TE OGH 2021/3/25 8ObA106/20a

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Veröffentlicht am 25.03.2021
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Rolf Gleißner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Wolfgang Jelinek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. M*****, vertreten durch Mag. Ewald Hannes Grabner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 49.985,96 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. August 2020, GZ 7 Ra 85/19z-52, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1]       1. Der Oberste Gerichtshof ist nicht Tatsacheninstanz. Fragen der Beweiswürdigung sind nicht revisibel (RIS-Justiz RS0042903). Nur wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisfrage überhaupt nicht befasst, ist sein Verfahren mangelhaft (RS0043371).

[2]            Das ist aber vorliegend nicht der Fall. Entgegen den Ausführungen in der Revision hat sich das Berufungsgericht sehr wohl mit der nach den Feststellungen mündlich getroffenen Provisionsvereinbarung auseinandergesetzt und in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass das nicht ausschließt, dass diese Vereinbarung auch schriftlich dokumentiert und in der Geschäftsführersitzung beschlossen wurde. Damit liegt aber die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht vor.

[3]            Soweit der Kläger sich inhaltlich gegen die Feststellung des Erstgerichts wendet, dass für 2016 keine Provisionsvereinbarung getroffen wurde, ist die Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist.

[4]            2. Grundsätzlich bestimmt der Arbeitsvertrag den Anspruch auf ein bestimmtes Entgelt, wenn er dieses dem Grunde und der Höhe nach ausreichend festlegt (Rebhahn in Neumayr/Reissner, ZellKomm³ § 1152 ABGB Rz 45). Haben die Arbeitsvertragsparteien eine Vereinbarung über die Höhe des Entgelts getroffen, dann sind sie an diese Abrede auch dann gebunden, wenn das solcherart vereinbarte Entgelt nicht angemessen im Sinne des § 1152 ABGB sein sollte (9 ObA 2267/96i mwN). Der Anspruch des Dienstnehmers auf ein bestimmtes Mindestentgelt lässt sich aus § 1152 ABGB nicht ableiten (RS0016702).

[5]            3. § 1152 ABGB gilt nicht nur für Verträge ohne gültige Entgeltabrede oder Unentgeltlichkeitsvereinbarung, sondern auch für Verträge mit unvollständigen Entgeltabreden (RS0122232). So stellt etwa in der Regel Rufbereitschaft eine zusätzliche Arbeitsleistung dar, deren Unentgeltlichkeit bzw Abgeltung durch das Gehalt mangels entsprechender Vereinbarung nicht angenommen werden kann (vgl etwa 8 ObA 321/01s).

[6]       Welche Leistungen konkret durch das vertraglich vereinbarte Entgelt abgegolten werden sollen, ist eine Frage der Auslegung. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt aber nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RS0042936).

[7]            4. Der Kläger geht auch in der Revision davon aus, dass ihm für bestimmte Perioden seiner Tätigkeit bei der Beklagten ein höheres als das bezahlte bzw vereinbarte Entgelt zusteht.

[8]            Der Kläger, der ab 2. 5. 2014 bei der Beklagten als „Key Account Manager“ beschäftigt war, war für die Zeit ab 1. 1. 2015 für die Funktion eines „Managing Director“ für ein Magazin der Beklagten vorgesehen. Fest steht allerdings, dass es zu keiner Bestellung in diese Funktion kam und auch keine mündliche oder schriftliche Zusage eines höheren Gehalts erfolgte. Dem Umstand, dass der Kläger nach seinem Vorbringen in einem Budgetvorschlag ein solches höheres Gehalt für diese Tätigkeit vorsah und ihm signalisiert wurde, dass dieser Budgetentwurf in Ordnung geht, kommt vor diesem Hintergrund keine Bedeutung zu.

[9]            Dass in der Zeit zwischen 1. 1. 2015 und 31. 3. 2015 konkret eine – im Hinblick auf den kollektivvertraglichen Mindestlohn – höherwertige Tätigkeit ausgeübt wurde, hat das Verfahren nicht ergeben.

[10]           5. Ab 1. 4. 2015 übernahm der Kläger eine Funktion als Sales Manager, wobei das ursprünglich vereinbarte Gehalt angehoben wurde. Dabei war er Teil des Vermarktungsteams und zunächst für den Anzeigenverkauf und für die Vermarktung eines konkreten Magazins zuständig. In der Folge betreute er verschiedene andere Projekte, wobei nach den Feststellungen die Tätigkeit inhaltlich jeweils im Wesentlichen der eines Sales Managers entsprach.

[11]           Die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, dass die in diesem Zeitraum erbrachten Arbeitsleistungen daher zur Gänze mit dem für die Tätigkeit als Sales Manager vereinbarten Gehalt abgegolten sein sollten, hält sich im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraums.

[12]           6. Wenn der Kläger moniert, dass Feststellungen zu der von ihm konkret ausgeübten Tätigkeit fehlen, lässt die Revision offen, aufgrund welchen Vorbringens und welchen Beweisergebnissen welche zusätzlichen rechtlich relevanten Feststellungen zu treffen gewesen wären. Der Frage, ob die Verrichtung der Tätigkeit innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit möglich gewesen ist, kommt insoweit keine Bedeutung zu, als der Kläger kein Überstundenentgelt für Leistungen außerhalb der vereinbarten Arbeitszeit, sondern ein höheres als das vereinbarte Entgelt für seine Arbeitsleistung insgesamt fordert.

[13]           Soweit der Kläger sich darauf beruft, dass, wer Leistungen im Hinblick auf spätere Vermögensvorteile ganz oder teilweise unentgeltlich erbringt, Anspruch auf eine angemessene Entlohnung hat, wenn er in seiner Erwartung enttäuscht wird, ist daraus für ihn nichts zu gewinnen. Zum einen hat der Kläger seine Leistungen nicht rechtsgrundlos unentgeltlich erbracht, sondern auf Basis des Dienstvertrags gegen Bezahlung des vereinbarten Entgelts. Zum anderen ist offen, welchen „späteren Vermögensvorteil“ der Kläger erwartet hat, der sich nicht verwirklicht hätte. Darüber hinaus würde ein solcher Anspruch voraussetzen, dass diese Erwartung für den anderen Teil erkennbar oder von ihm hervorgerufen war (vgl RS0021790), wofür der Sachverhalt keine Anhaltspunkte bietet.

[14]     7. Für die Einstufung in eine bestimmte Verwendungsgruppe eines Kollektivvertrags kommt es auf die Tätigkeitsmerkmale, auf den Inhalt der Arbeit und die vorwiegend ausgeübte tatsächliche Tätigkeit an (RS0064956). Diese Frage ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu lösen (RS0043547 [T3]).

[15]     Der Kläger war in die Verwendungsgruppe 3 nach § 16 des Kollektivvertrags für Angestellte in Betrieben der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation eingestuft, wäre jedoch nach seiner Ansicht in die Verwendungsgruppe 5 oder 6 einzustufen gewesen.

[16]     Aufgrund welcher Aspekte seiner Tätigkeit, beim Kläger von einer das Unternehmen entscheidend beeinflussenden Stellung auszugehen sein soll, die eine Voraussetzung für eine Einstufung in die Verwendungsgruppe 6 ist, lässt sich auch der Revision nicht entnehmen.

[17]     Verwendungsgruppe 5 gilt für Angestellte, die Arbeiten erledigen, die besonders verantwortungsvoll sind, selbstständig ausgeführt werden müssen, wozu umfangreiche überdurchschnittliche Berufskenntnisse und mehrjährige praktische Erfahrungen erforderlich sind. Ferner Angestellte, die regelmäßig und dauernd mit der verantwortlichen Führung, Unterweisung und Beaufsichtigung von größeren Angestelltengruppen (über fünf Angestellte, von denen entweder einer bzw eine der Verwendungsgruppe 4 oder mehrere der Verwendungsgruppe 3 angehören müssen) beauftragt sind.

[18]           Dass der Kläger keine Führungsverantwortung für größere Angestelltengruppen hatte, ist unstrittig. Damit käme eine Einstufung in die Verwendungsgruppe 5 nur in Betracht, wenn neben der verantwortungsvollen und selbstständigen Ausführung der Tätigkeit, für diese auch umfangreiche überdurchschnittliche Berufskenntnisse und mehrjährige praktische Erfahrungen vorausgesetzt sind. Allein die Tatsache, dass der Kläger Projektleiter und für die entsprechenden Projekte auch Ansprechpartner war, sowie, dass die damit verbundene Arbeit auch zeitaufwendig war, lässt diesen Rückschluss nicht zu. Gegen die von den Vorinstanzen vorgenommene Einstufung in die Verwendungsgruppe 3 bestehen daher keine Bedenken.

[19]     Darüber hinaus hat bereits das Berufungsgericht darauf verwiesen, dass nach § 17 Abs 1 des Kollektivvertrags auch Provisionen für die Erreichung des Mindestgrundgehalts der entsprechenden Verwendungsgruppe zu berücksichtigen sind.

[20]     8. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Textnummer

E131487

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:008OBA00106.20A.0325.000

Im RIS seit

10.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.05.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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