TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/8 L517 2240399-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.04.2021
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Entscheidungsdatum

08.04.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
Dublin III-VO Art28 Abs1
Dublin III-VO Art28 Abs2
FPG §76
FPG §76 Abs2
FPG §76 Abs2a
FPG §76 Abs3
VwG-AufwErsV §1
VwGVG §35
VwGVG §35 Abs3

Spruch


L517 2240399-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. XXXX , vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.03.2021, zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG idgF iVm Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-VO iVm § 76 ff FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG idgF iVm. § 76 Abs. 2 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 FPG idgF iVm § 76 Abs. 2a FPG idgF wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

IV. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG iVm VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013, hat der Beschwerdeführer dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 887,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

V. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz der Aufwendungen wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang

August 2020 bis Jänner 2021 – Ausreise der beschwerdeführenden Partei (in Folge „bP“ bzw. „BF“) aus XXXX , über Irak, Iran, Türkei, Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Österreich (Illegale Einreise in das österreichische Staatsgebiet zu einem unbestimmten Zeitpunkt) nach Deutschland

09.03.2021 – Versuch der illegalen Weiterreise in das deutsche Bundesgebiet; Zurückschiebung durch die deutschen Behörden nach Österreich

09.03.2021 – 13 Uhr Festnahme durch Organe der PI Schärding nach versuchter illegaler Ausreise nach Deutschland und Rückschiebung

09.03.2021 – 13.00 Uhr: Antrag auf Internationalen Schutz-PI Schärding

09.03.2021 – 17:21 Eurodac-Ablgeich mit Eurodac-Treffer

09.03.2021—Erstbefragung Asyl (18 Uhr bis 18.35)

09.03.2021— 18:56 Erlassung des Festnahmeauftrages durch bB

09.03.2021 – 18:59: Verständigung der BBU

09.03.2021 – 21.50 amtsärztliche Untersuchung auf Haftfähigkeit – Haftfähigkeit gegeben

XXXX – 9:05 Uhr: Schubhaftbescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion XXXX (in der Folge belangte Behörde bzw. „bB") gem. Art 28 Abs.1 und Abs.2 Dublin –Verordnung iVm §76 Abs.2 Z3 FPG iVm §57 Abs.1 AVG

XXXX –Rechtsberater gem. § 52 BFA-VG zur Seite gestellt

12.03.2021—16:11 Uhr Beschwerdeeingang beim BVwG mittels ERV

15.03.2021 – Zuteilung der Beschwerde an die GA L 517

15.03.2021—Beschwerdevorlage und Stellungnahme der bB

16.03.2021 – Übermittlung der Stellungnahme der bB an die bP

17.03.2021 – 09.00 Uhr: Durchführung der mündlichen Verhandlung

31.03.2021 – Antrag der bP auf schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses

II.      Sachverhalt

Die bP reiste zu einem unbestimmten Zeitpunkt illegal in das österreichische Staatsgebiet ein.

Laut den Angaben der bP bei der Erstbefragung vom 09.03.2021 reiste diese im August 2020 von XXXX ausgehend über den Irak, Iran, Türkei nach Bulgarien

In Bulgarien stellte sie am 21.01.2021 einen Asylantrag.

Ohne das Verfahren der bulgarischen Behörden abzuwarten reiste die bP in der Folge nach Rumänien, wo sie wiederum am 02.03.2021 einen Asylantrag stellte.

In der Folge begab sich die bP, ohne das Asylverfahren in Rumänien abzuwarten, mittels Schlepper über Ungarn, Österreich zur deutschen Grenze, wo sie von den deutschen Behörden am 09.03.2021 um 03:47 Uhr von den deutschen Behörden aufgegriffen wurde. Im Anschluss wurde die bP von den deutschen Behörden nach Österreich zurückgeschoben, wo von den Organen der PI Schärding um 13.00 Uhr die Festnahme nach FPG ausgesprochen wurde.

Im Anschluss die bP einen Antrag auf Internationalen Schutz

Am selben Tag, dem 09.03.2021 wurde die Erstbefragung und erkennungsdienstliche Behandlung auf der PI Wels, Fremdenpolizei durchgeführt.

Eine erkennungsdienstliche Behandlung ergab einen Eurodac-Treffer der Kategorie 1 in Bulgarien vom 21.01.2021 und einen Eurodac-Treffer der Kategorie 1 in Rumänien vom 02.03.2021.

Die bP wurde am 09.03.2021 um 18.56 Uhr mittels Festnahmeauftrag der bB festgenommen und die Rechtsberatung um 18.59 Uhr darüber informiert.

Am selben Tag um 21.50 wurde eine amtsärztliche Untersuchung auf Haftfähigkeit durchgeführt und die Haftfähigkeit durch den diensthabenden Polizeiarzt attestiert.

Am XXXX wurde der Schubhaftbescheid der bB gem. Art 28 Abs.1 und Abs.2 Dublin –Verordnung iVm §76 Abs.2 Z3 FPG iVm §57 Abs.1 AVG erlassen. Der Bescheid wurde am XXXX um 9:05 Uhr von der bP übernommen.

Dieser lautet:

„Mandatsbescheid

Spruch

I.       Gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG wird über Sie die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Überstellungsverfahrens angeordnet.

Begründung

A)       Verfahrensgang

?        Sie reisten zu einem unbestimmten Zeitpunkt illegal in das österreichische Staatsgebiet ein.

?        Am 09.03.2021 versuchten Sie, illegal weiter in das deutsche Bundesgebiet einzureisen und wurden im Anschluss durch die deutschen Behörden nach Österreich zurückgeschoben.

?        Nach erfolgter Rückübernahme stellten Sie am 09.03.2021 auf der PI Schärding einen Antrag auf Internationalen Schutz.

?        Am 09.03.2021 wurde die Erstbefragung und erkennungsdienstliche Behandlung auf der PI Wels Fremdenpolizei durchgeführt.

?        Eine erkennungsdienstliche Behandlung ergab einen Eurodac-Treffer der Kategorie 1 in Bulgarien vom 21.01.2021 und einen Eurodac-Treffer der Kategorie 1 in Rumänien vom 02.03.2021 und ist momentan von einer Zuständigkeit Bulgariens für Ihren Asylantrag auszugehen.

?        Wegen des Vorliegens der Voraussetzungen für Sicherungsmaßnahmen wurden Sie am 09.03.2021 um 18:56 festgenommen und die Rechtsberatung darüber informiert.

?        Auf Basis des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens, der vorliegenden Beweismittel und der Erstbefragung wurde eine erhebliche Fluchtgefahr festgestellt und über Sie mit diesem Bescheid die Schubhaft zur Sicherung des Überstellungsverfahrens verhängt.

?        Mit heutigem Tag wurde Ihnen ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

B)       Beweismittel

Es wurden alle in Ihrem Akt Zl. IFA 1275611607 befindlichen Beweismittel herangezogen und gewürdigt, im Besonderen Ihre Erstbefragung vom 09.03.2021 und das Ergebnis des Eurodacabgleichs.

C)       Feststellungen

Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:

Zu Ihrer Person:

Sie sind nicht österreichischer Staatsbürger.

Sie haben einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Sie leiden an keiner lebensbedrohlichen oder ernsten Erkrankung.

Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Sie stellten in Österreich einen Asylantrag und unterliegen einem Verfahren nach der Dublin Verordnung. Es wird ein Konsultationsverfahren nach der Dublin-Verordnung mit Bulgarien eingeleitet und ist aufgrund der Befragung und des Eurodactreffers von einer Zuständigkeit dieses Staates auszugehen.

Eine durchführbare Entscheidung liegt noch nicht vor.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

?        Sie sind nach Österreich illegal eingereist.

?        Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen.

?        Sie missachteten die Rechtsordnung der Mitgliedstaaten, indem Sie sich Ihrem Asylverfahren in Bulgarien entzogen und im Schengenraum weiterreisten, einen weiteren Asylantrag in Rumänien stellten und auch dort das Verfahren nicht abwarteten. Stattdessen reisten Sie weiter durch den Schengenraum und wurden nach illegaler, versuchter Weiterreise nach Deutschland von den dortigen Behörden zurückgewiesen und stellten einen weiteren Asylantrag im Bundesgebiet.

?        Sie versuchten, illegal nach Deutschland einzureisen, verließen den Staat, der für Ihr Asylverfahren zuständig ist und durchquerten weitere Mitgliedsstaaten.

?        Sie zeigen sich hinsichtlich einer Außerlandesbringung nach Bulgarien oder Rumänien unwillig.

?        Sie wollen nach wie vor nach Deutschland weiterreisen.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert.

D)       Beweiswürdigung

Die von der Behörde getroffenen Feststellungen resultieren aus dem Inhalt Ihres BFA-Aktes Zl. IFA 1275611607, im Besonderen der Erstbefragung vom 09.03.2021

E)       Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 76 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 3 FPG können Fremde festgenommen oder angehalten werden (Schubhaft), sofern die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-Verordnung) vorliegen.

Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen, dieser ist gem. § 57 AVG zu erlassen. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gem. § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Wird gemäß § 76 Abs. 5 FPG eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

Gemäß Art. 28 Dublin-Verordnung dürfen die Mitgliedstaaten zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, die Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger, als bei angemessener Handlungsweise notwendig, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird. Die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs darf, wenn die zu überstellende Person in Haft ist, einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Verfahren zur Überstellung führt, ersucht in diesen Fällen um eine dringliche Antwort, die spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs erfolgen muss. Die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt, sobald diese praktisch durchführbar ist, spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung mehr hat. Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb der Sechswochenfrist statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten.

Zur Fluchtgefahr definiert Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein zu überstellender Fremder dem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.

Diese Kriterien sind im nationalen Recht zu regeln, was in § 76 Abs. 3 FPG erfolgt ist.

Für die Anordnung der Schubhaft muss neben der Fluchtgefahr auch Verhältnismäßigkeit vorliegen.

Die Schubhaft dient der Sicherung des angeführten Verfahrens bzw. der Sicherung der Abschiebung. Zur Prüfung der Fluchtgefahr ist auf alle Umstände des konkreten Falles Bedacht zu nehmen, um die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig anzusehen. Dabei kommt insbesondere auch dem bisherigen Verhalten des Fremden Bedeutung zu (VwGH 27.2.2007, 2006/21/0311). Von einer Anordnung der Schubhaft ist Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist. So ist eine verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen (VfGH 24.6.2006, B362/06). In diesem Zusammenhang sind die Kriterien gem. § 76 Abs. 3 FPG zu beachten.

Dabei ist insbesondere zu berücksichtigten,

1.       ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a.      ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2.       ob der Fremde entgegen eines aufrechten Einreiseverbots, eines aufrechten Aufenthaltsverbots oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3.       ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4.       ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5.       ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6.       ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a)       der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b)       der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c)       es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7.       ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8.       ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen zur Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9.       der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung insbesondere auch ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an der baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit überwiegt.

Entsprechend Ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:

Gem. § 76 Abs. 3 FPG Ziffer 1 liegt erhebliche Fluchtgefahr vor, da ob Ihrer in der Erstbefragung getätigten Aussagen, nicht in dem für Ihr Asylverfahren zuständigen Mitgliedsland bleiben zu wollen, bzw. nicht dorthin zurück zu wollen und Ihrer Aussage in der Erstbefragung, dass nach wie vor Deutschland Ihr Zielland ist(Ihr Bruder lebt dort), davon auszugehen ist, dass Sie die Außerlandesbringung umgehen werden und sich auch dem Verfahren in Österreich entziehen werden. Überdies ist anzuführen, dass Sie nicht selbstständig auf eine Polizeiinspektion kamen, um den Asylantrag zu stellen, sondern dies erst nach misslungener Einreise und Rücküberstellung aus Deutschland machten und das von Ihnen in der Erstbefragung genannte Ziel eigentlich Deutschland gewesen wäre.

Gem. § 76 Abs. 3 FPG Ziffer 6 liegt erhebliche Fluchtgefahr vor, da aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat(Bulgarien) nach der Dublin-Verordnung zuständig ist. Weiter stellt Ihre versuchte Einreise nach Deutschland und Ihre Angaben in der Erstbefragung unter Beweis, dass Sie in einen dritten Mitgliedstaat reisen wollten und nach wie vor wollen und reisten Sie auch in der Vergangenheit bereits nach Asylantragstellung in Bulgarien nach Rumänien weiter, um dort neuerlich einen Asylantrag zu stellen. (b)

Gem. § 76 Abs. 3 FPG Ziffer 9 liegt Fluchtgefahr vor, da Sie über keinerlei Bindungen und soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügen.

Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig.

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio – Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.

Dies, da Sie einerseits weder in Bulgarien, noch Rumänien bleiben wollten und nicht in den zuständigen Mitgliedsstaat zurückkehren wollen, andererseits bereits versuchten, illegal nach Deutschland einzureisen und in der Erstbefragung angaben, dass Deutschland weiterhin Ihr Zielland wäre und Sie überdies den Asylantrag in Österreich nicht durch aktive Kontaktaufnahme mit den Behörden, sondern erst nach erfolgter Rücküberstellung aus Deutschland stellten, weiter Sie bereits in zwei Mitgliedsstaaten sich durch Weiterreise dem Asylverfahren entzogen haben und somit eine erhebliche Fluchtgefahr festgestellt werden muss, die in Kombination mit den fehlenden sozialen und privaten Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet eine Meldeverpflichtung oder Unterkunftnahme als nicht ausreichend erscheinen lässt.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima – ratio – Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

Es ist weiter aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind, wenn Sie in der Erstbefragung angeben, sich gesund zu fühlen und dies vom Amtsarzt in weiterer Folge noch bestätigt werden wird.

Ein Konsultationsverfahren wird eingeleitet und wird Ihre Anhaltung so kurz als möglich gehalten werden.

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist.“

Am XXXX wurde der bP ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

Mit Schreiben vom 11.03.2021 erhob die bP Beschwerde, vertreten durch die BBU. Diese langte am 12.03.2021 um 16.11 Uhr per ERV beim BVwG ein.

Diese lautet:

„ I. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde

Der angefochtene Schubhaftbescheid wurde dem BF frühestens am XXXX ausgefolgt. Daher ergeht die Beschwerde binnen offener Frist. Die Erhebung der gegenständlichen Beschwerde erfolgt zudem jedenfalls binnen offener Frist, zumal sich der BF nach wie vor in Schubhaft befindet.

II.      Zur Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Anordnung der Schubhaft und weiteren Anhaltung in Schubhaft

1. Sachverhalt (Kurzdarstellung)

Der BF wurde am 09.03.2021 bei dem Versuch nach Deutschland einzureisen aufgegriffen und den österreichischen Behörden übergeben. In der Folge stellte der BF am 9.3.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich und wurde erstbefragt.

Da der BF Eurodac Treffer in Bulgarien und Rumänien aufweist, geht das BFA von einer Zuständigkeit Bulgariens für das Asylverfahren aus. Diesbezüglich liegt aber noch keine Entscheidung des BFA vor, sondern befindet sich der BF im laufenden Zulassungsverfahren.

Der BF musste Bulgarien und Rumänien aufgrund der katastrophalen Zustände, die er dort als Asylwerber erlebte, verlassen und will auf keinen Fall dorthin zurück.

In Österreich hat der BF einen Cousin namens XXXX (phonetisch), der Asylberechtigter ist und in Wien wohnt und mit welchem der BF in regelmäßigen Kontakt steht. Darüber hinaus lebt der Bruder XXXX (phonetisch) in Deutschland.

Mit Mandatsbescheid vom XXXX wurde gegen den BF Schubhaft gem Art. 28 Abs 1 und 2 Dublin-Verordnung iVm § 76 Abs 2 Z 3 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG zum Zwecke der Sicherung des Überstellungsverfahren angeordnet. Die Schubhaft ist jedoch rechtswidrig, weil keine Fluchtgefahr vorliegt, da der BF den Ausgang seines Asylverfahrens in Österreich abwarten möchte, und gelindere Mittel nicht nachvollziehbar begründet wurden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde.

2.       Erhebliche Fluchtgefahr liegt nicht vor

Da im vorliegenden Fall die Schubhaft nach der Dublin III-VO verhängt wurde, sind zur Beurteilung des Sachverhaltes die in Art 28 der Dublin III-VO festgelegten Kriterien

heranzuziehen. Auch im Fall, dass die nunmehrige innerstaatliche Rechtslage den

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Anforderungen des Unionsrechtes entsprechen sollte, darf gem Art 28 Abs 2 leg cit eine Person nur nach Durchführung einer Einzelfallprüfung in Haft genommen werden und nur im Falle dass die Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Aus dem Wortlaut der Dublin III-VO lässt sich zweifelsfrei ableiten, dass die Verhängung der Schubhaft im Anwendungsbereich der Verordnung grundsätzlich die Ausnahme sein soll. Es ist daher im jeweiligen Einzelfall erforderlich, dass das Vorliegen einer solchen Ausnahmesituation konkret und schlüssig begründet wird (vgl zb BVwG 06.07.2015, W137 2109510-1, BVwG 07.09.2015, VV154 2113394-1, BVwG 26.07.2016, W236 2130533-1). Auch in Konstellationen, wo bereits ein durchsetzbarer Bescheid besteht und somit die Gefahr des Untertauchens näherliegt als am Beginn des Verfahrens, bedarf es besonderer Hinweise, die ein derartiges Verhalten nahelegen würden, es bedarf auch einer Berücksichtigung des Vorverhaltens des Fremden (vgl VwGH 20.02.2014, 2013/21/0178).

Begründend für die erhebliche Fluchtgefahr führte die belangte Behörde aus, dass der BF sich seinem Asylverfahren in Bulgarien und Rumänien zu entziehen versucht hätte, indem er im Schengenraum weitergereist sei, und zudem bei der Erstbefragung angegeben hätte, dass Deutschland sein Zielland sei, weil dort sein Bruder lebe und deshalb davon auszugehen sei, dass sich der BF auch dem Verfahren in Österreich entziehen werde. Zudem verfüge der BF über keine sozialen Anknüpfungspunkte in Österreich.

Damit, warum die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung erforderlich sei, setzt sich das Bundesamt nicht ausreichend auseinander.

Zutreffend ist, dass der BF unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist ist und bereits in Bulgarien und Rumänien ein Asylverfahren eingeleitet wurde. Jedoch konnte der BF aufgrund der katastrophalen Zustände für Asylwerber in Bulgarien und Rumänien nicht dortbleiben. Er möchte auf keinen Fall nach Bulgarien oder Rumänien zurück, da er dort viel Schlimmes erlebt hat. Wenn die Behörde davon ausgeht, dass er sich auch dem Verfahren in Österreich entziehen werde, geht sie insoweit fehl, da er nur den unmenschlichen Zuständen für Asylwerbende in Bulgarien und Rumänien entkommen wollte und solche in Österreich nicht vorliegen. Es ist zwar richtig, dass das ursprüngliche Zielland des BF Deutschland gewesen ist, doch hat er nun einen Asylantrag in Österreich gestellt und will deshalb den Ausgang des Asylverfahrens jedenfalls in Österreich abwarten. Somit liegt hinsichtlich des BF keine Fluchtgefahr vor.

Wenn das BFA zudem anführt der BF habe keine sozialen Bindungen in Österreich, so ist anzuführen, dass dies unrichtig ist, da der BF einen Cousin in Österreich hat, mit welchem er auch in regelmäßigen Kontakt steht.

An die unrechtmäßige Einreise kann deswegen nicht als einziges Kriterium angeknüpft werden, da ansonsten ohne Prüfung der Fluchtgefahr über alle unrechtmäßigen eingereisten Personen die Schubhaft verhängt werden müsste und somit eine Einzelfallprüfung entfallen würde. Eine Einzelfallprüfung wurde ohnehin nicht durchgeführt, da sich dies nicht aus dem Akt ergibt.

Zusammengefasst ist festzuhalten, dass die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz in anderen Mitgliedstaaten noch keine Fluchtgefahr in erheblichem Ausmaß begründet. Dies stellt gerade in einem "Dublin-Fall" keine besonderen Umstände dar, die eine erhebliche Fluchtgefahr begründen würden.

Die Begründung der Behörde legt nahe, dass die belangte Behörde von einem falschen Maßstab ausgeht. In „Dublin-Fällen" ist nämlich das Bestehen „einfacher” Fluchtgefahr nicht ausreichend für die Schubhaftverhängung, vielmehr ist eine qualifizierte Fluchtgefahr, nämlich „erhebliche Fluchtgefahr' erforderlich. Da die belangte Behörde mit keinem Wort geltend macht, aus welchem Verhalten des BF eine „erhebliche Fluchtgefahr' abgeleitet werde, erweist sich die Begründung des angefochtenen Bescheides auch aus diesem Grund als mangelhaft, vgl hierzu BVwG 15.11.2016, W117 2139104-1:

Zunächst haftet dem neuerlichen Mandatsbescheid, losgelöst von der Frage des Vorliegens der Verletzung des gesetzlichen Richters durch denselben, die inhaltliche Rechtswidrigkeit an, den angenommenen Sachverhalt lediglich unter dem Aspekt des Vorliegens von Fluchtgefahr und nicht von "erheblicher" Fluchtgefahr, wie in Art 28 Abs, 2 Dublin-111-VO gefordert, geprüft zu haben, führte sie doch ausdrücklich in ihrem Bescheid aus:

"Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in ihrem Fall eine Fluchtgefahr". [...]

In weiterer Folge stützt sich das Bundesamt nur auf den bisherigen Akteninhalt, ohne auf den individuellen Einzelfall in angebotener Tiefe einzugehen.

Mangels weiterer herangezogener Kriterien für das Vorliegen von „Fluchtgefahr" ist die Schubhaft auch aus diesem Grund rechtswidrig.

Auch im Asylverfahren gelten die AVG-Prinzipien des Grundsatzes der amtswegigen Erforschung des maßgebenden Sachverhalts und der Wahrung des Parteiengehörs (§ 37 AVG). Hinzu kommt, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die im Asylwesen tätigen Spezialbehörden von Amts wegen das ihnen zugängliche Amtswissen zu verwerten

haben. § 18 Abs 1 AsylG konkretisiert dies dahingehend, dass die Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken hat, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen.

Durch den neuartigen Corona-Virus muss die Situation auch in EU Mitgliedstaaten regelmäßig neu beurteilt werden. Es kann nicht vorhergesehen werden, ob eine Rückkehr für den BF nach Bulgarien oder Rumänien in absehbarer Zeit möglich sein wird. Die Behörde kann nicht davon ausgehen, dass mit einer baldigen Zustimmung und Überstellung in einen anderen EU Mitgliedstaat gerechnet werden kann. Dass der BF über Monate hinweg somit in Schubhaft bliebe, obwohl er sich kooperationsbereit zeigt und in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, kann nicht im Sinne der öffentlichen Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates sein. Somit ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft nicht gegeben.

Schubhaft darf nie als Standard-Maßnahme gegenüber Asylwerbern oder Fremden angewendet werden; weder eine illegale Einreise noch das Fehlen beruflicher Integration oder einer Krankenversicherung noch der Mangel finanzieller Mittel sind für sich genommen als Schubhaftgründe zu werten (VwGH vom 24.10.2007, 2006/21/0239).

3.       Mangelhafte Begründung des Ausschlusses gelinderer Mittel

Die oa. Begründungsmängel treffen auch auf die Prüfung gelinderer Mittel zu. Warum im Fall des BF gelindere Mittel nicht in Frage kommen, wird nicht nachvollziehbar dargelegt. Selbst wenn man im vorliegenden Fall zum Schluss kommt, dass eine Fluchtgefahr vorliegt (was wie dargestellt aber bestritten wird), hätte die belangte Behörde ein gelinderes Mittel gern § 77 FPG anwenden müssen.

Auch im Hinblick auf die Prüfung der Anwendbarkeit gelinderer Mittel gern § 77 FPG ist der belangten Behörde vorzuwerfen, den konkreten Sachverhalt nicht berücksichtig zu haben. Die Ausführungen in diesem Zusammenhang sind allgemein gehalten und gehen nicht erkennbar auf den konkreten Sachverhalt ein.

Auch alleine der unrechtmäßige Aufenthalt rechtfertigt noch nicht den Ausschluss eines gelinderen Mittels, zumal Personen, über die zur Sicherung der Abschiebung das gelindere Mittel verhängt wird, kein Aufenthaltsrecht in Österreich zukommt. Es wäre daher verfehlt

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aufgrund eines nicht vorhandenen Aufenthaltsrechts die Verhängung eines gelinderen Mittels auszuschließen, da sich ansonsten die Frage nach dessen prinzipieller Anwendung stellt.

Der BF stellte einen Asylantrag in Österreich bevor er in Schubhaft genommen wurde. So hat der Beschwerdeführer jedenfalls Anspruch auf Grundversorgung und würde selbstverständlich im Rahmen der Grundversorgung in einer angeordneten Unterkunft unterkommen und sich in dieser dann anmelden.

Auch was die periodische Meldeverpflichtung und die Unterkunftnahme in von der Behörde bestimmten Räumlichkeiten betrifft, erweist sich die Begründung als nicht nachvollziehbar bzw. nicht ausreichend und verweist diese nur auf die Ausführungen zur Fluchtgefahr.

Gegen den BF wurde bislang kein gelinderes Mittel angeordnet. Es wäre daher die Anordnung einer periodischen Meldeverpflichtung gern § 77 Abs 3 Z 2 FPG als gelinderes Mittel ausreichend zur Sicherung der Abschiebung gewesen. Auch die angeordnete Unterkunftnahme gern § 77 Abs 3 Z 1 FPG wäre im Fall des BF in Betracht gekommen.

Mit der Anordnung eines gelinderen Mittels in Form einer periodischen Meldeverpflichtung oder der angeordneten Unterkunftnahme, hätte der Sicherungszweck jedenfalls erreicht werden können. Der Vollständigkeit halber ist anzuführen, dass die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Befehls —und Zwangsgewalt nicht entgegensteht und Betroffenen aufgetragen werden kann, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten (§ 77 Abs 5 FPG).

Auch hätte die Behörde prüfen müssen, ob gegenständlich die Voraussetzungen dafür vorhanden sind, dass sich der BF nach Haftentlassung in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion melden könnte.

Der Verbleib des BF in Schubhaft ist daher jedenfalls unverhältnismäßig

III.    Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung

Sollte das Bundesverwaltungsgericht beabsichtigen, nicht antragsgemäß zu entscheiden, beantragt der Beschwerdeführer ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen

Beschwerdeverhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes - insbesondere zum

Beweis des Nichtvorliegens eines Sicherungsbedarfes und der Frage des Vorliegens der

Voraussetzungen für die Anordnung eines gelinderen Mittels - unter Einvernahme seiner

Person.

Eine Voraussetzung für das Unterbleiben der mündlichen Verhandlung wäre, dass die Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt wird. Dies ist im angefochtenen Bescheid jedoch nicht erfolgt (die „Beweiswürdigung“ beschränkt sich lediglich auf einen einzigen Satz, nämlich auf einen Hinweis auf den Akt). Das BVwG hat also eine mündliche Verhandlung durchzuführen, sollte es der Beschwerde nicht schon aufgrund der Aktenlage stattgeben (§ 24 Abs 2 Z 1 VwGVG).

IV.      Zum Antrag auf Ersatz des Aufwandes gem § 35 VwGVG

Gem § 35 Abs 1 und 4 Z 3 VwGVG stehen der obsiegenden Partei im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt der Ersatz der Aufwendungen gem VwG-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 517/2013) zu. Daher beantragt der BF gem § 1 Z 1 VwG-Aufwandersatzverordnung als Ersatz des Schriftsatzaufwands des BF als obsiegende Partei iHv 737,60 EUR. Für den Fall

der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird zusätzlich ein Ersatz des

Verhandlungsaufwands iHv 922,00 EUR beantragt.

Der BF beantragt darüber hinaus gem § 35 Abs 1 iVm Abs 4 Z 1 VwGVG den Ersatz sämtlicher

Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die er aufzukommen hat, insbesondere die

Gebühren für Dolmetscher und Sachverständige, die diese für ihre Aufwendungen im

gegenständlichen Verfahren geltend machen.

V.       Aus den genannten Gründen wird beantragt, das BVwG möge

eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des Beschwerdeführers zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchführen;

den angefochtenen Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgte;

im Rahmen einer „Habeas Corpus Prüfung“ aussprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers nicht vorliegen;

der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des Beschwerdeführers gem VwG-Aufwandersatzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der BF aufzukommen hat, auferlegen der gegenständlichen Beschwerde gem § 22 Abs 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zuerkennen“

Auf Grundlage der Geschäftsverteilung des BVwG wurde das Beschwerdeverfahren am 15.03.2021 der GA L 517 zugewiesen.

Am 15.03.2021 erfolgte die Beschwerdevorlage und Stellungnahme der bB. Diese lautet:

Das Bundesamt informiert über gegenständliches Verfahren, in welchem eine Entscheidung –gem. Art 28 Abs.1 und 2 Dublin Verordnung iVm §76 Abs.2 Z3 FPG iVm §57 Abs.1 AVG ergangen ist.

Die dagegen eingebrachte Beschwerde vom 11.03.2021, gegen den Bescheid vom XXXX , ho. eingegangen am 15.03.2021, sowie der SIM-Akt werden, wie angefordert elektronisch übermittelt, sowie der Originalakt direkt an die BVwG Außenstelle Linz mit heutigem Datum vorgelegt.

Das BFA erlaubt sich weiters gegenständliche Stellungnahme und Anträge an das BVwG zu übermitteln.

Es wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge:

1. die Beschwerde als unbegründet abweisen

1. den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten verpflichten.

Ersatz für den Vorlagenaufwand der belangten Behörde €57,40

Ersatz für den Schriftsatzaufwand der belangten Behörde €368,80

Summe der Gesamttgebühren €426,20

Zum Vorlageersuchen des BVwG vom 15.03.2021 wird folgendes mitgeteilt:

1)       Auszug aus dem Kriminalpolizeilichen Aktenindex ist auf Seile 137 ersichtlich

2)       Festnahmedokumantation

a. Festnahmezeitpunkte (FPG und BVA VG) sind aus dem Anhalteprotokoll auf Seite 1 ersichtlich

b. Anzeige liegt ho. keine auf. Auf Seite 35 bis 41 sind die Einreiseverweigerung und der Aufgriffsbericht der Bundesrepublik Deutschland ersichtlich

c.       Niederschrift ist von Seite 47 bis 53 ersichtlich

3.Die Haftfähigkeitsunterlagen sind von Seite 129 bis 136 ersichtlich

4. Der BF wurde am 09.03.2021, 03:47 Uhr von den deutschen Behörden aufgegriffen (Seite 35}. am 09.03.2021, 13:00 Uhr und von den deutschen Behörden an die österreichische Exekutive übergeben (Seite 1-3). Der Schubhaftbescheid wurde vom BF am 10.03 2021.09:05 Uhr übernommen (Seite 107) 

Zur eingebrachten Schubhaftbeschwerde werde wird wie folgt Stellung genommen:

Das Beschwerdevorbringen kann von ho. Seite in keiner Weise nachvollzogen werden.

Im Hinblick des Verfahrensganges darf auf den Schubhaftbescheid verwiesen worden.

Der Schubhaftbescheid wurde zwar als Mandatsbescheid erlassen, dennoch wurde eine Einzelfallprüfung durchgeführt. Dies geht auch eindeutig aus dem Schubhaftbescheid hervor, in weichem ua. der individuelle Verfahrensgang, die rechtliche Position des BP, das bisherige Verhalten des BF und insbesondere in der rechtlichen Beurteilung die in der Person des BF gelegene individuelle (erhebliche) Fluchtgefahr und das Nichtauslangen mit einem Gelinderen Mittel ausgeführt werden.

Bis zum Eingang der Beschwerde brachte der BF zu keinem Zeitpunkt in Österreich lebende Verwandte oder Bekannte vor. Unabhängig eines eventuell in Österreich lebendem Cousins des Bf liegt dennoch erhebliche Fluchtgefahr vor uno kann auch in Zukunft mit einem Gelinderen Mittel nicht das Auslangen gefunden werden.

Wie eindeutig aus dem Akteninnalt ersichtlich ist. ist das Bestreben des BF nach Deutschland zu gelangen, Das Zielland des Bf ist auch nach Anhaltung und Asylantragstellung in Österreich weiterhin Deutschland. Dies geht eindeutig aus seiner Niederschrift vom 09.03-2021 hervor, in welcher der BF dezidiert auf die Frage „Haben Sie jetzt ein bestimmtes Reiseziel (Zielland)", Deutschland «angibt.

Aufgrund einer EURODAC-Anfrage steht fest, dass der BF bereits am 21.01.2021 in Bulgarien und am 02 03.2021 in Rumänien Asylanträge stellte. Den Behördenkontakt und die Asylantragstellung in diesen Mitgliedsstaaten (MS) bestätigte der BF auch in seiner Niederschrift am 09.03.2021 und führt dezidiert aus, dass er in diese Länder nicht zurückwill, „weil dort alles dreckig und die Umstünde schlecht sind".

Der BF hat somit nachweislich den Ausgang seiner Asylverfahren nicht abgewartet, sich den Behörden der MS nicht zur Verfügung gehalten und setzte seine unrechtmäßige Reise nach Schutzantragstellung im Schengengebiet fort um sein Zielland zu erreichen. Es ist daher begründet anzunehmen, dass der BF vorangeführte Schutzanträge lediglich stellte um nicht zwangsweise angehalten zu werden und um seine Reise fortsetzen zu können.

Auch in Österreich trat der BF nicht aus Eigenem mit den ho. Behörden in Kontakt um einen Asylantrag zu stellen, sondern erfolgte dies erst nach Verhinderung seines Versuches unrechtmäßig in Deutschland einzureisen und nach seiner Übergabe an die österreichische Exekutive durch die deutschen Behörden. Somit ist belegt, dass der BF in seinem gewohnten Verhalten verharrt und abermals erst einen Asylantrag stellte, nachdem er von den Behörden aufgegriffen und angehalten wurde.

Dem BF wurde am 09.03.2021 nachweislich zur Kenntnis gebracht, dass die ho. Behörde gem. Dublin-Verordnung Konsultationen mit Rumänen und Bulgarien führt.

Der BF führt in seiner Beschwerde zwar aus. dass er den Ausgang seines Asylantrages in Österreich abwarten möchte, von ho. Seite kann dies jedoch nur als Schutzbehauptung gewertet werden. Dies wird dadurch begründet, dass der BF auch in seinem Beschwerdeschreiben ausführt, dass er „auf keinen Fall " nach Bulgarien oder Rumänien zurückmöchte«. Dem BF sind sowohl die ho. geführten Konsultationen mit Rumänien und Bulgarien bewusst und bestätigt er überdies in seiner Beschwerde zum wiederholten Mal, dass er nicht gewillt ist nach Bulgarien oder Rumänien zurückzukehren.

Die ho Behörde erkennt aufgrund des bisher dokumentierten Gesamtverhaltens des BF und seiner getätigten Angaben, sowohl in seiner Niederschrift am 09.03.2021 als auch in seinem Beschwerdeschreiben eine nach wie vor bestehende erhebliche Fluchtgefahr. Die im gegenständlichen Fall verhängte Schubhaft, wurde im Einzelfall geprüft und keinesfalls als Standardmaßnahme verhängt.

Betreffend Überstellungen in die Mitgliedsstaaten im Zusammenhang mit COVIP-19 wurde auf telefonische Rückfrage mit heutigem Datum von der EASt West mitgeteilt, dass Überstellungen in den MS Rumänien möglich sind.

Überstellungen in den MS Bulgarien können zum jetzigen Zeitpunkt nicht durchgeführt werden. Jedoch ist die (maximale] 6-wöchige Anhaltefrist letztmalig ab Durchsetzbarkeit der Anordnung zur Außerlandesbringung zu berechnen. Derzeit liegen noch keine Ergebnisse in den Konsultationsverfahren vor und erging daher auch noch keine Entscheidung im INT- Verfahren d.h. es besteht derzeit noch keine durchsetzbare Anordnung zur Außerlandesbringung. Da sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Situation Immer wieder kurzfristig Änderungen ergeben, ist die Möglichkeit der Überstellung nach Bulgarien zum jetzigen Zeitpunkt nicht von Haus aus auszuschließen, weshalb auch eine Abschiebung innerhalb der gesetzlichen Fristen nach Bulgarien nicht generell ausgeschlossen werden kann.

Seitens der ho. Behörde wird erhebliche Fluchtgefahr in der Person des BF erkannt und ist die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft aus Sicht des BFA verhältnis- und zweckmäßig.

ln den geführten Konsultationsverfahren liegen derzeit keine Ergebnisse vor.

Der bP wurde die Stellungnahme der bB über ihren Rechtsberater am 16.03.2021 zwecks Wahrung des Parteiengehörs übermittelt.

Gleichzeitig wurde seitens des BVwG eine mündliche Verhandlung am 17.03.2021 um 09.00 Uhr anberaumt und durchgeführt.

Nachfolgend wird die Aussage der bP aus der mündlichen Verhandlung vom 17.03.2021 wiedergegeben:

„Frage des VR an den BF: Ob es der Richtigkeit entspricht, dass er am 21.01.2021 in Bulgarien sowie am 02.03.2021 in Rumänien einen Asylantrag gestellt habe. Der BF beantwortete dies „Dass es stimme“!

Befragt hinsichtlich seiner Reiseroute und dem Transportmittel gab der BF an, dass er mittels LKW von Rumänien über Ungarn nach Österreich bis nach Deutschland gelangte. Die Fahrt verbrachte er auf der Ladefläche des LKWs. Die Reise wurde von Schleppern organisiert. Woher der LKW kam, kann ich nicht sagen.

Auf die Anfrage, ob er von vorherein das Ziel hatte, nach Deutschland sich zu begeben, wurde dies vom BF bejaht. Laut seinen Angaben lebt in Deutschland sein Bruder. Diesbezüglich führte er aus, dass dieser in Stuttgart lebe. Weiters gab der BF an, dass er mit dem Bruder über Telefon in Kontakt stehe.

Auf seiner Reise beginnend August 2020 von XXXX über den Irak, Iran, Türkei nach Bulgarien hatte er permanent Kontakt mit seinem Bruder. Auf Nachfrage ob es ein persönliches Treffen gab, verneinte der BF dies.

Über die genaue Fahrtroute wurde der BF nicht informiert. Nur das Ziel Deutschland war ihm bekannt. Die Finanzierung der Schlepperei wurde von seinem Vater vorgenommen, der aber seinerseits sich das Geld von wem ausgeliehen hat. Als Honorar für die Schlepperei wurden 10 000 EUR bezahlt.

Befragt hinsichtlich des Aufenthaltsortes seines Personalausweises gab der BF an, dass sich dieser bei einem Freund in Deutschland befinde. Er habe ihn bei seiner Flucht in der Türkei bei einem Freund belassen und als der BF sich in Rumänien aufhielt, aufgefordert den Personalausweis nach Deutschland zu einem Freund zu schicken.

Betreffend eines Vorhaltes im Zusammenhang mit der Ersteinvernahme vom 09.03.2021 gab der BF an, dass er dort bereits aussagte, dass sich der Personalausweis in Deutschland befindet. Er gab nie an, dass sich der Personalausweis bei seinem Bruder befinde.

Als Grund weshalb er den Personalausweis nach Deutschland schicken ließ, gab der BF an, dass er somit verhindern wollte, dass er das Dokument verliert.

Nachgefragt gab der BF an, dass er keinerlei Absicht hatte außer, dass er sicherstellen wollte, dass sein Personalausweis nicht beschädigt wird bzw. nicht abhandenkommt. Erst in der Türkei ist er auf die Idee gekommen das Dokument nach Deutschland zu schicken.

Hinsichtlich der Daten des Freundes führte der BF aus, dass er sie nicht auswendig wisse. Die Daten befinden sich auf dem Handy seines Neffen, der wiederum einen Freund in Deutschland habe. Nachgefragt gab er in Folge an, dass es sich bei dem Empfänger des Ausweises um den Onkel eines Freundes, welcher sich zurzeit in Rumänien befinde, handle.

Befragt, ob sich der BF freiwillig nach Bulgarien oder Rumänien begeben würde, verneinte er dies. Betreffend der Gründe, weshalb sich der BF weigere nach Bulgarien auszureisen, führte dieser aus, dass er dort 23 Tage in einem Gefängnis verbrachte. Danach wurde er in ein Camp verbracht. Nach den Ausführungen des BF würden Tiere besser behandelt werden. Ebenfalls gab der BF an, zum Asylantrag gezwungen geworden zu sein. Im Zusammenhang inwieweit eine Rückreise nach Rumänien von ihm wahrgenommen wird, führte der BF aus, dass es so ähnlich wie in Bulgarien ist. Er verbrachte 5 Tage in einem Gefängnis, bekam nichts zu Essen und zu Trinken und kam letztendlich auch wieder in ein Camp. Auch hier, gab der BF an, erfolgte eine menschenunwürdige Behandlung.

Befragt inwieweit dem BF bekannt war, dass die Asylverfahren noch nicht abgeschlossen waren, gab dieser an, dass er nichts davon wusste. Er führte betreffend Rumänien aus, dass er dazu gezwungen wurde seine Fingerabdrücke abzugeben, da ihm gedroht wurde ansonsten im Gefängnis bleiben zu müssen.

Befragt, welches Ziel der BF verfolge, gab dieser an, nach Deutschland ausreisen zu wollen. Besteht nicht die Möglichkeit wolle er hier in Österreich bleiben. Auf keinen Fall will er aber zurück nach Rumänien bzw. Bulgarien.

Nachgefragt welches Verhalten der BF an den Tag legen würde, wenn er doch nach Bulgarien bzw. Rumänien abgeschoben werde, führte dieser nochmals aus, dass er nicht wieder dorthin zurückwolle und auch mit Sicherheit nicht werde.

Befragt inwieweit soziale Kontakte in Österreich bestehen, führte der BF aus, dass er einen Cousin habe. Der BF gab an, dass er in Wien wohne. Nähere Informationen habe er aber nicht. Bis mir mein Handy abgenommen worden ist, habe ich täglich mit ihm Kontakt gehabt. Mein Cousin heißt XXXX . Betreffend Geburtsjahr führte der BF aus, dass er 1995 bzw. 1996 geboren sei. Meine letzte Information hinsichtlich Tätigkeit des Cousins war, dass er ein Restaurant besessen habe. Inwieweit dies noch der Fall ist, kann ich nicht sagen. Befragt wann ihm das Handy abgenommen worden ist, gab der BF an, dass es bei der Einreise am 09.03.2021 nach Deutschland gewesen ist.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der BF jeden Tag Kontakt mit seinem Cousin, kann aber nicht angeben ob das Restaurant sich noch in dessen Besitz befindet.

bB: Warum haben Sie bei der Erstbefragung in Österreich am 09.03.2021 Ihren Cousin nicht angegeben, als Sie gefragt wurden über Ihre Familienangehörigen in Österreich?

BF: Das habe ich schon angegeben. Ich habe auch seinen Namen gesagt. Ich habe auch gesagt, dass ich einen Bruder in Deutschland habe.

bB: Was verstehen Sie unter „Cousin“?

BF: Unsere Väter sind Brüder.“

Nach Ende des Beweisverfahrens verkündete der vorsitzende Richter auf Grundlage des § 29 VwGVG das Erkenntnis hinsichtlich der erhobenen Beschwerde.

Am 31.03.2021 um 16:20 Uhr stellte die bP via seine Rechtsvertretung den Antrag auf schriftliche Ausfertigung des mündlich ergangenen Erkenntnisses.

III.    Beweiswürdigung und Rechtliche Beurteilung:

§ 22a BFA-VG (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakte gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

§ 76 FPG (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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