TE OGH 2021/7/7 33R63/21h

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Veröffentlicht am 07.07.2021
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Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke „PLAIN“ über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 16.3.2021, AM 11198/2020-4, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung der Rechtsabteilung wird geändert und lautet:

«Die Wortmarke „PLAIN“ ist mit dem folgenden Schutzumfang in das Markenregister einzutragen:

36       Vermietung von Wohnungen; Vermietung von Appartements.

43       Zurverfügungstellen von Speisen und Getränken für Gäste im Restaurant; Verpflegung von Gästen in Restaurants; Verpflegung von Gästen in Cafés; Betrieb einer Bar; Cateringdienstleistungen; Verpflegung von Gästen in Restaurants mit Außer-Haus-Verkauf; Take-away-Verpflegungsdienste mit Speisen und Getränken; Beherbergung von Gästen; Vermietung von Unterkünften für Gäste; Vermietung von möblierten Unterkünften.»

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Begründung

Text

Der Antragsteller beantragte die Eintragung der Wortmarke „PLAIN“ in diesen Waren- und Dienstleistungsklassen und mit diesem Schutzumfang:

36       Vermietung von Wohnungen; Vermietung von Appartements.

43       Zurverfügungstellen von Speisen und Getränken für Gäste im Restaurant; Verpflegung von Gästen in Restaurants; Verpflegung von Gästen in Cafés; Betrieb einer Bar; Cateringdienstleistungen; Verpflegung von Gästen in Restaurants mit Außer-Haus-Verkauf; Take-away-Verpflegungsdienste mit Speisen und Getränken; Beherbergung von Gästen; Vermietung von Unterkünften für Gäste; Vermietung von möblierten Unterkünften.

Er brachte zusammengefasst vor, das Zeichen sei unterscheidungskräftig und nicht (ausschließlich) beschreibend. Die beteiligten Verkehrskreise würden es nicht mit dem englischen Wort „plain“ verbinden, weil ihnen dieses nicht geläufig sei. Im Übrigen habe „plain“ viele Bedeutungen (als Adjektiv zB „einfach“, „kundenfreundlich“, „unbürokratisch“, als Substantiv zB „Ebene“, „Flachland“). Das Zeichen rufe demnach beim Durchschnittsverbraucher keine eindeutige Vorstellung über die Art, Natur oder Beschaffenheit der damit bezeichneten Dienstleistungen hervor, ohne dass weitere Überlegungen erforderlich wären. Es beschreibe die Dienstleistungen nicht konkret und umfassend, sondern enthalte allenfalls Andeutungen. Es sei schon deshalb nicht beschreibend, weil die damit bezeichneten Dienstleistungen nicht einfach gehalten seien.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Patentamt den Antrag wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 4 Abs 1 Z 3 MSchG) ab. Mit der für das Patentamt typischen Verweisungstechnik auf die Amtsschreiben vom 1.10.2020 und 4.1.2021 verwies es begründend im Wesentlichen darauf, die beteiligten Verkehrskreise würden das Zeichen nur als Hinweis darauf sehen, dass die Inanspruchnahme der Dienstleistungen „Vermietung von Wohnungen“, „Vermietung von Appartements“, „Beherbergung von Gästen“, „Vermietung von Unterkünften für Gäste“ und „Vermietung von möblierten Unterkünften“ einfach sei (im Sinne von „kundenfreundlich“, „unbürokratisch“) und dass sich die übrigen Dienstleistungen auf einfache Speisen und Getränke beziehen würden. Der Durchschnittsverbraucher messe dem Zeichen die für die bezeichneten Dienstleistungen nächstliegende Bedeutung bei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Antragstellers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluss zu ändern und die Wortmarke in das Markenregister einzutragen; hilfsweise strebt er die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

1. Gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Fehlt nämlich die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (RS0132933; RS0118396 [T7]). Originär unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C-108/97, Chiemsee; C-104/00 P, Companyline; RS0118396). Ob ein Zeichen unterscheidungskräftig ist, ist anhand seines Gesamteindrucks zu beurteilen (RS0066749; Koppensteiner, Markenrecht4 82), und zwar für die konkreten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 4 Rz 53 ff). Maßgeblich ist die Auffassung der beteiligten Verkehrskreise im Inland (RS0079038), idR also der normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der jeweiligen Waren und Dienstleistungen (RS0114366 [T5]; Asperger, aaO Rz 64-65; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 73; Koppensteiner, aaO 83).

2. Bei Wortmarken bejaht die Rechtsprechung die Unterscheidungskraft nur bei frei erfundenen, keiner Sprache angehörenden Phantasiewörtern (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit den Waren oder Dienstleistungen, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die beteiligten Verkehrskreise die Wörter als Phantasiebezeichnungen auffassen (RS0066644).

3. Fremdsprachige Begriffe sind im Allgemeinen so zu behandeln wie deutschsprachige (Newerkla in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 4 Rz 224). Ob sie unterscheidungskräftig sind, hängt somit davon ab, ob sie im Prioritätszeitpunkt im Inland so weit bekannt waren, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05s, car care; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 17 Ob 21/07y, Anti-Aging-Küche; 4 Ob 11/14t, Expressglass). Das kann selbst dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache nicht gebräuchlich ist (4 Ob 277/04w, Powerfood; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 4 Ob 38/06a, Shopping City).

4. Vor diesem Hintergrund kommt das Rekursgericht zu einem anderen Ergebnis als die Rechtsabteilung: „Plain“ ist zwar der englischen Sprache entnommen und damit von vornherein kein Phantasiewort im engeren Sinn. Der Antragsteller weist aber zutreffend darauf hin, dass der englische Begriff „plain“ mehrdeutig ist: Er kann für ein Hauptwort oder für ein Eigenschaftswort stehen. Im ersten Fall wird er idR mit „Fläche“, „Ebene“ oder „Flachland“ übersetzt werden. Im zweiten Fall kommt zunächst die Übersetzung mit „flach“, „eben“ oder „platt“ in Betracht. Darüber hinaus hat der Begriff aber zahllose weitere Bedeutungen, die zB von „einfach“, „klar“, „offensichtlich“ oder „ehrlich“ über „schlicht“, „gewöhnlich“, „einfarbig“, „unbedruckt“ oder „ungemustert“ bis hin zu „blanko“ reichen. Dass „plain“ mit Bezug auf Speisen (auch) für „Hausmannskost“, „Zartbitter“ oder „gutbürgerliche Küche“ stehen kann, wird den beteiligten Verkehrskreisen - österreichischen Verbrauchern – überwiegend unbekannt sein. Der Aussagegehalt von „plain“ in Bezug auf die von der Anmeldung umfassten Dienstleistungen ist daher nicht eindeutig, sondern weist viele unterschiedliche Facetten auf. Das in Rede stehende Zeichen drückt für das Publikum keine sofort erschließbare Aussage über eine bestimmte Eigenschaft der Dienstleistungen aus. Die Ermittlung eines bestimmten Bedeutungsinhalts erfordert eine Auseinandersetzung mit der Frage, welche konkrete Übersetzung von „plain“ der Antragsteller vor Augen hat und inwiefern sich diese auf seine Dienstleistungen bezieht. Dabei ist es möglich, dass das Publikum nach einem Denkprozess zu jener Deutung gelangt, welche die Rechtsabteilung angenommen hat (im Wesentlichen: einfache Speisen und Getränke, einfach anzumietende Unterkünfte). Ebenso denkbar ist es, dass das Publikum das angemeldete Zeichen als Hinweis darauf versteht, dass die Speisen und Getränke aus „reinen“, also natürlichen Zutaten hergestellt werden und deshalb gesund sowie für eine bewusste Ernährung geeignet sind, oder dass das Dienstleistungsangebot des Antragstellers „auf das Wesentliche reduziert“ ist. In jedem Fall zeigt der Antragsteller letztlich zutreffend auf, dass sich ohne weiteren Denkprozess jedenfalls keine klare Vorstellung zu einem bestimmten Sinngehalt des Zeichens in Bezug auf die angemeldeten Dienstleistungen erschließen lässt. Insofern ist die Anmeldung mit jener der Wort-Bild-Marke DerStandard vergleichbar, deren Schutzfähigkeit der OGH jüngst unter Verweis auf die zahlreichen Bedeutungen des Worts „Standard“ im allgemeinen Sprachgebrauch und das Erfordernis eines Denkprozesses, um eine gedankliche Verbindung zu einem bestimmten Merkmal des Produkts herzustellen, bejaht hat (4 Ob 198/20a, DerStandard).

5. Zusammengefasst kann dem angemeldeten Zeichen daher in Bezug auf die von der Anmeldung umfassten Dienstleistungen der Phantasiecharakter im weiteren Sinn nicht abgesprochen werden. Die Entscheidung der Rechtsabteilung ist daher spruchgemäß zu ändern.

6. Grundsätzlich können Rekursentscheidungen im Verfahren außer Streitsachen nach Maßgabe des § 62 AußStrG mit Revisionsrekurs angefochten werden. Dessen ungeachtet wäre ein Rechtsmittel der allein hiezu legitimierten Antragstellerin zurückzuweisen, weil ihr Rekurs vollständig erfolgreich war und sie durch die Entscheidung des Rekursgerichts nicht beschwert ist (vgl RS0006880 uva). Der Revisionsrekurs ist daher jedenfalls unzulässig; ein Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands entfällt.

Schlagworte

Gewerblicher Rechtsschutz – Markenschutz; PLAIN,

Textnummer

EW0001116

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:2021:03300R00063.21H.0707.000

Im RIS seit

27.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.02.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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