TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/6 W281 2237302-1

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Veröffentlicht am 06.12.2020
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Entscheidungsdatum

06.12.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch


W281 2237302-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Rosemarie HALBARTH-KRAWARIK über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. MAROKKO, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein.

2. Am 05.08.2020 wurde der BF im Rahmen einer strafrechtlichen Amtshandlung aufgefordert seine Identität zu legitimieren. Der BF konnte kein gültiges Ausweisdokument vorweisen und gab mehrere Identitäten an. Eine Search-Only Anfrage ergab, dass es sich um einen marokkanischen Staatsbürger handelt. Der BF wurde von den Beamten aus Eigenem festgenommen und nach Rücksprache mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt, belangte Behörde) ins Polizeianhaltezentrum gebracht.

3. Am 06.08.2020 wurde der BF vom Bundesamt zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und Verhängung der Schubhaft einvernommen. Der BF gab dabei an, dass seine Sprachen Griechisch und Englisch wären. Er wurde anschließend mit einem Dolmetscher für die englische Sprache vernommen.

4. Mit Bescheid vom 06.08.2020 wurde über den BF die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung verhängt und dem BF der Bescheid an diesem Tag übergeben. Dieser Bescheid wurde bis dato nicht in Beschwerde gezogen.

5. Mit Bescheid vom 11.08.2020 wurde dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass die Abschiebung nach Marokko zulässig ist, eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt, die aufschiebende Wirkung gegen eine Rückkehrentscheidung aberkannt und ein Einreiseverbot in der Dauer von zwei Jahren wegen Mittelosigkeit verhängt. Der Bescheid wurde dem BF übergeben, eine Unterschrift zur Beurkundung der Übergabe verweigerte er. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

6. Gegen den BF wurde ein Strafantrag am 18.11.2020 wegen des Verdachts der Vergehens der Annahme, Weitergabe oder Besitz falscher oder verfälschter besonders geschützter Urkunden erhoben.

7. Gegen den BF besteht ein bis 22.07.2022 gültiges schengenweites Einreiseverbot, das von Italien verhängt wurde.

8. Am 27.11.2020 legte das Bundesamt die Akten gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor und erstattete am 30.11.2020 eine Stellungnahme. Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiter vorliegen würden. Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezetifikates würden mit Marokko, Algerien und dem Libanon geführt.

Mit Stellungnahme vom 01.12.2020 gab das Bundesamt die Daten jener Termine bekannt, an denen die Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates eingeleitet worden waren und wann urgiert wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Sache dieses Verfahrens ist ausschließlich die Feststellung, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

1. Feststellungen:

1.1.    Zur Person:

Der BF ist in Österreich unter der Identität XXXX , geb. XXXX , StA. MAROKKO bekannt. Seine Identität steht nicht fest. Er verfügt über kein gültiges Dokument; das seine Identität bestätigt.

In der Europäischen Union ist er auch unter folgenden Identitäten bekannt:
XXXX , geb. XXXX in Casablanca/Marokko XXXX , geb. XXXX in Casablanca/Marokko, StA. Marokko XXXX , geb. XXXX in Algerien und XXXX , geb. XXXX in Libanon.

Er verfügt in Österreich weder über einen Wohnsitz noch über wesentliche soziale Beziehungen. Er sprich Englisch. Eigenen Angaben zufolge spricht er Griechisch.

Der BF verfügt über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Der BF geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, hat in Österreich kein Einkommen und verfügt über kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen. Der BF verfügt aktuell über Barmittel in Höhe von € 0. Er hat in Österreich im Verborgenen Unterkunft genommen.

1.2. Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft

Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt der BF nicht. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Er ist volljährig.

Mit Bescheid vom 06.08.2020 wurde über den BF die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung verhängt und dem BF der Bescheid an diesem Tag übergeben. Dieser Bescheid wurde bis dato nicht in Beschwerde gezogen.

Mit Bescheid vom 11.08.2020 wurde dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass die Abschiebung nach Marokko zulässig ist, eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt, die aufschiebende Wirkung gegen eine Rückkehrentscheidung aberkannt und ein Einreiseverbot in der Dauer von zwei Jahren wegen Mittelosigkeit verhängt. Der Bescheid wurde dem BF am 11.08.2020 übergeben, eine Unterschrift zur Beurkundung der Übergabe verweigerte er. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

1.2.1. Haftfähigkeit

Der BF ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vor. Eine signifikant erhöhte Gefahr einer Infektion mit COVID-19 besteht im Polizeianhaltezentrum, wo der BF in Schubhaft angehalten wird, nicht.

1.2.2. Dauer der Schubhaft

Der BF wird seit 06.08.2020 in Schubhaft angehalten. Am 07.12.2020 wird der BF vier Monate und einen Tag in Schubhaft angehalten.

1.2.3.  Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (Fluchtgefahr, Sicherungsbedarf, Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft):

Gegen den BF besteht ein bis 22.07.2022 gültiges schengenweites Einreiseverbot, das von Italien verhängt wurde.

Der BF reiste zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt trotz des schengenweiten Aufenthaltsverbotes nach Österreich ein. Den Angaben des BF zufolge reiste er etwa zwei oder drei Wochen vor seiner Festnahme nach Österreich ein.

Gegen den BF besteht eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung.

Gegen den BF wurde ein Strafantrag am 18.11.2020 wegen des Verdachts des Vergehens der Annahme, Weitergabe oder Besitz falscher oder verfälschter besonders geschützter Urkunden erhoben. Ihm wird zu Last gelegt, sich durch einen falschen griechischen Personalausweis mit dem Vorsatz, diesen im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder eine Tatsache zu gebrauchen, besessen zu haben.

Um seine Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen, befand sich der BF von 06.08.2020 bis 09.08.2020 in Hungerstreik.

Der BF will weiterhin nicht freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehren oder am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung mitwirken. Er ist nicht ausreisewillig. Er will nach Deutschland oder Belgien weiterreisen.

Am 15.08.2020 ging der BF mit einer Rasierklinge auf einen Mithäftling los. Der Mithäftling wurde dabei nicht verletzt und stieß den BF weg, der daraufhin zu Boden stürzte und sich am Mund verletze. Der BF verhielt sich während der anschließenden Befragung durch die Beamten unkooperativ und machte keine wie auch immer geartete Anstalten an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Verletzungen im Gesicht des BF waren nicht wahrnehmbar, er verweigerte aber die Dokumentation der Verletzung. Der BF wurde dem diensthabenden Sanitäter sowie dem anwesenden Äskulap vorgeführt. Dort wurde festgestellt, dass sich der BF als er zu Sturz kam, offensichtlich in die linke Wange gebissen hatte und daher eine starke Blutung herrührte. Auch bei der Untersuchung durch das medizinische Personal verweigerte der BF die Dokumentation der Verletzung.

Er ist im Polizeianhaltezentrum als aggressiv und besonders gefährlich eingestuft und vom offenen Vollzug ausgeschlossen.

Der BF ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten in besonders ausgeprägtem Maß nicht vertrauenswürdig und nicht kooperativ.

1.2.3.2. HRZ Verfahren

Das Bundesamt ist seiner Verpflichtung, auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, nachgekommen. Es hat rechtzeitig und zielführend ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF eingeleitet und fortgeführt. Derzeit werden Verfahren mit Marokko und Algerien geführt, in denen immer wieder rechtzeitig urgiert wurde. Es wird auch ein Verfahren mit dem Libanon geführt, indem erst ein mal urgiert wurde.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes, den gegenständlichen Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in den Akt des Bundesamtes das fremdenpolizeiliche Verfahren des BF betreffend, in das Zentrale Fremdenregister (im Folgenden: IZR), in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

2.1.    Zum Verfahrensgang:

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus den unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalten des Aktes des Bundesamtes und des Aktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2.    Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu der in Österreich geführten Identität ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, dem IZR und der Anhaltedatei des Bundesministeriums (OZ 1). Dass seine Identität nicht feststeht ergibt sich daher, dass es keine Hinweise dafür gibt, dass er einen gültigen Ausweis besitzt und einen solchen bei der Kontrolle am 05.08.2020 auch nicht vorzeigen konnte (OZ 1, Aktenvorlage 1, AS 1). Ein Ausweis war auch nicht bei seinen Effekten dabei (Anhaltedatei des Bundesministeriums (OZ 1)) und hat er selbst Angegeben, dass er keinen Ausweis besitzt (OZ 1, Aktenvorlage 1, AS 20). Dass er in der Europäischen Union unter mehreren angeführten Identitäten bekannt ist, ergibt sich aus der Stellungnahme des Bundesamtes (OZ 3, S. 3) sowie dem IZR. Es war somit die Feststellung zu treffen, dass seine Identität nicht feststeht.

Die Feststellungen zu seiner sozialen und beruflichen Integration, dem fehlenden Wohnsitz sowie, dass er englisch spricht, ergeben sich aus seiner Befragung vor dem Bundesamt am 06.08.2020 (OZ 1, Aktenvorlage 1, AS 19 bis AS 20 Rückseite). Die Feststellung, dass der BF eigenen Angaben zufolge Griechisch spricht, ergibt sich aus seiner Befragung vor dem Bundesamt (OZ 1, Aktenvorlage 1, AS 13 Rückseite).

Die Feststellungen zu seinen finanziellen Verhältnissen ergeben sich aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums (OZ 1).

Die Feststellung zur Unterkunftnahme im Verborgenen ergibt sich daher, da im ZMR keine Meldung des BF – außer der Anhaltung im Polizeianhaltezentrum - aufscheint.

2.3. Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft

Anhaltspunkte dafür, dass der BF die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist, finden sich weder im Akt des Bundesamtes noch in den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes. Es sind auch keine Ermittlungsergebnisse hervorgekommen, dass der BF nicht volljährig sein sollte.

Die Feststellung zum Bescheid vom 06.08.2020 und vom 11.08.2020 ergeben sich aus diesen vorgelegten Bescheiden (OZ 1, Aktenvorlage 1, AS 25ff und Aktenvorlage 2, AS 40 bis Aktenvorlage 3, AS 60). Eine Beschwerde gegen den Bescheid vom 06.08.2020 ist bis dato beim Bundesverwaltungsgericht nicht eingelangt. Es finden sich keine Hinweise im Akt, dass der BF gegen den Bescheid vom 11.08.2020 Beschwerde erhoben hätte, womit dieser nach dem Ablauf von vier Wochen in Rechtskraft erwachsen ist.

2.3.1. Haftfähigkeit

Die Feststellung, wonach der BF haftfähig ist und keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vorliegen, ergibt sich zum einen aus einer Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres, wo sich keine Einträge finden, die auf maßgebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen hindeuten. Die Verletzung vom 15.08.2020, offenbar ein Biss in die Wange, stellt zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigung dar.

2.3.2. Dauer der Schubhaft

Die Feststellung zur Dauer der Anhaltung ergibt sich aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums (OZ 1).

2.4.    Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (Fluchtgefahr, Sicherungsbedarf, Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft):

Die Feststellung zum schengenweiten Einreiseverbot ergibt sich aus der Anzeige (OZ 1, Aktenvorlage 1, AS 1) und der Personenfahndung Auskunft (OZ 1, Aktenvorlage 1, AS 10).

Dass der Zeitpunkt der letzten Einreise nicht mehr festgestellt werden kann, ergibt sich, dadurch, dass keine Beweismittel für diesen Zeitpunkt hervorgekommen sind. Ein Reisepass oder ähnliches liegt nicht vor. In der Einvernahme gab der BF zwar an, vor zwei oder drei Wochen ins Bundesgebiet gekommen zu sein (OZ 1, Aktenvorlage 1, AS 19 Rückseite), aber da der BF in dieser Vernehmung widersprüchliche Angaben gemacht hat (zB nächstes Reiseziel), kann dieser Zeitraum nicht mit der für das Verfahren erforderlichen Sicherheit festgestellt werden.

Dass gegen den BF eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung besteht ergibt sich aus dem Bescheid vom 11.08.2020.

Der gegen den BF erhobene Strafantrag ergibt sich aus der Anklageschrift (OZ 9).

Die Feststellung zum Hungerstreik ergibt sich aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums (OZ 1).

Das der BF nicht rückkehrwillig ist, ergibt sich aus seinem gesamten Verhalten im bisherigen Verfahren: so hat er bereits vor dem Bundesamt angegeben, nicht freiwillig nach Marokko ausreisen zu wollen (OZ 1, Aktenvorlage 1, AS 20). Zudem gab er an entweder nach Deutschland oder Belgien weiterreisen zu wollen (OZ 1, Aktenvorlage 1, AS 19 Rückseite und AS 20). Beim Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates hat er bis dato nicht mitgewirkt, sondern die Angaben verweigert (OZ 1, Aktenvorlage 4, AS 66). Er ließ sich aber die Fingerabdrücke abnehmen (OZ 1, Aktenvorlage 4, AS 67). Einen Antrag auf freiwillige Rückkehr hat er bis dato nicht gestellt.

Die Feststellungen zum Vorfall am 15.08.2020 ergeben sich aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums (OZ 1) und der Meldung der Landespolizeidirektion Wien vom 15.08.2020 (OZ 8).

Die Feststellung zur Einschätzung als aggressiv und besonders gefährlich und Ausschluss vom offenen Vollzug ergibt sich aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums (OZ 1).

Aufgrund dieses Verhaltens war festzustellen, dass der BF in besonders ausgeprägtem Maß nicht vertrauenswürdig und nicht kooperativ ist.

2.2.3.2. HRZ Verfahren

Die Feststellungen zur rechtzeitigen Einleitung des Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikates und, dass das Bundesamt seiner Verpflichtung, auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, nachgekommen ist, ergibt sich aus der Stellungnahme des Bundesamtes vom 01.12.2020 (OZ 7).

So wurde das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für Marokko am 13.08.2020 eingeleitet und am 14.08.2020 der Antrag versendet. Am 15.09.2020, 14.10.2020 und am 12.11.2020 hat das Bundesamt urgiert. Die nächste Urgenz ist für Mitte Dezember geplant. Die Identifizierung erfolgt in Rabat anhand der Fingerabdrücke. Die grundsätzliche Dauer vom Antrag bis zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates liegt bei vier bis fünf Monaten.

Das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für Algerien wurde am 31.08.2020 eingeleitet. Der Antrag wurde am 14.09.2020 an die Botschaft gesendet. Am 01.12.2020 erfolgte eine telefonische Urgenz bei der Botschaft. Aufgrund des eingeschränkten Botschaftsbetriebs ist noch kein Interviewtermin erfolgt. Die grundsätzliche Dauer vom Antrag bis zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates liegt bei drei bis vier Monaten.

Das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Libanon wurde am 31.08.2020 eingeleitet. Der Antrag wurde am 01.09.2020an die Botschaft gesendet. Eine Urgenz erfolgte telefonisch 24.09.2020. Seit August 2020 ist der Betrieb aufgrund der Explosion in Beirut eingeschränkt. Die grundsätzliche Dauer vom Antrag bis zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates liegt bei zwei bis vier Monaten. Da die letzte Urgenz am 24.09.2020 stattgefunden hat, konnte nicht festgestellt werden, dass das Bundesamt auch in diesem Verfahren rechtzeitig und öfters urgiert hätte.

2.5. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1.1.  Gesetzliche Grundlagen:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

„§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“

Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 FPG lautet:

„§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1.         drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.         sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1.         die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.         eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.         der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.         die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.“

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

㤠22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem BF gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

3.1.2.  Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498; VwGH 08.09.2005, 2005/21/0301; VwGH 23.09.2010, 2009/21/0280).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (VwGH 17.03.2009, 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (VwGH 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114, vgl. auch VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (VwGH 22.05.2007, 2006/21/0052; VwGH 29.04.2008, 2008/21/0085; VwGH 28.02.2008, 2007/21/0512; VwGH 28.02.2008 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird. (VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung nur ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Über vor oder nach der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).

3.1.3.  Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft

3.1.3. Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat das Bundesamt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung vorzulegen. Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Bundesverwaltungsgericht ergeben, dass die weitere Anhaltung des BF als verhältnismäßig angesehen werden kann.

3.1.3.2. Allgemeine Voraussetzungen

Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Aufrechterhaltung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft) – möglich ist.

Der BF war bei Anordnung der Schubhaft haftfähig und ist dies auch weiterhin. Für Gegenteiliges gab es im Verfahren keinerlei Anhaltspunkte.

Die Schubhaft wurde ursprünglich zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

Es liegt gegen den BF aktuell eine rechtskräftige und somit durchsetzbare Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot vor.

Die weitere Anhaltung in Schubhaft kann daher im Entscheidungszeitpunkt (nur mehr) auf die Sicherung zur Abschiebung gestützt werden.

3.1.3.3. Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf

Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus:

Gemessen an § 76 Abs. 3 FPG, konkret an dessen ersten Satz „liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1" - immer noch - vor, da „bestimmte Tatsachen“, nämlich jene bereits im Rahmen der angeführten Beweiswürdigung relevierten, indizieren, dass sich der BF einer drohenden Abschiebung in den Herkunftsstaat entziehen wird. Die Gründe, aus denen das Bundesamt die Schubhaft anordnete (Ziffer 2 und Ziffer 9 des § 76 Abs. 3 FPG), haben sich seither nicht geändert und erweisen sich als grundsätzlich nachvollziehbar.

Das erkennende Gericht geht zwar aufgrund des Wortlautes des § 76 Abs. 3 Z 2 FPG nicht davon aus, dass diese Ziffer erfüllt ist, da sie darauf abstellt, dass der BF aufgrund eines Einreiseverbotes, aufrechten Aufenthaltsverbotes oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich ins Bundesgebiet eingereist wäre und nicht festgestellt wurde, dass der BF bereits einmal ausgereist und dann neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist. Das erkennende Gericht geht auch davon aus, dass sich § 76 Abs. 3 Z 2 FPG grundsätzlich auf eine Maßnahme bezieht, die von einer österreichischen Behörde verhängt worden ist.

Im Ergebnis liegt aber ein gültiges schengenweites Aufenthaltsverbot bis 22.07.2022 vor und hielt sich der BF trotz diesem Aufenthaltsverbot im Schengenraum auf und zeigt sich nicht gewillt, den Schengenraum zu verlassen. Er gab nämlich bei seiner Befragung an, zum einen nach Deutschland und an anderer Stelle nach Belgien reisen zu wollen. § 76 Abs. 3 zählt deklarative Umstände auf, die beim Vorliegen einer Fluchtgefahr zu berücksichtigen sind. Da es sich aber nur um eine deklarative Aufzählung handelt, können weitere Umstände vorliegen, die eine Fluchtgefahr begründen können. Für das erkennende Gericht ist das schengenweite Aufenthaltsverbot ein solcher Umstand, der Fluchtgefahr begründet.

Der BF verfügt über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Er hat in Österreich keinen Wohnsitz, sondern ausschließlich im Verborgenen gelebt. Er geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, hat kein Einkommen und verfügt über kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen.

Aufgrund dieses Verhaltens bestehen aktuell Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der BF untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten, um sich einer Abschiebung zu entziehen.

Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem BF ein erhöhtes Risiko des Untertauchens sowie einen Sicherungsbedarf ergeben. Demgegenüber hat der BF auch keine substantiellen Bindungen oder Kontakte in Österreich oder einen gesicherten Wohnsitz. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist.

Es liegt daher Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 3 und Z 9 FPG sowie aufgrund des schengenweiten Aufenthaltsverbotes bis 22.07.2022 vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.1.3.4. Dauer der Schubhaft

Der BF wird seit 06.08.2020 in Schubhaft angehalten. Der Haftprüfungstermin für die erste Überprüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ist somit der 07.12.2020.

Die Dauer der Anhaltung des BF in Schubhaft ist maßgeblich auf die Dauer des Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikates und dadurch nur allenfalls mittelbar auf die aktuell vorherrschende COVID-19 Pandemie zurückzuführen. Verzögerungen, die in der Sphäre des Bundesamtes liegen würden, sind nicht zu erkennen. Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, hat das Bundesamt vielmehr rechtzeitig und zielführend ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF eingeleitet und für die Staaten Marokko und Algerien fortgeführt. Hinsichtlich des Verfahrens für ein Heimreisezertifikat fü den Libanon wurde dieses Verfahren nicht rechtzeitig fortgeführt. Der BF wurde dabei bis dato weder als marokkanischer, algerischer oder libanesischer Staatsbürger identifiziert. Seine Identität steht nicht fest. Eine positive Identifizierung und eine Abschiebung des BF ist jedenfalls innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft realistisch möglich.

3.1.3.5. Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft

Die bisherige Anhaltung des BF in Schubhaft währt genau vier Monate. Unter Berücksichtigung der höchstzulässigen Dauer der Schubhaft gemäß den Bestimmungen des § 80 FPG erscheint die seit 06.08.2020 aufrechte Schubhaft deswegen nicht nur allein in zeitlicher Hinsicht, sondern auch gemessen an § 76 Abs. 2a FPG als verhältnismäßig.

Gegen den BF wurde am 18.11.2020 ein Strafantrag gemäß § 224a StGB gestellt. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Es besteht aber der Verdacht, dass der BF kurz nach seiner Einreise in das Bundesgebiet straffällig wurde und einen falschen, nämlich eine Totalfälschung, eines griechischen Personalausweises besessen hat. Zudem besteht gegen den BF nicht nur eine aufenthaltsbeendende Maßnahme und ist der BF immer noch nicht ausreisewillig, sondern besteht auch ein von Italien verhängtes schengenweites Aufenthaltsverbot. Dieses Aufenthaltsverbot hat der BF jedenfalls missachtet und damit gezeigt, dass er sich nicht an die Rechtsordnung hält. Sein hartnäckiges und beharrliches rechtswidriges Verhalten hat es erforderlich gemacht, dass neben dem Aufenthaltsverbot, das Italien verhängt hat, auch ein Einreiseverbot in Österreich erforderlich wurde. Der BF ist somit weder gewillt die italienische noch die österreichische Rechtsordnung zu beachten und zu achten.

Zudem hat der BF an dem Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht vollständig mitgewirkt, Angaben verweigert und zeigt sich diesbezüglich auch nicht als kooperativ. Sein Hungerstreik von 06.08.2020 bis 09.08.2020, um seine Freilassung zu erpressen, ist nicht als kooperatives Verhalten zu werten. Auch in der Anhaltung hat er sich nicht kooperativ verhalten, sondern ist mit einer Rasierklinge auf einen Mithäftling losgegangen. Dies hatte zur Folge, dass er als besonders gefährlich und aggressiv eingestuft wurde. Der BF zeigt somit in seiner Gesamtheit auch kein vertrauenswürdiges Verhalten.

Der BF verfügt über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Er hat in Österreich keinen Wohnsitz sondern ausschließlich im Verborgenen gelebt. Er geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, hat kein Einkommen und verfügt über kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen.

Unter Berücksichtigung dieser weiteren Umstände bleibt im Zuge der durchzuführenden Abwägung festzuhalten, dass aufgrund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens (Missachtung eines schengenweiten Aufenthaltsverbotes, Unwilligkeit mit den Behörden zu kooperieren, sein Verhalten während der Schubhaft sowie der Verdacht der Begehung einer strafbaren Handlung), dass das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung und eines geordneten Fremdenwesens den Schutz der persönlichen Freiheit des BF weiterhin überwiegt und auch der Gesundheitszustand des BF der weiteren Anhaltung in Schubhaft nicht entgegensteht.

Insgesamt kommt den persönlichen Interessen des BF daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung.

Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass die seit 06,08.2020 aufrechte Schubhaft im Entscheidungszeitpunkt auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.

Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken und weiterhin im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates Urgenzen zu betreiben. Das Bundesamt hat angegeben, dass mit einer Ausstellung eines Heimreisezertifikates für Marokko üblicherweise nach mit vier bis fünf Monaten zu rechnen ist. Mit einer Ausstellung eines Heimreisezertifikates ist daher im Entscheidungszeitpunkt bis spätestens Mitte Jänner 2021 zu rechnen.

Selbst wenn es aufgrund der gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 noch immer zu Verzögerungen der Abschiebung aufgrund der auch weiterhin bestehenden Einschränkungen im internationalen Flugverkehr kommt, besteht jedoch die realistische Möglichkeit einer Überstellung des BF in seinen Herkunftsstaat aus aktueller Sicht weiterhin. Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung in Schubhaft ist nach derzeitigem Stand - kooperatives Verhalten des BF vorausgesetzt - mit wenigen Monaten einzustufen und eine Abschiebung aus derzeitiger Sicht realistisch. Es ist damit zu rechnen, dass ein Heimreisezertifikat bis Jänner 2020 erlangt wird, da das Königreich Marokko auch in der Vergangenheit Heimreisezertifikate ausgestellt hat und die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 wieder substantiell gelockert werden und dann eine Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat durchführbar sein wird. Eine bereits jetzt bestehende faktische Unmöglichkeit der Abschiebung des BF ist aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes nicht ersichtlich.

Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ist zudem jedenfalls gewährleistet, dass eine allfällige weitere wesentliche Verlängerung der Schubhaft und auch die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft einer neuerlichen gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen sein wird. Dabei wird abermals eine Prognoseentscheidung hinsichtlich einer zeitnahen Effektuierung der Außerlandesbringung des BF durchzuführen sein.

3.1.3.6. Gelinderes Mittel

Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung sowie die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens und angesichts fehlender persönlicher Vertrauenswürdigkeit nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des BF besteht.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.

Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3.1.4.  Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat.

Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige - in der Begründung zitierte - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist sie nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen worden ist. Ob die weitere Anhaltung in Schubhaft verhältnismäßig ist, ist eine Frage des konkreten Einzelfalles, sodass keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot Einreiseverbot Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Identität Kooperation Mittellosigkeit öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Ultima Ratio Untertauchen Verhältnismäßigkeit Vertrauenswürdigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W281.2237302.1.00

Im RIS seit

11.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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