TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/15 W154 2248062-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.11.2021
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Entscheidungsdatum

15.11.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §76 Abs3
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs3
VwGVG §8a
ZPO §64 Abs1 Z1 lita

Spruch


W 154 2248062-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Weißrussland, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.10.2021, Zahl: 1194109606/211536014, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 16.10.2021 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 3 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat der Beschwerdeführer dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Die Verfahrenshilfe wird gemäß § 8a VwGVG iVm § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr bewilligt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wurde über den Beschwerdeführer (BF) gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der Bescheid wurde dem BF am 16.10.2021 durch persönliche Übergabe zugestellt.

Die belangte Behörde stützte die Fluchtgefahr dabei auf § 76 Abs. 3 Z 1, 3 und 9 FPG und bezog des Weiteren ein, dass der BF bereits während laufenden Asylbeschwerdeverfahrens sich durch Untertauchen dem Verfahren entzogen habe, aufgrund der Umgehung des Meldegesetzes habe sich der BF bewusst einem behördlichen Zugriff entzogen. Er verfüge über keinen festen Wohnsitz, wodurch auch zukünftig nicht von einen behördlichen Greifbarkeit ausgegangen werden könne, weshalb nicht gesichert sei, dass der BF – auf freiem Fuß belassen, an einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirken werde.

Der Sicherungsbedarf sei aufgrund des Gesamtverhaltens des BF zu bejahen gewesen. Verhältnismäßigkeit unter Hinweis auf die strafgerichtliche Verurteilung des BF und Haftfähigkeit des BF stünden der Anhaltung in Schubhaft ebenfalls nicht entgegen. Die Anordnung eines gelinderen Mittels sei aufgrund der Mittellosigkeit des BF und aufgrund dessen, dass sich der BF als besonders vertrauensunwürdig gezeigt habe, und dieses Verhalten für ein Untertauchen nach einer Freilassung aus der Schubhaft, um sich der Abschiebung zu entziehen, sprechen würde, zu versagen gewesen. Aufgrund des bislang gezeigten Verhaltens des BF bestehe ein beträchtliches Risiko des Untertauchens, weshalb der Schubhaftzweck, nämlich die Sicherung der Abschiebung, vereitelt würde.

2. Gegen den Bescheid, die Schubhaftanordnung sowie die fortdauernde Anhaltung in Schubhaft erhob der BF durch seine bevollmächtigte Vertretung am 08.11.2021, um 18:15 Uhr, Beschwerde. Darin wurde beantragt auszusprechen, dass die Anordnung der Schubhaft und die bisherige Anhaltung in rechtswidriger Weise erfolgt sei und dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft nicht vorlägen, sowie eine mündliche Verhandlung durchzuführen und der belangten Behörde die Kosten im gesetzlichen Ausmaß aufzuerlegen. In Hinblick auf die zu erstattende Eingabengebühr zur Erhebung der Beschwerde stellte der BF einen Verfahrenshilfeantrag.

Die Beschwerde wurde im Wesentlichen begründete mit der Verletzung von Verfahrensvorschriften in Hinblick auf den Gesundheitszustand des BF, mit dem mangelhaften Verfahren zur Bestimmung der Fluchtgefahr und der Prüfung gelinderer Mittel sowie Unverhältnismäßigkeit der Haft aufgrund des Gesundheitszustandes des BF.

3. Am 09.11.2021 legte die belangte Behörde die Verwaltungsakten vor und erstattete in Folge eine Stellungnahme. Darin wies sie nach Darlegung des maßgeblichen Sachverhaltes im Wesentlichen darauf hin, dass die Greifbarkeit des BF aufgrund seines langjährigen unrechtmäßigen Aufenthaltes als Obdachloser in der Anonymität nicht gesichert sei. Tatsache sei, dass das BFA keine Möglichkeit sehe, den BF ohne Dokumente, ohne Geld, ohne Greifbarkeit in die Freiheit zu entlassen, vor allem, wenn das gesamte Verhalten des BF bis dato auf die Verhinderung der Abschiebung ausgerichtet sei.

Die Verhängung des gelinderen Mittels setze u.a. eine zumindest minimale Zuverlässigkeit der Verfahrensperson voraus. Der BF habe aufgrund seiner Verhaltensweise, in dem er untergetaucht sei, Ladungen nicht befolgt und falsche Dokumente verwendet habe, durch versuchte Selbstverletzung Sabotage betrieb etc., jegliches Recht auf ein Vertrauen seitens der Behörde verspielt. Trotzdem sei entgegen der Behauptung in der Beschwerde die Möglichkeit des gelinderen Mittels in Betracht gezogen worden und auch in diesem Fall eine genaue Einzelprüfung vorgenommen worden. Nachdem aber der BF keine finanzielle Mittel gehabt hätte bzw. lediglich eine Nächtigungsbestätigung vorgelegen sei, wonach der BF tagsüber sich unbekannt aufhält, war das gelindere Mittel nicht zu verhängen gewesen. Eine periodische Meldung kommt auch nicht in Betracht, nachdem der BF in der Vergangenheit behördliche Auflagen, Ladungen, Termine usw. regelmäßig ignoriert habe.

Der BF habe gegen mehrere Gesetze in Österreich verstoßen. Er sei etliche Male angezeigt worden, sei wegen Körperverletzung verurteilt worden, sei schwer alkoholkrank und dadurch nicht wirklich berechenbar. Die Behörde gehe nach wie vor von einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus. Dieser Ansicht schließen sich übrigens im Gegensatz zur BBU auch die Fluggesellschaften an, die Personen, wie den BF, aus Sicherheitsgründen, nur eskortiert mitnehmen. Der BF werde nach bestätigter Flugbuchung am 27.11.2021 begleitet nach Weißrussland abgeschoben. Der Stellungnahme beigelegt war ein amtsärztlicher Befund und Gutachten vom 09.11.2021, worin die Haftfähigkeit des BF zum genannten Zeitpunkt bestätigt wird.

Am Ende der Stellungnahme beantragte die belangte Behörde die Abweisung der Beschwerde sowie den Ersatz der verzeichneten Kosten.

In einer aufgetragenen ergänzenden Stellungnahme vom 11.11.2021 führte die belangte Behörde aus:

„Wie bereits festgestellt, ist der BF haftfähig. Die Haftfähigkeit wurde einerseits seitens der JA JOS festgestellt, da der BF im Zeitraum 09.09.2021 bis 15.10.2021 dort in Untersuchungshaft festgehalten wurde (siehe medizinische Krankengeschichte der JA). Es konnte auch eruiert werden, dass der BF während des Aufenthaltes in der JA keinen Aufenthalt auf der Krankenstation benötigte, sondern sich durchgehend auf Normalbelag befand. Weiters wurde die Haftfähigkeit am 15.10.2021 durch den untersuchenden Amtsarzt des PAZ HG festgestellt (siehe Anhalteprotokoll III).

Der Behörde steht es nicht zu beurteilen, warum und weswegen früher eine Haftunfähigkeit auf Dauer festgestellt wurde. Genauso wenig kann beurteilt werden ob es sich dabei um eine medizinische Fehldiagnose handelte oder ob der Gesundheitszustand des BF sich in der Zwischenzeit so weit verbesserte, dass eine Haftfähigkeit wieder gegeben ist. Tatsache ist, dass zwei voneinander unabhängige Untersuchungen eine Haftfähigkeit ergaben, welche nochmals am 09.11.2021 bestätigt wurde. Zur Zeitpunkt der Entscheidung hatte der zuständige Referent also die bestätigte Information der Haftfähigkeit der Person. Die Entscheidung ist in diesem Sinne ausgefallen.“

Der ergänzenden Stellungnahme angefügt waren das Anhalteprotokoll III, Polizeiamtsärztliches Gutachten, vom 15.10.2021 sowie die medizinische Krankengeschichte der Justizanstalt Josefstadt.

4. Die Stellungnahmen der belangten Behörde vom 09.11.2021 und vom 11.11.2021 wurden der bevollmächtigten Vertretung des BF zur Stellungnahme übermittelt.

In der am 12.11.2021 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangten Stellungnahmen wird im Wesentlichen von der Kooperationsbereitschaft des BF der Behörde gegenüber und dem Nichtvorliegen von Fluchtgefahr sowie von der Unverhältnismäßigkeit der Haft ausgegangen, zumal eine Haftunfähigkeit dem BF im August 2021 seitens der Behörde attestiert worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.

Gegen den BF bestand zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung.

Der BF ist nicht im Besitz von identitätsbezeugenden Dokumenten und kann Österreich aus eigenem Entschluss nicht verlassen. Ein Heimreisezertifikat für den BF konnte erlangt werden.

Der BF verfügt in Österreich über keine nennenswerten privaten, familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Bindungen, über keine eigene gesicherte Unterkunft und über keine ausreichenden Existenzmittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes.

Die Vertrauenswürdigkeit des BF ist insgesamt beeinträchtigt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 15. 10.2021, Zl. 83 Hv 88/20y, wurde der BF wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 5 Monaten (Probezeit von 3 Jahren) bedingt verurteilt, wobei die erlittene Vorhaft vom 09.09.2021, 14:10 Uhr, bis 15.10.2021, 11:24 Uhr, auf die Strafe angerechnet wurde. Hinsichtlich der Strafbemessung wirkte sich der bisher ordentliche Lebenswandel, das teilweise Geständnis, der teilweise Versuch sowie das längere Zurückliegen der Taten mildernd, das Zusammentreffen von vier Vergehen und der teilweise Angriff in der Wohnung des Opfers erschwerend aus.

Der BF wurde nach Entlassung aus der Strafhaft in Schubhaft genommen. Auf Grundlage des gegenständlich angefochtenen Schubhaftbescheides befindet sich der BF seit 16.10.2021 in Schubhaft. Diese wird derzeit im PAZ Wien, Hernalser Gürtel, vollzogen.

Für den BF konnte ein Heimreisezertifikat erlangt werden. Die Abschiebung des BF ist für den 27.11.2021 festgelegt.

Der BF ist hafttauglich.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA sowie des Gerichtsaktes zur oben genannten Zahl.

Dass der BF nicht österreichischer Staatsbürger ist, ergibt sich aus einer IZR Abfrage.

Das Vorliegen einer Rückkehrentscheidung für den BF ergibt sich aus dem am 16.11.2020 in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des BFA vom 15.09.2020, Zl. 1194109606/200024271. Dieser ist im Gerichtsakt einliegend.

Dass der BF gegenwärtig nicht im Besitz identitätsbezeugender Dokumente ist, die er der Behörde in Vorlage bringen kann, ergibt sich explizit aus der Aussage des BF in der niederschriftlichen Einvernahme zur Schubhaftanordnung vom 16.10.2021. Dass mittlerweile ein Heimreisezertifikat für den BF erlangt werden konnte, ergibt sich aus dem Verfahrensakt der belangten Behörde (Aktenseite 66).

Die Feststellung hinsichtlich Mittellosigkeit und mangelnder sozialer Verankerung des BF in Österreich ergibt sich aus den expliziten Aussagen des BF in dessen Einvernahme vom 16. 10.2021 vor dem BFA.

Die Feststellung hinsichtlich der fehlenden gesicherten Unterkunft ergibt sich zum einen aus dem Auszug zum Zentralen Melderegister, in dem sich bis auf zwei Anhaltungen in einer Justizanstalt (von 09.09.2021 bis 15.10.2021) und in einem Polizeianhaltezentrum (seit 15.10.2021) kein Eintrag findet, sowie aus den expliziten Aussagen des BF in der Einvernahme vom 16.10.2021, wobei der BF angab, in verschiedenen Caritasheimen Unterkunft bezogen zu haben, wovon er auch eine Bestätigung habe. Im Zuge der Beschwerdeerhebung legt der BF einen Nächtigungsschein der Caritas vom 30.08.2021 vor, aus dem hervorgeht, dass er bis 22.09.2021 23 Mal an der ausstellenden Stelle genächtigt habe. Weitere Bestätigungen brachte der BF nicht in Vorlage und ging auch die Beschwerde nicht davon aus.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Verurteilung des BF in Österreich ergibt sich aus einer Anfrage an das Strafregister sowie aus der im Gerichtsakt einliegenden Urteilsausfertigung des Straflandesgerichtes Wien.

Die beeinträchtigte Vertrauenswürdigkeit des BF ergibt sich zum einen bereits aus den expliziten Aussage des BF in der Einvernahme vom 16.10.2021. Dabei gab der BF an, bereits 2015 nach Österreich eingereist zu sein und gehofft zu haben, „irgendwie“ eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen, mit den Behörden aber nicht in Kontakt getreten zu sein. Zum anderen war der BF auch im Besitz von gefälschten Dokumenten. Laut Ausführungen in der gekürzten Urteilsausfertigung wusste der BF, dass es sich um gefälschte Dokumente handelte und wollte diese auch gebrauchen, es handelte sich dabei um einen falschen litauischen Führerschein und einen falschen litauischen Aufenthaltstitel. Die Verhängung einer Geldstrafe nach § 37 StGB war aus spezialpräventiven Gründen nicht möglich gewesen, weil der Eindruck entstand, dass sich der Angeklagte auch künftig gefälschter Dokumente bedienen könnte, offenbar um gegen ihn vorliegende fremdenbehördliche Entscheidungen zu umgehen, weil er hier kaum Unrechtsbewusstsein zeigte, so die Urteilsbegründung. Laut Sachverhalt im Strafurteil gebrauchte der BF die gefälschten Urkunden im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich seiner Identität. Weiters stellte der BF erst am 08.01.2020 einen Asylantrag, nachdem er sich schon über Jahre in Österreich aufgehalten hatte, dies obwohl er seinen Angaben in der Einvernahme am 16.10.2021 nach in seinem Heimatland politisch verfolgt werde. Dass er dies in bewusster Absicht gemacht habe, bestätigte der BF mit der Aussage, dass er sich bereits in seinem Heimatland gefälschte litauische Dokumente besorgt habe und deshalb nicht um Asyl angesucht habe. In Folge musste das laufende Asylverfahren auch eingestellt werden, weil der BF untertauchte und so für die Behörde nicht greifbar war. Auch die Tatsache, dass der BF die österreichische Rechtsordnung nicht achtet, wie sich aus seiner strafgerichtlichen Verurteilung ergibt, spricht nicht für dessen Vertrauenswürdigkeit.

Die Feststellung zur Anhaltung in Schubhaft ergibt sich aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres. Die Feststellung zur Vorhaft (Strafhaft) ergibt sich aus dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 15. 10.2021, Zl. 83 Hv 88/20y.

Die Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF ergibt sich aus dem Verfahrensakt der belangten Behörde (Aktenseite 66). Aus dem Verfahrensakt sowie der Stellungnahme der belangten Behörde vom 09.11.20221 ergibt sich, dass die begleitete Abschiebung des BF für den 27.11.2021 organisiert ist.

Es haben sich keine Anzeichen ergeben, wonach beim BF aktuell Haftunfähigkeit vorliegen würde. Dies hat der BF in seiner Einvernahme vom 16.10.2021 auch nicht behauptet. Die Frage nach einer schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankung verneinte der BF und erwähnte lediglich seine Hepatitis C Erkrankung. Wie sich aus dem polizeiamtsärztlichen Gutachten vom 16.10.2021 und vom 09.11.2021 ergibt, ist von Haftunfähigkeit auch von amtsärztlicher Seite nicht auszugehen.

Darüber hinaus ist es notorisch, dass im Falle gesundheitlicher Probleme eine engmaschige gesundheitliche Kontrolle im Rahmen der Schubhaft durchgeführt wird. Falls Haftuntauglichkeit eintritt, wäre der BF jedenfalls sofort zu enthaften.

Die in der Beschwerde angeführte Haftunfähigkeit des BF bezieht sich offensichtlich auf die konkreten Festnahmen an den jeweiligen Tagen, die gegenwärtig nicht Gegenstand des Verfahrens sind.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

㤠22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchteil A)

Zu Spruchpunkt I. (Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft):

3.2. Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist – wenn sich das erst später herausstellt – umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; 19.04.2012, 2009/21/0047).

3.3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und der Anhaltung in Schubhaft seit 16.10.2021:

Die „Fluchtgefahr“ ist in Österreich in § 76 Abs. 3 FPG (wie oben unter 3.2. wiedergegeben) gesetzlich definiert.

Die belangte Behörde begründete die festgestellte Fluchtgefahr zum einen mit § 76 Abs. 3 Z 1 FPG. Dabei kommt es darauf an, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Durch das Verwenden gefälschter Dokumente und das Untertauchen des BF in der Vergangenheit ging die belangte Behörde zu recht vom Vorliegen des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG aus.

Gegen den BF bestand zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung, wodurch auch § 76 Abs. 3 Z 3 FPG gegeben ist.

Zum anderen sah das BFA § 76 Abs. 3 Z 9 FPG verwirklicht. Dabei ist die belangte Behörde vom Fehlen einer Verankerung des BF in Österreich ausgegangen. Demgemäß ist der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. Wie das Verfahren ergeben hat, kommt das Bundesamt dabei zutreffend zum Ergebnis, dass es für substanzielle familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung keinen stichhaltigen Hinweis gab. Zum anderen stützte sich die belangte Behörde auf die Vertrauensunwürdigkeit des BF, die sich nicht zuletzt aus dessen Missachtung der österreichischen Rechtsordnung und dessen unkooperativen Verhalten den österreichischen Behörden gegenüber – wie oben dargelegt - manifestiert. Daraus haben sich ein erhöhtes Risiko des Untertauchens sowie ein erhöhter Sicherungsbedarf ergeben.

Die belangte Behörde kam zutreffend zu der Auffassung, dass der BF über keine substantiellen Bindungen in Österreich verfügt, auf Grund welcher anzunehmen sein könnte, dass er sich bis zur Abschiebung den Behörden nicht entziehen werde.

Auf Grund dieser Erwägungen ging das Bundesamt zutreffend davon aus, dass im Falle des Beschwerdeführers insgesamt Fluchtgefahr in einem die Anordnung der Schubhaft rechtfertigenden Ausmaß besteht.

3.4. Auf Grund der festgestellten Fluchtgefahr konnte auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden:

Dem Bundesamt ist darin beizupflichten, dass sich im Falle des BF weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen, dies bereits aufgrund mangelnder Vertrauenswürdigkeit des BF wie oben ausgeführt.

Überdies gab es bei Anordnung der Schubhaft keine erkennbaren Hinweise auf eine Haftunfähigkeit des BF.

Das erkennende Gericht geht auch davon aus, dass die angeordnete Schubhaft bereits aufgrund der Straffälligkeit des BF, der mangelnden sozialen Anbindung des BF in Österreich sowie des Untertauchens des BF in der Vergangenheit das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.

Aufgrund des Ermittlungsverfahrens lässt sich aus derzeitiger Sicht erkennen, dass eine zügige Außerlandesbringung des BF als wahrscheinlich anzusehen ist, zumal die begleitete Abschiebung des BF für den 27.11.2021 festgelegt ist.

Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft ab 16.10.2021 abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft):

Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Die Voraussetzungen nach § 76 Abs. 3 Z 1, 3 und 9 FPG liegen weiterhin vor.

Für die Durchsetzung einer – realistisch möglichen - Rückkehrentscheidung (Abschiebung) ist die Anwesenheit des Beschwerdeführers erforderlich. Es ist angesichts seines bisherigen Verhaltens jedoch davon auszugehen, dass er sich dem behördlichen Zugriff durch Untertauchen entziehen würde, sollte sich eine Gelegenheit dazu bieten. Da er zudem über keine feststellbaren (legalen) beruflichen und familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt, ist nicht ersichtlich, was den BF im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft von einem Untertauchen abhalten sollte.

In Zusammenschau mit den obigen Ausführungen besteht damit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall eine zur Anordnung einer Schubhaft hinreichende Fluchtgefahr seitens des BF gegeben ist.

Im Falle des BF kann daher auch weiterhin aufgrund seines bereits geschilderten Vorverhaltens mit der Verhängung gelinderer Mittel nicht das Auslangen gefunden werden.

Es liegt somit auch die geforderte „ultima-ratio-Situation“ für die Fortsetzung der Schubhaft vor und erweist sich diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch als verhältnismäßig. Von der Abschiebung im Rahmen der gesetzlichen Fristen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt auszugehen. Hinweise für eine Haftunfähigkeit des BF sind im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen.

Es ist daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft vorliegen.

Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Aus der Aktenlage haben sich zudem keine Zweifel an der Haftfähigkeit ergeben.

Zu Spruchpunkt III. (Kostenbegehren):

Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei daher kein Kostenersatz (ein solcher wurde im Übrigen in der Beschwerde auch nicht beantragt), die belangte Behörde hat als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang.

Zu Spruchpunkt IV. (Genehmigung des Antrages auf Gewährung der Verfahrenshilfe im Umfang der Eingabegebühr):

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.

Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Regelung der Verfahrenshilfe im VwGVG um eine sogenannte "subsidiäre Bestimmung" handelt: Sie soll nur dann zur Anwendung gelangen, wenn durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, also dann, wenn das sogenannte "Materiengesetz" keine Regelung enthält, deren Gegenstand der Verfahrenshilfe entspricht. Gemäß § 52 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, ist einem Fremden oder Asylwerber im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in bestimmten Angelegenheiten von Amts wegen kostenlos ein Rechtsberater zur Seite zu stellen. § 52 BFA-VG entspricht damit den Vorgaben des Art. 47 GRC. Im Anwendungsbereich des BFA-VG gelangt daher die Bestimmung des § 8a VwGVG (überhaupt) nicht zur Anwendung (siehe ErläutRV 1255 BlgNR 25. GP zu § 8a VwGVG).

Das BFA-VG sieht für seinen, das verwaltungsgerichtliche Verfahren betreffenden Anwendungsbereich allerdings keine ausdrückliche Regelung vor, ob oder inwieweit im Rahmen der kostenlosen Rechtsberatung nach § 52 BFA-VG auch eine Befreiung von allfälligen zu entrichtenden Gerichtsgebühren oder anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren (§ 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO) möglich ist (s. auch VwGH 31.8.2017; Ro 2017/21/0004). Da im vorliegenden Fall eine gesetzliche Gebührenbefreiung nicht besteht, unterliegt die gegenständliche Beschwerde der Verpflichtung zur Entrichtung der Eingabengebühr nach § 14 Tarifpost 6 Abs. 5 Z 1 lit. b Gebührengesetz 1957 in Verbindung mit der BuLVwG-Eingabengebührverordnung, BGBl. II Nr. 387/2014 idgF.

Der gegenständliche Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabengebühr findet somit in § 8a VwGVG iVm. § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO grundsätzlich eine geeignete Rechtsgrundlage.

Mit dem vorliegenden Vermögensbekenntnis wurde glaubhaft dargelegt, dass der BF nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügt und er daher außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten.

Es war daher gemäß § 8a VwGVG iVm § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO dem Antrag stattzugeben und die Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr zu bewilligen.

Zu Spruchteil B) (Unzulässigkeit der Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Dies ist im gegenständlichen Fall nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Eingabengebühr Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft Kostenersatz Mittellosigkeit öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit strafrechtliche Verurteilung Ultima Ratio Untertauchen Verfahrenshilfe Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W154.2248062.1.00

Im RIS seit

26.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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