffassung entspräche der Rechtslage nach dem AsylG in der Fassung vor der AsylG-Novelle 2003, nach der aber ein eigener Aberkennungstatbestand für durch Erstreckung gewährtes Asyl bestand, welcher vor dem Hintergrund jeweils eigenständiger Verfahren auf Gewährung von Asyl einerseits und auf Erstreckung von Asyl andererseits zu verstehen gewesen sei. Mit der AsylG-Novelle 2003 sei jedoch - offenbar in bewusster Abkehr von der bisherigen Rechtslage - ein Aberkennungstatbestand, der auf den Wegfall der Voraussetzungen für die Zuerkennung von Asyl im (nunmehrigen) Familienverfahren abstelle, als nicht mehr erforderlich bzw. als mit den Regelungen des Familienverfahrens nicht vereinbar erachtet worden. Auch gebe es keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber die auf Grund des Verweises in § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 anzuwendende (völkerrechtliche) Beendigungsklausel des Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK auf eine nationalstaatliche Regelung wie jene des § 34 AsylG 2005, welche die Anerkennung als Flüchtling gerade unabhängig von den Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorsieht, angewendet wissen wollte.

In Bezug auf die Anwendung der "Wegfall der Umstände"-Klausel in Fällen der Aberkennung eines Status des Asylberechtigten, welcher ursprünglich abgeleitet von einem Familienangehörigen zuerkannt worden war, führte der Verwaltungsgerichtshof in der erwähnten Entscheidung (vgl. Rz 26 ff) weiter aus, dass die in Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK vorgesehene "Wegfall der Umstände"-Klausel im Unterschied zu allen anderen Aberkennungstatbeständen des § 7 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gesondert für einen Familienangehörigen, der seinen Asylstatus von einer Bezugsperson abgeleitet hat, geprüft werden kann. Es ist nämlich bei einer Person, welcher die Flüchtlingseigenschaft unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK zukommt, der Wegfall solcher Umstände von vornherein nicht denkbar.

Dies würde aber dazu führen, dass der Aberkennungstatbestand des § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 iVm Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK hinsichtlich von Personen, denen der Status des Asylberechtigten im Familienverfahren (bzw. durch Asylerstreckung) zuerkannt wurde, ins Leere liefe. Familienangehörigen könnte dieser Status also selbst dann nicht aberkannt werden, wenn sich die Umstände, auf Grund deren ihre Bezugsperson als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und die Bezugsperson es daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen. Es kann dem Gesetzgeber aber nicht unterstellt werden, dass er eine solche Rechtsfolge bei der Ersetzung der Asylerstreckung durch das Familienverfahren durch die AsylG-Novelle 2003 trotz der ersatzlosen Aufhebung des auf die Asylerstreckung Bezug nehmenden Aberkennungstatbestandes des § 14 Abs. 1 Z 2 AsylG bewirken wollte.

Die Beendigungsklauseln des Art. 1 Abschnitt C GFK beruhen auf der Überlegung, dass internationaler Schutz nicht mehr gewährt werden sollte, wo er nicht mehr erforderlich oder nicht mehr gerechtfertigt ist. Bei der "Wegfall der Umstände"-Klausel ist dies dann der Fall, wenn die Gründe, die dazu führten, dass eine Person ein Flüchtling wurde, nicht mehr bestehen. Zweck der Regelungen über das Familienverfahren nach dem AsylG 2005 sei es, Familienangehörigen die Fortsetzung des Familienlebens mit einer Bezugsperson in Österreich zu ermöglichen. Bestehen jene Umstände, auf Grund deren die Bezugsperson als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr, und könne es die Bezugsperson daher nicht weiterhin ablehnen, sich unter den Schutz ihres Heimatstaates zu stellen, bestehe weder nach dem Zweck des internationalen Flüchtlingsschutzes noch nach jenem des Familienverfahrens nach dem AsylG 2005 eine Rechtfertigung dafür, den Asylstatus des Familienangehörigen, der diesen Status von der Bezugsperson nur abgeleitet hat, aufrecht zu erhalten (vgl. hiezu auch Nedwed, aaO 231 f).

Für die Aberkennung des einem Familienangehörigen im Familienverfahren (bzw. durch Asylerstreckung) zuerkannten Status des Asylberechtigten wegen Wegfalls der fluchtauslösenden Umstände komme es also darauf an, ob die Umstände, auf Grund deren die Bezugsperson als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und es diese daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen. Diese Frage habe die Behörde (bzw. das Verwaltungsgericht) ohne Bindung an eine allfällige diesbezügliche Entscheidung im Verfahren über die Aberkennung des Asylstatus des Familienangehörigen selbstständig zu beurteilen (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0059; 22.04.2020, Ra 2019/14/0501).

Gelange die Behörde (bzw. das Verwaltungsgericht) in so einem Fall zu der Beurteilung, dass die in Rn. 29 genannten Umstände nicht mehr vorliegen, ist der Asylstatus eines Familienangehörigen, dem dieser Status im Familienverfahren (bzw. durch Asylerstreckung) zuerkannt worden ist, abzuerkennen, sofern im Entscheidungszeitpunkt hinsichtlich des Familienangehörigen nicht die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (drohende Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK) vorliegen (vgl. in diesem Sinn auch EuGH 02.03.2010, C-175/08 u. a., Aydin Salahadin Abdulla u.a., Rn. 81 ff).

3.2.5. Wie festgestellt bestehen die Umstände, auf Grund derer dem Vater des Beschwerdeführers, von welchem dieser seinen Status des Asylberechtigten abgeleitet hat, als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr. Dem Vater des Beschwerdeführers war der Status des Asylberechtigten im Jahre 2004, im Zeitraum nach dem zweiten Tschetschenienkrieg aufgrund der Verfolgung durch russische Sicherheitskräfte und aufgrund von Repressionsmaßnahmen sowie der damals nicht vorgelegenen zumutbaren Möglichkeit einer Niederlassung in anderen Landesteil gewährt worden. Nun, mehr als zehn Jahre nach Ende des zweiten Tschetschenienkrieges ist (unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Annahme einer grundlegenden politischen Veränderung im Herkunftsstaat eine gewisse Konsolidierung der Verhältnisse voraussetzt, für deren Beurteilung es in der Regel eines längeren Beobachtungszeitraums bedarf, vgl. VwGH 27.02.2006, 2002/20/0170) eine Änderung der Situation im Herkunftsstaat eingetreten, die nicht nur vorübergehend ist.

In der zitierten Entscheidung wird ausdrücklich festgehalten hat, dass die Frage, ob die Umstände, auf Grund deren die Bezugsperson als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und es diese daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen, ohne Bindung an eine allfällige diesbezügliche Entscheidung im Verfahren über die Aberkennung des Asylstatus des Familienangehörigen durch die Behörde (bzw. das Verwaltungsgericht) selbstständig zu beurteilen ist.

3.2.6. Im Falle des Beschwerdeführers liegt überdies zum Entscheidungszeitpunkt keine individuelle oder generelle Gefährdung vor, welche einer Rückkehr in den Herkunftsstaat entgegenstehen und demnach eine Aufrechterhaltung des Asylstatus gebieten würde.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid nachvollziehbare Ausführungen dahingehend getroffen, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr zum Entscheidungszeitpunkt keine Gefährdung in seinen Rechten auf Leben und körperliche Unversehrtheit droht. Dabei hat die Behörde – unter Zugrundelegung umfassender Länderberichte – einerseits darauf verwiesen, dass die entscheidungsmaßgebliche Lage in Tschetschenien seit dem Zeitpunkt der Statuszuerkennung im Jahre 2008 eine wesentliche und nachhaltige Änderung erfahren hat. Dem Vater des Beschwerdeführers wurde der Status des Asylberechtigten zuerkannt, reiste aber mit seiner gesamten Familie nach Ende des Tschetschenienkrieges für einen Zeitraum von zwei Jahren nach Tschetschenien.

Da der Beschwerdeführer selbst keiner asylrelevanten Gefährdung in der Russischen Föderation ausgesetzt ist, hat die Behörde den Status des Asylberechtigen im Ergebnis zu Recht aberkannt, weshalb die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen war.

Da sich die Aberkennung des Status des Asylberechtigten insgesamt als rechtmäßig erweist, hat die belangte Behörde auch gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 zu Recht festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt.

3.2.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

Unter „realer Gefahr“ ist nach den Materialien zum Asylgesetz 2005 „eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen“ (vgl. auch VwGH 19. 2. 2004, 99/20/0573 mit weiteren Hinweisen auf die Judikatur des EGMR). Dabei obliegt es der betroffenen Person, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle der Abschiebung behauptet, soweit als möglich Informationen vorzulegen, die (…) eine Bewertung der mit einer Abschiebung verbundenen Gefahr erlauben (EGMR 5. 7. 2005, Said v. The Netherlands, Appl. 2345/02).

§ 8 Abs. 1 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Herkunftsstaat des Antragstellers. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG 2005 ist Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt oder im Falle der Staatenlosigkeit der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.

Nach der (zur Auslegung der Bestimmungen zum subsidiären Schutz anwendbaren) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 8 AsylG in Verbindung mit § 57 FrG ist Voraussetzung einer positiven Entscheidung nach dieser Bestimmung, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 8.6.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, eine positive Entscheidung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; 25. 1. 2001, 2001/20/0011).

Der Antragsteller hat das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.06.1997, 95/18/1293, 17.07.1997, 97/18/0336). Gesichtspunkte der Zurechnung der Bedrohung im Zielstaat zu einem bestimmten "Verfolgersubjekt" sind nicht von Bedeutung; auf die Quelle der Gefahr im Zielstaat kommt es nicht an (VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 26.02.2002, 99/20/0509; 22.08.2006, 2005/01/0718). Die aktuelle Bedrohungssituation ist mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender Angaben darzutun, die durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert werden (VwGH 02.08.2000, 98/21/0461). Dies ist auch im Rahmen des § 8 Asylgesetz 1997 (nunmehr: § 8 Abs. 1 AsylG 2005) zu beachten (VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).

Im gegenständlichen Fall kann keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention für den Fall der Rückkehr des Beschwerdeführers in die Russische Föderation erkannt werden.

Es ergeben sich nach dem gepflogenen Ermittlungsverfahren keine Hinweise, dass dieser bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat den hier relevanten Gefahren ausgesetzt wären noch liegen „außergewöhnliche Umstände“ ('exceptional circumstances') im Sinne der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 3 EMRK vor, die eine Abschiebung aus anderen, etwa gesundheitlichen Gründen als unzulässig erscheinen lassen würden (vgl. EGMR 2. 5. 1997, D. v. The United Kingdom, Appl. 30.240/96; EGMR 27. 5. 2008, N. v. The United Kingdom, Appl. 26.565/05 bzw. VwGH 23. 9. 2009, 2007/01/0515).

Der Beschwerdeführer leidet unter Berücksichtigung der in Fällen einer möglichen Verletzung des Art. 3 EMRK bei drohender Abschiebung eines Betroffenen ergangenen Judikatur des EGMR, auf die sich im Erkenntnis vom 6. März 2008, B 2400/07-9, auch der österreichische Verfassungsgerichtshof ausdrücklich beruft, an keinen relevanten (schwerwiegenden bzw. chronischen) Erkrankungen, die grundsätzliche Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems des Herkunftsstaates ergibt sich aus den diesbezüglichen Länderfeststellungen.

Der Beschwerdeführer ist zur Teilnahme am Erwerbsleben fähig und ist es ihm auch möglich und zumutbar, in seinem Herkunftsstaat für das Überlebensnotwendige zu sorgen. Es ist ihm mit Unterstützung seiner Angehörigen in der Russischen Föderation zumutbar, den notdürftigen Lebensunterhalt zu bestreiten. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass die Großeltern, zwei Onkel und eine Tante des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation leben. Er spricht sowohl Deutsch als auch Tschetschenisch und Russisch und hat auch in Österreich bereits Arbeitserfahrung gesammelt, weswegen ihm die selbstständige Bestreitung seines Lebensunterhaltes in seinem Herkunftsstaat zumutbar wäre.

Schließlich konnte auch nicht festgestellt werden, dass in der Russischen Föderation derzeit eine „extreme Gefahrenlage“ (vgl. etwa VwGH 16.4.2002, 2000/20/0131) im Sinne einer dermaßen schlechten wirtschaftlichen oder allgemeinen (politischen) Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Abschiebung als unrechtmäßig erscheinen ließe.

Die reale Gefahr, dass dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat eine Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe drohen könnte, kann somit nicht erkannt werden, außergewöhnliche Umstände im Sinne der Judikatur des EGMR, die gegen eine Abschiebung sprechen würden, sind ebenfalls nicht erkennbar, weswegen die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe abzuweisen war, dass der normative Spruch des Bescheides den Prüfungsrahmen auf den Herkunftsstaat des Antragstellers einschränkt.

3.2.3. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

„1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.“

Keine der Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 sind im gegenständlichen Fall erfüllt, weshalb das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht festgestellt hat, dass der Beschwerdeführer keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz zuzuerkennen ist.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides war daher als unbegründet abzuweisen.

3.2.4. Zu Spruchpunkt IV., V., VI. und VII. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

§ 9 BFA-VG lautet:

„(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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