TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/12 W123 2217647-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.12.2020
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Entscheidungsdatum

12.12.2020

Norm

BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs5
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs4

Spruch


W123 2217647-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael ETLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.03.2019, Zl. 21268401-161651964, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf 8 Jahre herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Mit Schreiben vom 30.10.2018 verständigte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) den Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme mit der Möglichkeit, zur beabsichtigten Vorgehensweise bis 15.11.2018 Stellung zu nehmen.

2. Mit (handschriftlich verfasstem) Schreiben vom 19.11.2018 nahm der Beschwerdeführer zu seinen persönlichen und familiären Verhältnissen Stellung.

3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 5 FPG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß
§ 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BVA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

4. Mit Schriftsatz vom 15.04.2019 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde und führte einleitend aus, dass der Beschwerdeführer die Zeiträume 1992-1995 und 1997-2004 in Österreich verbracht und danach das österreichische Bundesgebiet für zwei Jahre verlassen habe. Von 2006 bis heute sei der Beschwerdeführer hauptsächlich im Bundesgebiet aufhältig. Der Beschwerdeführer habe mit einer österreichischen Staatsbürgerin einen Sohn und eine Tochter und kümmere sich auch um seinen Stiefsohn. Seine Tochter habe der Beschwerdeführer noch nicht kennengelernt. Der Beschwerdeführer habe seinen Herkunftsstaat vor 13 Jahren verlassen und besitze dort keine familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte mehr. Der Beschwerdeführer sei aufgrund der langen Aufenthaltsdauer und der familiären Anbindungen sozial und familiär sehr stark in Österreich verwurzelt. Besonders zu berücksichtigen sei seine 23-jährige Abwesenheit innerhalb von 27 Jahren vom Herkunftsland sowie das positiv-unauffällige Verhalten während seiner Haft. Die erlassene Rückkehrentscheidung sei daher unzulässig. Ferner sei das von der belangten Behörde erlassene unbefristete Einreiseverbot als zu hoch bemessen. Ein Einreiseverbot im Ausmaß von (beispielsweise) 5 Jahren wäre im Fall des Beschwerdeführers ausreichend, um einen nachhaltigen Gesinnungswandel annehmen zu können.


II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Serbiens und führt die im Spruch angeführten Personalien; seine Identität steht fest.

1.2. Der Beschwerdeführer ist in Serbien geboren und absolvierte 9 Jahre die Grundschule in Österreich. Ferner verfügt der Beschwerdeführer über eine Berufsausbildung zum Metallarbeiter und Schweißer.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem Jahr 1992 überwiegend im Bundesgebiet. Von 2004-2006 lebet der Beschwerdeführer bei seinem (inzwischen verstorbenen) Großvater in Serbien. Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines unbefristeten Aufenthaltstitels.

Der Beschwerdeführer ist ledig und leiblicher Vater des am XXXX in Wien geborenen XXXX und der am XXXX in Wien geborenen XXXX . Der Beschwerdeführer hat gemäß Beschluss des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 16.02.2018 die Vaterschaft von XXXX anerkannt. Der Beschwerdeführer ist seinen Kindern gegenüber grundsätzlich unterhaltspflichtig, konnte dieser Verpflichtung jedoch nicht nachkommen. Die Kinder des Beschwerdeführers sind in Wohngemeinschaften untergebracht. Die Obsorge inklusive der Rechtsvertretung für die leiblichen Kinder des Beschwerdeführers obliegt derzeit der Wiener Kinder- und Jugendhilfe MA 11 der Stadt Wien.

In Österreich leben ferner die Großmutter und der Bruder des Beschwerdeführers.

1.3. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 10.10.2007, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen § 142 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bedingt, Probezeit 3 Jahre, rechtskräftig verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 11.04.2008, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 3 SMG, § 15 StGB sowie wegen § 27 Abs. 1 Z 1 erster, zweiter Fall und Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten bedingt, Probezeit 3 Jahre, rechtskräftig verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 06.05.2009, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, 147 Abs. 2, 148 zweiter Fall iVm 15 StGB sowie 107 Abs. 1 und 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten rechtskräftig verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 02.12.2014, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 27 (1) Z 1 erster, zweiter Fall, 27 Abs. 2 SMG sowie 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, 27 Abs. 3 und 27 Abs. 5 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt.

1.4. Die bislang letzte gerichtliche Verurteilung sprach wiederum das Landesgericht für Strafsachen Wien aus: Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil vom 08.02.2017, XXXX , wegen §§ 229 Abs. 1 StGB, 27 Abs. 1 achter Fall SMG, 241e Abs. 3 StGB, 27 Abs. 1 Z 1 erster fall, 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall, 27 Abs. 2 SMG, 142 Abs. 1, 143 Abs. 1 zweiter Fall und 105 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren rechtskräftig verurteilt.

Im Zuge der Strafbemessung wurden folgende Erschwerungsgründe herangezogen:

?        die vier einschlägigen Vorstrafen

?        der rasche Rückfall

?        das Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB

?        das Zusammentreffen von einem Verbrechen und mehrerer Vergehen

?        die Körperverletzung und der doppelte Tatmitteleinsatz beim Raub

?        die Tatwiederholung über einen langen Deliktszeitraum bei den SMG-Delikten

?        die Begehung teils innerhalb offener Probezeit

Als mildernd wurde das teilweise reumütige Geständnis gewertet.

1.5. Am 15.05.2017 wurde der Beschwerdeführer von der Justizanstalt XXXX in die Justizanstalt XXXX verlegt und befindet sich bis zum heutigen Tag dort in Strafhaft.

Vom September 2017 bis Februar 2019 absolvierte der Beschwerdeführer im Rahmen der Strafvollzugshaft den Intensivkurs zum Lehrberuf des Metallbearbeiters. Ferner besuchte der Beschwerdeführer im Zuge des Strafvollzugs eine Anti-Aggressions-Gruppen- Psychotherapie und ein Alkoholmodul.

1.6. Der Beschwerdeführer ist aufgrund der von ihm begangenen Straftaten und seines Persönlichkeitsbildes als schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit anzusehen.

1.7. Der Beschwerdeführer brachte nicht vor, dass ihm in Serbien eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit droht. Aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes ist er zu einer eigenständigen Bestreitung seines Lebensunterhalts in Serbien in der Lage. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen und beherrscht die Sprache seines Herkunftsstaates.

Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in die Beschwerde. Ergänzend wurden Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister und dem AJ-WEB Auskunftsverfahren zum vorliegenden Akt eingeholt.

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seiner Identifizierung durch die österreichischen Strafbehörden fest.

2.2. Soweit im Beschwerdeschriftsatz behauptet wird, dass im Falle des Beschwerdeführers nicht die Schwere und Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu erkennen sei, ist auf die Urteilsbegründung der letzten rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers vom 08.02.2017 zu verweisen, insbesondere auf die im Zuge der Strafbemessung herangezogenen 7 Erschwerungsgründe (vgl. OZ 109). Ferner geht aus der Urteilsbegründung hervor, dass der Beschwerdeführer die Straftaten zu einem Zeitpunkt beging, als sein leiblicher Sohn bereits auf der Welt war bzw. die (ehemalige) Lebensgefährtin des Beschwerdeführers kurz vor der Geburt der gemeinsamen Tochter stand (vgl. Seite 2 des Urteils; AS 96). Der Beschwerdeführer nahm somit im Zeitpunkt der Begehung seiner Straftaten eine mögliche Trennung von seinen in Österreich lebenden Angehörigen, insbesondere zu seinem minderjährigen Sohn und der noch nicht geborenen Tochter bewusst in Kauf.

Ausgehend davon ist die Annahme der belangten Behörde gerechtfertigt, dass der Beschwerdeführer bei einem weiteren Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Das Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers ist durch eine Gleichgültigkeit gegenüber der Rechtsordnung geprägt.

2.3. Die Feststellungen über die privaten und familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf seinen Angaben im Verfahren vor der belangten Behörde. Es ist im Verfahren nicht hervorgekommen und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht geltend gemacht, dass zu seinen in Österreich lebenden Familienangehörigen eine (über eine familiäre Beziehung hinausgehende) Abhängigkeit bestünde. Der Beschwerdeführer kann überdies den Kontakt zu seinen in Österreich lebenden Angehörigen über Telefon und Internet regelmäßig aufrechterhalten.

2.4. Der Beschwerdeführer hat im Verfahren keine konkreten Rückkehrbefürchtungen bezogen auf Serbien geäußert. Serbien gilt aufgrund der Ermächtigung nach § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG laut § 1 Z 6 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, als sicherer Herkunftsstaat.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Rückkehrentscheidung):

3.1.1. Gemäß § 52 Abs. 5 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

3.1.2. Die Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere von Suchtgiftdelikten, stellt jedenfalls schon vor dem Hintergrund der verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft, zu denen der Konsum von Suchtgiften führt, ein Grundinteresse der Gesellschaft (Schutz und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) dar. Der Verwaltungsgerichtshof hat in Bezug auf Suchtmitteldelinquenz wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (VwGH 22.11.2012, 2011/23/0556; 20.12.2012, 2011/23/0554). In seinem Erkenntnis vom 03.07.2018, Ra 2018/21/0099, hat der Verwaltungsgerichtshof zudem erwogen, dass auch aus einem einmaligen Fehlverhalten - entsprechende Gravidität vorausgesetzt - eine maßgebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit abgeleitet werden kann. Im Hinblick darauf seien die Verhängung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes auch gegen langjährig rechtmäßig in Österreich aufhältige Fremde gegebenenfalls nicht zu beanstanden (vgl. VwGH 29.6.2017, Ra 2016/21/0338; VwGH 15.3.2018, Ra 2018/21/0021).

Im Falle des Beschwerdeführers ist zu berücksichtigen, dass er gemäß Urteil vom 08.02.2017 (unter anderem) wegen des Verbrechens des schweren Raubes für schuldig befunden wurde, ferner im besonders sensiblen Bereich der Suchtmittelkriminalität agierte und die 5-jährige verhängte Strafhaft noch andauert. Die bisher verstrichene Zeitspanne erweist sich im Hinblick auf das Gesamtverhalten somit zu kurz, um bereits von einem Wegfall der Gefährdung auszugehen, zumal auch noch kein Verhalten in Freiheit vorliegt, welches allenfalls auf einen erfolgten Gesinnungswandel hindeuten würde. Um nämlich von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom Fremden ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können, bedarf es grundsätzlich eines Zeitraums des Wohlverhaltens, wobei in erster Linie das gezeigte Wohlverhalten in Freiheit maßgeblich ist (vgl. VwGH 22.1.2015, Ra 2014/21/0009; 22.3.2018, Ra 2017/22/0194).

Zudem kann im gegenständlichen Falle auch nicht von einem einmaligen „Ausrutscher“ gesprochen werden, zumal der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2007 wiederholt straffällig aufgefallen ist und somit als „Wiederholungstäter“ bezeichnet werden kann.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers, insbesondere die letzte rechtskräftige vom 08.02.2017, rechtfertigen jedenfalls die Annahme, dass ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde. Die belangte Behörde hat die erlassene Rückkehrentscheidung somit zu Recht auf den Tatbestand des § 52 Abs. 5 FPG gestützt.

3.1.3. Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung – nunmehr Rückkehrentscheidung – nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 EMRK zulässig ist, ist weiters eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit dem Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Zl. Ra 2015/19/0247).

Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen und es kann grundsätzlich nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, eine Aufenthaltsbeendigung ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen werden (vgl. etwa VwGH 23.2.2017, Ra 2016/21/0340, mwN). Diese Rechtsprechungslinie betraf allerdings nur Konstellationen, in denen der Inlandsaufenthalt bereits über zehn Jahre dauerte und sich aus dem Verhalten des Fremden - abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich - sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab (VwGH 25.4.2014, Ro 2014/21/0054; 10.11.2015, Ro 2015/19/0001). In Fällen gravierender Kriminalität und daraus ableitbarer hoher Gefährdung der öffentlichen Sicherheit steht die Zulässigkeit der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auch gegen langjährig in Österreich befindliche Fremde, selbst wenn sie - anders als im vorliegenden Fall - Ehegatten österreichischer Staatsbürger sind, nicht in Frage (vgl. VwGH 23.2.2016, Ra 2015/01/0249 mwN).

3.1.4. Es wird nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer den Großteil seines Lebens im Bundesgebiet verbrachte und in Österreich insbesondere die Grundschule absolvierte. Ferner nicht, dass der Beschwerdeführer Vater von zwei leiblichen Kindern ist. Insofern ist von einem Familienleben nach Art. 8 EMRK in Österreich auszugehen.

Bei der Beurteilung, ob ein Eingriff nach Art. 8 MRK zulässig ist, ist zu beachten, ob eine Fortsetzung des Familienlebens außerhalb Österreichs möglich ist und ob eine Trennung der Familie den Eingriff in das Familienleben als unzulässig werten lassen könnte. In einem solchen Fall ist der damit verbundene Eingriff in das Familienleben zwar nicht jedenfalls unzulässig, es muss dann aber dem öffentlichen Interesse an der Vornahme dieser Maßnahme ein sehr großes Gewicht beizumessen sein, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden (vgl. VwGH 07.05.2014, 2012/22/0084). Zur Beurteilung dieses öffentlichen Interesses bedarf es einer einzelfallbezogenen Einschätzung der vom Fremden aufgrund seiner Straffälligkeit ausgehenden Gefährdung, wozu es näherer Feststellungen über die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild bedarf (VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0162).

Gegen ein aufrechtes Familienleben spricht im gegenständlichen Fall zum einen die Tatsache, dass der Beschwerdeführer – aufgrund der aktuell zu verbüßenden Haftstrafe – schon einen längeren Zeitraum getrennt von seinen in Österreich lebenden leiblichen Kindern verbringt. Zudem erkannte der Beschwerdeführer erst während der derzeitigen Haftstrafe die Vaterschaft seines Sohnes an, kam seiner (grundsätzlich bestehenden) Unterhaltspflichten für seine beiden Kinder nicht nach und lernte seine Tochter (jedenfalls bis zum Zeitpunkt 15.04.2019) noch nicht einmal kennen (vgl. Beschwerdeschriftsatz; AS 289).

Dem Beschwerdeführer ist jedenfalls die Aufrechterhaltung des Kontaktes zu seinen in Österreich lebenden Familienangehörigen in der vorliegenden Konstellation über elektronische oder sonstige Kommunikationsmittel respektive Besuchen im Herkunftsstaat oder allenfalls Drittstaaten objektiv wie subjektiv möglich und angesichts seiner Straftaten und der daraus resultierenden erheblichen Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit zumutbar (vgl. VwGH 01.03.2016, Zl. Ra 2015/18/0247; VwGH 23.02.2017, Zl. Ra 2016/21/0235, Rz 11). Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer mit seinem straffälligen Handeln eine strafgerichtliche Verurteilung und damit eine Trennung von seinen in Österreich lebenden Familienangehörigen bewusst in Kauf nahm.

Bereits an anderer Stelle wurde jedoch dargestellt, dass ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers angesichts der zuletzt begangenen (teils schweren) Strafdelikte eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit begründen würde, sodass eine Aufenthaltsbeendigung auch nach der vorliegenden langjährigen Aufenthaltsdauer und der im Bundesgebiet begründeten Bindungen nicht in Betracht kommt.

Ein aussagekräftiger Zeitraum von Wohlverhaltens liegt nicht vor, da sich der Beschwerdeführer nach wie vor in Haft befindet. Auch seine nunmehrige Beteuerung, wonach er sich für die Begehung der letzten Straftat „aus tiefstem Herzen schäme“ (vgl. AS 129), reicht in der vorliegenden Konstellation für eine positive Zukunftsprognose nicht aus, umso mehr als auch sein bereits bestehendes Familienleben ihn nicht von seinen Straftaten abhalten konnten. Das

Den privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet ist fallgegenständlich sein straffälliges Verhalten entgegenzuhalten. Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird die für die Integration eines Fremden wesentliche soziale Komponente durch vom Fremden begangene Straftaten erheblich beeinträchtigt (vgl. etwa VwGH 30.01.2007, 2004/21/0045 mwH).

Ferner konnte beim Beschwerdeführer auch keine berufliche Integration – trotz des langen Aufenthaltes im Bundesgebiet – festgestellt werden. So stand der Beschwerdeführer vom 11.12.2020 seit 11.12.2008 in keinem Beschäftigungsverhältnis (vgl. AJ-WEB-Auszug vom 11.12.2020).

Unbeachtlich dessen kann beim gesunden und arbeitsfähigen Beschwerdeführer die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben in seinem Herkunftsstaat vorausgesetzt werden, weshalb er im Herkunftsstaat grundsätzlich in der Lage sein wird, sich mit Erwerbstätigkeiten, wenn auch allenfalls nur durch Gelegenheitsarbeiten, ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Letztlich konnte auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer, etwa auf Grund seines längeren Aufenthalts außerhalb seines Herkunftsstaates, überhaupt nicht mehr in der Lage sein könnte, sich in Serbien wieder zurechtzufinden, zumal der Beschwerdeführer selbst vorbrachte, in den Jahren 2004-2006 bei seinem (inzwischen verstorbenen) Großvater in Serbien gelebt zu haben. Es kann somit auch nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer die dortigen örtlichen Gegebenheiten überhaupt nicht bekannt wären und er sich dort nicht zurechtfinden würde.

3.1.5. Im Lichte der nach § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotenen Abwägung hat sich somit insgesamt nicht ergeben, dass vorhandene familiäre oder nachhaltige private Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich das gewichtige öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts überwiegen würden. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, welche im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung (auf Dauer oder vorübergehend) unzulässig erscheinen ließen.

Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in den Herkunftsstaat vorliegen, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides insoweit gemäß § 52 Abs. 5 FPG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Zulässigkeit der Abschiebung nach Serbien):

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234). Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Verfahren, wie beweiswürdigend dargelegt, kein konkretes Vorbringen hinsichtlich einer im Herkunftsstaat befürchteten Verletzung in relevanten Grundrechten (insb. Art. 3 EMRK) erstattet. Sowohl unter Beachtung der individuellen Situation des Beschwerdeführers, als auch der allgemeinen Sicherheits- und Menschenrechtslage im Herkunftsstaat ergab sich kein Hinweis auf eine dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat potentiell drohende Gefährdung in den hier relevanten Grundrechten. Im Rahmen der Beurteilung der allgemeinen Lage in Serbien ist überdies zu berücksichtigen, dass gemäß § 1 Z 6 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, Serbien als sicherer Herkunftsstaat gilt und ergaben sich im gegenständlichen Fall keine Hinweise auf einen aus diesem Blickwinkel relevanten Sachverhalt.

Auch im Hinblick auf die weltweite Ausbreitung des COVID-19 Erregers besteht unter Zugrundelegung der Entwicklungen auch im Herkunftsland keine derartige Situation, die im Hinblick auf eine Gefährdung nach Art. 3 EMRK eine entscheidungsrelevante Lageänderung erkennen lässt. Mit 22.05.2020 wurden die Einreisebeschränkungen sowohl für serbische Staatsangehörige als auch Ausländer aufgehoben. Personen, die in Serbien einreisen, erhalten eine schriftliche Gesundheitswarnung in englischer und serbischer Sprache über die Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung und zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie (Quelle: https://www.bmeia.gv.at/oeb-belgrad). Unabhängig davon liegen sowohl im Hinblick auf sein Alter als auch seinen Gesundheitszustand keine Anhaltspunkte vor, wonach der Beschwerdeführer bei einer allfälligen COVID-19 Infektion einer Risikogruppe für einen schwerwiegenden Verlauf angehören würde. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer aktuell eine Strafhaft im Bundesgebiet verbüßt.

Der auf § 52 Abs. 9 FPG 2005 gestützte Ausspruch der belangten Behörde erfolgte daher zu Recht.

3.3. Zu Spruchpunkt III. (Einreiseverbot):

3.3.1. Gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, kann vom Bundesamt mit Bescheid mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat nach der Ziffer 1 erster Fall insbesondere zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten verurteilt worden ist.

Gemäß § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

3.3.2. Die belangte Behörde erließ gegen den Beschwerdeführer aufgrund seiner wiederholten, rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen nach dem StGB unbefristetes Einreiseverbot und stützte es auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteilen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien zu mehrjährigen Haftstrafen rechtskräftig verurteilt.

Ist der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt, so ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit indiziert (VwGH 27.01.2015, 2013/22/0298; vgl. VwGH 30.07.2014, 2013/22/0281). Dies muss umso mehr für Z 5 leg. cit. gelten.

Die Art und Schwere der begangenen Straftaten zeigen, dass das persönliche Verhalten des Beschwerdeführers eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr darstellt. Auch die Verhängung der unbedingten Freiheitsstrafen zeugen von einem massiven Gefährdungspotential des Beschwerdeführers.

Dem Beschwerdeführer kann auch keine positive Zukunftsprognose attestiert werden. Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich – nach dem Vollzug einer Haftstrafe – in Freiheit wohlverhalten hat (VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0118). Da sich der Beschwerdeführer aktuell nach wie vor Strafhaft befindet, kann dem Beschwerdeführer schon aus diesem Grunde (noch) kein Gewinnungswandel und somit keine positive Zukunftsprognose erteilt werden. Daran können auch seine Beteuerungen im Strafverfahren nichts ändern.

Bei Erlassung eines Einreiseverbots ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen. Wird durch ein Einreiseverbot in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung demnach nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062).

Was die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers betrifft, wird es dem Beschwerdeführer – ungeachtet der räumlichen Trennung – möglich sein, dass in der Beschwerde geltend gemachte Familienleben durch Besuche seiner Verwandten und seiner Kinder in Serbien und mittels moderner Kommunikationsmittel aufrechtzuerhalten.

Der Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung des Einreiseverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Rechte anderer) dringend geboten sei, steht nichts entgegen und wird das persönliche Interesse des Beschwerdeführers durch begangenen Strafdelikte stark gemindert.

Bei Abwägung der genannten gegenläufigen Interessen ist sohin zur Auffassung zu gelangen, dass die Erlassung des Einreiseverbotes zur Erreichung von im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten ist und somit den Interessen des Beschwerdeführers überwiegen.

Daher ist die belangte Behörde somit zu Recht von der Rechtsmäßigkeit der Verhängung eines Einreiseverbotes ausgegangen, erweist sich dieses nämlich vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten als erforderlich, um der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährlichkeit zu begegnen.

3.3.3. Im gegenständlichen Fall erweist sich allerdings die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbotes als nicht angemessen.

Bei der Verhängung eines Einreiseverbots darf das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen nicht regelmäßig schon dann erfolgen, wenn einer der Fälle des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 bzw. des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG vorliegt (vgl. etwa VwGH 30.6.2015, Ra 2015/21/0002 mwH).

Die von der belangten Behörde gewählte Höhe eines unbefristeten Einreiseverbotes, welches die Ausschöpfung des gesamten gesetzlichen Rahmens des auf den § 53 Abs. 3 FPG gestützten Einreiseverbotes bedeutet, ist – unter Anwendung von § 53 Abs. 3 Z 5 FPG – grundsätzlich zulässig. Im Hinblick auf die begangenen Straftaten erweist sich allerdings das für § 53 Abs. 3 Z 5 FPG zulässige unbefristete Einreiseverbots als zu lange, zumal zum einen in anderen, noch gravierenderen Fällen (etwa in solchen, in welchen der Beschwerdeführer wegen eines Tatbestands der Z 6 bis 9 leg. cit. [insb. im Zusammenhang mit Terrorismus] verurteilt wird) kein Spielraum mehr nach oben offenbliebe.

Zum anderen sind neben bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben dem konkreten Fehlverhalten und dem Unrechtsgehalt der begangenen Straftaten unter Berücksichtigung aller Milderungs- und Erschwerungsgründen auch die familiären und privaten Umstände des Betroffenen maßgeblich zu berücksichtigen. Wie bereits oben in den Erwägungen zur Rückkehrentscheidung dargelegt wurde, verfügt der Beschwerdeführers über familiäre Bindungen in Österreich. Diese wurde jedoch von der belangten Behörde bei Verhängung des unbefristeten Einreiseverbotes nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt. Insbesondere aufgrund des Umstandes, dass in Österreich zwei minderjährige Kinder des Beschwerdeführers im Alter von XXXX und XXXX Jahren leben, erscheint das verhängte unbefristete Einreiseverbot unangemssen.

Die unbefristete Erlassung des gegenständlichen Einreiseverbotes durch die belangte Behörde steht somit nach Ansicht des erkennenden Gerichtes bei Abwägung aller dargelegten Umstände nicht in angemessener Relation. Allerdings erweist sich im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers eine Herabsetzung des Einreiseverbotes auf weniger als 8 Jahre als nicht angemessen, zumal das persönliche Fehlverhalten des Beschwerdeführers nicht etwa in einem einmaligen "Fehltritt" und einer daran folgenden Besserung seines Verhaltens bestand, sondern der Beschwerdeführer bereits einschlägig vorbestraft war bzw. ist. Die dargestellte Vorgangsweise des Beschwerdeführers zeigt unmissverständlich, dass die Straftaten nicht aufgrund einer sich plötzlich bietenden Gelegenheit spontan, sondern in überlegter, wohl geplanter und tatsächlich umgesetzter Weise begangen wurden.

Eine weitere Reduktion war somit auch bei Berücksichtigung von privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers nicht möglich. Die mit dem Einreiseverbot einhergehende zeitweilige Unmöglichkeit für den Beschwerdeführer, seine Familienangehörigen in Österreich bzw. in den vom Einreiseverbot betroffenen Mitgliedstaaten zu besuchen, ist im öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Verbrechen und einem geordneten Fremdenwesen in Kauf zu nehmen.

3.3.4. Im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung der auf Grund des Fehlverhaltens und der sonstigen persönlichen Umstände des Beschwerdeführers getroffenen Gefährlichkeitsprognose war die Dauer des Einreiseverbots daher in angemessener Weise auf 8 Jahre herabzusetzen und der Beschwerde insoweit Folge zu geben, im darüber hinaus gehenden Umfang (das Einreiseverbot zur Gänze aufzuheben) jedoch abzuweisen.

3.4. Zu den Spruchpunkten IV. und V. (freiwillige Ausreise und aufschiebende Wirkung):

Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das Bundesamt von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gegenständlich wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 2 Z 1 BFA-VG aberkannt. Ferner wurde bereits mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.04.2019, G314 2217647-1/3Z, die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

Somit sprach die Behörde zu Recht aus, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht und war die Beschwerde in diesem Punkt spruchgemäß abzuweisen.

3.5. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet (siehe VwGH 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9).

Es konnte daher gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Zudem wurde eine mündliche Verhandlung vom Beschwerdeführer auch nicht beantragt.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter A) zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Aufenthaltsdauer Dauer Einreiseverbot Familienleben Gefährdung der Sicherheit Gefährlichkeitsprognose Herabsetzung Interessenabwägung öffentliches Interesse Pandemie Raub Risikogruppe Rückkehrentscheidung sicherer Herkunftsstaat strafrechtliche Verurteilung Suchtmitteldelikt Teilstattgebung Vermögensdelikt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W123.2217647.1.00

Im RIS seit

04.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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