TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/20 W108 2217965-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.08.2020
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Entscheidungsdatum

20.08.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9 Abs2 Z2
AsylG 2005 §9 Abs2 Z3
AsylG 2005 §9 Abs3
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs2
StGB §125
StGB §83 Abs1
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W108 2217965-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. BRAUCHART als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX geb. XXXX , Staatsangehörigkeit: Syrien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2019, Zl. 1082127305-181186913 /BMI-BFA_SBG_AST_01, betreffend insbesondere Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und Nichtverlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert:

Die Spruchpunkte I. – VII. des Bescheides werden ersatzlos aufgehoben.

In Bezug auf den Spruchpunkt VIII. des Bescheides wird dem Antrag des XXXX auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung vom 05.09.2018 gemäß § 8 Abs. 4 AsylG stattgegeben und die Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter um zwei (2) weitere Jahre verlängert.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang, Sachverhalt und Vorbringen:

1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 12.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz (AsylG).

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) vom 07.09.2017, Zahl 1082127305-151069095, wurde dieser Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen, jedoch wurde festgestellt, dass ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Syrien zukomme. Außerdem wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 07.09.2018 erteilt.

2. Am 05.09.2018 stellte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung um weitere zwei Jahre gemäß § 8 Abs. 4 AsylG.

3. Am 17.01.2018 wurde der Beschwerdeführer von der der Landespolizeidirektion XXXX zur Aktenzahl XXXX wegen Vandalismus und Sachbeschädigung (Mobiltelefon) angezeigt.

Mit Verständigung der Staatsanwaltschaft XXXX vom 01.08.2018 wurde der belangten Behörde mitgeteilt, dass in der Strafsache gegen den Beschwerdeführer als Beschuldigten wegen § 125 StGB (Sachbeschädigung) und wegen § 83 Abs. 1 StGB (Körperverletzung) das Ermittlungsverfahren wegen § 83 Abs. 1 StGB zur Aktenzahl XXXX eingestellt worden sei.

Die Staatsanwaltschaft XXXX gab der belangten Behörde dazu am 13.09.2018 die Auskunft, es sei eine Teileinstellung vorgenommen und der Verfahrenspartei ein Diversionsangebot unterbreitet worden. Am 07.11.2018 gab die Staatsanwaltschaft die Auskunft, dass die Verfahrenspartei eine Probezeit nach Zahlung von EUR 50,- habe.

Mit Verständigung der Staatsanwaltschaft XXXX vom 12.12.2018 wurde der belangten Behörde mitgeteilt, dass in der Strafsache gegen den Beschwerdeführer als Beschuldigten wegen § 125 StGB und wegen § 83 Abs. 1 StGB von der Verfolgung wegen § 125 StGB zur Aktenzahl XXXX (vorläufig) zurückgetreten worden sei.

4. Mit Meldung der Landespolizeidirektion XXXX vom 22.11.2018 wurde der belangten Behörde mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer am 27.10.2018 wegen des Verdachtes der Begehung des Deliktes nach § 83 StGB (Körperverletzung) angezeigt worden sei.

Mit Verständigung der Staatsanwaltschaft XXXX vom 21.12.2018 erging die Mitteilung an die belangte Behörde, dass gegen den Beschwerdeführer zur Aktenzahl XXXX Anklage wegen vorsätzlich strafbarer Handlungen, wegen § 84 Abs. 1 StGB, erhoben worden sei.

Am 06.02.2019, rechtskräftig mit 11.02.2019, wurde der Beschwerdeführer vom Landesgericht XXXX , Zahl XXXX , wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten, bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

Der Beschwerdeführer wurde, im Sinne des Strafantrages der Staatsanwaltschaft XXXX vom 21.12.2018, schuldig erkannt, am 27.10.2018 in XXXX durch Versetzen eines Faustschlages ins Gesicht am Körper verletzt und dadurch, wenn auch nur fahrlässig, eine schwere Körperverletzung des XXXX , nämlich eine Nasenbeinfraktur mit einer Verschiebung der Bruchenden, herbeigeführt zu haben.

Mildernd wurden vom Strafgericht die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, sein Geständnis sowie seine Entschuldigung/Schadenswiedergutmachung beim Opfer gewertet. Erschwerende Gründe lagen nach dem Urteil des Strafgerichtes vom 06.02.2019 nicht vor.

5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 AsylG von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.), die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt II.) und ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Weiters erließ die belangte Behörde gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Syrien gemäß § 9 Abs. 2 AsylG iVm § 52 Abs. 9 FPG vorübergehend unzulässig sei (Spruchpunkt V.), erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm § 53 Abs. 3 Z 5 FPG ein auf die Dauer von drei (3) Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VI.) und setzte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist von zwei Wochen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VII.). Überdies wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 05.09.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG ab (Spruchpunkt VIII.).

Die belangte Behörde traf nach Darstellung des Verfahrensganges und der Beweismittel Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu den Gründen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, für die Erlassung des Einreiseverbots und zu seiner Situation im Fall der Rückkehr sowie zu seinem Privat- und Familienleben und zu seinem Aufenthalt in Österreich. Die belangte Behörde ging davon aus, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr die Gefahr drohe, getötet, gefoltert oder in seiner Menschenwürde verletzt zu werden, sodass aufgrund der derzeit herrschenden allgemeinen instabilen Lage in Syrien nicht zweifelsfrei davon ausgegangen werden könne, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nicht in eine ausweglose Lage gedrängt werden könnte sowie dass er zum Kriegsdienst eingezogen werden und gezwungen werden könnte, Kriegsverbrechen zu begehen. Die belangte Behörde führte auch aus, dass kein schützenswertes Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich vorliege, da in Bezug auf die in Österreich lebenden Geschwister (ein Bruder und eine Schwester) kein Abhängigkeitsverhältnis bestehe.

Der Aberkennungsgrund nach § 9 Abs. 2 und 3 AsylG sei im Hinblick auf die Verurteilung vom 06.02.2019 wegen eines Verbrechens gegeben. Dazu führte die belangte Behörde näher aus:

„Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status nicht oder nicht mehr vorliegen.

Ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen, so hat gemäß § 9 Abs. 2 AsylG eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn

1. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt (Z 1),

2. der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt (Z 2)

3. oder der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt wurde (Z 3). Einer rechtskräftigen Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, das den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht.

Nach § 17 Abs. 1 StGB sind Verbrechen vorsätzliche Handlungen, die mit lebenslanger oder mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht sind. Die von Ihnen begangene Tat und daraus resultierende Verurteilung nach § 84 Abs. 4 StGB ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen. Damit liegt ein Verbrechen vor.

Die subjektive Betrachtung der Taten, welche neben der objektiven Betrachtung vorzunehmen ist, zeigt, dass das Landesgericht XXXX die bisherige Unbescholtenheit, das Geständnis sowie die Entschuldigung/Schadenswiedergutmachung als mildernd angesehen hat. Als erschwerend wurde vonseiten der Behörde jedoch das mit XXXX der PI XXXX vom 17.01.2018 Vergehen wegen Vandalismus, Sachbeschädigung in der Tatzeit vom 01.01.2018 bis 17.01.2018, Tatort PI XXXX und § 83 Abs. 1 StGB einbezogen, da vonseiten der Staatsanwaltschaft XXXX von der Verfolgung (vorläufig) zurückgetreten wurde und eine diversionelle Erledigung erfolgte.

Die rechtskräftige Verurteilung Ihrer Person ergibt sich aus dem diesbezüglich ergangenen Urteil.

Eine - für die Aberkennung - notwendige Gemeingefährlichkeit ist anhand einer Zukunftsprognose zu eruieren. Hierbei kommt es auf das gesamte Verhalten an. Es sind die Einstellung während der Dauer des Aufenthaltes gegenüber dem Staat bzw. der Bürger und die in diesem Zeitraum gesetzten Handlungen maßgeblich, welche geeignet sind das ordentliche und sichere Zusammenleben der Gemeinschaft zu gefährden (vgl. VwGH 06.10.1999, 99/01/0288). Sie sind im gegenständlichen Fall als gemeingefährlich einzustufen, da Sie die gegenständlichen Straftaten innerhalb eines Jahres setzten. Bereits knapp drei Monate nach Erteilung des Status des subsidiär Schutzberechtigten begingen Sie die erste Tat nach § 125 StGB, welche mit bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen ist. Zeitnah zur Teileinstellung wegen § 83 Abs. 1 StGB und Unterbreitung des Diversionsangebots erfolgte Ende Oktober 2018 bereits eine Anzeige wegen des Verdachts nach § 83 StGB, welches jedoch zu einer Anklageerhebung wegen § 84 Abs. 1 StGB führte und die Verurteilung schließlich wegen § 84 Abs. 4 erfolgte.

Der Zeitraum des angegebenen „Wohlverhaltens“, gemessen an der Dauer zwischen einzelnen Taten, ist daher nicht ausreichend lang, um davon auszugehen, dass bei Ihnen keine Wiederholungsgefahr mehr besteht (vgl. zu alldem VwGH 27.06.2016, Ra 2016/18/0106).

Gemäß Art. 33 Abs. 1 der GFK darf kein vertragsschließender Staat einen Flüchtling in irgendeiner Form in ein Gebiet ausweisen oder zurückweisen, wo sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Nach Art. 33 Z 2 GFK kann sich ein Flüchtling aber nicht auf diese Begünstigung beziehen, wenn er aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Aufenthaltslandes anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Staates bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens rechtskräftig verurteilt wurde.“

6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG. Darin wurde zur Aberkennung des subsidiären Schutzes vorgebracht:

Die belangte Behörde erkenne dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten erkennbar aufgrund dessen ab, weil er einmal rechtskräftig verurteilt worden sei. Eine solche Vorgehensweise finde sich im Wortlaut des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG grundsätzlich Deckung. Allerdings hätte die belangte Behörde darüber hinaus prüfen müssen, ob die Tat des Beschwerdeführers auch im konkreten Einzelfall so schwerwiegend ist, dass die Aberkennung des Schutzstatus gerechtfertigt wäre und darüber hinaus eine Einzelfallprognose anstellen müssen. Bei einer Aberkennung nach § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG sei in richtlinienkonformer Interpretation dieser Bestimmung zu prüfen, ob ein Fremder, dem der Status eines subsidiär Schutzberechtigten aberkannt werden soll, eine schwere Straftat im Sinne des Art. 17 Abs. 1 lit. b der Statusrichtlinie begangen habe. Es wäre zu prüfen gewesen, ob der Beschwerdeführer im konkreten Fall eine derart schwerwiegende Tat begangen habe, die die Annahme rechtfertigen würde, er stelle eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit des Landes dar. Demgemäß wäre sowohl eine Zukunftsprognose als auch eine Interessenabwägung vorzunehmen gewesen. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 06.02.2019, XXXX , sei der Beschwerdeführer gemäß § 84 Abs. 4 StGB unter Setzung einer dreijährigen Probezeit zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden. Ein Ermittlungsverfahren wegen § 83 Abs. 1 StGB sei im Jahr 2018 eingestellt und von der Verfolgung wegen § 125 StGB abgesehen worden, da der Beschwerdeführer den Sachschaden am Handy der XXXX wieder gut gemacht und sich mit dem Opfer versöhnt habe. Die schwere Körperverletzung stelle naturgemäß eine erhebliche Straftat dar. Im Fall des Beschwerdeführers sei jedoch zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass das Gericht ihm die niedrigste mögliche Strafe erteilt habe und auch diese unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen habe. Der Beschwerdeführer sei bislang nie inhaftiert gewesen, da das Gericht offenbar nicht von seiner individuellen Gefährlichkeit ausgehe. Der Beschwerdeführer sei seit Dezember als Koch beim XXXX in der XXXX in XXXX angestellt. Er sei seit etwa sechs Monaten in einer stabilen Liebesbeziehung mit der deutschen Staatsangehörigen XXXX und habe dadurch zu einem ordentlichen Lebenswandel gefunden. Seine bisherige Delinquenz sei auf den selbstverschuldeten und ungewohnten Alkoholkonsum zurückzuführen, dem der Beschwerdeführer nunmehr abgeschworen hätte. Er habe sich bei dem Opfer der Körperverletzung persönlich entschuldigt, was mildernd gewertet worden sei und seine Reue sei auch glaubhaft. Somit sei zum heutigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer wieder straffällig werde und dass der Beschwerdeführer eine gegenwärtige Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehe. Mangels mündlicher Einvernahme habe sich die belangte Behörde kein Bild vom Beschwerdeführer machen können, was ihm zum Nachteil gereicht hätte.

In Fällen der Aberkennung des Status des Asylberechtigten sei nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes immer eine individuelle Gefährdungsprognose, die über die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung hinausgeht, anzustellen. Sowohl § 6 als auch § 9 AsylG würden Bestimmungen aus der Statusrichtlinie umsetzen, in beiden Fällen sei zu beachten, dass die Bestimmungen der Richtlinie autonom auszulegen seien. In jedem Fall sei bei den Aberkennungsgründen des Art. 17 Abs. 1 lit. a bis d der Statusrichtlinie auf eine konkrete Prüfung im Einzelfall abzustellen, insbesondere auch hinsichtlich der Gefährdungsprognose des Betroffenen für die Zukunft.

Innerstaatliches Recht sei so weit wie möglich im Einklang mit Unionsrecht auszulegen und anzuwenden. Die von der Erstbehörde herangezogene Bestimmung des § 9 Abs. 2 AsylG sei richtlinienkonform so auszulegen, dass nicht jegliches Verbrechen ein Aberkennungstatbestand sei, sondern nur jenes Verbrechen, das eine schwere Straftat im Sinne von Art. 17 der Statusrichtlinie darstellt, somit ein besonders qualifizierter strafrechtlicher Verstoß. Der von der Behörde herangezogene § 9 Abs. 2 AsylG zeige Defizite bei der Umsetzung des Art. 17 der Statusrichtlinie und sei daher richtlinienkonform zu interpretieren oder unangewendet zu lassen. Während Art. 17 Abs. 1 der Statusrichtlinie von Aberkennungsmöglichkeiten des subsidiären Schutzes bei Begehung schwerer Straftaten spreche, werde dies innerstaatlich mit einem abstrakten Verweis auf § 17 StGB und die Definition des Verbrechens umgesetzt.

7. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerde samt den bezughabenden Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

8. Am 22.07.2019 erhob die Staatsanwaltschaft XXXX Anklage gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachts auf Diebstahl gemäß § 127 StGB.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 07.11.2019, XXXX , wurde der Beschwerdeführer von dem gegen ihn mit Strafantrag der Staatsanwaltschaft XXXX vom 22.07.2019 erhobenen Anklagevorwurf, er habe am 01.05.2019 in XXXX in der XXXX Bar eine fremde bewegliche Sache, nämlich Bargeld in der Höhe von EUR 30,00 aus der in der Handtasche verwahrten Geldbörse von XXXX weggenommen, um sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, freigesprochen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Es wird von dem unter Punkt I. angeführten Verfahrensgang/Sachverhalt/Vorbringen ausgegangen.

Damit steht insbesondere fest, dass der Beschwerdeführer, dem mit Bescheid vom 07.09.2017 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Bundesgebiet straffällig geworden ist. Er wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 06.02.2019, XXXX , wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten, bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

2. Beweiswürdigung:

Das Verwaltungsgeschehen bzw. der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakten, den eingeholten Auszügen (aus dem Melderegister) betreffend den Beschwerdeführer, aus dem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 06.02.2019, XXXX aus dem Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 07.11.2019, XXXX , aus den Verständigungen/Mitteilungen der Staatsanwaltschaft XXXX , aus der Auskunft aus dem Kriminalpolizeilichen Aktenindex, aus (den Feststellungen in) dem angefochtenen Bescheid sowie auch aus dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers (in der Beschwerde) sowie aus einer aktuellen Abfrage im Strafregister, aus der sich eine einmalige Verurteilung des Beschwerdeführers vom 06.02.2019 ergibt.

Die für die Entscheidung wesentlichen Umstände im Tatsachenbereich sind geklärt und nicht strittig, die relevanten Urkunden und Ermittlungsergebnisse liegen in den vorgelegten Verwaltungsakten bzw. im Gerichtsakt ein. So etwa in Bezug auf die Delinquenz des Beschwerdeführers, seine strafgerichtliche Verurteilung, die näheren Tatumstände sowie die Strafbemessungsgründe, die sich aus dem Urteil vom 06.02.2019 ergeben. Der wesentliche Sachverhalt wurde bereits im angefochtenen Bescheid festgestellt. In der Beschwerde wurde kein relevanter neuer/abweichender Sachverhalt vorgebracht. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht somit anhand der Aktenlage fest und ist nicht ergänzungsbedürftig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-VG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer eheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.

3.3. In der Sache:

3.3.1. Zur Frage der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides) sowie zu den unter den Spruchpunkten II. bis VII. des angefochtenen Bescheides getroffenen Absprüchen:

3.3.1.1. Gemäß § 9 Abs. 2 AsylG hat, wenn der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 leg. cit. abzuerkennen ist (dies ist der Fall, wenn 1. die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten [§ 8 Abs. 1] nicht oder nicht mehr vorliegen; 2. der subsidiär Schutzberechtige den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder 3. er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde), eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn

1. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;

2. der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder

3. der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht.

Gemäß § 9 Abs. 3 AsylG ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3) und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 oder 2 wahrscheinlich ist.

Gemäß § 9 Abs. 4 AsylG ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigten zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.

Verbrechen sind nach § 17 StGB vorsätzlich strafbare Handlungen, die mit lebenslanger oder mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht sind (§ 17 Abs. 1 StGB).

§ 84 StGB „Schwere Körperverletzung“ lautet:

„§ 84 (1) Wer einen anderen am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig eine länger als vierundzwanzig Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit oder eine an sich schwere Verletzung oder Gesundheitsschädigung zufügt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer eine Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 oder Abs. 2) an einem Beamten, Zeugen oder Sachverständigen während oder wegen der Vollziehung seiner Aufgaben oder der Erfüllung seiner Pflichten begeht.

(3) Ebenso ist der Täter zu bestrafen, wenn er mindestens drei selbstständige Taten (§ 83 Abs. 1 oder Abs. 2) ohne begreiflichen Anlass und unter Anwendung erheblicher Gewalt begangen hat.

(4) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren ist zu bestrafen, wer einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt und dadurch, wenn auch nur fahrlässig, eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung (Abs. 1) des anderen herbeiführt.

(5) Ebenso ist zu bestrafen, wer eine Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 oder Abs. 2) begeht

1. auf eine Weise, mit der Lebensgefahr verbunden ist,

2. mit mindestens zwei Personen in verabredeter Verbindung oder

3. unter Zufügung besonderer Qualen.“

3.3.1.2. Die belangte Behörde stützte im vorliegenden Fall die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Spruch des angefochtenen Bescheides auf § 9 Abs. 2 AsylG und sah laut der Bescheidbegründung erkennbar die Aberkennungstatbestände nach § 9 Abs. 2 Z 2 und Z 3 des AsylG als verwirklicht an.

Dem ist nicht zu folgen.

3.3.1.3. § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG sieht die Aberkennung dann vor, wenn der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist.

Bei der Anwendung des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG - welcher nach der Intention des Gesetzgebers die Bestimmung des Art. 17 Abs. 1 lit. b der Statusrichtlinie umsetzt – ist jedenfalls auch eine Einzelfallprüfung durchzuführen, ob eine „schwere Straftat“ im Sinne des Art. 17 Abs. 1 lit. b der Statusrichtlinie vorliegt. Dabei ist die Schwere der fraglichen Straftat zu würdigen und eine vollständige Prüfung sämtlicher besonderer Umstände des jeweiligen Einzelfalls vorzunehmen. Da dem in einer strafrechtlichen Bestimmung vorgesehenen Strafmaß dabei eine besondere Bedeutung zuzumessen ist (vgl. EuGH 13.09.2018, Ahmed, C-369/17, Rn. 55), stellt die Verurteilung des Fremden wegen eines Verbrechens zweifelsfrei ein gewichtiges Indiz für die Aberkennung dar, dieses Kriterium allein ist jedoch nach den unionsrechtlichen Vorgaben für eine Aberkennung nicht ausreichend. Zusätzlich zum Kriterium der rechtskräftigen Verurteilung wegen eines Verbrechens ist eine vollständige Prüfung sämtlicher Umstände des konkreten Einzelfalls vorzunehmen und anhand dieser Würdigung anschließend zu beurteilen, ob dem Straftäter deshalb der ihm zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen abzuerkennen ist. Bei einer solchen einzelfallbezogenen Würdigung sind auch die konkret verhängte Strafe und die Gründe für die Strafzumessung stärker zu berücksichtigen (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/18/0295).

Umgelegt auf den gegenständlichen Fall ist daraus zu gewinnen, dass eine Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung nach § 84 Abs. 4 StGB, wie auch die Strafdrohung von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe indiziert, eine „schwere Straftat“ im Sinne von § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG darstellen kann.

Das vom Beschwerdeführer begangene Delikt der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs. 4 StGB, weswegen er mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 06.02.2019 zu einer bedingten Freiheitstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt wurde, stellt in seiner konkreten einzelfallbezogenen Ausprägung jedoch keine „schwere Straftat“, die eine Aberkennung rechtfertigen würde, im oben angeführten Sinn dar.

Dies wird schon anhand der Tatumstände, die der Verurteilung zu Grunde lagen, und des Verhaltens des Beschwerdeführers nach der Tat bzw. im Zuge des Strafverfahrens deutlich: Denn danach hat der Beschwerdeführer eine Person durch Versetzen eines Faustschlags ins Gesicht am Körper verletzt und dadurch, wenn auch nur fahrlässig, eine schwere Körperverletzung, nämlich eine Nasenbeinfraktur mit einer Verschiebung der Bruchenden, herbeigeführt, war der Beschwerdeführer vollinhaltlich geständig, hat sich der Beschwerdeführer beim Opfer entschuldigt und war der Beschwerdeführer bereit, diesem ein Schmerzensgeld zu bezahlen. Daraus ergeben sich weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht besonders verwerfliche Aspekte der Tat. Das hat offenbar auch das Strafgericht so gesehen, da es keine erschwerenden Umstände und als mildernd die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, das Geständnis und die Entschuldigung/Schadenswiedergutmachung beim Opfer gewertet hat. Auch der Umstand, dass das Strafgericht über den Beschwerdeführer die niedrigst mögliche Strafe verhängt hat, die noch dazu zur Gänze unter Setzung einer Probezeit bedingt nachgesehen wurde, zeigt, dass kein als „schwer“ bzw. als „besonders qualifiziert“ einzustufender Gesetzesverstoß vorliegt. Die nach Auffassung des Strafgerichts schuld- und tatangemessene konkret verhängte Strafe belegt daher, dass die vom Beschwerdeführer begangene Straftat nicht als besonders gravierend anzusehen ist. Bei einer einzelfallbezogenen Gesamtbeurteilung unter Bedachtnahme auf die Art und die Schwere der Straftat und das Fehlverhalten des Beschwerdeführers, die konkret verhängte Strafe und die Gründe für die Strafzumessung kann das vom Beschwerdeführer begangene Verbrechen nicht als (objektiv und subjektiv) besonders schwerwiegende, qualifizierte Verfehlung gewertet werden.

Soweit die belangte Behörde Straftaten des Beschwerdeführers wegen Vandalismus und Sachbeschädigung sowie wegen § 83 Abs. 1 StGB (Körperverletzung) als „erschwerend“ miteinbezog und, hinsichtlich der Begründung für die Einstufung des Beschwerdeführers als gemeingefährlich, ausführte, der Beschwerdeführer habe seine Straftaten innerhalb eines Jahres sowie die Straftaten nach § 125 StGB und § 83 Abs. 1 StGB bereits knapp drei Monate nach der Erteilung des subsidiären Schutzes gesetzt und die diversionelle Erledigung eines Strafverfahrens sei zeitnah mit der Begehung des Deliktes, das zur Verurteilung nach § 84 Abs. 4 StGB geführt habe, erfolgt, vermag dies zu keiner anderen Beurteilung zu führen.

Das vom Beschwerdeführer verübte Delikt der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs. 4 StGB erweist sich auch in Zusammenschau/in der Gesamtheit mit diesen vom Beschwerdeführer gesetzten anderen Taten und Verhaltensweisen als objektiv und subjektiv nicht besonders schwerwiegend. Denn aus den von der belangten Behörde im Bescheid festgestellten bzw. sich aus dem Verwaltungsakt ergebenden Umständen zum - bereits vor Erlassung des angefochtenen Bescheides eingestellten – Strafverfahren wegen des Verdachts des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und zur diversionell erledigten Strafanzeige wegen Sachbeschädigung nach § 125 StGB ergeben sich keine Hinweise auf schwere, gravierende Verfehlungen, auf eine besondere Gefährlichkeit des Beschwerdeführers und auf eine konkrete Wiederholungsgefahr. Gleiches trifft auf das Fehlverhalten des Beschwerdeführers zu, hinsichtlich dessen es zu einem Freispruch nach Anklageerhebung gekommen ist.

Aufgrund dieser Erwägungen gelangt das Bundesverwaltungsgericht zur Ansicht, dass der Beschwerdeführer ein Verbrechen begangen hat, das anhand der Prüfung sämtlicher Umstände des Einzelfalls auch bei gebotener restriktiver Auslegung keine „schwere Straftat“ im Sinne des Art. 17 Abs. 1 lit. b der Statusrichtlinie bzw. im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG darstellt.

3.3.1.4. Nach § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG hat eine Aberkennung des subsidiären Schutzes zu erfolgen, wenn der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt. Entsprechende Vorschriften sehen auch Art. 19 Abs. 3 lit. a iVm Art. 17 Abs. 1 lit. d der Richtlinie 2011/95/EU (Statusrichtlinie) vor, die mit der zitierten nationalen Regelung umgesetzt worden sind.

Ob der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt, erfordert eine Gefährdungsprognose, wie sie in ähnlicher Weise auch in anderen asyl- und fremdenrechtlichen Vorschriften zugrunde gelegt ist (vgl. etwa § 6 Abs. 1 Z 3 und § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG; §§ 53 und 66 Abs. 1 FPG). Dabei ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die Annahme gerechtfertigt ist, der Fremde stelle eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich dar. Strafgerichtliche Verurteilungen des Fremden sind daraufhin zu überprüfen, inwieweit sich daraus nach der Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und der Tatumstände der Schluss auf die Gefährlichkeit des Fremden für die Allgemeinheit oder die Sicherheit der Republik Österreich ziehen lässt.

Ein Fremder stellt jedenfalls dann eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG dar, wenn sich diese aufgrund besonders qualifizierter strafrechtlicher Verstöße prognostizieren lässt. Als derartige Verstöße kommen insbesondere qualifizierte Formen der Suchtgiftdelinquenz (wie sie beispielsweise in § 28a SMG unter Strafe gestellt werden) in Betracht, zumal an der Verhinderung des Suchtgifthandels ein besonderes öffentliches Interesse besteht (vgl. VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0155, unter Hinweis auf VwGH 22.11.2012, 2011/23/0556, mwN).

Eine Gefährlichkeit im angeführten Sinn lässt sich im Fall des Beschwerdeführers weder aufgrund seines Gesetzesverstoßes nach § 84 Abs. 4 StGB anhand des diesem zugrundeliegenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers noch aufgrund seiner weiteren Delinquenz oder seines sonstigen Verhaltens prognostizieren: Aus den unter Punkt 3.3.1.3. dargelegten Gründen kann nicht gesagt werden, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seiner einmaligen Verurteilung - in Zusammenschau/in der Gesamtheit mit seinen anderen Taten und Verhaltensweisen - ein besonders qualifizierter strafrechtlicher Verstoß anzulasten ist, der eine vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung im Sinne von § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG erwarten ließe.

Bei Beurteilung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers, bei einer (auch zeitlichen) Würdigung der Verurteilung des Beschwerdeführers und seines weiteren Fehlverhaltens, das zu keiner Verurteilung bzw. zu einer Diversion geführt hat, ergibt sich kein eindeutiges negatives Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers, kein hoher Grad einer ablehnenden Einstellung gegenüber den rechtlich geschützten Werten sowie keine Neigung des Beschwerdeführers, sich über die Rechtsordnung hinwegzusetzen, sodass die vorzunehmende Gefährdungsprognose für den Beschwerdeführer positiv ausfällt. Es sind keine konkreten Umstände ersichtlich, aufgrund derer auf die Gemeingefährlichkeit des Beschwerdeführers geschlossen und angenommen werden müsste, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers die Allgemeinheit und die Sicherheit der Republik Österreich im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG gefährdet.

3.3.1.5. Nach den Ausführungen wurden die Tatbestände des § 9 Abs. 2 und 3 AsylG nicht verwirklicht. Dass ein anderer Grund (des § 9 AsylG), der zu einer Aberkennung des subsidiären Schutzes führen müsste, vorliegen würde, hat die belangte Behörde nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich geworden. Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten lagen bzw. liegen im Entscheidungszeitpunkt sohin gegenständlich nicht vor.

Es wird allerdings ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine allfällige Begehung weiterer Straftaten durch den Beschwerdeführer durchaus geeignet sein könnte, künftig zu einer anderen rechtlichen Beurteilung zu führen.

3.3.1.6. Der über die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten absprechende Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist daher ersatzlos aufzuheben. Da dem Beschwerdeführer damit der Status eines subsidiär Schutzberechtigten weiterhin zukommt, verlieren die auf Spruchpunkt I. rechtlich aufbauenden Absprüche der belangten Behörde (Spruchpunkte II. bis VII.) ihre rechtliche Grundlage, weshalb diese (ebenfalls) ersatzlos aufzuheben sind.

3.3.2. Zum Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

Dem Beschwerdeführer wurde eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG von der belangten Behörde erteilt, welche, aufgrund der Stellung des Verlängerungsantrages vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung, bis zur gegenständlichen Entscheidung besteht. Da, wie oben ausgeführt, dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht abzuerkennen ist und ihm dieser Status weiterhin zukommt, liegen die Voraussetzungen für die (Verlängerung der) Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG (weiterhin) vor. Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung ist daher zu entsprechen und diese gemäß § 8 Abs. 4 AsylG für zwei weitere Jahre (gerechnet ab Zustellung des gegenständlichen Erkenntnisses; vgl. VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0281) zu verlängern.

3.4. Ergebnis:

Der Beschwerde ist daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattzugeben und der angefochtene Bescheid im ausgesprochenem Umfang abzuändern.

3.5. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (§ 21 Abs. 7 BFA-VG; vgl. dazu etwa VwGH 10.08.2017, Ra 2016/20/0105, 0106, mwN) und bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid (teilweise) aufzuheben ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG).

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich im konkreten Fall eine Rechtsfrage stellt, die über den (hier vorliegenden konkreten) Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Ausgehend davon kann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auch insofern nicht bejaht werden. Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

Schlagworte

Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten Aberkennungstatbestand § 9 Abs. 2 Aberkennungsverfahren aggressives Verhalten Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz befristete Aufenthaltsberechtigung Behebung der Entscheidung berücksichtigungswürdige Gründe Einreiseverbot Entziehung Entziehungsbescheid Entziehungsgrund ersatzlose Behebung Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Gewalttätigkeit Interessenabwägung Kassation Körperverletzung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen real risk reale Gefahr Sachbeschädigung schwere Straftat Spruchpunktbehebung Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung strafrechtliche Verurteilung Straftat subsidiärer Schutz Verbrechen Verlängerung Verlängerungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W108.2217965.1.00

Im RIS seit

10.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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