TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/16 W171 2241151-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.04.2021
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Entscheidungsdatum

16.04.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §80

Spruch


W171 2241151-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl XXXX über die weitere Anhaltung des XXXX , alias XXXX , alias XXXX , geb. XXXX , alias XXXX , alias XXXX , alias XXXX , StA. Marokko, alias Syrien, alias Algerien in Schubhaft zu Recht:

A) Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

-        Der Beschwerdeführer (in Folge auch BF genannt) stellte am 31.10.2015 im Rahmen eines Aufgriffes durch Beamte einer LPD einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

-        Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge auch BFA genannt) vom 26.03.2016 wurde gegen ihn eine Entscheidung in I.Instanz rechtskräftig erlassen dergemäß der

o        Antrag auf internationalen Schutz vom 31.10.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen wurde,

o        gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG sein Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat Marokko abgewiesen wurde,

o        ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt wurde und gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. INr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen wurde und es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig sei,

o        und gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrug.

-        Der BF konnten seine freiwillige Ausreise innerhalb offener Frist gegenüber dem BFA nicht nachweisen.

-        Am 08.02.2017 stellte der BF in Dänemark einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesbezüglich stellten die dänischen Behörden am 03.03.2017 ein Rückübernahme- ersuchen entsprechend der Dublin III Verordnung.

-        Nur wenige Tage später, bereits am 15.02.2017, stellte er auch in Schweden einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz.

-        Der BF wurden daraufhin am 08.05.2018 gemäß Dublin III Verordnung am Luftweg von Schweden nach Österreich überstellt.

-        Der in Schweden gestellter Asylantrag galt somit als in Österreich eingebracht und wurde der BF am 11.05.2018 in eine Betreuungsstelle überstellt.

-        Am 04.06.2018 tauchte der BF unter.

-        Am 08.06.2018 wurde sein Asylverfahren gem. § 24 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 AsylG eingestellt.

-        Am 10.07.2018 langte beim BFA neuerlich ein Ersuchen aus Dänemark um Rückübernahme des BF gemäß Dublin III Verordnung ein.

-        Am 25.09.2018 langte beim BFA ein weiteres Rückübernahmeersuchen gemäß Dublin III Verordnung aus Schweden ein.

-        In Schweden wurde der BF straffällig und am 09.02.2018 wegen Diebstahles und Drogendelikten verurteilt. Weiters wurde der BF vom einem Strafgericht in Schweden am 07.09.2018 wegen eines Raubüberfalles zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Er wurde bis zum 27.02.2019 in Schweden in Strafhaft angehalten und anschließen nach Österreich überstellt.

-        Seit dem 16.11.2018 besteht gegen den BF ein bis zum 07.09.2023 gültiges schengenweites Einreise-/Aufenthaltsverbot, welches durch Schweden erlassen wurde.

-        Der Antrag auf internationalen Schutz vom 08.05.2018 wurde mit Bescheid des BFA, rechtskräftig in II. Instanz am 15.04.2019, wegen entschiedener Sache nach § 68 AVG zurückgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt , gemäß § 52 FPG Abs. 2 Z 2 und § 9 Abs 1-3 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung gem § 52 Abs. 9 und § 46 FPG nach Marokko zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde gem. § 55 FPG Abs 1a FPG versagt und gem. § 53 Abs 2 Z 6 FPG ein Einreiseverbot verhängt.

-        Der BF wurden am 06.07.2019 von Beamten einer Landespolizeidirektion wegen des dringenden Verdachtes der Übertretung nach dem Strafgesetzbuch festgenommen, am selben Tage in eine Justizanstalt eingeliefert. Es wurde die Untersuchungshaft verhängt.

-        Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 29.08.2019, wurde der BF wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahles nach §§ 127, 130 (1) 1. Fall StGB, der Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e (3) StGB, und der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 (1) StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr verurteilt. Das Urteil ist seit 29.08.2019 rechtskräftig.

-        In Haft befindlich wurde der BF am 17.06.2020 zur möglichen Schubhaftverhängung einvernommen und führte dort im Wesentlichen aus, er sei gesund und benötige keine Medikamente. Er habe einen Wohnsitz, habe aber die Adresse vergessen. Er habe bei seinem Cousin genächtigt, wisse aber die Anschrift nicht. In Österreich seien nur der Cousin und Bekannte ansässig. Er habe in Marokko an einer genannten Adresse gelebt.

-        Er wurde am 03.07.2020 aus der Justizanstalt entlassen, festgenommen und auf Grundlage des Bescheids des BFA vom 01.07.2020 gegen ihn die Schubhaft in Vollzug gesetzt.

-        Mit Urteil eines Bezirksgerichts vom 05.10.2020 wurden der BF wegen des Vergehens der Körperverletzung (Tat während der Strafhaft) zu einer Freiheitsstrafe von 2 (zwei) Monaten verurteilt.

-        Am 19.10.2020 wurde der BF schließlich aus der Schubhaft entlassen und trat seine Haftstrafe in einer Justizanstalt an.

-        Am 18.12.2020 wurde der BF im Beisein eines Dolmetschers erneut zur geplanten Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung einvernommen. Dabei führte er im Wesentlichen (verkürzt) wie folgt aus:

„[…]

LA: Werden Sie im gegenständlichen Verfahren vertreten?

VP: Ich bin mein eigener Anwalt.

LA: Fühlen Sie sich heute psychisch und physisch in der Lage, Angaben in diesem Verfahren zu machen?

VP: Ja. Die Haftentlassung und Verbringung nach Vordernberg war ein Schock.

LA: Sind Sie in ärztlicher Behandlung, nehmen Sie irgendwelche Medikamente?

VP: Schmerzmittel. Mir geht es gut.

LA: Haben Sie Beweismittel oder Dokumente mit, die Sie heute gerne vorlegen würden?

VP: Wenn die Polizei mich entlässt, dann kann ich Dokumente geben. Ich bin mit 14 Jahren bereits von zu Hause aus Algerien von XXXX weggereist.

LA: Haben Sie einen ordentlichen Wohnsitz außerhalb von Haftanstalten?

VP: Ja, in XXXX , bei meinem Freund, wie mein Bruder, namens XXXX , dem auch die Wohnung gehört. Habe dort ca. 2 Monate unangemeldet gewohnt.

Erwähnen möchte ich, dass ich Algerier bin und nicht Marokkaner.

LA: Über wie viel finanzielle Mittel verfügen Sie derzeit?

VP: € 25.- Mein Onkel aus Frankreich schickt alle 2 Wochen mir € 100.-. Eigentlich hasse ich ihn.

LA: Nennen Sie ihren richtigen Namen, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und die letzte Adresse im Heimatland!

VP: Mein Name ist XXXX , geb. XXXX in Algeria (Hauptstadt) geboren und wohnhaft in XXXX , XXXX (Platz) gewesen.

LA: Sie sind seit 15.04.2019 zur Ausreise verpflichtet, aufgrund der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung iVm. einem 2-jährigen Einreiseverbot. Warum sind Sie bis heute noch nicht ausgereist?

VP: Ich habe einen Fehler gemacht und war dann im Gefängnis. Ich will nur mehr freiwillig ausreisen, wenn mir das genehmigt wird und ich sage dann sofort meine Adresse. Ich gehe raus, ich will in Österreich bleiben. Jede Woche unterschreibe ich euch, wo ich bin. (Anmerkung: verwirrende Angaben)

LA: Haben Sie in Österreich familiäre, berufliche oder sonstige Bindungen?

VP: Soll ich euch die Wahrheit sagen, wollte es aber nicht sagen. Ich möchte nicht, dass es die anderen Leute da oben wissen. Ich habe einen Freund, der XXXX und ich bin schwul. Dieser wohnt in Wien, XXXX . Ich habe mit ihm gewohnt und ich bin schwul. Die Leute sollen es nicht wissen. Ich vermisse die Freiheit, ich kann arbeiten, gebt mir eine Chance.

LA: Wo lebt Ihre Kernfamilie?

VP: Ich habe keine Mutter, keinen Vater und bin im Heim aufgewachsen, nur meinen Onkel in Frankreich. Ich mag ihn nicht,weil er arrogant ist. Österreich ist mein Land, hab neue Freunde, die keine Kriminelle sind.

LA: Sind Sie in Ihrem Heimatland bereits straffällig und verurteilt worden?

VP: Nein. Ich war 14 Jahre, was soll ich da gemacht haben.

LA: Sind Sie in einem anderen Land bereits straffällig und verurteilt worden?

VP: In Schweden einen Diebstahl, habe ihn aber nicht gemacht. Verurteilung 6 Monate.

LA: Sie sind zur sofortigen Ausreise verpflichtet. Haben Sie bereits Schritte für Ihre Ausreise unternommen (Flugbuchung, Kontaktaufnahme mit Rückkehrberater oder Botschaft etc…)? Legen Sie Nachweise vor!

VP: Gebt mir wieder eine Chance. Ich war bei der Diakonie, den Zettel habe ich verloren. Die haben mir eine Adresse gegeben, ich denke XXXX .

LA: Würden Sie freiwillig in Ihr Heimatland ausreisen?

VP: Nein, mein Heimatland auf keinen Fall. Algerien ist ein Land von Terrorismus, die würden mich umbringen. Ausreisen und in irgendein anderes Land einreisen, z.B. Italien, da hab ich soviel Freunde. Oder auch Spanien, dort bin ich als erster eingereist. Ich bin mit allem einverstanden, was Sie sagen. Ich bin bereit.

[…]“

Am 18.12.2020 wurde der gegenständliche Schubhaftbescheid zu Sicherung der Abschiebung erlassen und ausgeführt, der BF habe durch sein Vorverhalten die Tatbestandsmerkmale des § 76 Abs. 3 Zi. 1,3 u. 9 FPG erfüllt und sei daher von Fluchtgefahr auszugehen. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit habe ergeben, dass die privaten Interessen der Schonung der persönlichen Freiheit des BF dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen habe. Ein gelinderes Mittel sei nach Sicht der Behörde nicht als ausreichende Sicherung anzusehen, um von einer gesicherten Rückführung des BF in seinen Herkunftsstaat ausgehen zu können. Die gegenständliche Schubhaft sei daher notwendig und rechtmäßig.

Mit Verbalnote der Marokkanischen Botschaft vom 15.01.2021 wurde die Staatsangehörigkeit des BF bestätigt und eine Einreisegenehmigung für den BF in XXXX per 18.01.2021 angefordert.

Am 07.04.2021 legte das BFA den gesamten Verfahrensakt dem BVwG zur Entscheidung nach § 22a Abs. 4 BFA-VG hinsichtlich der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer über die gesetzliche Dauer von vier Monaten dauernden Schubhaftfortführung vor. Mit gleichzeitig überreichter Stellungnahme wurde näher ausgeführt, dass im vorliegenden Fall weiterhin die im Bescheid vom 18.12.2020 angeführten Gründe für die Annahme von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit und die Notwendigkeit der Schubhaft vorlägen und weiterhin Haftfähigkeit des BF bestehe. Ein Heimreisezertifikat sei bereits beantragt, doch würden aktuell aufgrund der COVID – Situation nur freiwillige Heimreisen akzeptiert. Das BFA gehe jedoch davon aus, dass sich die Situation in Marokko stabilisiere und Abschiebungen ehestmöglich wieder durchgeführt werden können. Der BF sei bisher in Österreich für die Behörde nicht immer greifbar und straffällig gewesen, habe gegen ein gelinderes Mittel verstoßen und bestehe bereits eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung für seine Person. Er sei nicht rückkehrwillig und habe keine ausreichenden Barmittel zur Verfügung.

Mit Schreiben des Gerichts vom 08.04.2021 wurde dem BF das Vorlageschreiben des BFA vom 07.04.2021 zur allfälligen Stellungnahme binnen kurzer Frist übermittelt. Eine Stellungnahme des BF hiezu erfolgte jedoch nicht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Allgemein:

1.1. Der Beschwerdeführer ist marokkanischer Staatsangehöriger und befindet sich seit 18.12.2020 in Schubhaft. Die gesetzliche Viermonatsfrist läuft am 18.04.2021 ab. Eine gerichtliche Entscheidung über die Weiterführung der Schubhaft hat bis zum 19.04.2021 zu ergehen.

1.2. Der gegenständliche Schubhaftbescheid ist nicht in Beschwerde gezogen worden. Eine Änderung der Umstände für die seinerzeitige Verhängung der Schubhaft hat sich im Verfahren nicht ergeben.

1.3. Ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer liegt aktuell noch nicht vor. Eine Einreisegenehmigung wurde durch die Botschaft jedoch bereits angefordert.

1.4. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft sind zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nach wie vorgegeben.

Gesundheitszustand:

2.1. Der BF leidet an keinen unverhältnismäßigen, die Schubhaft unzulässig machenden gesundheitlichen Beschwerden und ist haftfähig.

Effektuierbarkeit der Außerlandesbringung (Prognose):

3.1. Zum Zeitpunkt der Entscheidung ist davon auszugehen, dass für den BF im Zuge der nächsten Wochen ein Heimreisezertifikat ausgestellt wird und er danach in seinen Herkunftsstaat abgeschoben werden kann.

Sozialer/familiärer Aspekt:

4.1. Der BF verfügt über keinerlei familiäre oder andere nennenswerte soziale Kontakte in Österreich, hat keinen Wohnsitz und ist in keiner Weise selbsterhaltungsfähig.

Öffentliche Interessen:

5.1. Der BF ist illegal ins Land gekommen, hat insgesamt zwei Anträge auf internationalen Schutz gestellt, hat jedoch den negativen Abschluss seines ersten Asylverfahrens gar nicht abgewartet, sondern hat seinen illegalen Aufenthalt durch Untertauchen erfolgreich prolongiert. Darüber hinaus ist er höchst mobil und musste bereits zwei Mal aus Schweden nach Österreich rücküberstellt werden. Er konnte bisher nicht in seinen nunmehr feststehenden Herkunftsstaat zurückgebracht werden.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.: Die Angaben über den Verfahrensgang und die hiezu ergangenen Feststellungen beziehen sich auf die Angaben im vorliegenden Akt. Die Feststellung zur Staatsangehörigkeit des BF ergibt sich aus der im Jänner 2021 mitgeteilten Identifizierung durch die marokkanischen Behörden. Unter Heranziehung der Bestimmungen zur Fristenberechnung gemäß § 32 AVG ergibt sich, dass der Ablauf der Viermonatsfrist auf den 18.04.2021 fällt. Die gerichtliche Entscheidungsfrist endet somit einen Tag danach.

Zu. 1.2.: Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass der seinerzeitige Schubhaftbescheid nicht in Beschwerde gezogen wurde. Ebenso konnte aufgrund der Aktenlage festgestellt werden, dass sich die wesentlichen Umstände im Rahmen der Schubhaft seit der seinerzeitigen Verhängung nicht verändert haben. Die formalen Voraussetzungen für die laufende Schubhaft sind daher unverändert gegeben.

Zu 1.3.: Ebenso aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass noch kein Heimreisezertifikat vorliegt. Es sind keine Gründe hervorgekommen, die die Annahme begründen würden, dass für den BF kein Heimreisezertifikat ausgestellt werden könnte, zumal die Marokkanische Botschaft bereits eine Einreisegenehmigung für den BF angefordert hat (siehe hiezu Mail vom 20.01.2021, AS 49, DEF-Akt). Nach den Informationen des Gerichts werden derzeit seitens Marokko lediglich freiwillige Rückkehrer übernommen, Heimreisezertifikate jedoch (auch ohne Interviews) prinzipiell ausgestellt. Das Gericht schließt sich diesbezüglich der behördlichen Einschätzung an, dass aus derzeitiger Sicht von einer Besserung der pandemischen Situation auszugehen ist und ein Erhalt eines Heimreisezertifikates in den kommenden Wochen vertretbar angenommen werden kann. Auch ist davon auszugehen, dass es in diesem Zusammenhang bis zum Vorliegen eines Heimreisezertifikates ebenso zu einer Akzeptanz von Abschiebung nach Marokko kommen könnte, da von einer Stabilisierung der pandemischen Situation auszugehen ist.

Zu 1.4.: Aus einer Überprüfung der formalen Grundlagen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft ergibt sich, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die durchsetzbare Rückkehrentscheidung, welche seinerzeit die rechtliche Grundlage für die Erlassung des Schubhaftbescheides darstellte, nach wie vor Durchsetzbarkeit hat.

Zu 2.1.: Aus dem Akt ergibt sich keinerlei Anhaltspunkt für eine Erkrankung des BF. Aus der Anhaltedatei sind keine wesentlichen Beschwerden und ärztlichen Behandlungen ersichtlich. Das Gericht geht daher in weiterer Folge davon aus, dass für eine Haftunfähigkeit oder eine Unverhältnismäßigkeit der Haft aufgrund gesundheitlicher Aspekte keine Anhaltspunkte gegeben sind.
Zu 3.1.: Im gerichtlichen Verfahren sind keine Anhaltspunkte dafür ans Tageslicht gekommen, dass es für den BF nicht möglich wäre, zeitnah, zumindest aber innerhalb der dafür gesetzlich vorgesehenen zeitlichen Grenzen auch tatsächlich in sein Heimatland verbracht zu werden.

Zu 4.1.: Die Feststellungen zu 4.1. ergeben sich im Wesentlichen aus den bisher unwidersprochen gebliebenen Angaben im Asylbescheid und im Schubhaftbescheid. Bereits im abgeschlossenen Asylverfahren wurde festgehalten, dass der BF in Österreich keine nahen Verwandten (Kernfamilie) hat. Eine enge Bindung zu seinem Cousin hat das Verfahren vor der Behörde nicht ergeben. Es bestehen daher keine beachtlichen familiären Anknüpfungspunkte des BF in Österreich. Weder das Asylverfahren, noch das behördliche Schubhaftverfahren hat jedenfalls Anhaltspunkte dafür ans Tageslicht gebracht, dass der BF im Inland tatsächlich über sonstige nennenswerte soziale Anknüpfungspunkte verfügen würde, die ihn von einem neuerlichen Untertauchen in die Anonymität, bzw. von einer Weiterreise in ein anderes Land abhalten könnten. Ein aufrechter Wohnsitz war bisher im Wesentlichen nur in Flüchtlingsbetreuungseinrichtungen bzw. im Zuge von Haftaufenthalten gegeben und verfügt der BF nunmehr über gar keine Barmittel, sodass auch nicht davon ausgegangen werden konnte, dass der BF sich eine Unterkunft etwa mieten könnte. Selbst die in der Einvernahme vom 18.12.2020 genannte Wohnmöglichkeit bei einem Freund kann, bei Wahrheitsunterstellung, das Kriterium eines gesicherten Wohnsitzes nicht erfüllen, da der BF dort in der Vergangenheit nicht gemeldet war und auch sonst keinerlei Recht zur Wohnungsnahme bescheinigen konnte.

Zu 5.1.: Die der Schubhaft zugrundeliegende Rückkehrentscheidung ist durchsetzbar. Der BF befindet sich illegal in Österreich. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Akt, dass sich der BF in keiner Weise kooperativ oder aber rückkehrwillig gezeigt hat. Im Sinne der Bestrebung der Republik Österreich ein geordnetes Fremden- und Asylwesen zu haben, kommt daher dem öffentlichen Interesse im konkreten Fall ein merkbar höherer Stellenwert, als den persönlichen Interessen des BF auf Freiheit, zu. Zur Vermeidung einer neuerlichen Weiterreise etwa nach Dänemark oder Schweden (wie bereits zwei Mal zuvor) und einer darauffolgenden Rücküberstellung des BF nach Österreich sieht daher das Gericht das öffentliche Interesse an einer gesicherten Außerlandesbringung des BF weiterhin als unverändert hoch an und ist die Fortsetzung der Schubhaft daher auch weiterhin verhältnismäßig.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A.:

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Die Grundlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist im BFA-VG iVm. § 80 FPG lautet:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

3.1.2. Zur Judikatur:

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 PersFrSchG 1988 hinzuweisen, aus dem sich das für alle Freiheitsentziehungen geltende Gebot der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ergibt, deren Prüfung im Einzelfall eine entsprechende Interessenabwägung verlangt. Für die Schubhaft ergibt sich das im Übrigen auch noch aus der Wendung "... wenn dies notwendig ist, um ..." in Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrSchG 1988. Dementsprechend hat der VfGH - nachdem er bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, die Verpflichtung der Behörden betont hatte, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist - in seinem Erkenntnis vom 15.06.2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Der VwGH hat dazu beginnend mit dem Erkenntnis vom 30.08.2007, 2007/21/0043, mehrfach festgehalten, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein dürfe.“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008)

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann. (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).

3.1.3. Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere Anhaltung über die gesetzlich vorgesehene Viermonatsfrist hinaus, weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse zeigt sich, dass keinerlei derartige Faktoren vorliegen. Darüber hinaus hat das Ermittlungsverfahren ergeben, dass der BF nicht selbsterhaltungsfähig und mehrfach straffällig geworden ist. Im Zuge der durchzuführenden Abwägung bleibt daher festzuhalten, dass berücksichtigungswürdige soziale Bindungen in Österreich bisher gar nicht entstanden sind und Selbsterhaltungsfähigkeit nicht gegeben war.

Das Verfahren hat in keiner Weise ergeben, dass der BF aufgrund seiner gesundheitlichen Situation durch die Inhaftierung einer unzumutbaren (unverhältnismäßigen) Belastung ausgesetzt ist, zumal er auch diesbezüglich bei Bedarf einer medizinischen Kontrolle unterzogen wird.

Aufgrund der dem Gericht vorliegenden Informationen aus dem Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl lässt sich aus derzeitiger Sicht erkennen, dass von deren Seiten eine zügige Erlangung eines Heimreisezertifikates und eine anschließende zeitnahe Außerlandesbringung betrieben wird. Das Gericht geht daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung davon aus, dass eine Außerlandesbringung des BF nach heutigem Wissensstand durchaus möglich, und auch im Laufe der kommenden Monate trotz der coronabedingten Einschränkungen realistisch erscheint. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ist jedenfalls gewährleistet, dass eine allfällige weitere wesentliche Verlängerung der Schubhaft einer neuerlichen gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen sein wird. Dabei wird abermals eine Prognoseentscheidung hinsichtlich einer zeitnahen Effektuierung der Außerlandesbringung des BF durchzuführen sein. Das Gericht kommt daher zu dem Schluss, dass eine Fortsetzung der Schubhaft durch Überschreitung der Viermonatsfrist des § 22a Abs. 4 BFA-VG weiterhin verhältnismäßig und notwendig ist. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung auch die Voraussetzungen für eine nunmehr über die Viermonatsfrist hinausgehende Schubhaft weiter vorliegen.

Zu Spruchpunkt B. – Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt A. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Heimreisezertifikat Identität öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Staatsangehörigkeit Straffälligkeit Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W171.2241151.1.00

Im RIS seit

30.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

30.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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