TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/14 W285 2211743-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.04.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

14.04.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs3
FPG §70 Abs3
NAG §51
NAG §53a
Richtlinie 2004/38/EG Unionsbürger-RL Art28

Spruch


W285 2211743-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Rumänien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.11.2018, Zahl 523576601-180840569, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.11.2020, betreffend Aufenthaltsverbot zu Recht:

A)       

I.       Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

II.      Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 20.11.2018 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 1 und 3 FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt III.). Begründend wurde im Wesentlichen auf die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers in Österreich zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zehn Jahren, unter teilweiser Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 2 StGB wegen der Verbrechen der fortgesetzten Gewaltausübung sowie der Vergewaltigung verwiesen. Weiters sei ein neuerliches Sachverständigengutachten vom 21.07.2017 zum psychiatrischen Status sowie zur Einschätzung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr eingeholt worden. Demnach läge ein logischer Denkvorgang beim Beschwerdeführer vor, es fehle jedoch jeglicheTateinsicht. Das Risiko, neuerlich ein Gewaltdelikt in einem Beziehungskontext zu begehen, sei laut Sachverständigem als hoch einzuschätzen. Jedoch sei die Gefährlichkeit nach § 21 Abs. 2 StGB als soweit reduziert anzusehen, dass der Beschwerdeführer bei ohnehin langer Strafdauer in den Normalvollzug überstellt habe werden können, wo der Beschwerdeführer seit XXXX 2017 seine Freiheitsstrafe in der Justizanstalt XXXX verbüße. Aus den Angaben des Beschwerdeführers und der Aktenlage ergebe sich – abgesehen von einigen Bekannten/Freunden in Österreich – keinerlei Integration. Der „Rentenbezug“ in Österreich wegen gesundheitlicher Probleme könne auch in Rumänien erfolgen, wo auch die Ex-Ehefrau und der erwachsene Sohn leben. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, welcher seit 23.06.2010 über eine Anmeldebescheinigung verfüge, sich auch in Rumänien wieder ein Leben aufbauen könne. Die von im begangene Delikte seien besonders schwerwiegend und sei seine Ausreise im öffentlichen Interessen jedenfalls dringend erforderlich, sodass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen gewesen sei.

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer in der Justizanstalt am 27.11.2018 zugestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner ehemaligen bevollmächtigten Rechtsvertretung vom 18.12.2018, beim Bundesamt am selben Tag einlangend, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen, das im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Aufenthaltsverbot ersatzlos beheben oder allenfalls wesesntlich herabsetzen; in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und das Verfahren an das Bundesamt zurückverweisen; in eventu die ordentliche Revision zulassen sowie der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Bundesamt ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt und darauf basierend mangelhafte Feststellungen getroffen habe. Insbesondere habe sich das Bundesamt mit näher mit dem Verhalten des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und keine, der Judikatur entsprechende, Gefährdungsprognose erstellt habe. Außerdem habe das Bundesamt den Grundrechten des Beschwerdeführers nicht Rechnung getragen. Die belangte Behörde habe zudem die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht nachvollziehbar begründet.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom Bundesamt vorgelegt und langten dort am 27.12.2018 ein.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 05.11.2020 eine mündliche Verhandlung in Form einer Videokonferenz durch, an der der Beschwerdeführer, sein damaliger Rechtsvertreter sowie eine Dolmetscherin für die Sprache Rumänisch teilnahmen. Das Bundesamt verzichtete auf eine Teilnahme.

Im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung gab der Beschwerdeführer auf Befragen an, er leide an Darmkrebs sowie Krebs an der Hüfte. Er sei am 13.03.2017 an der Hüfte operiert worden und habe eine Prothese erhalten. Seither habe er keine weiteren Behandlungen erhalten, außer einer Chemotherapie, obwohl eine Strahlentherapie nötig gewesen sei. Zur vorgehaltenen strafgerichtlichen Verurteilung gab der Beschwerdeführer lediglich an, es tue ihm leid. Dem Beschwerdeführer wurde seitens des Gerichtes die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme innerhalb von vier Wochen zum Gesundheitszustand eingeräumt und weiters die Einholung von Unterlagen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers avisiert.

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.11.2020 wurde die Leitung der Justizanstalt XXXX um eine Stellungnahme hinsichtlich des physischen und psychischen Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers binnen drei Wochen ersucht.

Am 25.11.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine handschriftliche Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 23.11.2020 insbesondere zu seinem Gesundheitszustand ein. Der Stellungnahme waren zudem zwei ambulante Befunde der Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie des XXXX vom 09.08.2019 und der Universitätsklinik für Innere Medizin des XXXX vom 28.10.2019, sowie eine Kopie des rumänischen Reisepasses des Beschwerdeführers vorgelegt.

Am 09.12.2020 langte die mit 24.11.2020 datierte Stellungnahme der zuständigen Anstaltsärztin beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 14.12.2020 wurde die Stellungnahme der Anstaltsärztin vom 24.11.2020 sowohl dem Beschwerdeführer über seine ehemalige bevollmächtigte Rechtsvertretung sowie auch dem Bundesamt zur Stellungnahme binnen drei Wochen übermittelt.

Der Beschwerdeführer nahm mit Schreiben seiner ehemaligen bevollmächtigten Rechtsvertretung vom 17.12.2020, am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht einlangend, zum Bericht der Anstaltsärztin vom 24.11.2020 Stellung. Seitens des Bundesamtes erfolgte bis dato keine Stellungnahme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Rumänien (aktenkundige Kopie des rumänischen Reisepasses, AS 181).

Er weist in Österreich nachfolgende Wohnsitzmeldungen auf (vgl. Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 04.11.2020):

-        01.06.2009-08.01.2010  Hauptwohnsitz

-        16.01.2010-30.04.2010  Hauptwohnsitz

-        30.04.2010-01.12.2015  Hauptwohnsitz

-        17.06.2014-01.12.2015  Nebenwohnsitz Justizanstalt XXXX

-        01.12.2015-01.03.2016  Hauptwohnsitz Justizanstalt XXXX

-        01.03.2016-laufend   Hauptwohnsitz Justizanstalt XXXX

Es wird daher festgestellt, dass sich der Beschwerdeführer zumindest seit 01.06.2009 im Bundesgebiet aufhält. Hingegen konnte nicht festgestellt werden, dass sich der Beschwerdeführer bereits seit 2004/2005 durchgehend im Bundesgebiet aufgehalten hätte.

Er verfügt seit 23.06.2010 über eine Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmer (vgl. Fremdenregisterauszug vom 04.11.2020).

Der Beschwerdeführer ist bis dato nachfolgenden sozialversicherten Beschäftigungen im Bundesgebiet nachgegangen bzw. liegen nachfolgende Versicherungszeiten vor (vgl. Sozialversicherungsdatenauszug vom 04.11.2020 und 19.01.2021):

-        21.07.2009-31.08.2009  Erntehelfer gemäß § 18 Abs. 3 Z 2 FremdenG

-        01.09.2009-31.12.2009  Arbeiter

-        01.01.2010-10.01.2010  Krankengeldbezug (DGKTONR-bezogen)

-        15.01.2010-10.03.2010  Arbeiter

-        18.06.2010-16.07.2010  Arbeiter

-        23.03.2010-27.03.2010  Arbeiter

-        01.10.2011-31.03.2016  Krankenpflichtversicherung bei bedarfs. Mindestsicherung

Der Beschwerdeführer bezog daher entgegen seinen Ausführungen keine „Pension“, sondern in einem Zeitraum von viereinhalb Jahren bis 31.03.2016 bedarfsorientierte Mindestsicherung in Höhe von netto rund EUR 730,00 monatlich (brutto durchschnittlich EUR 985,23); somit eine Sozialhilfeleistung (vgl. Sozialversicherungsdatenauszug vom 04.11.2020 sowie mit Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 19.09.2018 vorgelegter Kontoauszug vom 03.02.2015, AS 180).

Der Beschwerdeführer wurde am 16.06.2014 festgenommen und mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom XXXX 2014, XXXX , über ihn die Untersuchungshaft verhängt (vgl. Vollzugsinformation vom 24.06.2014, AS 3; Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom XXXX 2014, AS 33 ff).

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX als Schöffengericht vom XXXX 2015, XXXX , wurde der Beschwerdeführer in erster Instanz wegen der Verbrechen der fortgesetzten Gewaltausübung gemäß § 107b Abs. 1, 2, 3 Z 2, 4 erster und zweiter Fall StGB sowie der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 und 2 vierter Fall StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Jahren verurteilt. Unter einem wurde gemäß § 21 Abs. 2 StGB die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer – zurechnungsfähig – jedoch unter Einfluss einer geistigen und seelischen Abartigkeit höheren Grades, nämlich einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen und paranoiden Anteilen über ein Monat lang im Jahr 2014 gegenüber seiner Freundin längere Zeit hindurch fortgesetzt Gewalt ausübte, indem er sie regelmäßig zwei- bis dreimal wöchentlich misshandelte und vorsätzlich am Körper verletzte, indem er ihr Faustschläge und Tritte im Gesicht und gegen den Körper versetzte, sie würgte und ihr mit Gegenständen, wie etwa einer abgeschlagenen Kachel, einer abgeschlagenen Glasflasche, einer heißen Kaffeekanne und einem Besenstiel gegen den Körper und gegen den Kopf schlug. Sie erlitt dadurch großflächige Hautunterblutungen, Hautabschürfungen, Narben, Rippenbrüche sowie eine Schwellung und Einblutung im Stirnbereich. Er hat ihr wiederholt mit dem Umbringen gedroht, indem er etwa mit dem Messer oder einer Axt auf sie losging und sie würgte. Er nötigte sie mehrmals mit Anwendung seiner Körperkraft und Drohungen zur Duldung des vaginalen Geschlechtsverkehrs. Zur Duldung des Beischlafs nötigte er sie, indem er sie in besonderer Weise erniedrigte. Er hielt sie fest, masturbierte über ihrem Gesicht, sodass das Ejakulat in den Mund spritzte, und nötigte sie dann durch Zuhalten ihres Mundes und Überstrecken ihres Halses, das Ejakulat zu schlucken. Durch diese Handlungen führte er eine umfassende Kontrolle des Verhaltens seiner Freundin herbei, die er in seinem Haus durch Wegnahme ihrer Autoschlüssel, Überwachen ihrer Telefonate und versperren der Eingangstür gegen ihren Willen festhielt, und schränkte erheblich ihre autonome Lebensführung ein, wobei er diese Tat auf qualvolle Weise beging.

In den Entscheidungsgründen führte das Landesgericht XXXX aus, dass der in Rumänien geborene Beschwerdeführer dort acht Jahre lang eine Grundschule besucht habe und in weiterer Folge beim rumänischen Bundesheer den Beruf des Schuhmachers erlernt habe. Danach sei er für 20 Jahre als Schuhmacher beim rumänischen Heer angestellt gewesen. Der Beschwerdeführer sei geschieden und Vater eines 26-jährigen Sohnes. Er sei vor neun Jahren nach Österreich gezogen und hier als Hilfsarbeiter bei Weinbauern und als Hausmeister tätig gewesen. Inzwischen sei er Frühpensionist und beziehe eine Pension in Höhe von EUR 800,00 netto monatlich. Er habe kein Vermögen, keine Schulden und keine Sorgepflichten. Zum Geisteszustand sowie zur Gefährlichkeitsprognose des Beschwerdeführers holte das Landesgericht XXXX zudem ein psychiatrisches Sachverständigengutachten ein, wonach beim Beschwerdeführer eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit emotional-instabilen und paranoiden Anteilen besteht. Er weit eine völlig verzerrte Interpretation der Umgebung auf, hinsichtlich des Tatopfers wurde eine gedankliche Starre festgestellt sowie die Neigung, Dinge zu verdrehen. Die Kombination aus Instabilität und Paranoia lasse nach den Ausführungen des Sachverständigen mit hoher Wahrscheinlichkeit befürchten, dass der Beschwerdeführer neuerlich Tathandlungen begehen werde, wenn er nicht in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen werde.

Bei der Strafbemessung berücksichtigte das Landesgericht XXXX mildernd, dass der Beschwerdeführer bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt habe und die Taten mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch stünden, als erschwerend hingegen, das Zusammentreffen von mehreren Verbrechen, die mehrfache Deliktsqualifikation des
§ 107b StGB sowie die psychischen Folgeschäden des Opfers.

Zudem erachtete das Landesgericht XXXX die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes in Höhe von EUR 5.000,00 als angemessen (vgl. Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX 2015, AS 69 ff).

Mit Urteil des Oberlandesgerichtes XXXX vom XXXX 2015, XXXX , wurde der Berufung des Beschwerdeführers insofern Folge gegeben, dass die Freiheitsstrafe auf zehn Jahre herabgesetzt wurde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass zur Verbreiterung der Grundlage der Gefährlichkeitsprognose der Sachverständige vom Oberlandesgericht mit einer ergänzenden Befundaufnahme und mündlichen Gutachtenserstattung in der Berufungsverhandlung beauftragt worden sei. Auch unter deren Berücksichtigung sei prognostisch angesichts der feststehenden kombinierten Persönlichkeitsstörung mit emotional-instabilen und paranoiden Anteilen von der Gefahr der Begehung von Taten mit schweren Folgen im Sinn der gegenständlichen, somit gefährlichen Drohungen, Körperverletzungen und Verletzungen der geschlechtlichen Integrität auszugehen. Der Beschwerdeführer habe gegen sein Opfer schwere Gewalttaten, nämlich vor allem unter dem Eindruck eines nach dem Akteninhalt nicht annähernd gerechtfertigten Misstrauens gegenüber der sexuellen Treue seines Tatopfers, bezeichnender Weise besonders dann, wenn zuvor Besuch männlicher Personen stattgefunden hätte, begangen. Jeweils aus Zorn über gänzlich abwegige Zumutungen von Blickkontakten mit den männlichen Besuchern, in einem Fall aus einer telefonischen Kontaktaufnahme mit ihrem geschiedenen Ehemann, sei es zu Gewaltexzessen seitens des Beschwerdeführers gekommen. Diese aus nichtigen Anlässen zugefügten schweren Verletzungen und sexuellen Erniedrigungen bis zur Bemächtigung gänzlicher Kontrolle über das Leben seines Tatopfers würden – wie der Sachverständige letztlich zutreffend ausgeführt hätte – von einer immanenten Gefahr der Begehung ähnlicher strafbarer Handlungen unter dem Eindruck der kombinierten emotional-instabilen und paranoiden Persönlichkeitsstörung zeugen. Damit lägen die Voraussetzungen für eine Einweisung nach § 21 Abs. 2 StGB vor. Zur Strafbemessung führte das Oberlandesgericht jedoch aus, dass erschwerend die mehrfache Qualifikation der fortgesetzten Gewaltausübung durch die neben der Herstellung der umfassenden Kontrolle des Verhaltens des Opfers nicht mehr qualifikationsbegründende Bewirkung einer erheblichen Einschränkung ihrer autonomen Lebensführung zu berücksichtigen sei. Durch die Begehung der Tat auf qualvolle Weise, aber auch im Rahmen der fortgesetzten Gewaltausübung und durch wiederholte Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und Integrität sei die fortgesetzte Gewaltausübung auch nach § 107b Abs. 4 StGB mehrfach qualifiziert. Die Verbrechen der Vergewaltigung habe das Schöffengericht trotz des Eintritts einer schweren Körperverletzung beim Opfer nicht als nach § 201 Abs. 2 erster Fall StGB qualifiziert. Weder die Vergewaltigung nach § 201 StGB noch die fortgesetzte Gewaltausübung nach § 107b StGB würden zur Tatbestandsverwirklichung den Eintritt einer Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung voraussetzen. Die schweren Verletzungen des Opfers, das mit Serienrippenbrüchen eine an sich schwere Verletzung und zusätzlich eine mehr als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung erlitten habe, würden daher ebenso erschwerend nach § 32 Abs. 3 StGB wie das aktenkundige schwere posttraumatische Belastungssyndrom, das nach dem sozialpsychiatrischen Bericht auch mehr als vier Monate nach dem Ende des Tatzeitraums noch virulent gewesen sei, wirken. Mildernd stehe den erschwerenden Umständen der bisher ordentliche Lebenswandel des Beschwerdeführers und die ihm vom Sachverständigen attestierte geminderte Zurechnungsfähigkeit bei Begehung der Taten gegenüber. Vor diesem Hintergrund erscheine eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren ausreichend und sei auf dieses Maß herabzusetzen gewesen (vgl. aktenkundiges Urteil des Oberlandesgerichtes vom XXXX 2015, AS 119 ff).

Aufgrund der zitierten Urteile des Landesgerichtes XXXX sowie des Oberlandesgerichtes XXXX wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer die im genannten Urteil festgestellten strafbaren Handlungen begangen und je das umschriebene Verhalten gesetzt hat. Weiters wird im Hinblick auf die Feststellungen im Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX 2015 festgestellt, dass der Beschwerdeführer seit Ende 2005/Anfang 2006 im Bundesgebiet aufhältig ist.

Mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom XXXX 2017, XXXX , wurde der Beschwerdeführer bedingt auf eine Probezeit von zehn Jahren aus der Anstaltsunterbringung entlassen. Er verbüßt seine Haftstrafe seitdem in Strafhaft. (vgl. Strafregisterauszug vom 04.11.2020, Mitteilung per E-Mail der Justizanstalt vom 24.08.2018, AS 157). Im Zuge der bedingten Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug holte das Landesgericht XXXX ein ergänzendes Sachverständigengutachten eines Sachverständigen aus dem Fach Neurologie und Psychiatrie ein. Aus dem aktenkundigen Gutachten vom 21.07.2017 ergibt sich (vgl. AS 205 ff):

„Das aktuelle forensisch-psychiatrische Untersuchungsergebnis führte bei Herrn P. zu folgender Diagnose:

?        Zustand nach kombinierter Persönlichkeitsstörung mit emotional-instabilen und paranoiden Anteilen (ICD-10: F61)

Wie die bisherigen Erfahrungen des psychologischen Dienstes der JA […] und die einschlägigen psychologischen Tests gezeigt haben, ist das allgemeine Rückfallrisiko in ein neuerliches (sexuell oder nicht sexuell motiviertes) Delikt als nicht höher einzuschätzen als bei sogenannten „Normalstraffälligen“.

Unter Beachtung einer verbesserten emotionalen Kommunikationsfähigkeit, vor allem in schwierigen Lebenssituationen, sowie Erarbeitung eines korrekten Frauenbildes (dies eben im Rahmen einer auferlegten weiteren Psychotherapie) wäre auch eine Überstellung in den Normalvollzug möglich.

Auch dem gefertigten SV gegenüber imponierte Herr P. ruhig und ausgeglichen und er zeigte auch keine primäre Aggressivität, wobei jedoch schon festgehalten werden muss, dass Tateinsicht und Reueverhalten nach wie vor nicht bzw. nur äußerst eingeschränkt vorhanden sind.

Insgesamt lässt sich jedoch erkennen, dass Herr P. im Rahmen der bisherigen Haft und des Maßnahmenvollzuges insofern Fortschritte gemacht hat, als er seine Aggressivität abbauen konnte und diese, wie beschrieben, sich ausschließlich auf das frühere Tatopfer bezieht.

Es ist somit davon auszugehen, dass sich die Gefährlichkeit gemäß § 21 Abs. 2 StGB soweit reduziert hat, dass Herr P. – bei ohnehin noch langer Strafdauer – in den Normalvollzug überstellt werden könnte.

Eine bedingte Nachsicht der Maßnahme im Sinn des § 21 Abs. 2 StGB ist daher aus gutachterlicher Sicht möglich.

Sollte das Hohe Gericht diese Meinung teilen, empfiehlt der gefertigte SV höflich, Herrn P. folgende Weisung zu erteilen:

-        Fortführung der Psychotherapie mit Erarbeitung der emotionalen Kommunikationsfähigkeit (zum Beispiel in schwierigen Lebenssituationen wie etwa Krankheitszustand, Versorgungsproblemen) und eines konkreten Frauenbildes

Festgehalten wird, dass diese Weisungen seitens des gefertigten SV mit dem psychologischen Dienst der JA […] besprochen wurden und eine entsprechende Zusicherung zur Bearbeitung des diesbezüglichen psychischen Problemfeldes gegeben wurde.

Herr P. ist zweifellos fähig, das Wesen einer Weisung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.

Nicht außer Acht gelassen werden darf die Stellungnahme der BEST vom 29.05.207 [sic!], worin vermerkt wurde, dass das Risiko neuerlich wegen eines Gewaltdeliktes im Beziehungskontext auffällig zu werden, als hoch einzuschätzen sei.

Auch der gefertigte SV schließt sich dieser Meinung an, verweist jedoch auch darauf, dass die einschlägigen psychologischen Tests nur mehr ein geringes Risiko für allgemeine Gewalttätigkeiten (auch sexueller Natur) signalisiert haben.

Da somit keine Allgemeingefährlichkeit mehr vorliegt und sich eine Gefahr nur noch auf das frühere Tatopfer bezieht, ist nach allgemeiner psychiatrischer Auffassung die Bearbeitung dieses Delikts auch mittels erteilter Weisungen im Normalvollzug möglich.

[…]“

Beim Beschwerdeführer liegen neben den psychiatrischen Erkrankungen/Auffälligkeiten in physischer Hinsicht folgende Erkrankungen vor (vgl. Stellungnahme der Anstaltsärztin der Justizanstalt vom 24.11.2020; Ambulanzbefund Universitätsklinik für Innere Medizin XXXX vom 28.10.2019 und Ambulanter Befund der Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie XXXX vom 09.08.2019):

-        IgG-Lambda-Myelom (polymorpher Subtyp) im Stadium IIIA nach Salomon und Durie, ISS III, (initial: IgG 80,1 g/l, fr LK-Lambda 1430 mg/l, Kappa/Lambda 0,01; M-Gradient 5,5 g/dl; Harnleichtkette Lambda 73 mg/l; I-FISH ohne Aberrationen, massive Beckenexpansion [15 cm]), Diagnose 5/2011;

o        St.p. Biopsie plus Zementplome der Beckenexpansion 5/2011

o        St.p. Radiatio Beckenexpansion (50 Gy) 6-7/2011

o        St.p. 4 x PAD 5-7/2011: nCR/fraglich CR,

o        St.p. Endoxanpriming (2 g/m²) plus erfolgreiche Stammzellapherese 8/2011,

o        St.p. ASCT (Konditionierung: Mel 200; 7,08 x 10^6 CD34 + Zellen/kg/KG) 11/2011: nCR/fraglich CR, Erhaltungstherapie non vult

o        St.p. Bisphosphonat-Therapie 5/2011-10/2014

o        sekundärer Antikörpermangel

o        dringlicher Verdacht auf Rezidiv im Becken CT 9/2016 nicht bestätigt: PET-negativ 12.12.2016

o        IgG lambda stabil

o        aktuell Observanz

-        hochgradige sekundäre Coxarthrose links 4/2015

-        Chronischer Nikotinabusus

-        St.p. Hydrozele links 10/2015; Hydrocelen-OP links Urologie April 2017

-        St.p. HP-positive Gastritis 4/2011

-        Status post H-TEP links am 13.02.2017 bei sekundärer Coxarthrose bei Acetabulumfraktur sowie subacetabulärer Osteolyse bei bekanntem multiplen Myelom mit Erstdiagnose 2011, Status post lokale RTX Beckenschaufel links,

-        Status post Polychemotherapie

-        Status post Stammzellentransplantation

-        Chronische Lumboischialgie links

Der Beschwerdeführer befindet sich in regelmäßiger onkologischer Nachsorge. Eine nächste Kontrolle findet am 18.02.2021 statt und wäre dann in weiterer Folge in zweijährigen Abständen geplant. Eine Darmkrebs-Diagnose besteht nicht. Er befindet sich aktuell in Observanz und benötigt keine Medikation.

Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung im Endstadium leidet, die in Rumänien nicht behandelbar wäre.

Der Beschwerdeführer ist in Rumänien geboren und aufgewachsen und hat dort acht Jahre eine Grundschule besucht. Im Anschluss daran erlernte er den Beruf des Schuhmachers beim rumänischen Heer und war als solcher dort 20 Jahre lang tätig. Er ist seit über 20 Jahren geschieden und hat einen nunmehr etwa 32 Jahre alten Sohn. Die geschiedene Ehefrau und der Sohn leben in Rumänien. In Österreich hat der Beschwerdeführer keine familiären Bindungen. In Anbetracht der Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers seit Ende 2005/Angang 2006 ist davon auszugehen, dass er zumindest bis zu seiner Festnahme und Inhaftierung im Juni 2014 private Bindungen zu Freunden und Bekannten in Österreich hatte (vgl. Feststellungen des Landesgerichtes XXXX im Urteil vom XXXX 2015, AS 73; Niederschrift Bundesamt vom 08.07.2014, AS 43 ff).

2. Beweiswürdigung:

Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Die genannten strafgerichtlichen Urteile sind aktenkundig sowie auch das aktuellste Sachverständigengutachten vom 21.07.2017 sind aktenkundig.

Das Bundesverwaltungsgericht nahm Einsicht in das Fremdenregister, das Strafregister, das Zentrale Melderegister und holte Sozialversicherungsdatenauszüge ein. Zugunsten des BF wurde der am 19.01.2021 eingeholte Sozialversicherungsdatenauszug ebenfalls berücksichtigt, welcher für die Zeit vor 2010 im 2. Halbjahr 2009 Beschäftigungszeiten aufweist.

Wenngleich der Beschwerdeführer immer wieder angibt (sowohl vor den Strafgerichten als auch vor dem Bundesamt bzw. dem Bundesverwaltungsgericht) sich seit 2004 ununterbrochen in Österreich aufzuhalten, so finden sich vor dem 01.06.2009 weder eine Wohnsitzmeldung noch die Meldung einer sozialversicherten Erwerbstätigkeit. Auch die Anmeldebescheinigung des Beschwerdeführers wurde ihm erst mit 23.06.2010 ausgestellt. In Anbetracht dessen, ging das erkennende von den Feststellungen des Landesgerichtes XXXX aus.

Die Feststellungen zu den physischen Erkrankungen des Beschwerdeführers und der aktuell nötigen Behandlung ergeben sich insbesondere aus der aktuellen medizinischen Stellungnahme der Anstaltsärztin vom 24.11.2020 in Zusammenschau mit den vom Beschwerdeführer selbst mit Stellungnahme vom 23.11.2020 vorgelegten Arztbriefen vom August und September 2019. Entgegen dem diesbezüglich unsubstanziierten Vorbringen in der Stellungnahme der ehemaligen Rechtsvertretung vom 17.12.2020 kann weder der Stellungnahme der Anstaltsärztin vom 24.11.2020 noch den vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Arztbriefen eine sehr fortgeschrittene Krebserkrankung bzw. eine nötige engmaschige onkologische Kontrolle noch eine abgeschätzte verbleibende Lebenszeit von nur etwa zwei bis drei Jahren entnommen werden. Vielmehr ergibt sich, dass sich der Beschwerdeführer nach erfolgreicher Krebsbehandlung in Remission befindet und onkologisch-/orthopädisch etwa alle zwei Jahre eine Kontrolle indiziert ist. Es konnte daher nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer an einer lebensbedrohlichen Erkrankung im Endstadium leiden würden, die in Rumänien nicht behandelbar wäre, zumal ein eingeschränkter Zugang zu medizinischer Behandlung in Rumänien ohne jede Begründung behauptet wird

Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt einliegenden Beweismitteln und insbesondere den im gesamten Verfahren vom Beschwerdeführer bzw. seiner ehemaligen Rechtsvertretung gemachten Angaben, welche jeweils in Klammer zitiert und vom Beschwerdeführer zu keiner Zeit bestritten wurden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zu Spruchpunkt I.): Zurückweisung des Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Der mit „Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde“ betitelte § 18 BFA-VG lautet:

„§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn
1.         der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,
2.         schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,
3.         der Asylwerber das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat,
4.         der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,
5.         das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,
6.         gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder
7.         der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1.         die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2.         der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3.         Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.“

Dem Beschwerdeführer kommt auf dem Boden der Rechtsprechung des VwGH gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG - insbesondere jedoch auch vor dem Hintergrund dessen Wortlautes "von Amts wegen" (vgl. 2285/A XXV. GP) kein Antragsrecht zu, sondern hat das Verwaltungsgericht vielmehr amtswegig - das Wiederzuerkennen einer allfällig aberkannten aufschiebenden Wirkung zu prüfen (vgl. VwGH 20.9.2017, Ra 2017/19/0284, mwN auf VwGH 13.9.2016, Fr 2016/01/0014 ua).

In Ermangelung der Existenz eines diesbezüglichen Antragsrechtes des Beschwerdeführers war der - konkrete - Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung als unzulässig zurückzuweisen.

Zu Spruchpunkt 2.): Abweisung der Beschwerde:

Der mit „Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate“ betitelte § 51 NAG lautet:

„§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1.         in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;
2.         für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder
3.         als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er
1.         wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;
2.         sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;
3.         sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder
4.         eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.“

Der mit „Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern“ betitelte § 53a NAG lautet:

„§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von

1.       Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

2.       Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3.       durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1.       zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2.       sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3.       drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.

(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn

1.       sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;

2.       der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder

3.       der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat.“

Der mit „Allgemeine Regel für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen“ betitelte Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 („Freizügigkeitsrichtlinie“ oder „Unionsbürgerrichtlinie“) lautet:

„(1) Jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat, hat das Recht, sich dort auf Dauer aufzuhalten. Dieses Recht ist nicht an die Voraussetzungen des Kapitels III geknüpft.

(2) Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen mit dem Unionsbürger im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten haben.

(3) Die Kontinuität des Aufenthalts wird weder durch vorübergehende Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr, noch durch längere Abwesenheiten wegen der Erfüllung militärischer Pflichten, noch durch eine einzige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Niederkunft, schwere Krankheit, Studium oder Berufsausbildung oder berufliche Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat oder einen Drittstaat berührt.

(4) Wenn das Recht auf Daueraufenthalt erworben wurde, führt nur die Abwesenheit vom Aufnahmemitgliedstaat, die zwei aufeinander folgende Jahre überschreitet, zu seinem Verlust.“

Artikel 27 („Allgemeine Grundsätze“) der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 („Freizügigkeitsrichtlinie“ oder „Unionsbürgerrichtlinie“) lautet:

„(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels dürfen die Mitgliedstaaten die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers oder seiner Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit beschränken. Diese Gründe dürfen nicht zu wirtschaftlichen Zwecken geltend gemacht werden.

(2) Bei Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und darf ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen ausschlaggebend sein. Strafrechtliche Verurteilungen allein können ohne Weiteres diese Maßnahmen nicht begründen. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

(3) Um festzustellen, ob der Betroffene eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, kann der Aufnahmemitgliedstaat bei der Ausstellung der Anmeldebescheinigung oder - wenn es kein Anmeldesystem gibt - spätestens drei Monate nach dem Zeitpunkt der Einreise des Betroffenen in das Hoheitsgebiet oder nach dem Zeitpunkt, zu dem der Betroffene seine Anwesenheit im Hoheitsgebiet gemäß Artikel 5 Absatz 5 gemeldet hat, oder bei Ausstellung der Aufenthaltskarte den Herkunftsmitgliedstaat und erforderlichenfalls andere Mitgliedstaaten um Auskünfte über das Vorleben des Betroffenen in strafrechtlicher Hinsicht ersuchen, wenn er dies für unerlässlich hält. Diese Anfragen dürfen nicht systematisch erfolgen. Der ersuchte Mitgliedstaat muss seine Antwort binnen zwei Monaten erteilen.

(4) Der Mitgliedstaat, der den Reisepass oder Personalausweis ausgestellt hat, lässt den Inhaber des Dokuments, der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit aus einem anderen Mitgliedstaat ausgewiesen wurde, ohne jegliche Formalitäten wieder einreisen, selbst wenn der Personalausweis oder Reisepass ungültig geworden ist oder die Staatsangehörigkeit des Inhabers bestritten wird.“

Artikel 28 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG („Freizügigkeitsrichtlinie“ oder „Unionsbürgerrichtlinie“) lautet:

„(2) Der Aufnahmemitgliedstaat darf gegen Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die das Recht auf Daueraufenthalt in seinem Hoheitsgebiet genießen, eine Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügen.“

§ 66 Abs. 1 FPG lautet:

"§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt."

§ 67 Abs. 1 FPG lautet:

„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.“

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2.         das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3.         die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4.         der Grad der Integration,
5.         die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6.         die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Fallbezogen ergibt sich daraus:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Rumänien und somit EWR-Bürger gemäß § 2 Abs. 4 Z 8 FPG. Er hält sich jedenfalls ab 01.06.2009 durchgehend in Österreich auf.

Es ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführer die Voraussetzungen eines zehnjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet iSd § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG iVm Art. 28 Abs. 3 lit. a der Freizügigkeitsrichtlinie erfüllt:

In einem Verfahren betreffend Aufenthaltsverbot ist bei der Frage nach dem auf einen Fremden anzuwendenden Gefährdungsmaßstab das zu Art. 28 Abs. 3 lit. a der RL 2004/38/EG (Freizügigkeitsrichtlinie) ergangene Urteil des EuGH vom 16.01.2014, Rs C-400/12, zu berücksichtigen, weil § 67 Abs. 1 FPG insgesamt der Umsetzung von Art. 27 und 28 dieser RL - § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG im Speziellen der Umsetzung ihres Art. 28 Abs. 3 lit. a - dient. Der zum erhöhten Gefährdungsmaßstab nach Art. 28 Abs. 3 lit. a der genannten RL bzw. dem fünften Satz des § 67 Abs. 1 FPG führende zehnjährige Aufenthalt im Bundesgebiet muss demnach grundsätzlich ununterbrochen sein. Es können einzelne Abwesenheiten des Fremden unter Berücksichtigung von Gesamtdauer, Häufigkeit und der Gründe, die ihn dazu veranlasst haben, Österreich zu verlassen, auf eine Verlagerung seiner persönlichen, familiären oder beruflichen Interessen schließen lassen. Auch der Zeitraum der Verbüßung einer Freiheitsstrafe durch den Betroffenen ist grundsätzlich geeignet, die Kontinuität des Aufenthaltes iSd Art. 28 Abs. 3 lit. a der Freizügigkeitsrichtlinie zu unterbrechen und sich damit auf die Gewährung des dort vorgesehenen verstärkten Schutzes auch in dem Fall auszuwirken, dass sich der Fremde vor dem Freiheitsentzug mehrere Jahre lang (kontinuierlich) im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat. Dies ist - bei einer umfassenden Beurteilung - im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigen, ob die zuvor mit dem Aufnahmemitgliedstaat geknüpften Integrationsverbindungen abgerissen sind (VwGH 24.03.2015, Ro 2014/21/0079, mwN).

Der EuGH führt dazu im angesprochenen Erkenntnis vom 16.01.2014, Rs C-400/12 in den Rz 36 und 37 Folgendes aus:

„36 Dabei können Zeiträume der Verbüßung einer Freiheitsstrafe, da sie grundsätzlich die Kontinuität des Aufenthalts im Sinne von Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 unterbrechen, zusammen mit weiteren Anhaltspunkten, die die Gesamtheit der im Einzelfall relevanten Umstände darstellen, von den für die Anwendung von Art. 28 Abs. 3 dieser Richtlinie zuständigen nationalen Behörden bei der gebotenen umfassenden Beurteilung berücksichtigt werden, die für die Feststellung, ob die zuvor mit dem Aufnahmemitgliedstaat geknüpften Integrationsverbindungen abgerissen sind, und damit für die Feststellung, ob der verstärkte Schutz gemäß dieser Bestimmung gewährt wird, vorzunehmen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Tsakouridis, Rn. 34).

37 Schließlich ist zu den Auswirkungen des Umstands, dass die betroffene Person sich in den letzten zehn Jahren vor ihrer Freiheitsstrafe in dem Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat, darauf hinzuweisen, dass, auch wenn – wie in den Rn. 24 und 25 des vorliegenden Urteils ausgeführt – der für die Gewährung des verstärkten Schutzes vor Ausweisung gemäß Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 erforderliche Aufenthalt von zehn Jahren vom Zeitpunkt der Verfügung der Ausweisung dieser Person an zurückzurechnen ist, die Tatsache, dass die Berechnung nach dieser Bestimmung sich von derjenigen unterscheidet, die für die Zwecke der Gewährung des Daueraufenthaltsrechts vorgenommen wird, bedeutet, dass ein solcher Umstand bei der in der vorstehenden Randnummer erwähnten umfassenden Beurteilung berücksichtigt werden kann.“

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 17.06.2014 durchgehend in Haft.

Der für die Beurteilung des durchgehenden zehnjährigen Aufenthalts gemäß § 67 Abs. 1 FPg maßgebliche Zeitpunkt ist jener der Verfügung einer rechtskräftigen - und nicht schon der erstinstanzlichen - aufenthaltsbeendenden Maßnahme. Das Verwaltungsgericht hat generell die zum Zeitpunkt seiner Entscheidung bestehende Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen und dabei auch die absehbare weitere Entwicklung, insbesondere die voraussichtliche Dauer einer Freiheitsentziehung, zu berücksichtigen (vgl. VwGH 18.01.2021, Ra 2020/21/0511 mwN).

Zum Entscheidungszeitpunkt hat sich der Beschwerdeführer daher bereits sieben Jahre (von den zu verbüßenden zehn Jahren) in Haft befunden. Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes sind durch den bereits mehrjährigen Haftaufenthalt zum Zeitpunkt der Erlassung der Ausweisungsentscheidung, die der Verurteilung konkret zugrundeliegenden Straftaten und die – trotz langer Aufenthaltsdauer in Österreich – nicht erheblichen Integrationsverbindungen des Beschwerdeführers abgerissen.

Der verstärkte Schutz des § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG iVm Art. 28 Abs. 3 lit. a der Freizügigkeitsrichtlinie kommt ihm daher nicht zu.

Es ist daher zu prüfen, ob der Beschwerdeführer ein unionsrechtliches Daueraufenthaltsrecht gemäß § 53a NAG erworben hat.

Der Beschwerdeführer verfügte zwar ab 23.06.2010 über eine Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmer, ging aber nur von 21.07.2009-31.08.2009, 01.09.2009-31.12.2009, 15.01.2010-10.03.2010, 23.03.2010-27.03.2010 und 18.06.2010 bis 16.07.2010 einer sozialversicherten Erwerbstätigkeit nach. Im Übrigen bezog er von 01.10.2011 bis 31.03.2016 Sozialhilfeleistungen in Form der bedarfsorientierten Mindestsicherung.

Die Voraussetzungen des §§ 51 und 52 NAG lagen daher über einen (durchgehenden) Zeitraum von fünf Jahren nicht vor, sodass der Beschwerdeführer jedenfalls kein Daueraufenthaltsrecht gemäß § 53a NAG erworben hat.

Da vom Beschwerdeführer die Voraussetzungen eines (rechtmäßigen) Aufenthalts seit fünf bzw. zehn Jahren nicht in rechtlicher Hinsicht nicht erfüllt sind, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab gemäß § 67 Abs. 1 erster Satz FPG iVm mit den Abs. 2 und 3 leg. cit. zur Anwendung.

Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 22.8.2019, Ra 2019/21/0091 mwN).

Nun ist im Sinne des § 67 FPG das persönliche Verhalten des Betroffenen zu beurteilen und insbesondere auf die durch die konkreten Straftaten bewirkten Eingriffe in die öffentliche Ordnung, die genauen Tatumstände und Begleitumstände der Taten und auch sonstige Besonderheiten Bedacht zu nehmen. Es ist in weiterer Folge abzuwägen, ob das Allgemeininteresse an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes schwerer wiegt als andere relativierende Momente, wie etwa auch das Familien- und Privatleben des B

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten