TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/6 W117 2239351-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.04.2021
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Entscheidungsdatum

06.04.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z1
BFA-VG §22a Abs1 Z3
BFA-VG §22a Abs3
BFA-VG §34 Abs3 Z3
BFA-VG §40 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
FPG §76 Abs3 Z1
FPG §76 Abs3 Z9
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwG-AufwErsV §1 Z5
VwGVG §35 Abs1

Spruch


W117 2239351-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DRUCKENTHANER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien vertreten durch RA Dr. Elmar KRESBACH, gegen die Festnahme und den Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien (BFA-W), vom 03.02.2021, Zl.567338709-210150223, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 03.02.2021 nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 10.02.2021 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 1 BFA-VG idgF, § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG, § 40 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG idgF als unbegründet abgewiesen. (Festnahme)

II. Gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 1, und Z 9 FPG idgF wird die Schubhaftbeschwerde als unbegründet abgewiesen.

III. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 1, und Z 9 FPG idgF wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

IV. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF iVm § 1 Z. 3 und Z. 4, Z5 VwG-AufwErsV idgF, hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

V. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Nachdem am 03.02.2021 auf der Basis des § 34 Abs. 3 Ziff. 3 BFA-VG ein Festnahme-/Behördenauftrag erfolgte, wurde der Beschwerdeführer am selben Tag (nach Entlassung aus der Strafhaft) gemäß § 40 Abs. 1 Ziffer 1 BFA-VG festgenommen. Mit im Spruch angeführtem Bescheid wurde in der Folge gleichfalls am selben Tag die Schubhaft angeordnet; unmittelbar zuvor war der Beschwerdeführer noch zur beabsichtigten Schubhaft einvernommen worden.

Die Verwaltungsbehörde ging im Schubhaftbescheid, mit dem einerseits das Verfahren zur Außerlandesbringung gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG und die darauf folgende Abschiebung gesichert werden sollte, auf der Ebene des Sachverhaltes letztlich von drei entscheidenden Parametern aus:

Massive Straffälligkeit – insbesondere sei auf die Schwarzarbeit und die Verurteilung wegen § 28a SMG zu verweisen – hohe Mobilität und die mangelnde Verfügbarkeit für die österreichischen Behörden, da der Beschwerdeführer seit dem 31.08.2018 nicht mehr im Bundesgebiet gemeldet war.

Sie unterstellte diese Sachverhaltselemente dem § 76 Abs. 3 Z 1 („Gefahr des Untertauchens“) und Z 9 („Fehlende soziale Verankerung“) FPG und stufte den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG als große Gefahr für die öffentliche Ordnung ein.

Der Beschwerdeführer erhob gegen die Festnahme und Schubhaft (Bescheid sowie Anhaltung) binnen offener Frist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; zusammengefasst sind den weitwendigen und unsystematischen Ausführungen folgende Kritikpunkte zu entnehmen:

Die Festnahme sei rechtswidrig, da zum Zeitpunkt der Festnahme kein Bescheid vorlag; die nachfolgende Inhaftierung sei ohne gesetzliche Grundlage erfolgt.

Fluchtgefahr sei insofern nicht gegeben, als der Beschwerdeführer über enge Bindungen zu Österreich verfüge, es sei auch seine Lebensgefährtin, eine Bürokauffrau, in Österreich aufhältig, bei der er Unterkunft nehmen könne und sei insofern auch sein Lebensunterhalt gesichert.

Im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Schwarzarbeit „darf die belangte Behörde innerstaatlich nicht schlichtweg auf öffentliche Interessen abstellen, sondern eben nur auf Bundesinteressen. Die Konsequenzen aus angenommener Schwarzarbeit betreffen nicht nur Bundesinteressen, sondern können auch Landesinteressen betreffen. Letzteres hat die belangte Behörde undifferenziert unberücksichtigt gelassen. Die unreflektierte Einbeziehung auch von Landesinteressen in die behördlicherseits pauschal strapazierten öffentlichen Interessen iSd Art 8 EMRK unterminiert also den innerstaatlich nach Art 53 MRK zu berücksichtigenden höheren Grundrechtsschutz des Beschwerdeführers. Auch dies muss zur betreffenden Bescheidaufhebung führen“.

(Als gelinderes Mittel) bestünde „die Möglichkeit, regelmäßig Kontakt mit der Polizei aufzunehmen, um so die stete Anwesenheit ebenfalls zu sichern“.

Der Rechtsvertreter stellte schließlich die Anträge, den Beschwerdeführer umgehend zu enthaften, eine mündliche Verhandlung durchführen und der Bescheidbeschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sowie den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde aufzuheben, in eventu den Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückzuverweisen.

Die Verwaltungsbehörde legte den Schubhaftakt vor, gab eine den Schubhaftbescheid und die darauf aufbauende Anhaltung verteidigende/rechtfertigende Stellungnahme ab und beantragte die Abweisung der Beschwerde, die Fortsetzung der Anhaltung und Kostenzuspruch.

Am 10.02.2021 wurde eine Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführt; diese nahm folgenden Verlauf:

„(…)

RI befragt die beschwerdeführende Partei ob diese psychisch und physisch in der Lage ist, der heute stattfindenden mündlichen Verhandlung zu folgen und an sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß beantworten?

BF: Mir geht es gesundheitlich gut.

R befragt D ob gemäß § 53 Abs. 1 iVm § 7 Abs. 1 Z 1, 2 und 4 AVG Gründe einer Befangenheit vorliegen, dies wird verneint.

R befragt BF, ob er Umstände glaubhaft machen kann, die die Unbefangenheit der D in Zweifel stellen, dies wird verneint.

Eröffnung des Beweisverfahrens

Verlesen wird der bisherige Akteninhalt und festgehalten wird, dass die Rückführung des BF nach Serbien für morgen Nachmittag geplant ist. Es liegt ein Reisepass im Akt auf. Die Rückführung ist am Landweg geplant.

Sie waren nach dem zentralen Länderregister vom 22.02.2017 bis 31.08.2018 aufrecht beim Unterkunft Geber Paul Wagner gemeldet. Das nächste Mal waren Sie gemeldet vom 24.07.2020 vorlaufend in verschiedenen Haftanstalten. Wo haben Sie sich in der Zwischenzeit aufgehalten?

BF: Ich war in Slowenien, in Maribor. Ich bin dort zurzeit noch immer als Schweißer beschäftigt. Ich bin in der Zwischenzeit oft eingereist und ich habe mit der Frau XXXX zusammengelebt. Das heißt, jedes Wochenende war ich bei ihr und unter der Woche habe ich zwei bis drei Mal bei ihr übernachtet. Maribor ist 230 km entfernt und mit dem Auto ist es ca. zwei bis zweieinhalb Stunden entfernt.

R: Haben Sie eine Wohnung in Maribor?

BF: In Maribor lebe ich bei einem Freund XXXX .

R: Es war aber interessant. Sie sind am 03.02.2021 niederschriftlich befragt worden zum Zwecke der Schubhafterlassung. Da haben Sie die Adresse nicht bekannt geben können.

BF: Ich weiß nur, dass es die Hausnummer 2 ist. Den Straßennamen kann ich mich nicht erinnern.

R: Das ist der Lebensmittelpunkt in Maribor? Das müssen Sie ja wissen.

BF: Ja, ich weiß, dass ist das Haus eines Freundes. Ich weiß es leider nicht. Ich bin immer mit dem Navi gefahren. Die Adresse steht wahrscheinlich noch immer im Navigationssystem. Ich habe dort 5 Monate gearbeitet. Im Juli wurde ich verhaftet.

R: Schon im Jahr 2017 hat man versucht Ihre im Zuge einer Hauerhebung „habhaft“ zu werden, da habe sich im Zuge der Hauserhebung herausgestellt, dass Sie zwar im 3 Bezirk gemeldet waren, tatsächlich waren Sie Wohnhaft im 10 Bezirk und haben die Tochter im 10 Bezirk in die Schule geschickt.

BF: Ja.

R: Sie müssen doch dort wohnhaft sein wo Sie gemeldet sind.

BF: 2017 habe ich mich von meiner Ex-Frau getrennt.

R: Nach dem Erhebungsbericht haben Sie nicht alleine im 10. Bezirk gewohnt?

BF: Im 10. Bezirk?

R: Sie haben angegeben, dass Sie im 10 Bezirk in der XXXX wohnhaft sind.

BF: An die Aussage kann ich mich nicht erinnern. Wann war das?

R: Vom Februar 2017. Das war entsprechend dem Bericht der LPD Wien GZ E1/335348/2016.

BF: Jetzt kann ich mich erinnern. Ich war jetzt, ich habe mit der damaligen Frau, also Ex Frau XXXX im 10 Bezirk gelebt. Vor dem Vorfall. Wir haben uns dann getrennt, deswegen war ich im 3 Bezirk gemeldet.

R: Man hat Ihre Gattin auch im 3 Bezirk gesehen. Es ist bekannt, laut Ihrer Nachbarin, dass Ihre Ex-Ehefrau auch im 3 Bezirk war?

BF: Die Ex-Ehefrau war nie in der Wohnung. Meine Tochter schon, aber die Ex-Frau nicht.

Festgehalten wird, dass aktuell mit Beschied der Verwaltungsbehörde Zl. 567338709 vom 04.02.2021 eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde und ein Einreiseverbot in der Höhe von 8 Jahren erlassen wurde.

R: Wurde dagegen Beschwerde erhoben?

RV: Wir werden dagegen Beschwerde erheben.

Bei der Niederschrift vom 03.02.2021 haben Sie eine sehr große Mobilität zum Ausdruck gebracht. Sie haben unter anderem gesagt, dass Sie in Slowenien gearbeitet haben, aber Sie waren schon vorher in Bosnien in Deutschland beschäftigt. Sie haben einmal von 2011-2014 eine Baufirma gehabt, selbständig ist das richtig?

BF: Ja von 2011 bis 2014. Die habe ich dann 2014 verkauft.

R: Sie haben auch gesagt, dass Sie Aufenthaltsbewilligung abgelaufen ist?

BF: Ja, am 16 Jänner. Der nächste Termin wäre am 26. Jänner bei der slowenischen Polizei, für die Verlängerung.

R: Sie weisen eigentlich recht interessante Verurteilungen auf und zwar wurden Sie mehrfach am Delikts des Amtsmissbrauchs beteiligt. Sie haben offensichtlich eine Beamtin veranlasst, entsprechende Rechtswidrige Abfragen im Abgabeninformationssystem des Bundes abzugeben.

BF: Ja das ist richtig.

R: Warum haben Sie das getan?

BF: Einfach zur Information einiger Baufirmen. Ich wollte nur wissen, ob es ok ist oder nicht ok ist.

R: Sie sind rückfällig geworden. Sie wurden deswegen schon 2014 verurteilt und das zweite Mal 2020? Sie hätten nach der Verurteilung 2014, wissen müssen, dass es nicht in Ordnung ist?

R: Dann gab es noch eine Verurteilung. Sie wurden schuldig erkannt, in Wien vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge § 28b SMG übersteigenden Menge anderen durch gewinnbringenden Verkauf überlassen zu haben.

Dem Beschwerdeführer werden die einzelnen Strafbaren Handlungen aus dem Strafurteil 041 HV 51/20Y vorgehalten. Was sagen Sie dazu?

BF: Ich habe tatsächlich mit Kokain nicht gehandelt. Ich habe das eigentlich nur für meine Freunde gemacht, der Herr XXXX war ein Freund von mir. Ich kannte jemanden von dem ich Kokain kaufen konnte, ich habe es gekauft und weitergegeben um den Einkaufspreis. Ich habe gar kein Gewinn gemacht.

R an BehV: Haben Sie Fragen?

BehV: Warum haben Sie dann eigentlich beim Strafgericht im Strafverfahren, ein Schuldeingeständnis vorgebracht?

RV wirf ein, dass er damit nur seine tatsächliche Rolle klarstellen wollte. Die Tatsachen selbst hat er zugegeben.

RV bringt vor, dass der BF kein „böser Dealer“ sei. Deswegen ist die Strafzumessung beim Landesgericht nicht sehr hoch ausgefallen.

BehV: Keine weiteren Fragen.

R: Mit der Schwarzarbeit wurden Sie auch betreten. Sie haben am 16.05.2017 einen Antrag auf Ausstellung einer Daueraufenthaltskarte gestellt. Da wurde im Verfahren der MA35 festgestellt, dass Sie bei drei Unternehmern beschäftigt waren die per Feststellungsbescheid der Amtspolizei als Scheinunternehmer festgestellt wurden. Sie haben darauf geantwortet: Ob es sich um ein Scheinunternehmen handelt, weiß ich nicht. Ich habe nur dort gearbeitet

BF: Schwarzarbeit, glaube ich nicht? Die Polizei hat meine Kontoauszüge bekommen.

R: Eine Sozialversicherungsabfrage hat ergeben, dass Sie im besagten Zeitraum nicht Sozialversichert waren. Was sagen Sie dazu?

BF: Ich habe alles vorgelegt, meine Kontoauszüge und meine Lohnzettel. Was danach passiert ist, kann ich nicht sagen.

R: Sie haben gesagt, dass Sie eine Tochter haben die in Bosnien lebt. Und Ihre Eltern leben in Serbien?

BF: Ja, meine Eltern leben in Serbien. Meine Eltern haben die bosnische Staatsbürgerschaft und meine Tochter hat die montenegrinischen Staatsbürgershaft und lebt in Sarajevo in Bosnien.

R: Ist das dieselbe Tochter die in der Gudrunstraße in die Schule gegangen ist?

BF: Ja, ich habe nur eine Tochter.

R: Die Frau XXXX sind Sie nicht standesamtlich verheiratet?

BF: Nein, aber wir haben am 03.01.2020 in der Moschee geheiratet und wir hätten vor am 03.02.2021 im Standesamt zu heiraten. Wir kennen uns seit 10 Jahren und die Lebensgemeinschaft besteht die letzten drei Jahre.

R: Wie oft besuchen Sie Ihre Tochter?

BF: Jeden zweiten Monat.

R: Die Eltern?

BF: Auch jeden zweiten Monat, wenn ich meine Eltern besuche.

R: Sie sind eigentlich dauernd auf Achse?

BF: Ja, bin ich.

R: Haben Sie sonst noch Verwandte in Österreich?

BF: Ja, zwei Onkeln.

R an RV: Haben Sie Fragen an den BF?

RV: Was haben Sie für eine Ausbildung?

BF: Ich habe das Abitur in Deutschland abgeschlossen und meine berufliche Ausbildung, ich war tätig als Fassadenarbeiter und Trockenbaumonteur und in letzter Zeit war ich als Bauleiter in den Baufirmen tätig.

RV: Zurück kommend auf das Thema „Scheinunternehmen“. Haben Sie in diesen Unternehmen als Geschäftsführer, Gesellschafter oder Machthaber zu tun gehabt?

BF: Nein, nur als angestellter Bauleiter.

RV: Ihr Gehalt haben Sie bekommen?

BF: Ja.

R: Wie haben Sie da Gehalt bekommen?

BF: Das meiste auch auf mein Konto.

R: Sie haben kein Lohnzettel?

BF: Doch.

R: Aber auf Ihrem Lohnzettel steht nicht die SV.

BF: Sobald eine Firma als Scheinfirma eingetragen wird, wird von der WGKK die kompletten Versicherungsdaten gelöscht, weil sie davon ausgehen, dass die Arbeiter tatsächlich nicht beschäftigt waren.

R: Während Sie gearbeitet haben, war es nicht als Scheinfirma eingetragen?

BF: Nein, als ich gearbeitet habe nicht.

RV: Wen Sie in Österreich auf freien Fuß wären, wo würden Sie Unterkunft nehmen?

BF: Bei meiner Lebensgefährtin, Frau XXXX .

RV: Wären Sie auch bereit eine Kaution zu leisten?

BF: Ja.

RV: Wie lange haben Sie selbst in Serbien gelebt, in welchem Alter war das?

BF: Bis zum 11 Lebensjahr.

RV: Dann nicht mehr?

BF: Nein.

RV legt vor, eine Ladung als Zeuge in einer namentlich aufgeführten Strafsache. Es ist deswegen notwendig, dass der BF weiter in Österreich bleibt.

Außerdem gibt es noch eine Zahl in einem Wirtschafsstrafverfahren, dass bei Gott nicht ihn allein betrifft, da könnte er als Verdächtiger und vielleicht noch als Beschuldigter aufscheinen. Das Verfahren betrifft och 10 oder 20 andere Leute. Teilweise sind diese Wirtschaftsverfahren abgeschlossen, teilweise sind sie noch offen.

RV bringt dazu vor, dass eigentlich zu diesem Zwecke in Österreich bleiben sollte, bis das alles abgeschlossen ist.

R: wollen Sie zu diesem letzten Punkt eines Wirtschaftskriminalitätsverfahrens noch was sagen, müssen aber nicht, wenn Sie sich dadurch belasten würden?

BF: Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Ich weiß nicht was noch dazukommt.

RV: Würden Sie das gerne klären und auch die Unschuld beweisen?

BF: Ja sicher.

Die Zeugin (Z) XXXX , wird um 10:34 Uhr in den Verhandlungssaal aufgerufen.

Die Zeugin wird wahrheitsbelehrt und über Ihr Aussageverweigerungsrecht belehrt.

R: In welcher Beziehung stehen Sie zu dem BF?

Z: Er ist mein Mann. Wir haben in der Moschee geheiratet. Ich bin aber noch nicht standesamtlich verheiratet.

R: Seit wann sind Sie mit dem BF zusammen?

Z: Seit 10 Jahren. Wir sind seit 1 Jahr in einer Wohnung.

R: Der BF hat aber von drei Jahren geredet?

Z: Er war auch schon davor bei mir in der Wohnung.

R: Warum ist er nie bei Ihnen gemeldet gewesen?

Z: er hatte eine Meldeadresse in Slowenien.

R: Wieso hat er nicht zumindest als Zweitwohnsitz Ihre Adresse angegeben? Sie sind ja als Unterkunftgeberin zur Meldung verpflichtet.

Z: Ich habe gedacht, es reicht, wenn er in Slowenien gemeldet ist.

R: Das muss Ihnen doch klar sein, dass er mit dieser Aufenthaltssituation für die österreichischen Behörden und Gerichte verfügbar und greifbar ist?

Z: Warum sollte er überhaupt verfügbar sein für das Gericht?

R an BF: Kennt die Z Ihre Situation?

BF: Ja.

R an BF: Sie waren einmal Unternehmer in Österreich, warum haben Sie nicht zumindest einen Zweitwohnsitz gemeldet?

BF: Es ist von Gesetzes wegen so, dass wenn man länger als 48 Stunden in Österreich ist, ist man verpflichtet sich zu melden. Ich halte mich aber selten 48 Stunden auf. Hier war ich auch nicht mehr tätig.

R: Sie wissen ja nicht mal die Adresse in Maribor?

BF: Ich weiß nur die Hausnummer 2. Ich war dort nur knappe 6 Monate gemeldet.

R an RV:

RV: Könnte der BF bei Ihnen jederzeit wohnen?

Z: Ja, natürlich er ist mein Mann/Lebensgefährte.

RV: Jetzt wo Sie das wissen, würden Sie für die Anmeldung Sorge tragen?

Z: Ja, das ist klar.

RV: In den letzten Jahren hat der BF auch auswärts gearbeitet.

Z: Ja.

R: Der BF ist sehr viel gependelt.

Z: Ja.

RV: Keine weiteren Fragen.

RV an BF: Haben Sie Fragen an die Z.

BF: Keine Fragen.

Die Zeugin wird um 10:45 Uhr aus dem Verhandlungssaal entlassen.

RV wird dahin aufgefordert das Vorbringen der Beschwerde, auf Seite 5, Vorletzter Absatz zu konkretisieren.

RV: Unter Landesinteressen verstehe ich theoretisch zum Beispiel zu entrichtende Landesabgaben die noch hätten berücksichtigt werden müssen. Das habe ich deswegen angeführt, weil der Komplex „Schwarzarbeit“ von der Behörde angeführt wurde.

(…)

Noch in der Verhandlung begehrte der Rechtsvertreter eine schriftliche Ausfertigung.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Sachverhalt:

Die Identität des Beschwerdeführers (BF) steht fest. Er ist serbischer Staatsangehöriger und damit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG; er ist nicht begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG (Reisepass).

Der Beschwerdeführer verfügte nach der Verehelichung mit einer slowakischen Staats-angehörigen über eine Aufenthaltskarte als Angehöriger eines EWR-Bürgers. Diese Ehe, der eine Tochter entstammt, die wiederum aktuell mit ihrer Mutter in Bosnien lebt, wurde zwischenzeitlich geschieden. Er hatte einen Aufenthaltstitel für Slowenien, gültig bis 16.01.2021. Der nächste Termin für die Verlängerung wäre am 26.01.2021 bei der slowenischen Polizei gewesen. (PV-VHprotokoll).

Am 16.05.2017 stellte der Beschwerdeführer, der in Deutschland das Abitur und seine berufliche Ausbildung abgeschlossen hatte, danach zunächst als Fassadenarbeiter und Trockenbaumonteur (unter anderem) in Bosnien tätig war sowie in Deutschland von 2011-2014 eine Baufirma selbständig betrieb (PV-VH-Protokoll), einen Antrag auf Ausstellung einer Daueraufenthaltskarte. Mit Schreiben vom 13.09.2017, teilte die MA35 mit, dass bei Überprüfung der materiellen Erteilungsvoraussetzungen festgestellt wurde, dass er zuletzt als Bauleiter bei drei Bauunternehmen, nämlich die XXXX , XXXX und die XXXX , beschäftigt war, die per Bescheid der Finanzpolizei rechtskräftig als Scheinunternehmen festgestellt wurden (Schreiben v. 13.09.2017, Zahl: MA35-9/2924482-02). Da er im Zeitraum vom 21.10.2015 bis zum 17.06.2016 und ab dem 25.07.2017 laufend weder über ein aufrechtes Dienstverhältnis noch über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügte – ab dem 06.09.2017 war er im Bundesgebiet überhaupt nicht sozialversichert (Abfrage im AJ-WEB (Sozialversicherungsabfrage) – lagen die Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 51 NAG nicht vor und hatte er dadurch er sein Recht auf Daueraufenthalt verloren.

Schon im Jahr 2017 hatte die Verwaltungsbehörde versucht, des Beschwerdeführers aufgrund einer durchgeführten Hauerhebung „habhaft“ zu werden; dabei stellte sich heraus, dass er zwar im dritten Bezirk gemeldet, tatsächlich aber im zehnten Bezirk wohnhaft war, wo auch seine damals noch in Wien lebende Tochter (im 10 Bezirk) in die Schule ging (Bericht der LPD Wien GZ E1/335348/2016 vom Februar 2017; PV-VHprotokoll).

Aktuell ist der Beschwerdeführer mit einer in Österreich lebenden kroatischen Staatsbürgerin konfessionell, aber nicht standesamtlich verheiratet (PV-VHprotokoll) und lebt mit ihr jedenfalls seit einem Jahr in Österreich zusammen (Z-VHprotokoll).

Er hatte aber bei seiner Lebensgefährtin weder einen Hauptwohn- noch Nebenwohnsitz begründet, obwohl er „in der Zwischenzeit oft eingereist ist und mit der Frau (…) zusammenlebte. Das heißt, jedes Wochenende war ich bei ihr und unter der Woche habe ich zwei bis drei Mal bei ihr übernachtet. Maribor ist 230 km entfernt und mit dem Auto ist es ca. zwei bis zweieinhalb Stunden entfernt“.(PV-VHprotokoll).

Zuvor war er vom 22.02.2017 bis 31.08.2018 aufrecht bei einem privaten Unterkunftgeber – nicht aber bei der aktuellen Lebensgefährtin – aufrecht gemeldet (ZMR).

Danach lebte der Beschwerdeführer in der Zeit von 31.08.2018 bis 24.07.2020, (überschneidend im Ausmaße eines Jahres mit dem gemeinsamen Aufenthalt mit der aktuellen Lebensgefährtin), in Maribor bei einem namentlich genannten Freund, nannte aber weder in der Schubhafteinvernahme noch in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht die genaue Adresse, lediglich die Hausnummer gab er bekannt. Er war dort auch als Schweißer beschäftigt (PV-VHprotokoll, Schubhafteinvernahme).

Auf seine erstaunliche Mobilität angesprochen – neben dem Pendeln zwischen Österreich und Slowenien besucht der Beschwerdeführer in regelmäßigen Abständen seine in Bosnien lebende Tochter und seine in Serbien lebenden Eltern – bejahte der Beschwerdeführer die ihm gestellte Frage, wonach er „dauernd auf Achse“ sei (PV-VHprotokoll).

Fortlaufend vom 24.07.2020 bis zur aktuellen Schubhaft war der Beschwerdeführer in verschiedenen Haftanstalten gemeldet (ZMR-Auszug).

Mit rechtskräftigem Urteil des LG für Strafsachen Wien vom 10.12.2014, GZ: 73 Hv 125/2014g, wurden Sie wegen §§ 12 2. Fall, 302 Abs. 1, 12 2. Fall, 307 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt (SA-Auszug).

Mit rechtskräftigem Urteil des LG für Strafsachen Wien vom 15.10.2015, GZ: 111 Hv 61/2015a, wurden Sie wegen §§ 147, 147 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt (SA-Auszug).

Mit rechtskräftigem Urteil des LG für Strafsachen Wien vom 22.12.2020, GZ: 41 Hv 51/2020y, wurden Sie wegen §§ 12 2. Fall, 302 Abs. 1 StGB, 28a Abs. 1 5. Fall SMG, 224a StGB zu einer Freiheitsstrafe von einundzwanzig Monaten, davon 14 Monaten bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt (SA-Auszug). Der Beschwerdeführer wurde schuldig gesprochen, mit einer für die Gesellschaft besonders schädlichen Substanz, nämlich Kokain, gehandelt zu haben.

Unter Anrechnung der Vorhaften wurden er am 03.02.2021 aus der Justizhaft entlassen und aufgrund eines nach § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG erlassenen Festnahmeauftrages festgenommen und in das PAZ Hernalser Gürtel eingeliefert (Festnahmeauftrag; Anhalteprotokoll I).

Mit im Spruch angeführten Bescheid wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt; seitdem befindet sich der Beschwerdeführer in Schubhaft (Schubhaftbescheid, Anhaltedatei des BMI).

Er ist gesund und hat keine subjektiven Gesundheitsbeschwerden (PV-VHprotokoll; Anhaltedatei des BMI).

Mit Beschied der Verwaltungsbehörde vom 04.02.2021 wurde eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot in der Höhe von 8 Jahren erlassen (Bescheid v. 04.02.2021, Zl. 567338709).

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus der Aktenlage – siehe die in Klammer angeführten Quellen; insbesondere unstrittig sind die vorliegenden strafgerichtlichen Verurteilungen und das Bestehen eines Einreiseverbotes.

Die entsprechenden seitenlangen Beschwerdeausführungen sind völlig allgemein gehalten und erinnern eher an eine „Vorwissenschaftliche Arbeit“ als an eine substantiierte Beschwerde. Die Verwaltungsbehörde hat umfassende Sachverhaltsfeststellungen getroffen und auch diesen Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt und aufgrund der Gefahr des Untertauchens kein gelinderes Mittel angenommen.

Auch die heutige Verhandlung führte letztlich zu keinem anderen Ergebnis:

Folgende Sachverhaltselemente lassen insbesondere in ihrer Zusammenschau das Bestehen erheblicher Fluchtgefahr (bereits) zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung annehmen:

Schon im Jahre 2017 verschleierte er offensichtlich seinen wahren Aufenthalt – siehe Diskrepanz zwischen behördlicher Meldung im dritten Bezirk Wiens und tatsächliche Wohnungsnahme im zehnten Bezirk. Die Angabe/Rechtfertigung in der Verhandlung, dass dies im Zuge der Trennung von seiner damaligen Ehefrau erfolgt sei, vermag nicht nur für sich allein nicht zu überzeugen, sondern auch nicht vor dem Hintergrund seiner sonstigen Nichtbekanntgabe von Aufenthaltsorten:

So stellt sich als gänzlich unglaubwürdig dar, dass der Beschwerdeführer seinen (angeblichen) Hauptwohnsitz in Slowenien nicht genau anzugeben weiß – er wusste nur die Stadt und die Hausnummer, nicht aber die Straße – obwohl er in Slowenien über einen Aufenthaltstitel verfügte und nach seinen eigenen Angaben dort fünf Monate als Schweißer gearbeitet hatte:

Sich in diesem Zusammenhang auf das Navi-System ausreden zu wollen, überzeugt wiederum nicht, da ja auch das „Navi“ mit der exakten Adresse gespeist werden muss.

In diesem Zusammenhang fällt überhaupt die sehr, sehr große Mobilität des Beschwerdeführers auf, der zwischen Slowenien (Hauptwohnsitz), Bosnien (Besuch der dort lebenden Tochter), Serbien (Besuch der Eltern) und Österreich (gemeinsames Leben mit der Lebensgefährtin) pendelt, die den Beschwerdeführer, wie er selbst einräumte, ständig „auf Achse“ erscheinen lassen.

Dass der Abitur-/Maturaniveau aufweisende Beschwerdeführer, der zwischen 2011 und 2014 selbständig in Deutschland eine Baufirma führte, der in Österreich als Baustellenleiter tätig war und der offensichtlich auch auf kriminelle Weise den Kontakt mit österreichischen Behörde suchte – siehe seine beiden Verurteilungen wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch zum Zwecke der Auskundschaftung anderer Baufirmen – nicht um seine Verpflichtung wusste, hier in Österreich zumindest einen Zweitwohnsitz begründen zu müssen, erscheint nicht nachvollziehbar, noch dazu da er letztlich anführte, „jedes Wochenende war ich bei ihr und unter der Woche habe ich zwei bis drei Mal bei ihr übernachtet“.

Gerade das angeführte Maturaniveau und die langjährige Berufserfahrung in der Baubranche lassen auch nicht glaubhaft erscheinen, dass dem Beschwerdeführer der Umstand massiver Schwarzarbeit nicht bewusst war – diesen Umstand hatte er im Beschwerdeschriftsatz noch nicht in Abrede gestellt, erst in der Verhandlung versuchte er eine entsprechende Relativierung.

Selbst wenn man davon ausginge, dass dem Beschwerdeführer der Umstand der Schwarzarbeit nicht bewusst gewesen war, und er von einem legalen Arbeitsverhältnis ausging, insofern er also nicht die Rechtsordnung gebrochen habe, so bleibt seine sonstige massive Straffälligkeit übrig:

Im Besonderen ist hier auf die letzte Verurteilung gemäß § 28a SMG und hier wiederum auf den Handel mit einer besonders gefährlichen Substanz, nämlich Kokain, zu verweisen, wonach der Beschwerdeführer auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unzweifelhaft als Gefahr für die österreichische Gesellschaft einzustufen ist; der Versuch der Relativierung in der heutigen Verhandlung, er habe hier lediglich einem Freund bloß eine Gefälligkeit erwiesen, er sei kein großer Drogendealer und hätte sich auch nicht bereichert, weswegen die Strafe auch relativ niedrig ausgefallen sei, gelingt insofern nicht, als der Beschwerdeführer aber trotzdem Teil eines entsprechenden Systems ist/war.

Im Übrigen ist dieses Delikt auch nicht isoliert zu betrachten, der Beschwerdeführer weist mehrere Verurteilungen auf, wobei, wie schon vorhin angeführt, hier das Involviertsein in Amtsdelikte, mögen diese auch wiederum im Zusammenhang mit Gefälligkeitshandlungen stehen, hervorsticht.

Gerade die massive Straffälligkeit – im Besonderen sei hier nochmals auf die Verurteilung wegen Drogenhandels (§ 28a SMG) mit Kokain zu verweisen – lassen den Beschwerdeführer als große Gefahr für Österreich erscheinen.

Rechtliche Beurteilung

Zuständigkeit

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2

Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Vorab ist anzumerken, dass eine Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung in die serbische Sprache entfallen hätte können, da der Beschwerdeführer seine Angaben in der Verhandlung in einwandfreiem Deutsch tätigte.

Zu Spruchpunkt A) I. (Festnahmeauftrag, Festnahme):

Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 - FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) entscheidungswesentlich wie folgt:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (…)

Die für den gegenständlichen Fall maßgeblichen materiellen Bestimmungen lauten:

§ 40 Abs. 1 Ziffer 1 BFA VG

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt sind, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen,

1. gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht;

(…).

§ 34 BFA-VG

(3) Ein Festnahmeauftrag kann gegen einen Fremden auch dann erlassen werden,

(…)

3.        wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll

(…)

Die Beschwerde ist nicht einmal ansatzweise geeignet, die Rechtswidrigkeit der Festnahme (nach Verbüßung der Strafhaft) aufzuzeigen. Entgegen den Ausführungen der Beschwerde handelt es sich bei der Festnahme selbst um eine Maßnahme unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, welche keiner vorangehenden Bescheiderlassung bedarf, wie in der Beschwerde behauptet.

Der Aktenlage, insbesondere dem Anhalteprotokoll I, sind eindeutig die gesetzlichen Grundlagen, nämlich der entsprechende Behörden-/Festnahmeauftrag vom 03.02.2021 zu entnehmen.

Die Festnahme selbst stützte sich auf § 40 Abs. 1 Ziffer 1 BFA VG und stößt insofern also auf keine Bedenken, als entsprechend dieser Bestimmung der Festnahme/Behördenauftrag wiederum auf der Basis des § 34 Abs. 3 Ziff. 3 BFA-VG erfolgte (argum „gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll“).

In diesem Sinne erscheint auch der Behördenauftrag selbst als unbedenklich, wurde doch auch in der Zwischenzeit nach erfolgter Einvernahme eine entsprechende Rückkehrentscheidung/Einreiseverbot erlassen.

Dementsprechend hat daher die Verwaltungsbehörde und in deren Auftrag das Sicherheitsorgan rechtskonform gehandelt und war daher diesbezüglich die Beschwerde zu verwerfen.

Zu Spruchpunkt A) II. (Schubhaftbescheid, bisherige Anhaltung):

Die weitere maßgebliche Bestimmung des § 22a Abs. 1 BFA-VG lautet:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

(…)

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

Materielle Rechtsgrundlagen:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

§ 77 FPG - Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114; 02.08.2013, 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Die Verwaltungsbehörde hatte im Ergebnis völlig zu Recht erhebliche Fluchtgefahr angenommen; diese ist auch nach der durchgeführten Verhandlung aufgrund folgender zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung vorgelegener Umstände anzunehmen:

?        Massive Verschleierung der tatsächlichen Wohnsitznahme in der Form

?        der (auch aktuellen) Nichtbekanntgabe des Hauptwohnsitzes in Slowenien;

?        Nichtbekanntgabe des tatsächlichen Wohnsitzes im 10.Bezirk Wiens im Jahre 2017; stattdessen Täuschung der Behörden durch polizeiliche Anmeldung im 3. Bezirk Wiens;

?        (aktuelle) Nichtanmeldung bei der Lebensgefährtin (in Wien);

?        massives strafrechtliches Verhalten durch

?        dauernde Schwarzarbeit;

?        dreimalige strafrechtliche Verurteilungen, davon

o        zwei Mal Anstiftung zum Amtsmissbrauch;

o        schwerer Drogenhandel mit Kokain - §28a SMG.

Letztlich weisen die Verurteilungen den Beschwerdeführer als derart wenig vertrauenswürdige Person aus, was wiederrum bedeutet, dass so wenig an rechtskonformer sozialer Verankerung im Sine § 76 Abs. 3 Ziff. 9 FPG anzunehmen war, dass sich der Beschwerdeführer tatsächlich für die Finalisierung des Außerlandesbringungsverfahrens und baldige Abschiebung bereithalten würde.

Im Besonderen ist im Zusammenhang mit der kriminellen Laufbahn des Beschwerdeführers hervorzuheben, dass es sich bei ihm offensichtlich um einen nicht ungebildeten, ja mit Matura-Niveau versehen Menschen handelt, der sogar mehrere Jahre selbstständig ein Bauunternehmen in Österreich hatte, und selbst, nach dem er bereits einmal verurteilt wurde, offensichtlich noch weiter ins kriminelle Milieu abrutschte. Vor dem Hintergrund seiner ursprünglichen sozialen Stellung ist dies gänzlich nicht nachvollziehbar und lässt ihn daher umso mehr vertrauensunwürdig erscheinen.

Die Verwaltungsbehörde hatte daher insofern zutreffend § 76 Abs. 3 Ziff. 9 FPG („mangelnde soziale Verankerung“) angewendet und die entsprechende Vertrauensunwürdigkeit abgeleitet.

Gerade der Umstand, dass der Beschwerdeführer eben, wie schon ausgeführt, nicht nur über Maturaniveau verfügt, sondern auch selbst ein Unternehmen in Österreich besaß, lässt seine Rechtfertigung in der heutigen Verhandlung, warum er sich hier in Österreich nicht zumindest zweitwohnsitzmäßig bei der Lebensgefährtin angemeldet hat, um für die österreichischen Behörden und Gerichte verfügbar zu sein, in einem negativen Licht erscheinen und hat auch diesbezüglich die Verwaltungsbehörde § 76 Abs. 3 Ziff. 1 FPG („Gefahr des Untertauchens)“ zutreffend angenommen; wie schon angeführt, fügt sich diese Unterlassung der (polizeilichen) Meldung in die Strategie der Verschleierung des jeweiligen Aufenthaltsortes überhaupt.

Aufgrund der bestehenden Fluchtgefahr hatte die Verwaltungsbehörde auch zu Recht kein gelinderes Mittel – finanzielle Sicherheitsleistung, Unterkunftnahme, periodische Meldeverpflichtung – in Erwägung gezogen.

Insbesondere hatte schon bisher die Lebensgemeinschaft den Beschwerdeführer nicht von der Verübung schwerer strafbarer Handlungen und der Verschleierung seines jeweiligen tatsächlichen Aufenthaltes abgehalten.

Die schon bisher bestehende Unterkunftmöglichkeit bei der Lebensgefährtin und auch keine finanzielle Sicherheitsleistung hätten gerade aktuell nach Erhalt des Bescheides über die Außerlandesbringung/des Einreiseverbotes bewirkt, dass sich der Beschwerdeführer für die Behörden bereitgehalten hätte:

Zu viel wäre gerade wirtschaftlich mit dem Verlust des slowenischen Aufenthaltstitels auf dem Spiel gestanden und hätte er sich sofort nach Slowenien begeben, um wenigstens den slowenischen Aufenthaltstitel noch zu retten.

Dieser war ja am 16.01.2021 ausgelaufen und hätte der Beschwerdeführer am 26.01.2021 bei der slowenischen Polizei (zum Zwecke der Verlängerung) erscheinen sollen.

In diesem Sinne wäre natürlich auch eine periodische Meldeverpflichtung ausgeschieden.

Dass der Beschwerdeführer aufgrund seines gesamten strafrechtlichen Verhaltens, aber insbesondere durch den Schuldspruch wegen Drogenhandels mit einer besonders gefährlichen Substanz, nämlich Kokain, in einer die Grenzmenge überschreitenden Menge, schuldig gesprochen wurde, weist ihn als besonders gefährlich für die österreichische Gesellschaft aus.

Insbesondere mit letzterer Verurteilung sind die Grundfesten einer Gesellschaft betroffen und ist auch insofern § 76 Abs. 2 Z 1 FPG erfüllt, wie bereits die Verwaltungsbehörde zutreffend herausarbeitete.

Auch die Verhältnismäßigkeitsprüfung durch die Verwaltungsbehörde erweist sich als völlig zutreffend: Hierbei ist besonders § 76 Abs. 2a FPG zu beachten, der ausdrücklich die Berücksichtigung strafrechtlicher Verurteilungen normiert. Vor diesem Hintergrund ist jedenfalls im Hinblick auf die massive Straffälligkeit den Interessen des Staates an der Durchsetzung fremdenrechtlicher Normen gegenüber dem Interesse des Beschwerdeführers und seiner Freiheit der Vorrang einzuräumen.

Da der Beschwerdeführer erst seit kurzem in Schubhaft angehalten wird, stößt die bisherige Anhaltung auch in zeitlicher Hinsicht auf keine Bedenken unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit.

In diesem Sinne war daher der Schubhaftbescheid und die darauf basierende Anhaltung zu bestätigen.

Mit dem Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer müsste in bestimmten Verfahren in Österreich noch als Zeuge, allenfalls als Verdächtiger aussagen, vermag der Rechtsvertreter keine Rechtswidrigkeit der Schubhaft aufzuzeigen, denn berühren derartige Verfahren die Möglichkeit der Sicherung eines Verfahrens zur Außerlandesbringung und einer Abschiebung in keinster Weise; durch entsprechende Visumerteilung kann nämlich dem Beschwerdeführer jederzeit die Möglichkeit eröffnet werden, hier in Österreich eine Aussage zu treffen.

Das Argument der Differenzierung zwischen Bundesinteressen und Landesinteressen im Zusammenhang mit dem Umstand der Schwarzarbeit bedurfte mangels irgendwelcher gesetzlicher Anhaltspunkte keiner weiteren Vertiefung.

Es war daher die Entscheidung der Verwaltungsbehörde vollständig zu bestätigen.

Zu Spruchpunkt A II. (Fortsetzung der Anhaltung):

Die entscheidungsrelevante Bestimmung des § 22 Abs. 3 BFA-VG idgF lautet:

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

All das soeben zu Spruchpunkt II. Gesagte gilt auch für die Fortsetzung der Anhaltung, wobei hier zu beachten ist, dass die Beschwerdeerhebung insofern verwundert, als die zukünftige Anhaltung ohnehin nur noch einen einzigen Tag dauern wird, sofern der Beschwerdeführer nicht die Abschiebung vereitelt.

Mit der Möglichkeit, bei der Lebensgefährtin Unterkunft zu nehmen, ist, vor dem Hintergrund der angenommenen Vertrauensunwürdigkeit nichts gewonnen; auch die Lebensgefährtin als Unterkunftgeberin hatte es bis dato verabsäumt, den Beschwerdeführer hier anzumelden.

Betrac

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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