TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/7 W154 2246925-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.10.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

07.10.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
Dublin III-VO Art28 Abs1
Dublin III-VO Art28 Abs2
FPG §76 Abs2 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs3

Spruch


W154 2246925-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU-GmbH), gegen den Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.8.2021, Zahl: 1282588601/211220203, und die Anhaltung in Schubhaft seit 30.8.2021 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin III-VO und § 76 Abs. 2 Z 3 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

IV. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG iVm § 1 Z 3 und Z 4 VwG-AufwErsV hat der Beschwerdeführer dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 13.8.2021 in Österreich einen Asylantrag und wurde diesbezüglich erkennungsdienstlich behandelt.

Eine am 14.8.2021 durchgeführte EURODAC-Anfrage ergab, dass der Beschwerdeführer am 19.7.2021 in Bulgarien einen Asylantrag gestellt hatte.

Im Rahmen seiner niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 15.8.2021 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, gesund zu sein und über keine Barmittel oder andere Unterstützungen zu verfügen.

Aus Afghanistan sei er im Mai 2021 mit dem Ziel, nach Europa zu kommen, ausgereist, habe sich auf der Reise einen Monat in Bulgarien in einem unbekannten Camp aufgehalten und sei dort erkennungsdienstlich behandelt worden. Dazu erklärte er, er habe in Bulgarien um Asyl angesucht, einen negativen Bescheid erhalten und sich danach auf den Weg nach Österreich gemacht. Nachgefragt, ob er jetzt ein bestimmtes Zielland habe, erwiderte er, er wolle in Österreich bleiben.

Die durch die Behörde erstellte Prognoseentscheidung lautete auf Dublin-Verfahren und Vorführung BS West Thalham.

In weiterer Folge verließ der Beschwerdeführer sein zugewiesenes Quartier und versuchte am 27.8.2021 mit einem gefälschten französischen Reisepass vom Flughafen Wien Schwechat aus nach Irland zu reisen.

Noch am selben Tag wurde er um 12:27 Uhr auf Basis eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG – Vorliegen der Voraussetzungen für Sicherungsmaßnahmen festgenommen und wegen des Verdachts auf Fälschung besonders geschützter Urkunden als Beschuldigter einvernommen, wobei er zunächst vorbrachte, sein Zielland wäre von Anfang an Irland gewesen, weil sein Bruder dort lebe und ebenfalls um Asyl ansuchen wolle. Die gefälschten Dokumente (Pass und Führerschein) habe er in Wien erhalten, sein Onkel habe alles von Afghanistan aus organisiert.

Nach Feststellung der Haftfähigkeit wurde der Beschwerdeführer um 20:05 Uhr in das Polizeianhaltezentrum eingeliefert. Sein verfügbarer Geldbetrag betrug € 126,94.

Mit dem oben im Spruch genannten Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde über den Beschwerdeführer gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Überstellungsverfahrens angeordnet.

Begründend stellte die Behörde im Wesentlichen Folgendes fest:

„Sie sind kein österreichischer Staatsbürger.

Sie haben in Österreich, aber zuvor auch in Bulgarien, einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Ihre Verfahrensidentität in Österreich lautet […], Staatsangehöriger von Afghanistan.

Sie sprechen Paschtu.

Sie sind gesund und benötigen keine Medikamente.

Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Sie unterliegen einem Verfahren nach der Dublin Verordnung

Gegen Sie wurde ein Verfahren zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung eingeleitet. Diese ist noch nicht durchführbar. Sie halten sich (nicht) rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

?        Sie halten sich illegal in Österreich auf.

?        Sie sind nach Österreich illegal eingereist.

?        Im bisherigen Verfahren verhielten Sie sich unkooperativ und sind untergetaucht, indem Sie Ihr zugewiesenes Quartier verlassen haben und am 27.08.2021 mit einem gefälschten französischen Reisepass vom Flughafen Wien Schwechat aus nach Irland reisen wollten.

?        Sie wiesen sich mit gefälschten Dokumenten aus, zumal Sie damit eine weitere illegale Grenzverletzung begehen wollten. Sie haben auch dadurch die österreichische Rechtsordnung verletzt.

?        Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss heraus nicht legal verlassen.

?        Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung dürfen Sie aufgrund des fehlenden Aufenthaltstitels nicht nachgehen und Sie haben auch sonst keine Möglichkeit in Österreich auf legale Art und Weise an Geld zu kommen.

?        Sie haben keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich.

?        Sie sind in keiner Weise integriert.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie führen in Österreich kein tatsächliches Familienleben. Sie haben in Österreich keine Familienangehörigen oder Sorgepflichten.

Ihr Privatleben in Österreich ist des Schützens nicht würdig. Sie sind in Österreich weder beruflich, privat, sprachlich, noch sozial verankert.“

Die belangte Behörde stützte rechtlich die Fluchtgefahr auf § 76 Abs. 3 Z 1, 6 b, c und Z 9 FPG.

Am 30.8.2021 wurde der Beschwerdeführer um 8:45 in Schubhaft genommen.

Am 13.9.2021 langte die Zustimmung Bulgariens gemäß der Dublin III-Verordnung bei der Behörde ein.

Vom 24.9.2021 bis 1.10.2021 befand sich der Beschwerdeführer im Hungerstreik.

Gegen den gegenständlichen Schubhaftbescheid erhob der der Beschwerdeführer durch seine bevollmächtigte Vertretung am 1.10.2021 rechtzeitig Beschwerde.

Die Beschwerde geht im Wesentlichen davon aus, dass keine erhebliche Fluchtgefahr iSd Dublin-VO bestehe und das Vorliegen eines gelinderen Mittels unzulänglich geprüft worden sei. Die belangte Behörde stütze sich darauf, dass der Beschwerdeführer versucht habe, am 27.8.2021 mit einem gefälschten Reisedokument nach Irland zu reisen. Mit dem Beschwerdeführer sei jedoch keine Einvernahme durchgeführt worden und er hätte also keine Möglichkeit gehabt, sich zu diesen Umständen zu äußern. Wäre er zu den Gründen der versuchten Ausreise befragt worden, hätte er angegeben, Angst zu haben, er könnte von Österreich aus nach Afghanistan abgeschoben werden - er hätte mitbekommen, dass sich der Bundeskanzler und Vertreter der Bundesregierung öffentlich gegen einen Abschiebestopp nach Afghanistan ausgesprochen hätten. Sein Bruder sei in Irland asylberechtigt, aus diesem Grund habe der Beschwerdeführer versucht, nach Irland zu gelangen, weil er sich dort ebenfalls Schutz erwartet hätte. Überdies sei der gefälschte Reisepass sichergestellt worden und es wäre daher schon bei objektiver Betrachtung nicht ersichtlich, wie der Beschwerdeführer ohne Reisedokument nun versuchen sollte, abermals über den Luftweg auszureisen. Wäre ihm mitgeteilt worden, dass eine Abschiebung nach Afghanistan nicht im Raum stehe, hätte er das weitere Verfahren in Österreich abgewartet, zumal er ein Interesse daran habe, dass sein Antrag in Österreich geprüft werde.

Zudem käme eine Überstellung nach Bulgarien aufgrund systematischer Missstände im bulgarischen Asylverfahren hinsichtlich afghanischer Schutzsuchender nicht in Frage, weshalb sich die gegenständliche Schubhaft als unzulässig erweise und es bestünde das Risiko, von Bulgarien nach Afghanistan abgeschoben zu werden (Gefahr der Kettenabschiebung). Nachdem Bulgarien gemäß Art 18 Abs. 1 lit. d der Dublin-VO zugestimmt habe, sei davon auszugehen, dass das dortige Asylverfahren in einem Schnellverfahren negativ entschieden würde. Dies decke sich mit den Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung am 15.8.2021, wonach sein Asylverfahren in Bulgarien negativ abgeschlossen worden sei.

Der Beschwerdeführer beantragte in der Beschwerdeschrift durch seine bevollmächtigte Vertretung eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den bekämpften Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt sei, weiters auszusprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung nicht vorlägen sowie der belangten Behörde den Aufwandersatz im Umfang allfälliger Barauslagen und der Eingabengebühr iHv EUR 30 aufzuerlegen.

Auf Ersuchen der zuständigen Gerichtsabteilung wurden dem Bundesverwaltungsgericht in Folge vom Bundesamt die Verwaltungsakten elektronisch übermittelt. Die belangte Behörde erstattete im Beschwerdeverfahren eine Stellungnahme, in der sie in ihren Ausführungen auf die erhebliche Fluchtgefahr hinwies und der Beschwerde in Hinblick auf den Vorwurf der unzulänglichen Prüfung des gelinderen Mittels entgegenhielt, dass aufgrund der finanziellen Situation des Beschwerdeführers die finanzielle Sicherheitsleistung schon von vornherein nicht in Betracht gekommen sei und die Möglichkeit der Unterkunftnahme mit täglicher Meldeverpflichtung seitens der Behörde aufgrund der erheblichen Fluchtgefahr ausgeschlossen werden musste. Daher sei die Entscheidung zur Erlassung der Schubhaft auch verhältnismäßig, wie sich aus den dargelegten Sachverhaltsmanifestierungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben habe. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auch hinkünftig nicht gewillt sein werde, die Rechtsvorschriften einzuhalten. Aus seiner Wohn- und Familiensituation, aus seiner fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund seines bisherigen Verhaltens könne auf ein beträchtliches Risiko des Untertauchens geschlossen werden. Der Beschwerdeführer befinde sich seit dem 30.8.2021 in Schubhaft, die asylrechtliche Einvernahme werde am 7.10.2021 durchgeführt.

Die Behörde gehe insgesamt davon aus, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorlägen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis stehe und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten sei.

Das Bundesamt beantragte, den angefochtenen Bescheid zu bestätigen und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen sowie den Beschwerdeführer zum Aufwandersatz zu verpflichten.

Die Stellungnahme der belangten Behörde wurde dem bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers zur Stellungnahme übermittelt.

Diese Stellungnahme, in der im Wesentlichen das Beschwerdevorbringen wiederholt wurde, langte am 5.10.2021 im Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Er ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.

Der Beschwerdeführer stellte am 13.8.2021 in Österreich einen Asylantrag.

Eine am 14.8.2021 durchgeführte EURODAC-Anfrage ergab, dass der Beschwerdeführer bereits am 19.7.2021 in Bulgarien einen Asylantrag gestellt hatte. Am 13.9.2021 langte die Zustimmung Bulgariens gemäß der Dublin III Verordnung bei der Behörde ein.

Festgestellt wird, dass der Sicherungszweck der Abschiebung nach Bulgarien aus jetziger Sicht erreichbar ist.

Der Beschwerdeführer verließ während des laufenden Verfahrens sein zugewiesenes Quartier und versuchte am 27.8.2021 mit einem gefälschten französischen Reisepass vom Flughafen Wien Schwechat aus nach Irland zu reisen. Daneben führte er noch einen französischen Führerschein mit sich, der sich ebenfalls als Totalfälschung herausstellte.

Mit dem oben im Spruch genannten Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde über den Beschwerdeführer gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Überstellungsverfahrens angeordnet.

Am 30.8.2021 wurde der Beschwerdeführer um 8:45 in Schubhaft genommen. Er befindet sich seitdem fortlaufend in Schubhaft.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine festen familiären und sozialen Bindungen, keine gesicherte Unterkunft und weist keine hinreichenden finanziellen Mittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes vor. Er geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach.

Aufgrund seines Vorverhaltens ist zu erwarten, dass der Beschwerdeführer eine Entlassung dazu benützten würde, unterzutauchen und im Verborgenen den Aufenthalt fortzusetzen bzw. sich der Überstellung zu entziehen.

Insgesamt war angesichts des vom Beschwerdeführer gesetzten Gesamtverhaltens der Sicherungsbedarf gegeben und ging die Behörde zu Recht von der Gefahr des Untertauchens aus.

Der Beschwerdeführer ist gesund und haftfähig.

2.       Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes, des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes, der vorgelegten Schriftsätze, der Einsichtnahme in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung, das Zentrale Melderegister und das Zentrale Fremdenregister sowie aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Einvernahme vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 15.8.2021 und seiner Einvernahme als Beschuldigter am 27.8.2021.

Zum Entscheidungszeitpunkt bestehen keine Hinweise darauf, dass das zu sichernde Verfahren nicht innerhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Zeitraums durchgeführt werden könnte. Am 13.9.2021 langte die Zustimmung Bulgariens gemäß der Dublin III Verordnung bei der Behörde ein, die Asyleinvernahme vor dem Bundesamt ist für den 7.10.2021 geplant. Im Gegensatz zum Beschwerdevorbringen lassen weder die in der Beschwerde zitierten Berichte noch das – im Rahmen des Dublin-Verfahrens seitens der Behörde noch vorzuhaltende aktuelle Länderinformationsblatt - auf systemische Mängel in Bulgarien schließen. Der Beschwerdeführer liefe somit nach einer Überstellung nach Bulgarien nicht Gefahr, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden. Im zuständigen Mitgliedstaat herrschen keine systemischen Mängel in Verfahren wegen internationalen Schutzes und wurden diese auch nicht konkret und substantiiert behauptet. In Bulgarien besteht ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit. Nach rechtskräftigem Abschluss ist eine Folgeantragstellung möglich, diese hat aufschiebende Wirkung auf eine Außerlandesbringung, ebenso wie eine Beschwerde gegen Nichtzulassung des Folgeantrags. Gesetzlich ist ein Schutzmechanismus gegen Refoulement vorgesehen. Die Überstellungen in das jeweilige Heimatland erfolgen entsprechend den Regelungen der Mitgliedstaaten. Es wurde kein Vorbringen substantiiert erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren und gibt es auch im konkreten Fall keine Hinweise darauf, selbst wenn der Asylantrag des Beschwerdeführers – wie von ihm lediglich behauptet – tatsächlich innerhalb eines Monats negativ entschieden worden wäre. Auch wäre diese Entscheidung dann noch vor der vollständigen Einnahme Afghanistans durch die Taliban und somit zu einem Zeitpunkt erlassen worden, in dem auch in Österreich noch Asylanträge von afghanischen Staatsangehörigen abgewiesen wurden. Angesichts seiner sonstigen Widersprüche und seines Gesamtverhaltens sind auch die Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung, sie hätten in Bulgarien nichts zu essen bekommen, nicht glaubwürdig.

Die Feststellungen zu den persönlichen Lebensumständen des Beschwerdeführers in Österreich (fehlende familiäre und soziale Bindungen, Mittellosigkeit) beruhen auf seinen Angaben in der Einvernahme am 15.8.2021 im Zuge der Erstbefragung, laut denen es hier keine Angehörigen gibt und darauf, dass er erst am Tag seiner Antragstellung – nämlich am 13.8.2021 – ins Bundesgebiet einreiste, somit auch keine Möglichkeit hatte, enge soziale Kontakte zu knüpfen oder ein legales Einkommen zu erwirtschaften. Zu seiner Mittellosigkeit ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer laut Haftauskunft über ein Barvermögen von lediglich € 126,94 verfügt. Zudem befand sich der Beschwerdeführer bis zu seinem Abtauchen und der versuchten Ausreise nach Irland in der Grundversorgung.

Die Feststellung zum vermuteten Untertauchen des Beschwerdeführers nach Haftentlassung ergibt sich aus dem Verwaltungsakt. Sie wird dadurch untermauert, dass der Beschwerdeführer zum einen über keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich verfügt und zum anderen, dass er nach der durch die Behörde erstellten Prognoseentscheidung, die auf Dublin-Verfahren lautete, untertauchte und mit gefälschten Dokumenten nach Irland weiterzureisen versuchte.

Zudem erwiesen sich die Angaben des Beschwerdeführers insgesamt als widersprüchlich und somit als unglaubwürdig:

Hatte er noch bei der Erstbefragung ausdrücklich angegeben, er habe nach Europa gewollt und hätte kein konkretes Zielland gehabt, wolle jetzt aber in Österreich bleiben, zudem gebe es in Europa keine Angehörigen, erklärte er nur zwei Wochen später - nachdem er mit einem gefälschten französischen Reisepass und einem gefälschten französischen Führerschein bei seiner versuchten illegalen Weiterreise nach Irland betreten worden war - im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung am 27.8.2021 ausdrücklich und im Widerspruch dazu, sein ursprüngliches Ziel wäre bereits Irland gewesen, wo sich auch sein Bruder befinde, der dort einen Asylantrag stellen wolle.

In der Beschwerde wurde in weiterem Widerspruch versucht, dieses Verhalten des Beschwerdeführers damit zu rechtfertigen, er hätte Angst gehabt, er könnte von Österreich aus nach Afghanistan abgeschoben werden, wovon er in seiner Beschuldigtenvernehmung jedoch noch nichts erwähnt hatte. Zudem hatte die Prognoseentscheidung auf Dublin-Verfahren gelautet und es ist auch nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer nur wegen allgemeiner Politikeräußerungen bezüglich Afghanistan glauben könnte, er selbst würde ohne weiteres Asylverfahren von Österreich aus dorthin abgeschoben werden, wie in dem von seiner Vertretung verfassten Beschwerdeschriftsatz behauptet. Sein strafrechtswidriges Verhalten würde es zudem auch dann nicht rechtfertigen, wenn diese Behauptung wahr wäre. Widersprüchlich zum Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Beschuldigtenvernehmung ist auch, dass laut Beschwerde sein Bruder in Irland bereits asylberechtigt ist.

Nicht nachvollziehbar ist zudem das Beschwerdevorbringen, wonach es bei objektiver Betrachtung nicht ersichtlich wäre, wie der Beschwerdeführer ohne Reisedokument nun versuchen sollte, abermals über den Luftweg auszureisen, nachdem der gefälschte Reisepass sichergestellt worden sei. Dazu ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer durch sein bisheriges Verhalten genug kriminelle Energie bewiesen hat, um trotz des eingezogenen falschen Passes unterzutauchen und sich der Abschiebung entziehen zu können.

Festzuhalten ist auch, dass der Beschwerdeführer seine mangelnde Kooperationsbereitschaft dadurch unterstrich, dass er sich vom 24.9.2021 bis 1.10.2021 im Hungerstreik befand.

Es kann sohin aus dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers heraus geschlossen werden, dass er, auf freiem Fuß belassen, sich einer Überstellung zu entziehen versuchen wird, sodass die getroffene Maßnahme als erforderlich anzusehen ist.

Hinsichtlich der Hafttauglichkeit stützt sich die Feststellung auf die Tatsache, dass bis zum Entscheidungszeitpunkt keine gegenteiligen Informationen an das Gericht ergangen sind und es im Rahmen des Verfahrens auch keine Anhaltspunkte für gesundheitliche Beschwerden des Beschwerdeführers gab.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zu Spruchpunkt I. ( Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft):

3.1.1. Gesetzliche Grundlage:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:


„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Die Dublin III-VO trat mit am 19. Juli 2013 in Kraft und ist gemäß Art. 49 leg.cit. auf alle Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem 1. Jänner 2014 gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Im – gegenüber der Dublin II-VO neuen – Art. 28 Dublin III-VO ist die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung im Dublin-Verfahren geregelt. Allfällige entgegenstehende Bestimmungen des nationalen Fremdenrechts sind, sofern keine verordnungskonforme Interpretation möglich ist, demgegenüber unanwendbar. Solange die Dublin III-VO gegenüber einem Drittstaatsangehörigen angewendet wird, darf Administrativhaft zur Sicherung deren Vollzugs nur nach Art. 28 leg.cit. verhängt werden und nicht etwa nach anderen Bestimmungen des nationalen Rechts, da sonst der Schutzzweck der gegenständlichen Regelung vereitelt wäre (Filzwieser/Sprung, Die Dublin III-Verordnung, 223).

Gemäß Art. 28 Dublin III-VO dürfen die Mitgliedstaaten zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, die Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird. Die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs darf, wenn der Asylwerber in Haft ist, einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Dublin-Verfahren führt, ersucht in diesen Fällen um eine dringende Antwort, die spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs erfolgen muss. Die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt, sobald diese praktisch durchführbar ist, spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung mehr hat. Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten.

„Fluchtgefahr“ definiert Art. 2 lit. n Dublin III-VO als das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.

Zwar dürfen die Mitgliedstaaten die zum Vollzug von EU-Verordnungen erforderlichen innerstaatlichen Organisations- und Verfahrensvorschriften bereitstellen. Um der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts willen ist jedoch der Rückgriff auf innerstaatliche Rechtsvorschriften nur in dem zum Vollzug der Verordnung notwendigen Umfang zulässig. Den Mitgliedstaaten ist es in Bezug auf Verordnungen des Unionsrechts verwehrt, Maßnahmen zu ergreifen, die eine Änderung ihrer Tragweite oder eine Ergänzung ihrer Vorschriften zum Inhalt haben. Es besteht ein prinzipielles unionsrechtliches Verbot der Präzisierung von EU-Verordnungen durch verbindliches innerstaatliches Recht. Eine Ausnahme von diesem Verbot besteht nur dort, wo von der Verordnung eine nähere Konkretisierung selbst verlangt wird (Öhlinger/Potatcs, Gemeinschaftsrecht und staatliches Recht³, 2006,138 f.).

Eine derartige Ausnahme liegt vor, wenn Art. 2 lit. n Dublin III-VO dem Gesetzgeber aufträgt, Kriterien für Vorliegen von Fluchtgefahr zu regeln (Filzwieser/Sprung, Die Dublin III-Verordnung, 94). § 76 Abs. 2a FPG sieht solche Kriterien vor.

Hinsichtlich der Anwendung eines gelinderen Mittels ist § 77 FPG maßgeblich:

§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. […]

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

Zur Judikatur:

3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, „dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig“ (VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, „weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese ’Einstellungsänderung’ durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken).“ (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Eine erhebliche Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes, selbst wenn daraus keine Haftunfähigkeit resultiert, kann im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zum Ergebnis führen, dass unter Berücksichtigung des gesundheitlichen Zustandes des Fremden und der bisherigen Dauer der Schubhaft die Anwendung gelinderer Mittel ausreichend gewesen wäre (im Zusammenhang mit behaupteter Haftunfähigkeit wegen psychischer Beschwerden vgl. VwGH 05.07.2012, Zl. 2012/21/0034; VwGH 19.04.2012, Zl. 2011/21/0123; VwGH 29.02.2012, Zl. 2011/21/0066). Der Krankheit eines gemeinsam geflüchteten Familienmitglieds kann insofern Bedeutung zukommen, als eine sich aus der Erkrankung ergebende Betreuungsbedürftigkeit auch die Mobilität der übrigen Familienmitglieder einschränken und damit die Gefahr eines Untertauchens in die Illegalität vermindern könnte (vgl. VwGH vom 28.02.2008; Zl. 2007/21/0391).

In seiner Judikatur zu § 77 FPG 2005 ging der Verwaltungsgerichtshof bisher davon aus, dass der UVS als Beschwerdeinstanz im Schubhaftbeschwerdeverfahren nach der Bejahung eines Sicherungsbedarfs bei seiner Entscheidung zwar die Möglichkeit der Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG 2005 an Stelle der Schubhaft im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen hat, diesem allerdings keine Zuständigkeit zur Entscheidung darüber, welches der im § 77 Abs. 3 FPG 2005 demonstrativ aufgezählten gelinderen Mittel anzuwenden wäre, zukommt. Deren Auswahl blieb vielmehr der Fremdenpolizeibehörde vorbehalten (vgl. VwGH 20.10.2011, Zl. 2010/21/0140; VwGH 28.05.2008, Zl. 2007/21/0246). Es liegen keine Anhaltspunkte vor, die einer Übertragung dieser Judikatur hinsichtlich des mit Ausnahme der neuen Absätze 8 und 9 weitgehend unveränderten § 77 FPG auf das seit 01.01.2014 anstelle des UVS zuständige Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich entgegenstehen würden.

3.1.3. Im vorliegenden Fall geht das Gericht von erheblicher Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 28 Dublin – III – Verordnung aus.

Die belangte Behörde begründete die festgestellte Fluchtgefahr zum einen mit § 76 Abs. 3 Z 1 FPG. Dabei kommt es darauf an, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Durch das Untertauchen des Beschwerdeführers während eines laufenden Asylverfahrens und der versuchten Weiterreise nach Irland mit einem gefälschten französischen Reisepass ging die belangte Behörde zurecht vom Vorliegen des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG aus.

Des Weiteren gründete das Bundesamt die festgestellte Fluchtgefahr auf § 76 Abs. 3 Z 6 lit. b und c FPG. Aufgrund der versuchten Weiterreise des Beschwerdeführers nach Irland und der Tatsache, dass er im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung angab, er hätte von Anfang an nach Irland gewollt, weil sich sein Bruder dort befinde, und zudem in der Beschwerde vorbrachte, der Bruder hätte dort sogar Asylstatus, liegt die Vermutung nahe, dass er zukünftig versuchen wird, dorthin zu gelangen.

Zum anderen sah das Bundesamt § 76 Abs. 3 Z 9 FPG verwirklicht. Dabei ist die belangte Behörde vom Fehlen einer Verankerung des Beschwerdeführers in Österreich ausgegangen. Demgemäß ist der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. Wie das Verfahren ergeben hat, kommt das Bundesamt dabei zutreffend zum Ergebnis, dass es für substanzielle familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung keinen stichhaltigen Hinweis gab.

Die belangte Behörde kam zutreffend zu der Auffassung, dass der Beschwerdeführer über keine substantiellen Bindungen in Österreich verfügt, auf Grund welcher anzunehmen sein könnte, dass er sich bis zur Überstellung den Behörden nicht entziehen werde.

Zum anderen stützte sich die belangte Behörde zurecht auf die Vertrauensunwürdigkeit des Beschwerdeführers, die sich nicht zuletzt aus dessen unkooperativen Verhalten den österreichischen Behörden gegenüber und der Tatsache manifestiert, dass der Beschwerdeführer sich nicht willig gezeigt hat, in dem zuständigen Mitgliedstaat zu verbleiben, bereits untergetaucht war und am 27.8.2021 versucht hatte, mit einem gefälschten französischen Reisepass vom Flughafen Wien Schwechat aus nach Irland zu reisen. Daraus hat sich ein erhöhtes Risiko des Untertauchens sowie ein erhöhter Sicherungsbedarf ergeben.

Es liegt daher erhebliche Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, Z 6 lit. b, c und Z 9 FPG und ein erhöhter Sicherungsbedarf vor.

3.1.4. Die Verhältnismäßigkeit der Inschubhaftnahme ist nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die familiären und sozialen Verhältnisse des Beschwerdeführers so zeigt sich, dass hier bisher keine konkret schützenswerten Anknüpfungspunkte entstanden sind und es befinden sich keine Angehörigen im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich auch über keine geeigneten Unterkunft- und Einkommensmöglichkeiten, weshalb im Hinblick darauf und auf das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit somit den öffentlichen Interessen an der Einhaltung der Rechtsordnung gegenüber den privaten Interessen des Beschwerdeführers der Vorrang einzuräumen ist, dies nicht zuletzt aufgrund des Untertauchens des Beschwerdeführers während des laufenden Asylverfahrens und der Verwendung von gefälschten Dokumenten bei der versuchten Weiterreise nach Irland. Zudem bestätigte der Beschwerdeführer seine mangelnde Kooperationsbereitschaft, indem er in den Hungerstreik trat.

Überdies gab es bei Anordnung der Schubhaft keine erkennbaren Hinweise auf eine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers.

3.1.5. Auf Grund der festgestellten Fluchtgefahr konnte auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden:

Eine Verhängung eines gelinderen Mittels wurde zu Recht ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer verfügt nicht über wesentliche Vermögensmittel, weshalb eine Sicherheitsleistung nicht in Frage kommt. Da aufgrund des bisherigen – oben geschilderten - Verhaltens des Beschwerdeführers ein beträchtliches Risiko des Untertauchens besteht, würde die Verhängung eines gelinderen Mittels im Sinne einer konkreten Zuweisung einer Unterkunft und/oder einer Meldeverpflichtung nach Ansicht des Gerichtes nicht zu einer Sicherung der Abschiebung führen, womit daher der Sicherungszweck dieser gelinderen Mittel vereitelt würde.

Aufgrund des Ermittlungsverfahrens lässt sich aus derzeitiger Sicht erkennen, dass eine zügige Außerlandesbringung des Beschwerdeführers als wahrscheinlich anzusehen ist. Die Bemühungen des Bundesamts sind im gegenständlichen Fall im Entscheidungszeitpunkt erfolgversprechend und entsprechen den Erfordernissen der höchstgerichtlichen Judikatur (Vgl. VwGH Ra 2020/21/0070 vom 26.11.2020 Ra 2020/21/0174-8 vom 22.12.2020). Im Gegensatz zum Beschwerdevorbringen bzw. dem Vorbringen in der Stellungnahme vom 5.10.2021 ist nicht ersichtlich, dass die Behörde das Verfahren unverhältnismäßig verzögert hat.

3.1.6. Die gegenständlich angeordnete Schubhaft erweist sich daher auch als „ultima ratio“. Auf Grund des vorher Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben ist und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der „ultima ratio“ im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft):

Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Da der Beschwerdeführer aktuell in Schubhaft angehalten wird, war auch über die Fortsetzung der Schubhaft innerhalb einer Woche abzusprechen.

Die Voraussetzungen nach § 76 Abs. 3 Z 1, Z 6 lit. b, c und Z 9 FPG liegen weiterhin vor.

Für die Durchsetzung einer Überstellung ist die Anwesenheit des Beschwerdeführers erforderlich. Es ist angesichts seines bisherigen Verhaltens jedoch davon auszugehen, dass er sich dem behördlichen Zugriff durch Untertauchen entziehen würde, sollte sich eine Gelegenheit dazu bieten. Da er zudem über keine feststellbaren (legalen) beruflichen und qualifizierten familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt, ist nicht ersichtlich, was den Beschwerdeführer im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft von einem Untertauchen abhalten sollte.

In Zusammenschau mit den obigen Ausführungen besteht damit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall eine zur Anordnung einer Schubhaft hinreichende Fluchtgefahr seitens des Beschwerdeführers gegeben ist.

Im Falle des Beschwerdeführers kann daher auch weiterhin aufgrund seines bereits geschilderten Vorverhaltens mit der Verhängung gelinderer Mittel nicht das Auslangen gefunden werden.

Es liegt somit auch die geforderte „ultima-ratio-Situation“ für die Fortsetzung der Schubhaft vor und erweist sich diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch als verhältnismäßig. Von der Möglichkeit einer Überstellung im Rahmen der gesetzlichen Fristen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt auszugehen.

Hinweise auf eine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers sind im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen.

Es ist daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vorliegen.

3.3. Zu Spruchpunkt III. und IV. (Kostenbegehren):

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 leg. cit. den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Gemäß Abs. 7 leg. cit. ist Aufwandersatz auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge ist in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, wie folgt festgesetzt:

1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro

2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro

6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro

7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro.

Beide Parteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte und in der Beschwerdevorlage den Kostenersatz beantragte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Der Antrag des Beschwerdeführers war dementsprechend abzuweisen.

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu Spruchteil A zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren - vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Abschiebung Dublin III-VO Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Identität illegale Ausreise Kostenersatz Mittellosigkeit öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubh
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten