TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/18 W117 2236467-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.02.2021
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Entscheidungsdatum

18.02.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch


W117 2236467-5/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richter Dr. Druckenthaner im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl 1264062807/200578234, über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , alias geb. XXXX , StA. INDIEN, in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt nach Österreich ein, wurde im Zuge einer fremdenrechtlichen Kontrolle am 20.04.2020 festgenommen und in ein Polizeianhaltezentrum eingeliefert und einvernommen. Im Zuge dieser Einvernahme stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz.

Nach durchgeführter Erstbefragung wurde der Beschwerdeführer am 21.04.2020 um 15:14 Uhr in eine Erstaufnahmestelle überstellt. Von dort entfernte er sich, tauchte unter und meldete sich schließlich obdachlos. Seine durch die Obdachlosmeldung entstandene Meldeverpflichtung hielt der Beschwerdeführer nicht ein.

Der Antrag zur Erlangung internationalen Schutzes wurde in erster Instanz rechtskräftig abgewiesen und gleichzeitig eine Rückkehrentscheidung erlassen. Diese behördliche Entscheidung erwuchs mit 24.06.2020 in Rechtskraft und endete die darin eingeräumte Ausreisefrist am 08.07.2020.

Aufgrund eines aufrechten Festnahmeauftrages wurde der Beschwerdeführer sohin am 09.07.2020 festgenommen und in ein Polizeianhaltezentrum eingeliefert. Am 09.07.2020 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme, bei welcher der Beschwerdeführer im Wesentlichen angab, gesund zu sein, in Österreich keine Familienangehörigen zu haben und illegal als Zeitungszusteller zu arbeiten. Er nannte zwar eine Wohnadresse, diese konnte jedoch von den Beamten nicht verifiziert werden, da der Beschwerdeführer seine diesbezüglichen Angaben immer wieder nach Vorhalt korrigierte. Der Beschwerdeführer verfügte zu diesem Zeitpunkt über Bargeld in Höhe von € 30,00.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 09.07.2020 in Schubhaft.

Zur Erlangung eines Heimreisezertifikates wurde für den 16.07.2020 ein Vorführungstermin bei der indischen Vertretungsbehörde organisiert. Der Beschwerdeführer verweigerte dort das Ausfüllen der Formulare, jedoch war die Identität des Beschwerdeführers aufgrund des vorliegenden indischen Führerscheines bestätigt. Der Beschwerdeführer verhielt sich sehr unkooperativ und zeigte sich auch nicht rückkehrwillig.

Der Beschwerdeführer trat am 29.12.2020 in den Hungerstreik.

Mit Email vom 21.01.2021 legte das Bundesamt die Niederschrift vom selben Tag über die Verständigung des Beschwerdeführers hinsichtlich der Verlängerung der Schubhaftdauer vor. Darin gab der Beschwerdeführer unter anderem an, dass er nicht nach Indien zurückkönne, weil er dort nichts und niemanden habe und begehrte er seine Haftentlassung.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in weiterer Folge im Rahmen amtswegiger Verhältnismäßigkeitsprüfungen regelmäßig – zuletzt am 26.01.2021 – ausgesprochen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft vorliegen und diese verhältnismäßig ist.

Am 12.02.2021 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt fristgerecht zur amtswegigen Schubhaftprüfung vor und führte im Rahmen einer Stellungnahme wie folgt aus:

Es liegt die mündliche Zustimmung der indischen Behörden für die Ausstellung eines HZ vor. Es konnte zunächst ein Flugtermin für den 22.02.2021 organisiert werden. Dieser Flugtermin wurde storniert und musste eine begleitete Abschiebung organisiert werden. (…) Im konkreten Fall fehlt die Ausreisewilligkeit und der anhaltende Hungerstreik zeigt, dass ein aktiver oder passiver Widerstand nicht ausgeschlossen werden kann. Es müssen daher besonders geschulte Organe der öffentlichen Sicherheit diesen Flug begleiten. Sobald der Abschiebetermin feststeht, wird die indische Botschaft verständigt, so dass zeitgerecht, dass erforderliche HZ abgeholt werden kann. Sobald der Flugtermin feststeht wird dieser Termin diesem Ansuchen nachgereicht werden.

(…)

Herr XXXX ist nicht bereit freiwillig auszureisen und hat in der Vergangenheit bereits aufgezeigt, dass er alles daransetzt, um eine Abschiebung nach Indien zu verhindern. Herr XXXX wird auch zukünftig im Verfahren zur Sicherung der Abschiebung nicht mitwirken und muss daher die Schubhaft weiter verlängert werden.

(…)

Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15.02.2021 die Stellungnahme des Bundesamtes übermittelt und eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt. Diese ist fruchtlos verstrichen.

Mit Email vom 16.02.2021 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, zu der anhängigen Schubhaftverlängerung mit, dass eine begleitete Abschiebung für den 06.03.2021 nach Delhi/Indien organisiert werden konnte.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 09.07.2020, somit länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft. Es ist gemäß § 22a Abs 4 BFA-VG daher die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu prüfen und festzustellen, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Der Beschwerdeführer befindet sich zum Entscheidungszeitpunkt länger als sechs Monate in Schubhaft. Es ist zu überprüfen, ob die Voraussetzungen des § 80 Abs. 4 FPG vorliegen. Zudem ist zu überprüfen, ob das Bundesamt der Verständigungspflicht des § 80 Abs. 7 FPG nachgekommen ist.

Die letzte gerichtliche Haftüberprüfung erfolgte mit Erkenntnis vom 26.01.2021. Die vierwöchige Frist zur Überprüfung endet daher am Mittwoch, 23.02.2021.

Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Indien. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der Beschwerdeführer ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Der Beschwerdeführer wird seit 09.07.2020 in Schubhaft angehalten, die gesetzliche Frist zur neuerlichen Überprüfung der Schubhaft endet am 23.02.2021.

Bereits am 09.01.2021 wurde der Beschwerdeführer sechs Monate in Schubhaft angehalten. Das Bundesamt ist seiner gesetzlichen Verständigungspflicht über das Vorliegen der Verlängerungsgründe schriftlich und in einer dem Beschwerdeführer verständlichen Sprache in Kenntnis zu setzen nicht unverzüglich nachgekommen. Das Bundesamt hat den Beschwerdeführer am 21.01.2021 darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Schubhaftdauer mangels Vorliegens eines Heimreisezertifikats und der anhängigen Klärung der Identität auf 18 Monate ausgedehnt werden kann. Der Beschwerdeführer wurde davon in der Sprache Punjabi in Kenntnis gesetzt (OZ 6).

Gegen den Beschwerdeführer besteht eine aufenthaltsbeendende Maßnahme, die seit 24.06.2020 rechtskräftig ist (INT Akt AS 115 – AS 212 sowie AS 229).

Der Beschwerdeführer war und ist haftfähig. Der Beschwerdeführer war vom 15.09.2020 bis 22.09.2020 und befindet sich seit 29.12.2020 im Hungerstreik. Der Beschwerdeführer ist unter ständiger medizinischer Kontrolle; die letzte Kontrolle erfolgte am (heutigen) Tag der Entscheridung. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu medizinischer Versorgung (Anhaltedatei; Stellungnahme des Bundesamtes vom 19.01.2021).

1.2. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf

1.2.1. Der Beschwerdeführer ist nicht ausreisewillig. Der Beschwerdeführer wird an einer freiwilligen oder unterstützten Ausreise in seinen Herkunftsstaat nicht mitwirken. Der Beschwerdeführer wird sich einer möglichen zwangsweisen Abschiebung widersetzen und eine solche Abschiebung zu verhindern versuchen. Der Beschwerdeführer wird am weiteren Verfahren zur Außerlandesbringung nicht mitwirken. Der Beschwerdeführer befindet sich seit 29.12.2020 im Hungerstreik, um seine Haftentlassung zu erpressen.

1.2.2. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich weder über Familienangehörige noch sonstige enge soziale Bindungen. Er ging in Österreich bisher keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, verfügt über keine Barmittel und keinen eigenen gesicherten Wohnsitz (Anhaltedatei; Einvernahme des Beschwerdeführers vom 09.07.2020 = SIM Akt AS 68 ff; Melderegister). Der Beschwerdeführer war in Österreich von 19.05.2020 bis 25.05.2020 ohne behördliche Meldung. Der Beschwerdeführer war in Österreich von 26.05.2020 bis 09.07.2020 als obdachlos gemeldet. Der Beschwerdeführer missachtete seine Meldeverpflichtung bei der Kontaktstellte (SIM Akt AS 69).

1.3. Zur Verhältnismäßigkeit und Dauer der Schubhaft

1.3.1. Der Beschwerdeführer ist in Österreich unbescholten (Strafregister).

1.3.2. Das Bundesamt hat zeitgerecht ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates eingeleitet und mehrfach hinsichtlich der Ausstellung eines Heimreisezertifikates urgiert. Das Bundesamt hat für den Beschwerdeführer am 16.07.2020 bei der indischen Vertretungsbehörde einen Vorführtermin organisiert. Das Bundesamt hat angemessene Bemühungen zur Erlangung eines Heimreisezertifikates unternommen, indem es hinsichtlich der Ausstellung eines Heimreisezertifikates mehrmals, zuletzt am 18.01.2021 bei der Vertretungsbehörde urgiert hat. Von der indischen Vertretungsbehörde wurde die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bereits zugesagt und wird der Beschwerdeführer am 06.03.2021 per begleiteter Charterabschiebung nach Delhi/Indien rückgeführt werden.

Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes die bisherigen Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers betreffend, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, dem vorliegenden Gerichtsakt sowie den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes die Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers betreffend. Er ergibt sich ebenfalls aus den Stellungnahme des Bundesamtes vom 19.01.2021 und 15.02.2021 sowie der Mitteilung vom 16.02.2021.

Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

Dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger von Indien ist, ergibt sich einerseits aus der Zusage der Vertretungsbehörde zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates und damit verbunden Bereitschaft zur Rückübernahme am 06.03.2021, andererseits aus den damit in Einklang stehenden Angaben des Beschwerdeführers in den Einvernahmen vor dem Bundesamt. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des Beschwerdeführers. Da der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers abgewiesen wurde, ist der Beschwerdeführer weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Dass der Beschwerdeführer seit 09.07.2020 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres. Da die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft zuletzt mit Erkenntnis vom Mittwoch, 26.01.2021, zugestellt am selben Tag gerichtlich überprüft wurde, endet die Frist zur neuerlichen Überprüfung am Dienstag, dem 22.02.2021 (W283 2236467-4/9E).

Dass der Beschwerdeführer bereits am 09.01.2021 sechs Monate in Schubhaft angehalten wurde, ergibt sich aufgrund der Anhaltedatei. Dass das Bundesamt seiner gesetzlichen Verständigungspflicht über das Vorliegen der Verlängerungsgründe nachgekommen ist, ergibt sich aus der Verständigung vom 21.01.2021. Dass das Bundesamt den Beschwerdeführer am 21.01.2021 in der Sprache Punjabi in Kenntnis gesetzt, dass die Schubhaftdauer mangels Vorliegens eines Heimreisezertifikats und der anhängigen Klärung der Identität auf 18 Monate ausgedehnt werden kann, war aufgrund der vorgelegten Niederschrift vom 21.01.2021 festzustellen (OZ 6).

Die Feststellungen zum Vorliegen einer rechtskräftigen aufenthaltsbeendenden Maßnahme fußen auf der Einsicht in den Asylakt, konkret den im Verfahren erlassenen Bescheid des Bundesamtes vom 26.05.2020 (INT Akt AS 115 – AS 212 sowie AS 229).

Aus dem Akt ergeben sich keine Indizien für eine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers, wobei er selbst bei seiner Einvernahme am 09.07.2020 angegeben hat, dass er gesund sei und keine Medikamente nehme. Der Eintritt in den Hungerstreik fußt auf die Eintragungen in der Anhaltedatei. Dass der Beschwerdeführer aufgrund seines Eintritts in den Hungerstreik unter ständiger medizinischer Kontrolle ist, ergibt sich aufgrund der Stellungnahme des Bundesamtes vom 19.01.2021, sei eine aktuelle Haftfähigkeit nach der (heutigen) Kontrolle am 18.02.2021 – ausdrücklich führt „Befund und Gutachten“ aus: „Klinisch unverändert in gutem AZ/EZ. Haftfähigkeit gegeben.“ Dass er Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.

2.2. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf

2.2.1. Die Feststellungen zur Ausreiseunwilligkeit, zur Nichtmitwirkung, zur Verhinderung oder Vereitelung der Abschiebung des Beschwerdeführers waren aufgrund seiner eigenen Angaben im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt am 21.01.2021 zu treffen, wobei der Beschwerdeführer angegeben hat, dass er nicht in seinen Herkunftsstaat zurückkehren könne, da er dort nichts und niemanden habe und zudem aufgrund des Vorverhaltens des Beschwerdeführers, nachdem er seiner Meldeverpflichtung nicht nachkam und sich vor den Behörden im Verborgenen aufgehalten hat. Dass der Beschwerdeführer im Hungerstreik ist, um seine Haftentlassung zu erwirken, war aufgrund der Einsicht in die Anhaltedatei festzustellen.

2.2.2. Die Feststellungen zu den mangelnden familiären, sozialen und beruflichen Anknüpfungspunkten des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme vom 09.07.2020. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer über keine Barmittel verfügt, ergibt sich zudem aufgrund der Einsicht in die Anhaltedatei, wonach der Beschwerdeführer über kein Bargeld verfügt. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer über einen eigenen gesicherten Wohnsitz verfügt, liegen nicht vor, insbesondere verfügt er aktuell über keine Meldeadresse außerhalb eines Polizeianhaltezentrums, was sich aus dem Melderegister ergibt. Dass der Beschwerdeführer seit seiner Einreise nach Österreich 6 Tage ohne behördliche Meldung war und während der Obdachlosigkeit die Meldeverpflichtung bei der Kontaktstelle missachtete ergibt sich aufgrund der Einsichtnahme in das Melderegister und den Akt des Bundesamtes (SIM Akt AS 69).

Zur Verhältnismäßigkeit und Dauer der Schubhaft

Dass der Beschwerdeführer in Österreich unbescholten ist, beruht auf einer Einsichtnahme in das Strafregister.

Die Feststellungen zum Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer und letztlich Fixierung des Abschiebetermines beruhen auf dem Akteninhalt, insbesondere auf der Stellungnahme des Bundesamtes vom 19.01.2021. Aufgrund des regelmäßigen Urgierens des Bundesamtes und der raschen Organisation eines Vorführtermins am 16.07.2020 war die Feststellung der Angemessenheit der Bemühungen des Bundesamtes zur Erlangung eines Heimreisezertifikates zu treffen. Sie mündeten letztlich erfolgreich in der Organisation des Abschiebetermins am 06.03.2021.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A) Fortsetzungsausspruch

Gesetzliche Grundlagen

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lauten (auszugsweise):

Der mit „Begriffsbestimmungen“ betitelte § 2 FPG lautet:

§ 2 (4) Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist

1. Fremder: wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt.

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 FPG lautet:

§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 lautet:

§ 80 (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1.

drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2.

sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1.

die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.

eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3.

der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4.

die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

§ 22a (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

3.1.3. Art. 2 und Art. 15 Rückführungsrichtlinie lauten auszugsweise:

„Anwendungsbereich (Rückführungsrichtlinie)

Art 2. (1) Diese Richtlinie findet Anwendung auf illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhältige Drittstaatsangehörige.“

„Inhaftnahme (Rückführungsrichtlinie)

Art 15. (1) Sofern in dem konkreten Fall keine anderen ausreichenden, jedoch weniger intensiven Zwangsmaßnahmen wirksam angewandt werden können, dürfen die Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörige, gegen die ein Rückkehrverfahren anhängig ist, nur in Haft nehmen, um deren Rückkehr vorzubereiten und/oder die Abschiebung durchzuführen, (…)

(5) Die Haft wird so lange aufrechterhalten, wie die in Absatz 1 dargelegten Umstände gegeben sind und wie dies erforderlich ist, um den erfolgreichen Vollzug der Abschiebung zu gewährleisten. Jeder Mitgliedstaat legt eine Höchsthaftdauer fest, die sechs Monate nicht überschreiten darf. 

(6) Die Mitgliedstaaten dürfen den in Absatz 5 genannten Zeitraum nicht verlängern; lediglich in den Fällen, in denen die Abschiebungsmaßnahme trotz ihrer angemessenen Bemühungen aufgrund der nachstehend genannten Faktoren wahrscheinlich länger dauern wird, dürfen sie diesen Zeitraum im Einklang mit dem einzelstaatlichen Recht um höchstens zwölf Monate verlängern:
a.         mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens der betroffenen Drittstaatsangehörigen oder,
b.         Verzögerung bei der Übermittlung der erforderlichen Unterlagen durch Drittstaaten.

…“

3.2. Zur Judikatur

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Gemäß § 22a Abs. 4 dritter Satz BFA-VG gilt mit der Vorlage der Verwaltungsakten durch das BFA eine Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG - einen neuen Hafttitel dar. Über vor (oder nach) der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH vom 29.10.2019, Ra 2019/21/0270; VwGH vom 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Diesen Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann (VwGH vom 11.06.2013, 2013/21/0024).

Wird die Aufrechterhaltung einer - wegen Wegfalls des bisherigen Tatbestandes eigentlich zu beendenden - Schubhaft aber auf einen anderen Grund gestützt, muss es dem Betroffenen möglich sein, die Annahme des Vorliegens des neuen Schubhafttatbestandes mit Beschwerde effektiv zu bekämpfen. Das setzt eine entsprechende Kenntnis vom Austausch des Schubhaftgrundes voraus, sodass die Behörde gegenüber dem Fremden insoweit eine Informationspflicht trifft (Hinweis E VfGH 23. Juni 1994, B 2019/93, VfSlg 13806; Urteil OGH 29. Juli 2005, 14 Os 76/05s). In dieser Konstellation ist daher eine unverzügliche schriftliche Verständigung des Angehaltenen vorzunehmen, wie sie in § 80 Abs 7 FrPolG 2005 vorgesehen ist. Um dem verfassungsrechtlichen Gebot des Art 5 Abs 2 MRK bzw. des Art 4 Abs 6 PersFrSchG 1988 Rechnung zu tragen, wonach jeder Festgenommene in möglichst kurzer Frist und in einer ihm verständlichen Sprache über die Gründe seiner Festnahme unterrichtet werden muss (Hinweis Urteil EGMR 2. Oktober 2008, Appl Nr 34082/02, Rusu gg. Österreich), muss diese Information in einer dem Schubhäftling verständlichen Sprache erfolgen. Nur durch eine solche schriftliche Verständigung wird der Rechtsschutz für den Betroffenen ausreichend gewahrt, wird er doch erst dadurch in die Lage versetzt, die angenommenen Voraussetzungen für die weitere Anhaltung mit einer Schubhaftbeschwerde wirksam zu bekämpfen (VwGH vom 18.12.2008, 2008/21/0582).

Die Z 4 des § 80 Abs. 4 FPG wurde mit dem FrÄG 2017 eingeführt. Die in § 80 Abs. 4 Z 1 bis 3 FPG angeführten Tatbestände standen - mit hier nicht weiter relevanten Änderungen - bereits vor Inkrafttreten des FrÄG 2017 in Geltung. In dessen ErläutRV (1523 BlgNR 25. GP 36) wird zur insgesamt erfolgen Neufassung des § 80 Abs. 4 FPG mehrfach auf Art. 15 Abs. 6 RückführungsRL Bezug genommen. Mit § 80 Abs. 4 FPG idF des FrÄG 2017 soll demnach Art. 15 Abs. 6 RückführungsRL umgesetzt werden. In diesem Sinn ist auch der Verlängerungstatbestand des § 80 Abs. 4 Z 4 FPG - vor dem Hintergrund der gebotenen richtlinienkonformen Interpretation – auszulegen (VwGH vom 15.12.2008, Ra 2020/21/0404-12).

3.3. Allgemeine Voraussetzungen

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Gegen den Beschwerdeführer besteht seit 24.06.2020 eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme. Daher war die Anhaltung in Schubhaft seit 09.07.2020 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zur Sicherung der Abschiebung grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich.

3.4. Fluchtgefahr

Fluchtgefahr ist dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Die Gründe aus denen das Bundesamt die Fluchtgefahr bejahte haben sich seither nicht geändert und geht im vorliegenden Fall das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus:

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert.

Da der Beschwerdeführer angegeben hat, dass er nicht bereit ist seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen, er außerdem schon einmal, nämlich vom 15.09.2020 bis 22.09.2020 und aktuell seit 29.12.2020 in Hungerstreik ist, war und ist der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Da gegen den Beschwerdeführer eine durchsetzbare und rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt, ist der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt sind gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen.

Das Verfahren hat keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Fall des Beschwerdeführers Änderungen im Zusammenhang mit der Ziffer 9 gegeben habe. Insbesondere hat der Beschwerdeführer nach seinen Angaben keine Familienangehörigen in Österreich. Der Beschwerdeführer verfügt im Inland über keinerlei enge soziale, berufliche oder familiäre Anknüpfungspunkte und ist auch nicht selbsterhaltungsfähig, weshalb keinerlei soziales Netz vorhanden ist, welches ihn vom Untertauchen bewahren könnte. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG ist daher gegenständlich ebenfalls nach wie vor erfüllt.

Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3 und Z 9 FPG vor.

Sicherungsbedarf

Sicherungsbedarf ist zu bejahen, wenn die Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers gegeben oder wahrscheinlich ist oder ein wesentliches Erschweren der Abschiebung zu erwarten ist.

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des Beschwerdeführers ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist. Der Beschwerdeführer hat zuletzt am 21.01.2021 zum Ausdruck gebracht, dass er nicht bereit sei, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Der Beschwerdeführer hat damit zum Ausdruck gebracht, dass er sich seiner Abschiebung in den Herkunftsstaat widersetzen werde.

Es liegt eine den Beschwerdeführer betreffende durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Zeitnah nach der Ausstellung eines Heimreisezertifikates, das zum Entscheidungszeitpunkt bereits mündlich zugesagt wurde, wird die Abschiebung des Beschwerdeführers effektuiert. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

In Österreich befinden sich weder nahe Familienangehörige des Beschwerdeführers noch ist er sonst sozial eng verankert. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen gefestigten Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach.

Es ist daher auch Sicherungsbedarf gegeben.

Verhältnismäßigkeit

Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Betrachtet man die Interessen des Beschwerdeführers an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer enge familiäre Kontakte und andere enge soziale oder berufliche Kontakte im Inland nicht vorweisen konnte die im Rahmen der Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung zu beeinflussen geeignet waren. Der Beschwerdeführer hat mit seinen Angaben im Zuge seiner Befragung am 21.01.2021 zum Ausdruck gebracht, dass er keine Unterordnung unter das bestehende Fremdenrechtssystem beabsichtigt und nicht gewillt ist seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Zudem versucht der Beschwerdeführer seine Enthaftung durch seinen Hungerstreik durchzusetzen und sich damit freizupressen, um seiner bevorstehenden Abschiebung zu entgehen. Dem gegenüber wiegen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers, der keine engen Kontakte und keine engen Angehörigen in Österreich hat, weit weniger schwer als das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer wird zeitnah nach Ausstellung des Heimreisezertifikates, nämlich am 06.03.2021, abgeschoben abgeschoben werden. Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung in Schubhaft ist daher nach derzeitigem Stand mit wenigen Wochen, einzustufen.

In Anbetracht der höchstzulässigen Schubhaftdauer im Ausmaß von 18 Monaten (siehe dazu nachfolgenden Punkt) und der angemessenen und letztlich erfolgreichen Bemühungen des Bundesamtes erweist sich im vorliegenden Fall insbesondere im Hinblick auf den wiederholten und aktuell beharrlichen Eintritt in den Hungerstreik des Beschwerdeführers die Anhaltung des Beschwerdeführers als verhältnismäßig. Es ist fallbezogen jedenfallsvertretbar, die Schubhaft im Hinblick auf den zeitnahen Abschiebetermin aufrecht zu erhalten.

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft zum Entscheidungszeitpunkt das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.

Dauer der Schubhaft

Zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer noch vor dem Hintergrund der zulässigen Dauer einer Anhaltung in Schubhaft in Schubhaft angehalten werden darf und allenfalls in weiterer Folge, ob eine Abschiebung des Beschwerdeführers noch innerhalb der noch zur Verfügung stehenden, zulässigen Dauer der Schubhaft bewerkstelligt werden kann.

Die Verlängerung der Schubhaft über den Zeitraum von sechs Monaten gemäß § 80 Abs. 2 Z 2 FPG ist im vorliegenden Fall, mangels Anwendbarkeit von § 80 Abs. 3 und Abs. 5 FPG nur unter den Voraussetzungen des § 80 Abs. 4 zulässig.

3.6.1.1. Aus den erläuternden Bemerkungen zu § 80 FPG (RV 1523 BlgNR XXV. GP 2, Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 – FrÄG 2017) ergibt sich:

„Schließlich wird durch die Änderung des § 80 FPG einerseits die Regelung der höchstzulässigen Dauer der Schubhaft den Vorgaben des Unionsrechts auf Grund der Richtlinie 2008/115/EG über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, ABl. Nr. L 348 vom 24.12.2008 S. 98 (im Folgenden: „Rückführungs-RL“) angepasst.“

Mit § 80 FPG wird die Bestimmung des Art. 15 Rückführungs-RL umgesetzt. Ist eine Anhaltung des Fremden in Schubhaft über die übliche Dauer gemäß § 80 Abs. 2 FPG vorgesehen und fällt daher die Überprüfung einer Anhaltung in Schubhaft in den Anwendungsbereich der Rückführungs-RL, ist die innerstaatliche Bestimmung des § 80 FPG richtlinienkonform auszulegen.

Beim Beschwerdeführer handelt es sich gemäß Art. 2 Abs. 1 Rückführungs-RL um einen Drittstaatsangehörigen, der sich illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates aufhält. Die Rückführungs-RL ist im gegenständlichen Fall daher anwendbar und die Bestimmung des § 80 FPG daher im Sinne der Rückführungs-RL auszulegen.

Die Anhaltung in Schubhaft darf gemäß § 80 Abs. 2 FPG grundsätzlich die Dauer von sechs Monaten nicht übersteigen. Dies steht im Einklang mit Art. 15 Abs. 5 der Rückführungs-RL.

Im gegenständlichen Fall wird der Beschwerdeführer seit 27.03.2020 in Schubhaft angehalten, sodass eine Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb von sechs Monaten, sohin bis zum 27.09.2020 hätte durchgeführt werden müssen.

Zu prüfen ist daher, ob in der vorliegenden Konstellation aufgrund der Bestimmungen des § 80 Abs. 4 FPG iVm Art. 15 Rückführungs-RL von einer Schubhaftdauer von bis zu 18 Monaten auszugehen ist.

Das Bundesamt hat den Beschwerdeführer am 21.01.2021 gemäß § 80 Abs. 7 FPG davon in Kenntnis gesetzt, dass die weitere Anhaltung aufgrund des Vorliegens des § 80 Abs. 4 FPG erfolgt.

Gemäß § 80 Abs. 4 Z 1 FPG kann ein Drittstaatsangehöriger bis zu 18 Monate in Schubhaft angehalten werden, wenn er bisher deshalb nicht abgeschoben werden konnte, weil die Abschiebung dadurch gefährdet scheint, dass die Feststellung der Identität und der Staatsangehörigkeit des Fremden, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes nicht möglich ist.

Mit dieser Bestimmung wird Art. 15 Abs. 6 der Rückführungs-RL umgesetzt, wonach sich in den Fällen, in denen Abschiebungsmaßnahmen trotz ihrer angemessenen Bemühungen aufgrund (lit. a) der mangelnden Kooperationsbereitschaft seitens der betroffenen Drittstaatsangehörigen wahrscheinlich länger dauern werden oder Abschiebungsmaßnahmen trotz ihrer angemessenen Bemühungen aufgrund (lit. b) von Verzögerungen bei der Übermittlung der erforderlichen Unterlagen durch Drittstaaten wahrscheinlich länger dauern werden, die höchstmögliche Schubhaftdauer um weitere 12 Monate verlängert.

§ 80 Abs. 4 Z 1 FPG stellt auf eine Gefährdung der Abschiebung ab, die sich daraus ergeben kann, dass die Feststellung der Identität und der Staatsangehörigkeit des Fremden, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes nicht möglich ist.

Art. 15 Abs. 6 lit a der Rückführungs-RL stellt darauf ab, dass sich eine Abschiebung aufgrund der mangelnden Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers verzögert. Nach der Rückführungs-RL und der jüngsten Rechtsprechung des VwGH vom 15.12.2020 (Ra 2020/21/0404-12) muss die mangelnde Kooperationsbereitschaft des Drittstaatsangehörigen daher kausal für die Verzögerung von Abschiebungsmaßnahmen sein, sodass auch § 80 Abs. 4 Z 1 FPG diesbezüglich im Sinn von Art 15 Rückführungs-RL auszulegen ist.

Der Beschwerdeführer hat im Verfahren angegeben, Staatsangehöriger von Indien zu sein und wurde schließlich von der Vertretungsbehörde die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bereits zugesichert. Eine kausale, mangelnde Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers, die zur Verzögerung bei der Ausstellung des Heimreisezertifkates geführt haben, liegt daher in casu nicht vor.

Zu prüfen ist daher, ob im vorliegenden Fall die Abschiebung trotz angemessener Bemühungen iSd Art. 15 Abs. 6 lit. b Rückführungs-RL aufgrund von Verzögerungen bei der Übermittlung der erforderlichen Unterlagen durch Drittstaaten wahrscheinlich länger dauern wird.

Das Bundesamt hat im gegenständlichen Fall das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates zeitgerecht eingeleitet und bis zur Erlangung der mündlichen Zusage zur Ausstellung desselben, regelmäßig urgiert. Daher ist das Erfordernis der angemessenen Bemühungen erfüllt.

Der Beschwerdeführer wurde bereits am 09.01.2021 für sechs Monate in Schubhaft angehalten. Es kam trotz angemessener Bemühungen des Bundesamtes zu einer Verzögerung bei der Übermittlung der erforderlichen Unterlagen durch die Vertretungsbehörde, nämlich der Zustimmung zur Erteilung des Heimreisezertifikates. Diese Verzögerungen sind einerseits durch die Covid-19 Pandemie bedingt, andererseits aufgrund von technischen Problemen der Vertretungsbehörde. Die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 6 lit. b Rückführungs-RL sind daher erfüllt. Daher ist im gegenständlichen Fall die Verlängerung der zulässigen Schubhaftdauer gemäß § 80 Abs. 1 Z 1 FPG iVm Art. 15 Abs. 6 lit. b Rückführungs-RL zulässig.

Die Anhaltung in Schubhaft über sechs Monate kann daher im gegenständlichen Fall auf eine 18-monatige Schubhaftdauer gemäß § 80 Abs. 4 Z 1 FPG iVm Art. 15 Abs. 6 lit. b Rückführungs-RL gestützt werden.

Im gegenständlichen Fall konnte vom Bundesamt – wie bereits dargelegt – aufgrund der Verzögerung bei der schriftlichen Zusicherung zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates der Charter-Flug erst per 06.03.2021 gebucht werden.

Gemäß § 80 Abs. 4 Z 4 FPG kann ein Drittstaatsangehöriger bis zu 18 Monate in Schubhaft angehalten werden, wenn er bisher deshalb nicht abgeschoben werden konnte, weil die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint. Mit dieser Bestimmung wird Art. 15 Abs. 6 lit. a der Rückführungs-RL umgesetzt, wonach sich in den Fällen, in denen Abschiebungsmaßnahmen trotz ihrer angemessenen Bemühungen aufgrund der mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens der betroffenen Drittstaatsangehörigen wahrscheinlich länger dauern werden, die höchstmögliche Schubhaftdauer um weitere 12 Monate verlängert.

Es liegen daher im Ergebnis die Voraussetzungen für eine Verlängerung der sechsmonatigen Schubhaftdauer auf 18 Monate gemäß § 80 Abs. 4 Z 1 FPG iVm Art. 15. Ab. 6 lit. b Rückführungs-RL vor.

Gelinderes Mittel

Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des Beschwerdeführers nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des erhöhten Sicherungsbedarfs nicht zum Ziel der Sicherung des Verfahrens, da diesfalls die

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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