TE Bvwg Beschluss 2020/8/6 L518 1314123-2

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Veröffentlicht am 06.08.2020
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Entscheidungsdatum

06.08.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §7
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch


L518 1314123-2/12E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus Steininger als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.09.2018, Zl. XXXX , beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrenshergang

I.1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend auch „BF“) ist georgischer Staatsangehöriger und stellte am 2.6.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz vor der belangten Behörde (nachfolgend auch „bB“).

Das Bundesasylamt hat mit Bescheid vom 8.8.2007, FZ. 0605.872-BAS, den Antrag auf internationalen Schutz des Asylwerbers gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und dem Asylwerber den Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. Weiters wurde dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zuerkannt. Unter Spruchpunkt III wurde der Asylwerber gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde vom Asylgerichtshof im Erkenntnis vom 29.09.2008 der Beschwerde stattgegeben und dem BF gemäß § 3 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. wurde festgestellt, dass dem BF damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

I.2. Am 08.05.2018 wurde ein Verfahren zu Aberkennung des Status des Asylberechtigten eingeleitet. Dem BF wurde schriftliches Parteiengehör gewährt und wurde mit 14.06.2018 eine Stellungnahme erstattet.

Am 07.09.2018 wurde der BF vor der bB einvernommen. Die insgesamt 7 Vorstrafen brachte der BF in Zusammenhang mit der Drogenabhängigkeit. Aktuell sei er in Haft und nicht mehr drogenabhängig. Nach der Haftentlassung wolle er die ukrainische Freundin heiraten.

Am 13.09.2018 langte eine weitere Stellungnahme des BF bei der bB ein.

I.3. Mit im Spruch gennannten Bescheid wurde der dem BF zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG die Feststellung getroffen, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Weiters wurde gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Darüber hinaus wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass die Abschiebung nach Georgien zulässig sei und eine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt. Zudem wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

I.4. In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde (4 Wochen gemäß Rechtsmittelbelehrung im Bescheid) wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass sich die belangte Behörde auf eine falsche Rechtsgrundlage gestützt hätte und grundsätzlich die Zuerkennung von Asyl bezweifelt hätte. Es seien spekulative Annahmen erfolgt und lägen gravierende Verfahrensmängel vor. Vorgelegt wurden Unterlagen zur Erkrankung des BF.

I.5. Mit Schreiben vom 17.10.2019 wurde mitgeteilt, dass der BF Vater eines ukrainischen Kindes geworden ist.

I.6. Am 12.03.2020 langte eine Verständigung von einer Anklageerhebung gegen den BF ein. Am 25.06.2020 langte die weitere Verurteilung des BF wegen Diebstahls ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA.

Der BF wurde sowohl vor als auch nach der Gewährung von Asyl insgesamt 8 Mal in Österreich wegen Diebstahl, versuchten und gewerbsmäßigen Diebstahl verurteilt.

In der Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 29.09.2008 wurde ua. Nachstehendes ausgeführt:

Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Georgien, am XXXX geboren und stammt aus einer gemischt georgisch-ossetischen Familie.

Von Herbst 2001 bis April 2002 war er Mitglied der südossetischen Streitkräfte.

Am XXXX 2006 wurde der Beschwerdeführer entführt. Hintergrund der Entführung war ein Streit mit einem ranghohen südossetischen Militärangehörigen über einen im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Apfelgarten bzw. über die Ernteerträge aus demselben. Seine gemischt-ethnische Herkunft verschärfte dabei die Situation des Beschwerdeführers zusätzlich. Der Apfelgarten befand sich ebenso auf südossetischen Gebiet wie der Heimatort des Beschwerdeführers.

Nachdem der Beschwerdeführer über einen Verwandten das Lösegeld aufbringen konnte, wurde er am XXXX 206 auf freien Fuß gesetzt und lebte fortan bei seinen Großeltern.

Trotz einschlägiger Warnungen seiner Entführer (insbesondere des besagten Offiziers) entschloß er sich schließlich sich wegen des Vorfalls an die örtlichen Sicherheitskräft zu wenden und musste in der Folge aufgrund berechtigter Furch vor Verfolgung das südossetische Gebiet in Richtung georgisches Kernland (Tiflis) verlassen.

Da er schließlich im georgischen Kernland aufgrund seiner südossetischen Militärangehörigkeit keinen legalen Aufenthalt nehmen konnte (da er bei Publikwerden begründete Furcht vor den daraus resultierenden Konsequenzen hatte), sah sich der Beschwerdeführer veranlasst Georgien zu verlassen.

Zu der Situation in Georgien wird folgendes festgestellt:

Hinsichtlich der Situation in Georgien wird auf die Feststellungen im Bescheid des Bundesasylamtes vom 8.8.2007 verwiesen. Insbesondere ist dabei auf die Feststellungen zur Sicherheitslage in Südossetien zu verweisen, die – bereits vor dem aktuellen Konflikt des Jahres 2008 – als unübersichtlich und als teilweise rechtlos und willkürlich beschrieben werden. Darüber hinaus ist ein Mangel an Rechtsstaatlichkeit zu erkennen. Hinsichtlich des georgischen Kernlandes wird festgestellt, dass sich die Situation für Menschen mit ossetischen Hintergrund, die darüber hinaus an militärischen Handlungen im Rahmen der südossetischen Streitkräfte verwickelt waren, insbesondere in Hinblick auf die jüngsten Ereignisse, als überaus problematisch gesehen werden kann.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus folgender Beweiswürdigung:

Aus den Ausführungen des Beschwerdeführers, die er im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgericht tätigte, lässt sich ein klares Bild konstruieren, nachdem die Aussagen glaubwürdig und in sich schlüssig sind. Scheinbare bestehende Widersprüche wurden von dem Beschwerdeführer aufgeklärt. Die beweiswürdigenden Ausführungen der Erstbehörde sind im Kontext dieses Gesamteindruckes daher nicht plausibel.

Hinsichlich der persönlichen Daten des Beschwerdeführers wird auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen.

Hinsichtlich der Lage in Georgien wird ebenso auf die Feststellungen im Bescheid der ersten Instanz verwiesen. Betreffend die gegenstandsrelevanten Feststellungen zur Lage des Beschwerdeführers im georgischen Kernland wird festgehalten, dass es sich dabei um Feststellungen handelt, die bei der Behörde offenkundig sind und daher keines weiteren Beweises bedürfen. Lediglich der Vollständigkeit halber wird darüber hinaus der durch den Beschwerdeführer beigebrachte Artikel der Zeitschrift Profil vom 25.8.2008 erwähnt.

Rechtlich ergibt sich daraus:

Dem Vorbringen folgend kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer aus den von ihm vorgebrachten Gründen in seiner Heimat weiterhin gefährdet ist und sich daher in einem Angst- bzw. Furchtzustand befindet, der aus Sicht eines vernünftigen Drittens objektivierbar ist Die Bedrohungslage ist zudem aktuell und weist die vom Gesetz geforderte Intensität auf.

Gemäß § 11 AsylG ist einem Asylwerber, dem in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteure, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen, soferne ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann.

Im gegenständlichen Fall kann dem Beschwerdeführer aufgrund seiner gemischten Ethnie und seiner militärischen Vergangenheit in Südossetien jedenfalls nicht zugemutet werden innerstaatlich Zuflucht im georgischen Kernland zu nehmen.

II.2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und den vor der bB durchgeführten Verfahren sowie der Beschwerde.

II.3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

II.3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg. cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

II.3.2. Zur Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG

Gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.

Das Modell der Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (vgl. VwGH 19.11.2009, 2008/07/0167: "Tatsachenbereich") (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), Anm. 11 zu § 28 VwGVG).

Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG 2014 bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar und soll von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden.

Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher im Lichte der oa. Ausführungen insbesondere dann in Betracht kommen,

-        wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat,

-        wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder

-        bloß ansatzweise ermittelt hat.

-        Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).

Ergänzend zu obigen Ausführungen ist aber auch die jüngste Judikatur des EuGH zu erwähnen, der in seinem Urteil vom 14.6.2017, C-685 EU:C:2017:452 sich ua. mit der Frage, ob nationale Bestimmungen, welche dem Verwaltungsgericht die amtswegige Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts (anstelle der Behörde) – bei entsprechender Untätigkeit der Behörde – der in der europarechtlichen Judikatur geforderten Objektivität bzw. Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit des Gerichts entgegenstehen.

Nach seiner Ansicht können die Gerichte nach den nationalen Verfahrensregeln zwar verpflichtet sein, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Vorlage solcher Beweise zu fördern, doch können sie nicht verpflichtet sein, anstelle der genannten Behörden die Rechtfertigungsgründe vorzubringen, die nach dem Urteil vom 30. April 2014, Pfleger u. a. (C 390/12, EU:C:2014:281) diese Behörden vorzubringen haben. Werden diese Rechtfertigungsgründe wegen der Abwesenheit oder der Passivität dieser Behörden nicht vorgebracht, müssen die nationalen Gerichte alle Konsequenzen ziehen dürfen, die sich aus einem solchen Mangel ergeben.

Der EuGH führte weiter aus, dass die Art. 49 und 56 AEUV, wie sie insbesondere im Urteil vom 30. April 2014, Pfleger u. a. (C 390/12, EU:C:2014:281), ausgelegt wurden, im Licht des Art. 47 der Charta dahin zu interpretieren sind, dass sie einer nationalen Verfahrensregelung, nach der in Verwaltungsverfahren das Gericht, bei der Prüfung des maßgeblichen Sachverhalts die Umstände der bei ihm anhängigen Rechtssache von Amts wegen zu ermitteln hat, nicht entgegenstehen, sofern diese Regelung nicht zur Folge hat, dass das Gericht an die Stelle der zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats zu treten hat, denen es obliegt, die Beweise vorzulegen, die erforderlich sind, damit das Gericht eine entsprechende Prüfung durchführen kann. Hinsichtlich des Rechts nach Art. 47 Abs. 2 der Charta auf ein unabhängiges und unparteiisches Gericht umfasst der Begriff der „Unabhängigkeit“, die der Aufgabe des Richters innewohnt, nämlich zwei Aspekte. Der erste, externe, Aspekt setzt voraus, dass die Stelle vor Interventionen oder Druck von außen geschützt ist, die die Unabhängigkeit des Urteilens ihrer Mitglieder im Hinblick auf die ihnen unterbreiteten Rechtsstreite gefährden könnten (Urteil vom 9. Oktober 2014, TDC, C?222/13, EU:C:2014:2265, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der zweite, interne, Aspekt steht mit dem Begriff der „Unparteilichkeit“ in Zusammenhang und bezieht sich darauf, dass hinsichtlich der Parteien des Rechtsstreits und ihren jeweiligen Interessen an dessen Gegenstand ein gleicher Abstand gewahrt wird. Dieser Aspekt verlangt, dass Sachlichkeit obwaltet und neben der strikten Anwendung der Rechtsnormen keinerlei Interesse am Ausgang des Rechtsstreits besteht (Urteil vom 9. Oktober 2014, TDC, C?222/13, EU:C:2014:2265, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Was das Zusammenspiel zwischen der den nationalen Gerichten nach dem nationalen Recht obliegenden Pflicht, in den bei ihnen anhängigen Rechtssachen den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, und dem Urteil vom 30. April 2014, Pfleger u. a. (C?390/12, EU:C:2014:281), anbelangt, ist in den Rn. 50 bis 52 des vorliegenden Urteils darauf hingewiesen worden, dass die nationalen Gerichte nach dem Unionsrecht eine Gesamtwürdigung der Umstände, unter denen eine restriktive Regelung erlassen worden ist und durchgeführt wird, auf der Grundlage der Beweise vornehmen müssen, die die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats vorgelegt haben.

Diese Gerichte können nach den nationalen Verfahrensregeln zwar verpflichtet sein, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Vorlage solcher Beweise zu fördern, doch können sie – wie die Generalanwältin in den Nrn. 51 bis 56 und 68 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat – nicht verpflichtet sein, anstelle der genannten Behörden die Rechtfertigungsgründe vorzubringen, die nach dem Urteil vom 30. April 2014, Pfleger u. a. (C?390/12, EU:C:2014:281), diese Behörden vorzubringen haben. Werden diese Rechtfertigungsgründe wegen der Abwesenheit oder der Passivität dieser Behörden nicht vorgebracht, müssen die nationalen Gerichte alle Konsequenzen ziehen dürfen, die sich aus einem solchen Mangel ergeben.

Die Ausführungen des EuGH beziehen sich zwar auf ein Verwaltungsstrafverfahren, sie sind nach ho. Ansicht in ihren sich daraus ergebenden Grundsätzen zu der Rolle des Verwaltungsgerichtes im Verhältnis zu jener der ermittelnden Behörde jedoch auch im gegenständlichen Fall anwendbar.

Im Lichte einer GRC-konformen Interpretation der verfassungsrechtlichen Bestimmungen, wonach das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden hat, finden diese demnach jedenfalls dort ihre Grenze, wenn das Gericht an die Stelle der zuständigen belangten Behörde zu treten hätte, der es eigentlich obliegt, dem Gericht die Beweise, iSd Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts, vorzulegen. Wird diese Grenze überschritten, ist das Gericht ermächtigt – wenn nicht sogar iS obiger, vom EuGH aufgezeigter Grundsätze verpflichtet – eine kassatorische Entscheidung iSd § 28 Abs. 3 VwGVG zu treffen.

II.3.3. Zur Anwendung des § 28 Abs. 3 VwGVG im gegenständlichen Fall:

II.3.3.1. Rechtliche Grundlagen zur Asylaberkennung

Der mit "Aberkennung des Status des Asylberechtigten" betitelte § 7 AsylG 2005 lautet wie folgt:

"(1) Der Status des Asylberechtigten ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;

2. einer der in Art 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder

3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

(2) Ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten ist jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3) und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 wahrscheinlich ist.

(3) Das Bundesamt kann einem Fremden, der nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3), den Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 nicht aberkennen, wenn die Aberkennung durch das Bundesamt - wenn auch nicht rechtskräftig - nicht innerhalb von fünf Jahren nach Zuerkennung erfolgt und der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat. Kann nach dem ersten Satz nicht aberkannt werden, hat das Bundesamt die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr 100/2005, zuständige Aufenthaltsbehörde vom Sachverhalt zu verständigen. Teilt diese dem Bundesamt mit, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat, kann auch einem solchen Fremden der Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 aberkannt werden.

(4) Die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und 2 ist mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen."

Der mit "Ausschluss von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" betitelte § 6 AsylG 2005 lautet wie folgt:

"(1) Ein Fremder ist von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn

1. und so lange er Schutz gemäß Art 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt;

2. einer der in Art 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt;

3. er aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder

4. er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr 60/1974, entspricht.

(2) Wenn ein Ausschlussgrund nach Abs 1 vorliegt, kann der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden. § 8 gilt."

II.3.3.2. Der VwGH hat in seiner Entscheidung vom 09.09.2009, Zl. 2006/10/0172 festgehalten:

Der Verwaltungsgerichtshof geht im Zusammenhang mit der Verpflichtung der Behörden gemäß § 59 AVG, die angewendeten Gesetzesbestimmungen im Bescheidspruch anzuführen, davon aus, dass die Verletzung des § 59 Abs. 1 AVG nicht schlechthin unter der Sanktion der Rechtswidrigkeit stehe, sondern nur unter der weiteren Voraussetzung, dass auch die Begründung des Bescheides Zweifel über die angewendeten Vorschriften nicht beseitige (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, § 59 AVG E 211 und 212, wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Der Verwaltungsgerichtshof hat auch ausgesprochen, dass die Anführung einer falschen Rechtsgrundlage einen Begründungsmangel darstelle, der im Falle der Wesentlichkeit zur Aufhebung des Bescheides führe (Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, § 59 AVG E 213)

II.3.3.3. Zunächst ist festzuhalten, dass dem angefochtenen Bescheid bereits die Nachvollziehbarkeit dahingehend fehlt, aufgrund welchen konkreten Tatbestandes die Aberkennung des Status des Asylberechtigten erfolgt ist, wodurch eine nachprüfende gerichtliche Kontrolle verunmöglicht wird.

Als Rechtsgrundlage für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten wird im Spruch § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 genannt.

Obwohl im Spruch § 7 Abs. 2a AsylG 2005 nicht genannt ist, wird in der Begründung ausgeführt: "In Georgien hat sich die Sicherheitslage seit Ihrem Asylverfahren im Jahr 2006 wesentlich verbessert."

Bereits an dieser Stelle wird festgehalten, dass § 7 Abs. 2 a AsylG erst mit 01.06.2016 in Kraft getreten ist.

Zum Subsidiären Schutz vertritt der VfGH in seiner Entscheidung vom 16.12.2010, GZ: U 1769/10 die Auffassung, dass aufgrund des Fehlens einer ausdrücklichen Anordnung, dass § 9 Abs 2 AsylG 2005 idF BGBl I 2009/122 auch auf vor seinem Inkrafttreten und der Gewährung subsidiären Schutzes liegende Sachverhalte anzuwenden sein soll, es die Intention des Gesetzgebers gewesen sei, die Bestimmung lediglich auf Sachverhalte nach seinem in Kraft treten anzuwenden.

Zudem wurde von der bB im gegenständlichen Bescheid festgestellt, dass es nicht glaubhaft sie, dass die bP sich auf ossetischer Seite gegen georgische Kräfte in den Jahren 2001 bis 2002 engagiert hätte, wobei gerade dieser Umstand im Erkenntnis des Asylgerichtshofes bereits rechtskräftig festgestellt wurde.

Abschließend wird im Rahmen der Feststellungen angeführt, dass die Gründe, welche seinerzeit zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten führten, nicht mehr vorliegen würden.

II.3.3.4. Zunächst ist auf § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG einzugehen, welcher darauf verweist, dass ein Asylausschlussgrund nach § 6 AsylG 2005 vorliegen muss. In der Entscheidungsbegründung werden zwar die Verurteilungen des BF (Strafregisterauszug wiedergegeben) angeführt, ohne jedoch zu begründen, bei welcher der Verurteilungen es sich um ein besonders schweres Verbrechen handeln sollte und inwiefern dieses strafbare Handeln eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeute. Zudem ist in diesem Zusammenhang zu erwähnten, dass sich nicht erkennen lässt, warum die bB von einer negativen Zukunftsprognose vor allem im Zusammenhang mit dem Einreiseerbot ausgeht. So hat sie keine entsprechenden Ausführungen zum Verhalten des BF im Rahmen der Straftaten getroffen.

Es ist auch aufgrund der Beweiswürdigung nicht erkennbar, auf welchen Aberkennungstatbestand sich die bB letztlich tatsächlich bezieht, sodass nicht nachvollziehbar ist, aufgrund welchem konkreten Sachverhalt bzw. Verhalten des Beschwerdeführers die Aberkennung des Asylstatus letztlich erfolgt ist.

In der Beweiswürdigung wurde wiederum vorerst darauf Bezug genommen, dass Georgien seit 2016 zu den sicheren Herkunftsstaaten zähle und die Lage daher anders zu beurteilen sei als 2008. Es folgte eine Beweiswürdigung dazu, warum die bB davon ausginge, dass der BF nicht den Wehrdienst bei den südossetischen Truppen geleistet hat und wurde festgehalten, dass die Feststellung des Asylgerichtshofes bei der Asylgewährung „eindeutig in Frage“ gestellt werden müsse. Zudem lägen mehr als vier Jahre zwischen Beendigung des Militärdienstes und tatsächlicher Ausreise, sodass ein Zusammenhang zwischen Ausreise und militärischer Tätigkeit nicht zu sehen sei. Der Fluchtgrund beziehe sich damit ausschließlich auf eine Verfolgung durch Privatpersonen bzw. die Enteignung einer Obstplantage.

Abschließend wurde unter dem Punkt „betreffend die Feststellungen zu den Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten“ festgestellt, dass jene Gründe, welche seinerzeit zur Asylgewährung führten, gegenwärtig nicht mehr vorliegen würden und es gerechtfertigt sie, den Status des Asylberechtigten abzuerkennen.

Die bB traf auch Ausführungen dazu, dass sich der BF einen Führerschein im Jahr 2016 ausstellen ließ und er sich damit bei einem etwaigen Grenzübertritt von Zentralgeorgien nach Südossetien ausweisen könne und er familiären Anschluss habe. Er habe die Eltern im osssetischen Teil Georgiens mit dem Konventionsreisepass mehrmals besucht. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung folgte dann – neben Ausführungen dazu, dass Georgien nunmehr ein sicherer Herkunftsstaat ist – eine Erörterung durch die bB, die darauf hindeutet, dass sich der BF durch Ausstellung eines Führerscheins dem Schutz seines Staates unterstellt habe.

II.3.3.5. Wie angesprochen stützt sich die Aberkennung gemäß dem Spruchpunkt I. im Wesentlichen auf die Verurteilung zu einem besonders schweren Verbrechen. Da an dieser Stelle keine Verurteilung konkret genannt wird, kann nur in Zusammenschau mit dem eingeholten Strafregisterauszug angenommen werden, dass sich die belangte Behörde lediglich auf die Verurteilungen wegen Diebstahls stützen könnte.

Hier fehlt es aber an einer konkreten Subsumtion des strafrechtswidrigen Verhaltens unter einen Aberkennungstatbestand. Wie der Verwaltungsgerichtshof erstmals in seinem Erkenntnis vom 06.10.1999, Zl. 99/01/0288 (vgl. zuletzt auch VwGH 05.12.2017, Ra 2016/01/0166), unter Hinweis auf Art. 33 Z 2 GFK ausgeführt hat, müssen nach "internationaler Literatur und Judikatur" kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Flüchtling trotz drohender Verfolgung in den Heimat- oder Herkunftsstaat verbracht werden darf. Er muss ein besonders schweres Verbrechen verübt haben, dafür rechtskräftig verurteilt worden sowie gemeingefährlich sein und es müssen die öffentlichen Interessen an der Rückschiebung die Interessen des Flüchtlings am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen (Güterabwägung).

Der Verwaltungsgerichtshof hält in seiner Judikatur (18.11.2019, Ra 2019/18/0418) außerdem fest: "Auf die Strafdrohung allein kommt es bei der Beurteilung, ob ein "besonders schweres Verbrechen" iSd § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 vorliegt, nicht an (vgl. VwGH 6.10.1999, 99/01/0288, sowie VwGH Ra 2018/20/0360). Es genügt demnach nicht, wenn ein abstrakt als "schwer" einzustufendes Delikt verübt worden ist. Die Tat muss sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen, wobei unter anderem auf Milderungsgründe Bedacht zu nehmen ist (vgl. erneut VwGH 99/01/0288). Bei der Beurteilung, ob ein "besonders schweres Verbrechen" vorliegt, ist daher eine konkrete fallbezogene Prüfung vorzunehmen und sind insbesondere die Tatumstände zu berücksichtigen (VwGH 23.9.2009, 2006/01/0626). Lediglich in gravierenden Fällen schwerer Verbrechen erweist sich bereits ohne umfassende Prüfung der einzelnen Tatumstände eine eindeutige Wertung als schweres Verbrechen mit negativer Zukunftsprognose als zulässig (vgl. etwa in Zusammenhang mit der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren wegen des Verbrechens des versuchten Mordes: VwGH 14.2.2018, Ra 2017/18/0419, mwN)."

Die belangte Behörde hat es unterlassen, irgendwelche Ermittlungsschritte dahingehend anzustellen, ob dem BF tatsächlich gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG die Asylgewährung aberkannt werden kann und delegiert diese Schritte damit vollständig an das Bundesverwaltungsgericht.

Es kann aber aus der weiteren Begründung auch nicht eindeutig erschlossen werden, ob die bB dem BF Asyl aufgrund des Umstandes, dass er sich dem Schutz seines Staates unterstellt hätte oder weil sich die Lage im Herkunftsstaat verbessert hätte aberkennen wollte.

II.3.3.6. Zudem wurde in der Beschwerde zu Recht ausgeführt, dass sich die bB nicht entsprechend mit der Situation in der Herkunftsregion Südossetien des BF auseinandergesetzt hat. Die bB hat dem BF unterstellt, seine Eltern in Südossetien besucht zu haben, was sich jedoch als aktenwidrig erweist, da diese Angabe vom BF nicht getroffen wurde.

Grundsätzlich ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass im Erkenntnis des Asylgerichtshofes aus 2008 festgehalten ist: Im gegenständlichen Fall kann dem Beschwerdeführer aufgrund seiner gemischten Ethnie und seiner militärischen Vergangenheit in Südossetien jedenfalls nicht zugemutet werden innerstaatlich Zuflucht im georgischen Kernland zu nehmen.

Diesbezüglich wäre jedenfalls eine entsprechende Würdigung durchzuführen, wenn sich die bB darauf stützen will, dass sich die Lage in Georgien nunmehr insgesamt verbessert habe. Der BF gab zudem zwar an, bei seinen Eltern leben zu können, allerdings nicht in Südossetien sondern in Russland. Nordossetien zählt zu Russland und sind auch in diesem Zusammenhang Aktenwidrigkeiten der bB zu sehen.

Hinsichtlich des Führerscheins wird an dieser Stelle auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen, aus welchen sich ergibt, dass sich der BF den Führerschein nicht selbst ausstellen ließ, mit dem Führerschein auch kein diplomatischer Schutz verbunden ist und dem BF damit ein Grenzübertritt (Bewegungsfreiheit zwischen Georgien und Südossetien wäre gemäß Länderfeststellungen beschränkt) nicht möglich wäre.

II.3.3.7. Die Behörde wird sohin im fortgesetzten Verfahren offenzulegen haben, aufgrund welchen individuellen Sachverhalts bzw. gesetzlichen Tatbestandes eine Aberkennung des Status des Asylberechtigten erfolgen soll und die für die Entscheidung maßgeblichen Ermittlungsergebnisse - gegebenenfalls nach einer Einvernahme - darzulegen zu haben, da eine nachprüfende Kontrolle der behördlichen Entscheidung nur auf diesem Weg sinnvoll möglich sein wird.

Im Übrigen wird auch auf die familiäre und private Situation des Beschwerdeführers im Bundesgebiet entsprechend einzugehen sein.

Der Aufenthalt des BF seit 2006 war überwiegend durch seine Rechtsstellung als Konventionsflüchtling legitimiert und dauerte bereits im Zeitpunkt der Entscheidung der bB über 10 Jahre. Nunmehr hat die bP ein Kind. Zudem wurde in der Beschwerde vorgebracht, der BF leide an psychischen Erkrankungen.

II.3.3.8. Angesichts derart gravierender Ermittlungslücken und Begründungsmängel erscheint eine sachgerechte Beurteilung der Beschwerde hinsichtlich der ausgesprochenen Aberkennung des Status des Asylberechtigten sowie der erlassenen Rückkehrentscheidung auf Grundlage der Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde als völlig ausgeschlossen.

Das Verfahren vor dem BFA ist - wie oben dargestellt - mit massiven Mängeln behaftet. Zentrale Ermittlungsschritte, welche grundsätzlich von der belangten Behörde durchzuführen sind, wären demnach erstmals durch das Verwaltungsgericht zu tätigen. Unter Zugrundelegung des bisher Ausgeführten konnte in Summe nur der Eindruck entstehen, dass das Bundesamt völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt bzw. bloß ansatzweise ermittelt hat, sodass vom Vorliegen besonders gravierender Ermittlungslücken und rein spekulativen Annahmen auszugehen ist.

Besondere Gesichtspunkte, die aus der Sicht des Verwaltungsgerichtes gegen eine Kassation des angefochtenen Bescheides sprechen würden, sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar. So können keine Anhaltspunkte dafür erkannt werden, dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes in der Sache im Interesse der Raschheit gelegen wäre. Das Verfahren würde durch eine Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht keine Beschleunigung erfahren, zumal das BFA als asyl- und fremdenrechtliche Spezialbehörde anzusehen ist und wesentlich rascher und effizienter die notwendigen Ermittlungen nachholen kann. Aus der Aktenlage ergeben sich weiters auch keine Hinweise, wonach die Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre.

II.4. Zusammenfassend ist der belangten Behörde vorzuwerfen, dass sie die für die Begründung des Bescheides erforderliche Sorgfalt vermissen lässt und dieser damit nicht den Erfordernissen einer umfassenden und in sich schlüssigen Begründung einer abweisenden behördlichen Entscheidung entspricht (vgl. § 60 iVm. § 58 Abs. 2 AVG).

Im vorliegenden Fall wurde der maßgebliche Sachverhalt dermaßen qualifiziert mangelhaft ermittelt, dass von einem gänzlichen Ausbleiben der zur Entscheidungsfindung notwendigen Ermittlungen über weite Strecken iSd Erk. d. VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063 gesprochen werden muss. Daran anknüpfend ist auch nach derzeitigem Stand nicht zu beurteilen, ob das BFA überhaupt rechtlich die richtigen Schlüsse gezogen hat. Das BVwG hätte hier nicht bloß Ergänzungen dazu vorzunehmen, sondern wäre vielmehr die erste Instanz, welche diese Ermittlungen vollinhaltlich vornimmt und kann erst nach dieser eine Beurteilung der Rechtsfrage stattfinden. Das ho. Gericht hätte iSd Urteils des EuGH vom 14.6.2017, C-685 EU:C:2017:452 somit in einem wesentlichen Teil des Ermittlungsverfahrens „an die Stelle“ der zuständigen belangten Behörde zu treten, der es eigentlich obliegt, dem Gericht die Beweise iSd Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts vorzulegen.

Der angefochtene Bescheid ist daher gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit an das Bundesamt zurückzuverweisen.

II.5. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der Beschwerde stattzugeben bzw. der angefochtene Bescheid zu beheben war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.

Schlagworte

Aberkennungstatbestand Aktenwidrigkeit Begründungsmangel Erkrankung Ermittlungspflicht Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Privat- und Familienleben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L518.1314123.2.00

Im RIS seit

16.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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