TE OGH 2021/5/19 13Os32/21m

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.05.2021
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Mai 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Mag. Pentz in der Strafsache gegen Alfred M***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 16. Dezember 2020, GZ 64 Hv 152/19b-43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1]       Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alfred M***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

[2]       Danach hat er am und nach dem 13. Mai 2014 in K***** einen Bestandteil seines Vermögens, nämlich eine im Urteil näher beschriebene bedingte Geldforderung gegenüber seiner Tochter Michelle S***** (nunmehr Sch*****), durch pflichtwidriges Verschweigen im Schuldenregulierungsverfahren AZ 9 S 38/14y des Bezirksgerichts Klagenfurt (insbesondere im dort vorgelegten Vermögensverzeichnis, in welchem es zur Anmeldung von Insolvenzforderungen in der Höhe von 251.608,21 Euro und zur Festsetzung einer Quote von 2 % kam), verheimlicht und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder geschmälert.

Rechtliche Beurteilung

[3]            Dagegen richtet sich die aus Z 5, 5a und 9 (richtig) lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4]       Der Erledigung der Mängelrüge (Z 5) sei vorangestellt:

[5]            Das Vermögensverzeichnis soll (hier § 185 IO) dem betreibenden Gläubiger einen Überblick über das Vermögen des Schuldners verschaffen. Umfasst ist das gesamte der Exekution unterworfene und wirtschaftlich dem Schuldner gehörende Vermögen im Zeitpunkt der Abgabe des Verzeichnisses, und zwar ohne Rücksicht auf dessen konkrete Verwertbarkeit im Einzelfall. Auch bedingte, betagte, uneinbringliche und zweifelhafte Ansprüche zählen dazu (Zum Ganzen RIS-Justiz RS0094825 und RS0004018 [T2]; Kirchbacher in WK2 StGB § 156 Rz 7 f; Plöchl/Seidl in WK2 StGB § 292a Rz 8/1; Zöchbauer/Bauer in Leukauf/Steininger, StGB4 § 292a Rz 8; Oberhammer in Angst/Oberhammer, EO3 § 294 EO Rz 2; vgl auch RS0001705).

[6]            Die Umstände, die zur Geltendmachung der – dabei vom Angeklagten selbst mit 430.000 Euro bewerteten – Forderung im Jahr 2018 führten, sind somit für die Lösung der Schuld- oder der Subsumtionsfrage nicht von Bedeutung. Solcherart scheidet die diesbezügliche Urteilsbegründung als Bezugspunkt der Mängelrüge aus (RIS-Justiz RS0106268).

[7]            Nach dem ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung bestritt der Angeklagte bei der Errichtung des Vermögensverzeichnisses an die in Rede stehende Forderung gedacht zu haben (ON 27 S 5). Die Zeuginnen Sc***** und P***** sagten nach der Aktenlage im Wesentlichen aus, dass sich der Angeklagte ihnen gegenüber erstmals im Rahmen einer (im Jahr 2018 erfolgten) Klagsführung auf diese Forderung berufen habe (ON 42 S 5 f und 7).

[8]            Dem Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider ließ das Erstgericht beim Ausspruch über entscheidende Tatsachen weder die leugnende Verantwortung des Angeklagten (US 5) noch die genannten Angaben der Zeuginnen Sc***** und P***** (US 5) unberücksichtigt. Zu einer Auseinandersetzung mit sämtlichen Details dieser Aussagen war es schon mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten (RIS-Justiz RS0098778 und RS0106295). Dass das Gericht aus den Verfahrensergebnissen nicht die vom Angeklagten gewünschten Schlüsse zog, begründet keine Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0098400 [insb T8 bis T11]).

[9]            Entgegen dem Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 3) begegnet deren Ableitung aus dem objektiven Geschehen (US 4 f) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit keinen Bedenken (RIS-Justiz RS0116882).

[10]           Mit den (neuerlichen) Hinweisen auf die leugnende Verantwortung des Angeklagten und die Aussagen der Zeuginnen P***** und Sc***** weckt die Tatsachenrüge (Z 5a) keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der Feststellungen über die subjektive Tatseite. Indem sie aus den Aussagen anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Angeklagten günstige Schlüsse ableitet, wendet sie sich nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO). Die Kritik an den Urteilsaussagen zum Verschweigen einer Vermögensauseinandersetzung (US 3, vgl dazu § 185 Abs 2 IO) spricht keinen für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage entscheidenden Aspekt an.

[11]           Bezugspunkt einer Rechtsrüge (hier Z 9 lit a) in tatsächlicher Hinsicht ist – soweit kein Feststellungsmangel geltend gemacht wird – die Gesamtheit des Urteilssachverhalts, auf dessen Basis der Beschwerdeführer methodengerecht darzulegen hat, dass dem Erstgericht bei der Anwendung des materiellen Rechts ein Fehler unterlaufen ist (RIS-Justiz RS0099810 und RS0116565).

[12]           Diese Vorgaben verfehlt die Rechtsrüge mit der Behauptung, der Angeklagte habe lediglich fahrlässig gehandelt, weil sie solcherart die Feststellungen zum bewussten und gewollten Verschweigen der Forderung (US 3) bestreitet.

[13]           Welcher konkreten Konstatierungen zur inneren Tatseite es – über die ohnedies getroffenen hinaus (US 3) – zur rechtsrichtigen Beurteilung noch bedurft haben sollte, erklärt die Rechtsrüge nicht.

[14]           Weshalb nur „titulierte“ oder „nicht strittige“ Geldforderungen Tatobjekt des § 156 StGB sein können, entbehrt ebenso der gebotenen Ableitung aus dem Gesetz (siehe dazu im Übrigen die einleitenden Darlegungen zur Mängelrüge).

[15]           Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

[16]     Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[17]     Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E131824

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0130OS00032.21M.0519.000

Im RIS seit

11.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.06.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten