TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/8 W117 2239975-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.03.2021
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Entscheidungsdatum

08.03.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §76 Abs3 Z3
FPG §76 Abs3 Z9
FPG §76 Abs6
VwGVG §35 Abs1

Spruch


W117 2239975-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DRUCKENTHANER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Marokko, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.1.2021, Zl. 385473902/210030325, sowie die Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG idgF, 76 Abs. 3 Z 3, Z 9, § 76 Abs. 6 FPG idgF als unbegründet abgewiesen und die Rechtmäßigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltung in Schubhaft vom 12.01.2021 bis zum 22.02.2021 festgestellt.

II. Der Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG idgF stattgegeben und die Anhaltung in Schubhaft vom 23.02.2021 bis zum 01.03.2021 für rechtswidrig erklärt.

III. Die Anträge der Parteien auf Kostenersatz werden gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG abgewiesen

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:
Verfahrensgang:

Am 04.01.2021 wurde das BFA RD NÖ informiert, dass der Beschwerdeführer aus der JA Hirtenberg am 12.01.2021 bedingt entlassen wird.

Mit Mandatsbescheid vom 11.1.2021 erließ die belangte Behörde den beschwerdegegenständlichen Schubhaftbescheid gem. § 76 Abs 2 Z 2 FPG.

Am 12.01.2021 wurde der Beschwerdeführer aus der JA Hirtenberg entlassen und durch die PI Hirtenberg ins PAZ HG eingeliefert. Ab dem 12.01.2021 befand sich der Beschwerdeführer in Schubhaft.

Mit Schriftsatz vom 26.02.2021 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft und führte unter anderem aus:

„(…)

Der Beschwerdeführer reiste erstmals am 25.08.2006 in das österreichische Bundesgebiet ein.

Der BF stellte am 6.12.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Verfahren wurde in I. Instanz eingestellt, weil sich der BF dem Verfahren entzog.

Der BF stellte am 5.8.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid vom 25.10.2010 abgewiesen wurde. Dagegen erhob der BF am 30.10.2010 rechtzeitig Beschwerde. Das Verfahren wurde gem. § 24 AsylG vom BVwG eingestellt, weil sich der BF dem Verfahren entzog.

Der BF stellte am 12.1.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid vom 11.11.2016 vollinhaltlich abgewiesen wurde. Der Bescheid erwuchs am 2.12.2016 in I. Instanz in Rechtskraft.

Der bis dahin unbescholtene Beschwerdeführer wurde am 05.10.2016 durch das Bezirksgericht Graz-Ost unter der GZ.: 217 U 104/2016 f bzgl. Des Vergehens gem. § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt.

Der BF wurde am 14.3.2019 vom Landesgericht Salzburg wegen des Verbrechens gem. § 28a (1) 2. Fall Abs. 2 Z 2 und Abs. 4 Z 3 SMG § 12 2. Fall StGB § 28a (1) 5. Fall Abs. 2 Z 2 und Abs. 4 Z 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Der Beschwerdeführer bereut diese Tat sehr. Ihm ist bewusst, welche schwerwiegenden Folgen die Begehung der Tat für sein Leben und seine Zukunft nach sich zieht.

(…)

Am 14.1.2021 stellte der BF einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid vom 23.2.2021 gem. § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde.

Der BF befand sich vom 12.5.2018 bis zum 12.1.2021 in Strafhaft, er wies eine gute Führung im Strafvollzug auf. Das LG Wr. Neustadt bewilligte im Hinblick auf die tadellose Führung des BF im Strafvollzug mit Beschluss vom 29.12.2020 die frühzeitige Entlassung des BF aus der Strafhaft mit 12.1.2021 bereits nach zwei Jahren und acht Monaten.

Aus diesem Beschluss geht hervor, dass laut der JA Hirtenberg seine allgemeine Führung gut ist, er im Erstvollzug angehalten wird und eine bedingte Entlassung befürwortet wird; dass die Staatsanwaltschaft sich zustimmend zu einer bedingten Entlassung geäußert hat; dass der BF über eine Wohnanschrift verfügt (5020 Salzburg, Graf Zeppelin Platz 18).

Zudem hat die Behörde auch nicht dahingehend ermittelt, ob im Falle des BF der Sicherungszweck der Schubhaft im Lichte der CoViD 19-Pandemie überhaupt erreichbar ist. Schließlich ist der Flugverkehr von und nach Österreich sowie von und nach Marokko derzeit nahezu komplett zum Erliegen gekommen.

So stellt die belangte Behörde fest, dass die Ausstellung des Heimreisezertifikats zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar ist (vgl. S. 5 des Bescheides).

(…)

Anordnung der Schubhaft unmittelbar im Anschluss an die Strafhaft - Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers darauf, dass die Schubhaft gemäß § 80 Abs 1 FPG so kurz wie möglich dauert:

Die Schubhaft ist auch aus einem weiteren Aspekt rechtswidrig. Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist das Bundesamt verpflichtet, auf eine möglichst kurze Schubhaftdauer hinzuwirken. Nach Möglichkeit hat das Bundesamt darauf hinzuwirken, dass eine Schubhaft überhaupt unterbleiben kann.

In Fällen, in denen ein Fremder vor der geplanten Verhängung der Schubhaft in Gerichtshaft angehalten wird, bedeutet dies, dass das Bundesamt die Schritte zur Vorbereitung der Abschiebung bereits während der Gerichtshaft zu setzen hat (vgl VwGH 15.10.2015, 2015/21/0026).

Im vorliegenden Fall war der Behörde stets bekannt, dass der BF marokkanischer Staatsbürger ist. Da der BF zuletzt durchgehend zwei Jahre in Gerichtshaft war und auch das Ende der Strafhaft der Behörde bekannt war, hätte es die Behörde in der Hand gehabt, den Beschwerdeführer direkt nach Ende der Strafhaft abzuschieben und die jetzige, mehr als einen Monat dauernde Anschlussschubhaft hätte unterbleiben können.

Dieses Versäumnis führt ebenfalls zur Unverhältnismäßigkeit der gegenständlichen Schubhaft.

(…)

Rechtswidrigkeit der Schubhaft aufgrund der Nichterreichung des Sicherungszwecks:

Voraussetzung der Schubhaft ist, dass der Sicherungszweck der Schubhaft – die Abschiebung – innerhalb der Schubhafthöchstdauer durchgeführt werden kann. Davon ist aktuell aufgrund der Covid-19-Pandemie nicht auszugehen:

Aufgrund der CoViD 19-Pandemie ist der Flugverkehr von und nach Österreich sowie von und nach Marokko derzeit nahezu komplett zum Erliegen gekommen.

(…)

Anträge:

Aus den genannten Gründen beantragt der Beschwerdeführer, das BVwG möge

eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des Beschwerdeführers zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchführen;

den angefochtenen Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgte;

im Rahmen einer „Habeas Corpus Prüfung“ aussprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers nicht vorliegen;

der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des Beschwerdeführers gem VwG-Aufwandersatzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der BF aufzukommen hat, auferlegen.“

Der Beschwerdeführer wurde am 01.03.2021 aus der Schubhaft entlassen

Am selben Tag legte die Verwaltungsbehörde die Akten vor und gab eine Stellungnahme folgenden Inhalts ab:

„(…)

Der BF wurde am 15.01.2021 durch die marokkanische Behörde positiv identifiziert, wodurch die Behörde davon ausging, dass eine baldige Abschiebung möglich wäre und somit in weiterer Folge auch die Anhaltedauer des BF in der Schubhaft so kurz wie möglich gehalten werden könne.

Nach neuerlicher Anfrage bei der HRZ Abteilung bzgl. tatsächlicher Ausstellung des HRZ und

Abschiebung wurde mitgeteilt, dass eine Abschiebung nach Marokko aufgrund der Pandemie

derzeit nicht möglich ist. Die Situation und Entwicklung würde zwar laufend neu eruiert werden, doch aufgrund der steigenden Infektionszahlen kann aus derzeitiger Sicht nicht gesagt werden, ab wann Abschiebungen nach Marokko wieder möglich sein werden. Aufgrund dieser Tatsache war der BF am 01.03.2021 aus der Schubhaft zu entlassen.

Aus den oa. Gründen ist jedoch festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung bis zu der Entlassung am 01.03.2021 die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft gegeben war. Eine über die Frage der Verhältnismäßigkeit hinausgehende Prüfung der Schubhaft ist nach dem eindeutigen Wortlaut von § 22a Abs. 4 BFA-VG nicht vorgesehen.

Die Entlassung aus der Schubhaft ergibt sich lediglich daraus, dass das BFA RDNÖ nicht vermag zum gegenwärtigen Zeitpunkt – aufgrund der existierenden Pandemie sowie aufgrund der nicht vorhandenen Möglichkeit der Abschiebung nach Marokko- zu prognostizieren, ob eine tatsächliche Ausstellung eines HRZ, sowie Abschiebung in nächster Zeit sowie innerhalb der gesetzlich möglichen Schubhaftdauer möglich ist. Aufgrund der neu gewonnenen Informationen seitens marokkanischer Behörden musste festgestellt werden, dass eine weitere Anhaltung in Schubhaft nicht verhältnismäßig wäre, da das Ziel der Anordnung der Schubhaft aus derzeitiger Sicht in absehbarer Zeit nicht erreicht werden kann und das Instrumentarium der Schubhaft zudem nicht zur Verhinderung von Straftaten dient.“

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer, im Folgenden auch als BF bezeichnet, reiste am 25.08.2006 in das österreichische Bundesgebiet ein (Beschwerdeschriftsatz, Aktenlage).

Erstmals stellte er am 6.12.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Verfahren wurde in I. Instanz eingestellt, weil sich der BF dem Verfahren entzog (Beschwerdeschriftsatz, Aktenlage).

Der BF stellte am 5.8.2010 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid vom 25.10.2010 abgewiesen wurde. Dagegen erhob er am 30.10.2010 rechtzeitig Beschwerde. Das Verfahren musste (vom BVwG) neuerlich eingestellt werden, weil sich der BF dem Verfahren entzog (Beschwerdeschriftsatz, Aktenlage).

Der Beschwerdeführer stellte am 12.1.2016 den nächsten Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid vom 11.11.2016 vollinhaltlich abgewiesen wurde. Der Bescheid erwuchs am 2.12.2016 in I. Instanz in Rechtskraft (Beschwerdeschriftsatz, Aktenlage).

Der Beschwerdeführer wurde am 05.10.2016 durch das Bezirksgericht Graz-Ost unter der GZ.: 217 U 104/2016 f bzgl. des Vergehens gem. § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt (Beschwerdeschriftsatz, Aktenlage, Strafregisterauszug).

Der BF wurde weiters am 14.3.2019 vom Landesgericht Salzburg wegen des Verbrechens gem. § 28a (1) 2. Fall Abs. 2 Z 2 und Abs. 4 Z 3 SMG § 12 2. Fall StGB § 28a (1) 5. Fall Abs. 2 Z 2 und Abs. 4 Z 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt (Beschwerdeschriftsatz, Aktenlage, Strafregisterauszug).

Am 18.3.2020 erließ die belangte Behörde eine Rückkehrentscheidung und erklärte die Abschiebung nach Marokko für zulässig. Das BFA erließ außerdem ein unbefristetes Einreiseverbot. Der Bescheid erwuchs am 30.5.2020 in I. Instanz in Rechtskraft (Beschwerdeschriftsatz, Aktenlage).

Bis zum damaligen Zeitpunkt lag für oa. Person noch keine HRZ-Zustimmung für Marokko vor. Das HRZ-Verfahren wurde am 16.03.2018 gestartet und durch den zuständigen Referenten in der HRZ–Abteilung laufend urgiert (Aktenlage).

Am 04.01.2021 wurde das BFA RD NÖ informiert, dass der Beschwerdeführer aus der JA Hirtenberg am 12.01.2021 bedingt entlassen werde (Aktenlage).

Das LG Wr. Neustadt bewilligte im Hinblick auf die „gute“ Führung des BF im Strafvollzug mit Beschluss vom 29.12.2020 die frühzeitige Entlassung des BF aus der Strafhaft mit 12.1.2021 bereits nach zwei Jahren und acht Monaten (Beschwerdeschriftsatz).


Daraufhin wurde dem Beschwerdeführer (BF) in Bezug auf die beabsichtigte Schubhaft eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme zugestellt. Eine Stellungnahme des BF langte bei der Verwaltungsbehörde nicht ein (Aktenlage).

Mit Mandatsbescheid vom 11.1.2021 erließ die belangte Behörde den beschwerdegegenständlichen Schubhaftbescheid gem. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG, dessen Rechtsfolgen mit Entlassung aus der Schubhaft eintraten (Beschwerdeschriftsatz, Aktenlage).

Der BF befand sich vom 12.5.2018 bis zum 12.1.2021 in Strafhaft (Aktenlage),

Er wurde am 12.1.2021 in Vollstreckung eines Festnahmeauftrages (vom 08.01.2021) direkt nach der Entlassung aus der Strafhaft festgenommen (Aktenlage, Anhaltedatei) und seit 12.01.2021 in Schubhaft angehalten (Schubhaftbeschwerde, Anhaltedatei).

Am 14.1.2021 stellte der BF im Stande der Strafhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid vom 23.2.2021 gem. § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde (Beschwerdeschriftsatz, Aktenlage).

Die Verwaltungsbehörde hatte mit einem umfassend begründeten „Aktenvermerk über die Aufrechterhaltung der Schubhaft“ (Aktenlage) die Schubhaft verlängert, da der Asylantrag in ausschließlicher Verzögerungsabsicht gestellt wurde.

Am 15.01.2021 wurde der Beschwerdeführer durch die marokkanische Behörde positiv identifiziert (Aktenlage).

Der Beschwerdeführer wurde am 01.03.2021 aus der Schubhaft entlassen, „da das Ziel der Anordnung der Schubhaft aus derzeitiger Sicht in absehbarer ist (keine Abschiebungen nach Marokko aufgrung Pandemie möglich“ (Entlassungsschein).

Nach (notorisch) bekannten Medienberichten – zum Beispiel https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/marokko-fluege-101.html – setzte Marokko ab 23.02.2021 alle Flüge aus; aus Sorge vor den Corona-Mutanten schottete sich Marokko ab. Die Aussetzung gilt XXXX (Auswärtiges Amt).

Die Abschiebung ist daher einmal bis auf weiteres faktisch nicht möglich.

Beweiswürdigung:

Obige Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus den (in Klammer) angeführten Quellen, dem Beschwerdeschriftsatz und der (sonstigen) Aktenlage.

Dabei fällt auf, dass der Beschwerdeschriftsatz bereits so viele Sachverhaltsparameter enthält, dass sich daraus zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides und der daran anschließenden Anhaltung Fluchtgefahr in erheblichem Ausmaß ableiten lässt:

So weist die Beschwerde selbst daraufhin, dass sich der Beschwerdeführer mehrfach seinen Asylverfahren (Mehrzahl !) entzogen hatte, schwerst kriminell wurde – Verurteilung gemäß § 28a SMG !! –, dass der Beschwerdeführer sogleich im Stande der aktuellen Schubhaft einen weiteren Asylantrag gestellt hatte.

Gerade der Versuch der anschließenden Relativierung mit Hinweis auf den Beschluss des Landesgerichtes Wr. Neustadt vom 29.12.2020, 47 BE 332/20d, vermag in mehrfacher Hinsicht nicht zu überzeugen:

Zunächst spricht der Beschluss nicht von „tadelloser“, sondern (mehrfach) lediglich bloß von „guter“ Führung; was aber wesentlich schwerer wiegt, ist der Umstand, dass die bedingte Entlassung nur deswegen erfolgte, weil das Strafgericht davon ausging, dass er „im Zusammenhalt mit der Anordnung von Bewährungshilfe (…) von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird“.

Mit der Annahme, dass der Beschwerdeführer unter bestimmten Umständen nicht mehr straffällig wird, ist gerade im gegenständlichen Fall für die Frage, ob sich der Beschwerdeführer aller Wahrscheinlichkeit nach der ihm drohenden Abschiebung entziehen wird oder nicht, nichts gewonnen, da er sich bereits zu einem Zeitpunkt den von ihm initiierten Asylverfahren entzogen hatte, nämlich 2006 – erstes Asylverfahren – und 2010 – zweites Asylverfahren – und sich bereits damals als unzuverlässig dargestellte.

In dieses Bild höchster Vertrauensunwürdigkeit passt auch der gerade zu Beginn der Schubhaft am 14.01.2021 in ausschließlicher Verzögerungsabsicht gestellte Asylantrag, der zwischenzeitlich bereits wieder zurückgewiesen wurde; die Beschwerde geht auf den von der Verwaltungsbehörde umfassend begründeten Aktenvermerk gemäß §76 Abs. 6 FPG auch mit keinem Wort ein, sodass sich jegliche diesbezügliche weitere Erörterung erübrigt.

Mit diesem Verhalten ist aber (im Sinne des Vorliegens von Fluchtgefahr) auch dem zweiten Beschwerdeargument, „der Beschwerdeführer bereut diese Tat sehr. Ihm ist bewusst, welche schwerwiegenden Folgen die Begehung der Tat für sein Leben und seine Zukunft nach sich zieht“, der Boden entzogen.

Der Annahme (erheblicher) Fluchtgefahr durch die Verwaltungsbehörde vermag demnach die Beschwerde nicht einmal ansatzweise substantiiert entgegentreten.

Dennoch war der Beschwerde der Erfolg nicht völlig zu versagen:

Zwar war mit dem Beschwerdeargument, die Verwaltungsbehörde habe selbst festgestellt, „dass die Ausstellung des Heimreisezertifikats zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar ist“, zunächst einmal für das Aufzeigen einer tatsächlichen Unmöglichkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nichts gewonnen, weil entgegen der aktenwidrigen Beschwerdebehauptung, „der Behörde stets bekannt war, dass der BF marokkanischer Staatsbürger ist“, die Identifizierung erst am 15.01.2021, also drei Tage nach der Inschubhaftnahme, erfolgte. Dieses Argument greift aber auch in rechtlicher Hinsicht nicht – dazu siehe rechtliche Beurteilung.

Aufgrund dieser Aktenwidrigkeit entbehrt dieses Vorbringen aber auch unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit

„die Behörde hätte es in der Hand gehabt, den Beschwerdeführer direkt nach Ende der Strafhaft abzuschieben und die jetzige, mehr als einen Monat dauernde Anschlussschubhaft hätte unterbleiben können.“

schon auf der Tatsachenebene der Grundlage.

Mit dem Vorbringen aber, wonach „aufgrund der CoViD 19-Pandemie der Flugverkehr von und nach Österreich sowie von und nach Marokko derzeit nahezu komplett zum Erliegen gekommen ist“, zeigt die Beschwerde – jedenfalls ab dem 23.02.2021 – die Nichterreichung des Sicherungszwecks auf.

Seit dem 23.03.2021 wusste nämlich nicht nur die Verwaltungsbehörde (als mit Sonderwissen ausgestattete Sonderbehörde) um die Aussetzung des Flugverkehrs, sondern war jedermann aufgrund der allgemeinen medialen Berichterstattung (notorische Tatsachen) klar, dass sämtlicher Flugverkehr mit Marokko pandemiebedingt auf unbestimmte Zeit eingestellt wurde – die Ankündigung möglicher zukünftiger Abschiebungen stellen sich in diesem Zusammenhang lediglich als Absichtserklärung dar, die sich – gleichfalls pandemiebedingt – einer Nachprüfbarkeit entziehen.

Ab dem 23.02.2021 sind Abschiebungen nach Marokko de facto schlichtweg (bis auf weiteres!) nicht möglich.

Von der Verwaltungsbehörde wurde dieser Umstand sowohl im Entlassungsschein als auch in der Stellungnahme (anlässlich der Aktenvorlage) unzutreffend als Aspekt der Verhältnismäßigkeit zum Anlass der Enthaftung am 01.03.2021 genommen – siehe dazu rechtliche Beurteilung.

Da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage und der Beschwerde als geklärt anzusehen war, war von der Durchführung einer Verhandlung abzusehen.

Rechtliche Beurteilung:

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte entscheidungswesentliche Teil des § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

„Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(…)

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchteil A)

Zu Spruchpunkt I. (Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft bis zum 22.02.2021):

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

„(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist – wenn sich das erst später herausstellt – umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; 19.04.2012, 2009/21/0047).

Gegen den BF besteht seit langem, nämlich seit 2006 (!!), eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme, die zuletzt wieder mit am 30.05.2020 in Rechtskraft erwachsener Rückkehrentscheidung (vom 18.03.2020) in Verbindung mit einem (weiteren) Einreiseverbot „erneuert“ wurde, weshalb § 76 Abs. 3 Ziffer 3 FPG, wie die Verwaltungsbehörde zutreffend angenommen hatte, gegeben ist.

Des Weiteren ist die belangte Behörde vor dem Hintergrund der massiven Straffälligkeit – unter anderem wegen § 28a SMG !! – zu Recht vom Fehlen jeglicher sozialen Verankerung des BF in Österreich gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG ausgegangen.

Das Bundesamt kam auch zutreffend zum Ergebnis, dass es für substanzielle familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung keinen stichhaltigen Hinweis gab. Die belangte Behörde vertrat daher zu Recht die Auffassung, dass der Beschwerdeführer über keine substantiellen Bindungen in Österreich verfügt, auf Grund welcher anzunehmen sein könnte, dass er sich bis zur geplanten Rückführung nach Marokko für die Behörden bereithalten würde.

Mit seinem bisherigen als Sachverhalt festzustellenden Verhalten zeigte der BF klar seine ihn konkret betreffende Fluchtgefahr auf, weshalb weitere Erörterungen zum Punkt Sicherungsbedarf nach Ansicht des Gerichtes in diesem Fall entbehrlich sind.

Auf Grund dieser Erwägungen bestand im Falle des Beschwerdeführers insgesamt Fluchtgefahr in einem die Anordnung der Schubhaft rechtfertigenden Ausmaß.

Das erkennende Gericht geht auch davon aus, dass die angeordnete Schubhaft aufgrund der oben angeführten strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllte. Aufgrund des Vorverhaltens des BF stellte sich im Verfahren klar dar, dass das öffentliche Interesse an einer baldigen gesicherten Abschiebung des BF die privaten Interessen des BF, sich frei in Österreich bewegen zu dürften klar überwiegt. Die Verhältnismäßigkeit der bis 22.02.2021 währenden Schubhaft ist daher nach Ansicht des erkennenden Gerichts klar gegeben.

Auf Grund dieser konkret festzustellenden Fluchtgefahr konnte auch nicht ernsthaft mit einer Anwendung eines gelinderen Mittels das Auslangen gefunden werden.

Dem Bundesamt ist daher darin beizupflichten, dass sich im Falle des BF weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden ließen. Für eine effektive finanzielle Sicherheitsleistung reichen in Anbetracht der Umstände des Einzelfalles die finanziellen Mittel nicht aus. Darüber hinaus konnte aufgrund mangelnder Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers – wie oben ausführlich beschrieben - mit der Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten und der periodischen Meldeverpflichtung zu Recht nicht das Auslangen gefunden werden.

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann. (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).

In diesem Sinne findet das Beschwerdeargument, die Verwaltungsbehörde habe selbst festgestellt, „dass die Ausstellung des Heimreisezertifikats zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar ist“, womit die Unmöglichkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers aufgezeigt werden soll, auch in der Rechtsordnung keine Grundlage, weil eben nicht erforderlich ist, dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt.

Im Übrigen erfolgte die Identifizierung als marokkanischer Staatsbürger erst am 15.01.2021, sodass die Verwaltungsbehörde – da zu diesem Zeitpunkt noch keine Ein-/Ausreisesperre für Marokko bestand – bis zum 22.02.2021 mit der Ausstellung eines HRZ rechnen konnte.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft bis zum 22.02.2021 abzuweisen.

Zu Spruchpunkt A II. (Anhaltung ab dem 23.02.2021):

Mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates durfte sie aber, wie schon im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, ab dem 23.02.2021 – Marokko schloss ab diesem Tag bis auf weiteres wegen Covid 19 seine Grenzen – nicht mehr rechnen.

Die Ankündigung möglicher zukünftiger Abschiebungen stellt sich in diesem Zusammenhang lediglich als Absichtserklärung dar, die sich – gleichfalls pandemiebedingt – einer Nachprüfbarkeit entziehen.

Da ab dem 23.02.2021 Abschiebungen nach Marokko (bis auf weiteres!) nicht möglich sind, konnte ab diesem Zeitpunkt der Schubhaftzweck nicht mehr realisiert werden.

Es handelt sich dabei aber nicht um eine Frage der Verhältnismäßigkeit, wie die Verwaltungsbehörde diesen Umstand sowohl im Entlassungsschein als auch in der Stellungnahme (anlässlich der Aktenvorlage) darzustellen versuchte; denn sowohl die bisherige Anhaltung in Schubhaft als auch eine allfällig fortgesetzte Anhaltung wären, losgelöst von der Frage ihrer Effektuierbarkeit (!), gerade im Hinblick auf die bisherige nicht allzu lange währende Dauer der Schubhaft und unter dem Aspekt des § 76 Abs. 2a FPG wegen der massiven Kriminalität des BF (§ 28a SMG !!) jedenfalls einmal bis zum Ablauf von vier Monaten als verhältnismäßig anzusehen, wenn nicht eine sonstige Änderung des Sachverhaltes, wie zum Beispiel wegen Krankheit, eingetreten wäre.

Es war daher die Rechtswidrigkeit der Anhaltung ab dem 23.02.2021 festzustellen.

Zu Spruchpunkt III. (Kostenanträge):

Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

Da keine der Verfahrensparteien vollständig obsiegte, waren die Kostenanträge spruchgemäß zu verwerfen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Aufgrund der Judikatur und den zitierten Materialien kann im Ergebnis von einer gesicherten Rechtslage ausgegangen werden.

Die Revision war daher nicht zuzulassen

Schlagworte

Abschiebungshindernis Einreiseverbot Fluchtgefahr Folgeantrag Kostenersatz öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Teilstattgebung Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W117.2239975.1.00

Im RIS seit

21.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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