TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/12 W141 2240232-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.10.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

12.10.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
VOG §1 Abs1
VOG §10
VOG §3

Spruch


W141 2240232-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard Höllerer als Vorsitzender und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Michael SVOBODA als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Salzburg vom 24.02.2021, OB XXXX , betreffend Abweisung Antrages auf Ersatz des Verdienstentganges ab 01.01.2020 gemäß § 1 Abs. 1, § 3 iVm § 10 Abs. 2 Verbrechensopfergesetz (VOG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:
1.         Der Beschwerdeführer hat am 27.08.2013 beim Sozialministeriumservice (in der Folge belangte Behörde genannt) einen Antrag auf Hilfeleistungen in Form des Verdienstentganges gestellt und ausgeführt, er sei bereits im Jahr 2010 vom Opferschutz Wien als Opfer anerkannt worden und hätte er eine Entschädigungszahlung erhalten, da er circa im Zeitraum XXXX im Heim " XXXX " Opfer von Straftaten geworden sei.
2.         Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21.06.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 27.08.2013 auf Ersatz des Verdienstentganges durch die belangte Behörde abgewiesen.
3. Aufgrund rechtzeitig erhobener Beschwerde wurde durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgericht vom 04.07.2018, Zl. W264 2163046-1, der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben. Hilfeleistungen in Form von Ersatz des Verdienstentganges wurden - vorbehaltlich der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen - ab 01.09.2013 dem Grunde nach bewilligt. Die Berechnung der Hilfeleistung und die Durchführung obliegen der belangten Behörde.
4.         Mit Bescheid vom 29.11.2018 wurde dem Antrag vom 27.08.2013 auf Ersatz des Verdienstentganges gemäß § 1 Abs. 1, Abs. 2 Z 2 und Abs. 3, § 3 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 13 VOG bewilligt. Die Ersatzleistung beträgt:

Von 01.09.2013 bis 31.12.2013 monatlich € 201,86

Von 01.01.2014 bis 30.04.2014 monatlich € 143,56

Von 01.05.2014 bis 31.12.2014 monatlich € 143,96

Von 01.01.2015 bis 30.04.2015 monatlich € 141,96

Von 01.05.2015 bis 31.12.2015 monatlich € 163,70

Von 01.01.2016 bis 30.04.2016 monatlich € 164,90

Von 01.05.2016 bis 31.12.2016 monatlich € 164,60

Von 01.01.2017 bis 30.04.2017 monatlich € 164,60

Von 01.05.2017 bis 31.12.2017 monatlich € 165,38

Von 01.01.2018 bis 30.04.2018 monatlich € 145,80

Von 01.05.2018 bis 31.12.2018 monatlich € 147,71

Von Amts wegen wurde gemäß § 3a und § 10 Abs. 1 VOG festgestellt, dass zu den Verdienstentgangsleistungen kein Anspruch auf Gewährung einer einkommensabhängigen Zusatzleistung gebührt.
5. Mit Bescheid vom 22.06.2020 wurde von der belangten Behörde der Bescheid vom 29.11.2018 gemäß § 62 Abs. 4 AVG iVm Art. 1 Abs. 1 und 2 Z 1 EGVG von Amts wegen unter Spruchpunkt I. wie folgt berichtigt:

Der Antrag vom 27.08.2013 auf Ersatz des Verdienstentganges wurde gemäß § 1 Abs. 1, Abs. 2 Z 2 und Abs. 3, § 3 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 13 VOG bewilligt. Die Ersatzleistung beträgt:

Von 01.09.2013 bis 31.12.2013 monatlich € 167,48

Von 01.01.2014 bis 30.04.2014 monatlich € 167,48

Von 01.05.2014 bis 31.12.2014 monatlich € 167,95

Von 01.01.2015 bis 30.04.2015 monatlich € 167,95

Von 01.05.2015 bis 31.12.2015 monatlich € 170,75

Von 01.01.2016 bis 30.04.2016 monatlich € 192,44

Von 01.05.2016 bis 31.12.2016 monatlich € 191,99

Von 01.01.2017 bis 30.04.2017 monatlich € 191,99

Von 01.05.2017 bis 31.12.2017 monatlich € 192,94

Von 01.01.2018 bis 30.04.2018 monatlich € 170,10

Von 01.05.2018 bis 31.12.2018 monatlich € 172,34

Unter Spruchpunkt II. wurde im Anschluss an den Bescheid vom 29.11.2018 gemäß § 3 iVm
§ 9b und § 10 Abs. 2 VOG der Ersatz des Verdienstentganges neu bemessen und beträgt dieser

Von 01.01.2019 bis 30.04.2019 monatlich netto € 172,34

Von 01.05.2019 bis 31.12.2019 monatlich netto € 166,07
6. Mit angefochtenen Bescheid vom 24.02.2021 wies die belangte Behörde im Anschluss an den Bescheid vom 22.06.2020 den Antrag auf Verdienstentgang ab 01.01.2020 gemäß § 1 Abs. 1, § 3 iVm § 10 Abs. 2 VOG ab.

In der Begründung führte die belangte Behörde dazu im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer im fiktiven schadenfreien Verlauf nach dem Kollektivvertrag für Maler-, Lackierer- und Schildherstellergewerbe, Facharbeiter mit Lehrabschlussprüfung (Geselle) nach dem 3. Verwendungsjahr entlohnt werden würde und ein fiktives monatliches Nettoeinkommen (inkl. Sonderzahlungen) von Jänner 2020 bis April 2020 in Höhe von
€ 1.789,60 und von Mai 2020 bis Dezember 2020 in Höhe von € 1.857,94 beziehen würde. Der Beschwerdeführer sei seit 02.07.2019 bei der Marktgemeinde XXXX als Arbeiter beschäftigt und erziele jedoch ein (höheres) monatliches Nettoeinkommen (inkl. Sonderzahlungen) von € 2.138,16.
7. Dagegen erhob der Beschwerdeführer, einlangend bei der belangten Behörde am 04.03.2021, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und führte darin aus, dass er bei seinem Beschäftigungsverhältnis in der Gehaltsliste ohne Gesellenbrief eingestuft sei und mit einem Gesellenbrief ein höheres Gehalt lukrieren würde. Daher habe er einen Verdienstentgang aufgrund der erlittenen Schädigungen, da er andernfalls – nach dem vorliegenden psychiatrischen Gutachten – einen Abschluss der Malerlehre absolviert hätte.
8. Am 09.03.2021 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger und wurde am XXXX geboren.

Dem Beschwerdeführer wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.07.2018, Zl. W264 2163046-1, Hilfeleistungen in Form von Ersatz des Verdienstentganges dem Grunde nach bewilligt. Die Berechnung der Hilfeleistung und die Durchführung oblagen der belangten Behörde.

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 29.11.2018, berichtigt und erweitert mit Bescheid vom 22.06.2020 der Ersatz des Verdienstentganges nach dem Verbrechensopfergesetz für den Zeitraum 01.09.2013 bis 31.12.2019 bewilligt. Die Ersatzleistungen wurden in den Bescheiden einzeln aufgeschlüsselt.

Der Beschwerdeführer besuchte drei Klassen Volksschule und hat keine Berufsausbildung abgeschlossen. Er wurde als Maler angelernt. Von 1981 bis 1984 war er als Arbeiterlehrling bei XXXX . beschäftigt. Sein weiterer beruflicher Werdegang war bis Ende des Jahres 1999 hauptsächlich von Arbeitslosengeldbezug geprägt. Dieser wurden zwischenzeitlich von zwei Dienstverhältnissen durchbrochen, wobei beide nur von äußerst kurzer Dauer (einige Tage) waren. Von Beginn des Jahres 2000 bis heute ging der Beschwerdeführer im überwiegenden Zeitraum Beschäftigungen bei einer Vielzahl an verschiedenen Arbeitgebern nach. Häufig durchbrochen waren die Dienstverhältnisse durch Zeiträume des Krankengeldbezugs (Krankengeldbezug, Sonderfall).

Seit 02.07.2019 steht der Beschwerdeführer in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis zur Marktgemeinde XXXX . Der Beschwerdeführer bezieht in seinem vollversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ein Nettoeinkommen (inkl. Sonderzahlungen) von € 2.138,16.

Es besteht keine Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers. Eine Vollzeitbeschäftigung ist ihm zumutbar. Eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit besteht insofern, dass es für ein länger währendes Dienstverhältnis aufgrund der Gesundheitsschädigungen des Beschwerdeführers erforderlich ist möglichst wenig Kundenkontakt und Kontakt zu Autoritätspersonen sowie ein wertschätzendes und weitestgehend konfliktfreies Arbeitsumfeld zu haben.

Im fiktiven schadenfreien Verlauf würde der Beschwerdeführer nach dem Kollektivvertrag für Maler-, Lackierer- und Schilderherstellergewerbe, Facharbeiter mit Lehrabschlussprüfung (Geselle) nach dem 3. Verwendungsjahr entlohnt werden und würde ein fiktives monatliches Nettoeinkommen (inkl. Sonderzahlungen) von Jänner 2020 bis April 2020 in Höhe von
€ 1.789,60 und von Mai 2020 bis Dezember 2020 in Höhe von € 1.857,94 beziehen.

2.       Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur österreichischen Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers sowie Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend Zuerkennung der Hilfeleistungen in Form von Verdienstentgang dem Grunde nach vom 04.07.2018, Zl. W264 2163046-1, und den Bescheiden betreffend Bewilligung des Verdienstentganges der Höhe nach vom 29.11.2018 und vom 22.06.2020 basieren auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Ausbildung des Beschwerdeführers und zur abgebrochenen Malerausbildung stehen aufgrund der Aktenlage unstrittig fest. Die Feststellungen zu den Beschäftigungsverhältnissen des Beschwerdeführers gründen sich auf den Auszug aus dem Dachverband der Sozialversicherungsträger zum Stichtag 12.03.2021.

Die Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers stehen aufgrund des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.07.2018, Zl. W264 2163046-1 fest.

Die Feststellungen zum Einkommen im fiktiven schadensfreien Verlauf stehen aufgrund der Beilage zum Kollektivvertrag für das Maler-, Lackierer- und Schildherstellergewerbe, Lohnordnung gültig ab 01.05.2019 und zum Kollektivvertrag für das Maler-, Lackierer- und Schildherstellergewerbe, Lohnordnung gültig ab 01.05.2020 fest.

Die Feststellungen zum Einkommen des Beschwerdeführers bei der Marktgemeinde XXXX gründen sich auf dem vorliegenden Lohnkonto des Beschwerdeführers.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 9d Abs. 1 VOG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des VOG durch einen Senat, dem ein fachkundiger Laienrichter angehört. Es liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)
1.         Zur Entscheidung in der Sache:

Gemäß § 1 Abs. 1 VOG haben Anspruch auf Hilfe österreichische Staatsbürger, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie

1.       durch eine zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohte rechtswidrige und vorsätzliche Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben oder

2.       durch eine an einer anderen Person begangene Handlung im Sinne der Z 1 nach Maßgabe der bürgerlich-rechtlichen Kriterien einen Schock mit psychischer Beeinträchtigung von Krankheitswert erlitten haben oder

3.       als Unbeteiligte im Zusammenhang mit einer Handlung im Sinne der Z 1 eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben, soweit nicht hieraus Ansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz, BGBl. Nr. 20/1949, bestehen,

und ihnen dadurch Heilungskosten erwachsen sind oder ihre Erwerbsfähigkeit gemindert ist. Wird die österreichische Staatsbürgerschaft erst nach der Handlung im Sinne der Z 1 erworben, gebührt die Hilfe nur, sofern diese Handlung im Inland oder auf einem österreichischen Schiff oder Luftfahrzeug (Abs. 6 Z 1) begangen wurde.

Gemäß § 1 Abs. 2 VOG ist Hilfe auch dann zu leisten, wenn

1. die mit Strafe bedrohte Handlung im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit begangen worden ist oder der Täter in entschuldigendem Notstand gehandelt hat,

2. die strafgerichtliche Verfolgung des Täters wegen seines Todes, wegen Verjährung oder aus einem anderen Grund unzulässig ist oder

3. der Täter nicht bekannt ist oder wegen seiner Abwesenheit nicht verfolgt werden kann.

Als Hilfeleistungen sind gemäß § 2 VOG vorgesehen:

1.       Ersatz des Verdienst- oder Unterhaltsentganges;

2.       Heilfürsorge

a)       ärztliche Hilfe,

b)       Heilmittel,

c)       Heilbehelfe,

d)       Anstaltspflege,

e)       Zahnbehandlung,

f)       Maßnahmen zur Festigung der Gesundheit (§ 155 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955);

2a.      Kostenübernahme bei Krisenintervention durch klinische Psychologen und Gesundheitspsychologen sowie Psychotherapeuten

3.       orthopädische Versorgung

a)       Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, deren Wiederherstellung und Erneuerung,

b)       Kostenersatz für Änderungen an Gebrauchsgegenständen sowie für die Installation behinderungsgerechter Sanitärausstattung,

c)       Zuschüsse zu den Kosten für die behinderungsgerechte Ausstattung von mehrspurigen Kraftfahrzeugen,

d)       Beihilfen zur Anschaffung von mehrspurigen Kraftfahrzeugen,

e)       notwendige Reise- und Transportkosten;

4.       medizinische Rehabilitation

a)       Unterbringung in Krankenanstalten, die vorwiegend der Rehabilitation dienen,

b)       ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe, wenn diese Leistungen unmittelbar im Anschluß oder im Zusammenhang mit der unter lit. a angeführten Maßnahme erforderlich sind,

c)       notwendige Reise- und Transportkosten;

5.       berufliche Rehabilitation

a)       berufliche Ausbildung zur Wiedergewinnung oder Erhöhung der Erwerbsfähigkeit,

b)       Ausbildung für einen neuen Beruf,

c)       Zuschüsse oder Darlehen (§ 198 Abs. 3 ASVG 1955);

6.       soziale Rehabilitation

a)       Zuschuß zu den Kosten für die Erlangung der Lenkerberechtigung, wenn auf Grund der Behinderung die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht zumutbar ist,

b)       Übergangsgeld (§ 306 ASVG 1955);

7.       Pflegezulagen, Blindenzulagen;

8.       Ersatz der Bestattungskosten;

9.       einkommensabhängige Zusatzleistung;

10.      Pauschalentschädigung für Schmerzengeld.

Der Ersatz des Verdienst- oder Unterhaltsentganges wird im § 3 VOG normiert. Gemäß dessen Abs 1 ist Hilfe nach § 2 Z 1 monatlich jeweils in Höhe des Betrages zu erbringen, der dem Opfer durch die erlittene Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung (§ 1 Abs. 3) als Verdienst oder den Hinterbliebenen durch den Tod des Unterhaltspflichtigen als Unterhalt entgangen ist oder künftighin entgeht. Sie darf jedoch zusammen mit dem Einkommen nach Abs. 2 den Betrag von monatlich 2 068,78 Euro nicht überschreiten. Diese Grenze erhöht sich auf 2 963,23 Euro, sofern der Anspruchsberechtigte seinen Ehegatten überwiegend erhält. Die Grenze erhöht sich weiters um 217,07 Euro für jedes Kind (§ 1 Abs. 5). Für Witwen (Witwer) bildet der Betrag von 2 068,78 Euro die Einkommensgrenze. Die Grenze beträgt für Waisen bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres 772,37 Euro, falls beide Elternteile verstorben sind 1 160,51 Euro und nach Vollendung des 24. Lebensjahres 1 372,14 Euro, falls beide Elternteile verstorben sind 2.068,78 Euro. Diese Beträge sind ab 1. Jänner 2002 und in der Folge mit Wirkung vom 1. Jänner eines jeden Jahres mit dem für den Bereich des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes festgesetzten Anpassungsfaktor zu vervielfachen. Die vervielfachten Beträge sind auf Beträge von vollen 10 Cent zu runden; hiebei sind Beträge unter 5 Cent zu vernachlässigen und Beträge von 5 Cent an auf 10 Cent zu ergänzen. Übersteigt die Hilfe nach § 2 Z 1 zusammen mit dem Einkommen nach Abs. 2 die Einkommensgrenze, so ist der Ersatz des Verdienst- oder Unterhaltsentganges um den die Einkommensgrenze übersteigenden Betrag zu kürzen.

Gemäß § 3 Abs 2 leg.cit. gelten als Einkommen alle tatsächlich erzielten und erzielbaren Einkünfte in Geld oder Güterform einschließlich allfälliger Erträgnisse vom Vermögen, soweit sie ohne Schmälerung der Substanz erzielt werden können, sowie allfälliger Unterhaltsleistungen, soweit sie auf einer Verpflichtung beruhen. Außer Betracht bleiben bei der Feststellung des Einkommens Familienbeihilfen nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376, Leistungen der Sozialhilfe und der freien Wohlfahrtspflege sowie Einkünfte, die wegen des besonderen körperlichen Zustandes gewährt werden (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindenzulage und gleichartige Leistungen). Auf einer Verpflichtung beruhende Unterhaltsleistungen sind nicht anzurechnen, soweit sie nur wegen der Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 gewährt werden.

Beginn und Ende der Hilfeleistungen, Rückersatz und Ruhen werden im § 10 VOG normiert: Gemäß dessen Abs 1 dürfen Leistungen nach § 2 nur von dem Monat an erbracht werden, in dem die Voraussetzungen hiefür erfüllt sind, sofern der Antrag binnen zwei Jahren nach der Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung (§ 1 Abs. 1) bzw. nach dem Tod des Opfers (§ 1 Abs. 4) gestellt wird. Wird ein Antrag erst nach Ablauf dieser Frist gestellt, so sind die Leistungen nach

§ 2 Z 1, 2, 3 bis 7 und 9 mit Beginn des auf den Antrag folgenden Monates zu erbringen. Bei erstmaliger Zuerkennung von Ersatz des Verdienst- und Unterhaltsentganges ist von Amts wegen auch darüber zu entscheiden, ob und in welcher Höhe eine einkommensabhängige Zusatzleistung zu gewähren ist. Anträge auf Leistungen gemäß § 4 Abs. 5 unterliegen keiner Frist.

Gemäß § 10 Abs 2 leg.cit. endet die Hilfeleistung, wenn sich die für die Hilfeleistung maßgebenden Umstände ändern, nachträglich ein Ausschließungsgrund (§ 8) eintritt oder nachträglich hervorkommt, dass die Voraussetzungen für eine Hilfeleistung nicht gegeben sind.

Verdienstentgang ist gemäß § 3 VOG bis zur normierten Einkommensgrenze jeweils in Höhe des Betrages zu erbringen, der dem Beschädigten durch die verbrechenskausal erlittene Körperverletzung als Verdienst entgangen ist oder künftighin entgeht.

Für die Beurteilung ist sohin der fiktive schadensfreie Verlauf maßgebend.

Zur Ermittlung des Verdienstentganges ist auf die zu § 1325 ABGB ergangene Judikatur des OGH zurückzugreifen, wonach jemand der an seinem Körper verletzt wird, einen Anspruch auf Ersatz des künftig entgehenden Verdienstes gegenüber dem Schädiger hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des OGH muss bei der Beurteilung des Begehrens auf Ersatz von Verdienstentgang auf jene Verhältnisse Bedacht genommen werden, die ohne die Beschädigung des Verletzten eingetreten wären, sodass dieser nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt sein soll, als er ohne die Körperbeschädigung gewesen wäre (RIS-Justiz RS0030628).

Bei der Berechnung des Schadenersatzes für Verdienstentgang ist der Geschädigte so zu stellen, wie er stünde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Der Schaden ist durch eine Differenzrechnung zu ermitteln, bei welcher der hypothetische Vermögensstand ohne schädigendes Ereignis mit dem tatsächlich nach dem schädigenden Ereignis gegebenen verglichen wird. Dabei ist vom Nettoschaden auszugehen, weil dem Geschädigten vor dem Unfall auch nur die Nettoeinkünfte verblieben, also die um Steuer und sonstige Abgaben verminderten Bruttoeinkünfte. Vom hypothetischen Nettoverdienst, den der Geschädigte ohne den Unfall nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge erzielt hätte, ist der tatsächliche Nettoverdienst zuzüglich einer allenfalls zur Auszahlung gebrachten Sozialversicherungsrente abzuziehen (vgl OGH 09.09.2015, 2Ob1/15h mwN).

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.07.2018, Zl. W264 2163046-1, wurde bereits rechtskräftig festgestellt, dass der Beschwerdeführer einen Anspruch auf Ersatz des Verdienstentganges nach dem Verbrechensopfergesetz aus dem schädigenden Ereignis im Zeitraum 26.02.1970 bis 05.07.1974 für den Zeitraum ab 01.09.2013 dem Grunde nach hat.

Dass dem Beschwerdeführer für den genannten Zeitraum der Ersatz des Verdienstentganges zusteht ist daher unstrittig; strittig ist lediglich die Höhe des Verdienstentganges bzw. die Frage, ob der Beschwerdeführer im schadensfreien Verlauf einer Beschäftigung mit einem höheren Einkommen als monatlich netto € 2.138,16 (inkl. Sonderzahlungen) nachgegangen wäre.

Bei der Erstellung einer Zukunftsprognose ist es unumgänglich, einen Rückschluss aus der Vergangenheit miteinzubeziehen.

Dem Beschwerdeführer ist eine Beschäftigung im Ausmaß von 40 Wochenstunden jedenfalls zumutbar.

Die belangte Behörde ging im schadensfreien Verlauf von einem fiktiven Verdienst des Beschwerdeführers als Maler mit Gesellenbrief auf Basis einer 40 Stundenwoche aus.

Dass dem Beschwerdeführer im fiktiven Schadensfreien Verlauf eine Gesellenprüfung absolviert hätte und als Malergeselle gearbeitet hätte, steht unstrittig fest.

Was die konkrete Höhe des Verdienstentganges betrifft, so ist die von der Behörde vorgenommene Berechnung des fiktiven schadensfreien Verlauf anhand des Kollektivvertrages für das Maler-, Lackierer- und Schildherstellergewerbe, nicht zu beanstanden.

Der Beschwerdeführer würde im fiktiven schadenfreien Verlauf nach dem herangezogenen Kollektivvertrag für Maler-, Lackierer- und Schilderherstellergewerbe, Facharbeiter mit Lehrabschlussprüfung (Geselle) nach dem 3. Verwendungsjahr entlohnt werden und würde ein fiktives monatliches Nettoeinkommen (inkl. Sonderzahlungen) von Jänner 2020 bis April 2020 in Höhe von € 1.789,60 und von Mai 2020 bis Dezember 2020 in Höhe von € 1.857,94 beziehen.

Da der Beschwerdeführer jedoch, wie oben festgestellt, ein tatsächliches monatliches Nettoeinkommen in Höhe von € 2.138,16 bezieht und somit ein höheres Einkommen bezieht, als im fiktiven schadenfreien Verlauf, gebührt ihm ab 01.01.2020 keine Ersatzleistung in Form von Verdienstentgang.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wird das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt, dass der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, weil der Sachverhalt durch die belangte Behörde nach einem grundsätzlich ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren festgestellt wurde und den Sachverhaltsfeststellungen, insbesondere jenen im Bescheid, in der Beschwerde nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Der Sachverhalt – wie er im angefochtenen Bescheid festgestellt wurde – war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht. Zudem liegt eine Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität vor (vgl. zum Erfordernis einer schlüssigen Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Bescheid und zur Verhandlungspflicht bei Neuerungen VwGH 11.11.1998, 98/01/0308, und 21.01.1999, 98/20/0339; zur Bekämpfung der Beweiswürdigung in der Berufung VwGH 25.03.1999, 98/20/0577, und 22.04.1999, 98/20/0389; zum Abgehen von der erstinstanzlichen Beweiswürdigung VwGH 18.02.1999, 98/20/0423; zu Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens VwGH 25.03.1999, 98/20/0475; siehe auch VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist). Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz. 34 ff). Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6. Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Berechnung Einkommen Kollektivvertrag VerbrechensopferG Verdienstentgang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W141.2240232.1.00

Im RIS seit

04.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten