TE Bvwg Beschluss 2020/9/15 W222 2172583-2

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Veröffentlicht am 15.09.2020
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Entscheidungsdatum

15.09.2020

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W222 2172583-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. OBREGON als Einzelrichterin in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Indien:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 24.06.2016 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am nächsten Tag gab er zum Fluchtgrund befragt an, dass er Mitglied einer Partei namens „AM-ADMI“ sei und da eine andere Partei namens „MAJUDA“ derzeit eine Mehrheit habe, würden diese ihn und die Anhänger seiner Partei schlagen. Die Polizei unterstütze die Partei „MAJUDA“, nehme Parteimitglieder der „AM-ADMI-Partei“ fest und misshandle sie auch. Ziel sei es, die Partei „AM-ADMI“ aufzulösen. Es würden auch Parteimitglieder mit dem Tod bedroht werden, wenn sie nicht aus der Partei austreten. Somit habe die Familie des Beschwerdeführers beschlossen, dass es besser sei, wenn der Beschwerdeführer das Land verlasse. Er selbst sei „normales“ Mitglied der Partei und habe keinen Sonderstatus. Für den Fall einer Rückkehr fürchte der Beschwerdeführer um sein Leben.

Im Zuge seiner Einvernahme am 17.08.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab der Beschwerdeführer u.a. Folgendes an (A: nunmehriger Beschwerdeführer; F: Leiter der Amtshandlung):

„F: Aus welchem Grund suchten Sie in Österreich um Asyl an? Schildern Sie möglichst ausführlich und konkret Ihre Flucht- und Asylgründe! Wenn Sie über Personen sprechen, nennen Sie diese mit Namen. Ordnen Sie Vorfälle zeitlich so genau wie möglich ein. (Freie Erzählung)

A: Es gab einige Politiker. Sie waren bei mir zuhause. Sie haben mich mitgenommen, angezeigt und mich auch geschlagen. Ich war bei der anderen Partei der Aam Aadmi Partei (AAP). Die anderen waren von der Alkali Dal und Kongress Partei. Diese Leute wollten mich umbringen. Jemand sagte es zu meinem Bruder. Dann hat mein Bruder mit jemandem Kontakt aufgenommen und so bin ich von zuhause weggekommen.

F: Können Sie das genauer schildern?

A: Es passierte 2015 im Dezember. […] erzählte mir, dass es besser ist wegzugehen, weil sie werden mich umbringen. Das hat er so gehört.

F: Wer wollte Sie umbringen und weshalb?

A: Die Politiker haben mich bei der Polizei angezeigt. Die Polizei arbeitete für die Politiker. Dann wurde ich von der Polizei immer mitgenommen.

F: Wohin wurden Sie mitgenommen?

A: Zur Polizei oder an Orte, die ich gar nicht kannte.

F: Was passierte dann mit Ihnen?

A: Sie haben mich geschlagen. Die Alkali Dal und Kongress Partei machten mir und meinem Bruder […] sehr viele Probleme.

F: Wie oft wurden Sie von der Polizei mitgenommen?

A: Fünf oder sechs Mal.

F: Wie lange wurden Sie festgehalten?

A: Manchmal 2 oder 3 Tage, manchmal zwei oder drei Stunden.

F: Aus welchem Grund hielt man Sie fest?

A: Wegen der Politik. Weil ich bei der AAP war.

F: Man hat Sie nach einiger Zeit immer wieder frei gelassen?

A: Mein Vater war immer bei der Polizei. Dann haben Sie mich freigelassen. Mein Vater ist aber jetzt verstorben.

F: In welchem Zeitraum wurden Sie von der Polizei geholt?

A: Das war von 2009 bis 2016.

F: Wann wurden Sie das letzte Mal von der Polizei geholt?

A: Das war glaube ich im Oktober 2015.

F: Ist es korrekt, dass Sie einfach nur wegen der Zugehörigkeit zur AAP von der Polizei mitgenommen worden sind?

A: Ja, das ist korrekt.

F: Gab es sonst noch Anzeigen gegen Sie bei der Polizei? Wurden Sie straffällig?

A: Nein, nur wegen der Partei und den Politikern.

F: Wer waren die Politiker, die dafür verantwortlich waren?

A: Es waren nur Politiker. Auf Nachfrage: einer heißt […], einer […], andere Namen weiß ich nicht.

F: Welche Positionen hatten diese beiden, die Sie kennen?

A: Sie waren von Alkali Dal und Kongress.

F: Welche Positionen in den Parteien hatten sie?

A: Sie waren die Führer der Partei. Auf Nachfrage: vom eigenen Ort

F: Aus welchem Grund wurden gerade Sie persönlich immer wieder festgenommen?

A: Wegen der Politik. Ich unterstützte die AAP und die wollten, dass ich sie unterstütze. Deswegen machten sie mir Probleme.

F: Wie viele Unterstützer hat die AAP in […]?

A: ungefähr 1500 oder 2000

F: Wurden auch andere Unterstützer der AAP belästigt?

A: Normalerweise wurden alle belästigt. Die Hälfte der Mitglieder wechselte die Seite. Aber ich nicht.

F: Hatten Sie eine besondere Position in der Partei?

A: Nein, ich war ein normales Mitglied.

F: Wer war der Anführer der AAP in […]?

A: […].

F: […] passierte nichts?

A: Er hatte eine eigene Security und Unterstützung, weil er reich ist.

F: Gibt es außer Ihrer Zugehörigkeit zur AAP noch andere Fluchtgründe?

A: Nein, das ist der einzige Grund.

F: Gibt es sonst noch Fluchtgründe?

A: Nein.

F: Seit wann sind Sie Mitglied der AAP?

A: Seit 2009.

F: Wie kamen Sie zur AAP?

A: Es waren gute Leute, sie waren für die Leute, sie waren gegen Korruption, es war eine saubere Partei.

F: Laut Internetrecherchen wurde die AAP in Indien erst 2012 gegründet!

A: Aber die Partei hat schon 2009 angefangen. 2012 kam sie heraus. Ich war schon bei der Planung dabei.

F: Ist noch jemand aus Ihrer Familie politisch aktiv?

A: Ich war alleine.

F: Sie erzählten, dass einer Ihrer Brüder verstorben ist. Wie kam er ums Leben?

A: Es war ein Unfall. Er war mit dem Motorrad unterwegs und ein Traktor ist in ihn gefahren. Aber wir wissen den Hintergrund nicht.

F: Was können Sie mir über die Geschichte der AAP erzählen?

A: Es sind neue Politiker. Sie sind sauber. Sie setzen sich für die Menschenrechte ein. Die Kongress und Alkali Dal machen es falsch.

F: Was wissen Sie über das politische Programm der AAP?

A: Nein.

F: Wie ist das Wahlsymbol der AAP?

A: Den Besen.

F: Welche war die stärkste Partei in […] im Jahr 2015?

A: Alkali Dal.

F: Und heute?

A: Heute ist es die Kongress Partei.

F: An welcher Stelle lag bzw. liegt die AAP?

A: Sie war auch so stark. Heute ist erste Partei die Kongresspartei und die AAP ist an zweiter Stelle im Punjab.

F: Ist sie auch in […] an zweiter Stelle?

A: Sie ist an zweiter oder dritter Stelle. Nach einigem Nachdenken: an dritter Stelle.

F: Wann und wie verließen Sie […]?

A: Das war im Oktober 2015. Ich ging nach Delhi. Ich fuhr mit dem Bus über Amritsar nach Delhi.

F: Wie lange hielten Sie sich in Delhi auf?

A: So etwa vier Monate.

F: Und nach diesen vier Monaten?

A: Von Delhi aus habe ich das Land verlassen. Meine Brüder kamen mich in Delhi immer besuchen.

F: Wo lebten Sie in Delhi?

A: In […] bei Verwandten. Auf Nachfrage: bei meiner Tante väterlicherseits und ihrem Mann.

F: Gab es während des Aufenthaltes in Delhi irgendwelche Vorkommnisse?

A: Nein, in Delhi war ich nur zuhause.

F: Ist es korrekt, dass Sie in Delhi nie bedroht oder mitgenommen wurden?

A: Nein, in Delhi nie.

F: Aus welchem Grund blieben Sie nicht in Delhi?

A: Ich hatte dort keine Arbeit.

F: Hatten Sie außer dem Erzählten jemals Probleme mit den Behörden oder der Polizei in Indien?

A: Nein, nie.

F: Hatten Sie Probleme wegen Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder Religion?

A: Nein, auch nicht.

F: Was würde Sie bei einer Rückkehr nach Indien Ihrer Meinung nach erwarten?

A: Irgendwer würde mich umbringen, wie auch meinen Bruder.

F: Ihr Bruder kam doch bei einem Unfall ums Leben?

A: Ich denke er wurde absichtlich überfahren.

F: Wer konkret sollte Sie umbringen?

A: Die von den anderen Parteien.

[…]“

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom XXXX , ZI. XXXX , den Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. ab (Spruchpunkt II.). Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.), und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Beweiswürdigend hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers fest, der Beschwerdeführer habe keine individuelle Bedrohung oder Gefährdung seiner Person glaubhaft machen können. Er sei nicht in der Lage gewesen, die von ihm behauptete Bedrohungssituation auch nur annähernd lebensnah, detailliert und nachvollziehbar zu schildern. Dem Protokoll lasse sich nur eine äußerst vage und oberflächliche Schilderung entnehmen. Zudem seien die Aussagen des Beschwerdeführers in mehreren Punkten widersprüchlich. Dies lasse eindeutig den Schluss zu, dass es sich bei der dargebrachten Fluchtgeschichte um ein rein gedankliches Konstrukt ohne jeglichen Wahrheitsgehalt handle. Der Beschwerdeführer habe schon nicht plausibel erklären können, aus welchem Grund gerade er in das Visier der gegnerischen Parteien geraten sei, wo er doch weder eine besondere Stellung innerhalb der Partei innegehabt, noch besondere Aktivitäten gesetzt oder einen besonderen Bekanntheitsgrad besessen habe. Weiters habe der Beschwerdeführer angegeben, dass sein Bruder bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen sei. Diese Behauptung habe er auch durch Vorlage von Unterlagen nachweisen können. Dass der Bruder des Beschwerdeführers absichtlich getötet worden wäre – wie der Beschwerdeführer am Ende seiner Einvernahme vermutet habe –, gehe aus den von ihm vorgelegten Schriftstücken nicht hervor und sei eine reine Spekulation seinerseits.

Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers wurde mit hg. Erkenntnis vom XXXX , XXXX , gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht schloss sich in seinem Erkenntnis der Ansicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl an und führte beweiswürdigend im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe zwar eine Bedrohungssituation sowohl im Verlauf der sicherheitsbehördlichen Befragung als auch bei der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl behauptet, seine diesbezüglichen Angaben seien jedoch insgesamt als logisch nicht nachvollziehbar und widersprüchlich sowie auch wenig konkret und detailliert zu qualifizieren.

Das Erkenntnis erwuchs anschließend in Rechtskraft.

Am 04.05.2020 wurde der Beschwerdeführer einer Personenkontrolle unterzogen. Dabei wurde festgestellt, dass er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Am 05.07.2020 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt.

Am 18.08.2020 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft den zweiten Antrag auf internationalen Schutz und führte begründend aus:

„Mein Bruder wurde 2017 von den Mitgliedern des ‚Akalic Dal‘ Partei ermordet. Deshalb kann ich nicht nach Österreich bleiben. Sonst hat sich seit meinem letzten Asylantrag nichts geändert.

[…]

10. Seit wann sind Ihnen die Änderungen der Situation/Ihrer Fluchtgründe bekannt? (genaues Datum oder überprüfbarer Anlass)

Seit dem Tod meines Bruders 2017. Ich habe Angst um mein Leben. Ich habe alles verkauft und mein Land verlassen.“

Mit Aktenvermerk vom 18.08.2020 hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass zum jetzigen Zeitpunkt iSd § 76 Abs. 6 FPG Gründe zur Annahme bestünden, dass der am 18.08.2020 gestellte Antrag auf internationalen Schutz zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt worden sei. Die Anhaltung in Schubhaft bleibe derzeit aufrecht, da die Voraussetzungen hierfür vorlägen.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 24.08.2020 führte der Beschwerdeführer u.a. aus (VP: nunmehriger Beschwerdeführer; LA: Leiter der Amtshandlung; bereinigt um orthographische und grammatikalische Fehler):

„LA: Sie wurden zu diesem Antrag auf int. Schutz bereits am 19.08.2020 durch das […] erstbefragt. Entsprechen die dabei von Ihnen gemachten Angaben der Wahrheit bzw. möchten Sie dazu noch Korrekturen oder Ergänzungen anführen?

VP: Ich habe die Wahrheit gesagt und nichts zu ergänzen.

[…]

LA: Stimmen Ihre damaligen Angaben und gelten diese auch für gegenständlichen Antrag auf int. Schutz?

VP: Ja, ich berufe mich auf dieselben Probleme wie im ersten Verfahren. Auch will ich angeben, dass ich hier in Österreich nie Geld vom Staat genommen habe.

LA: Möchten Sie Korrekturen oder Ergänzungen anführen?

VP: Ja, die Probleme sind noch schlimmer geworden. Ein Freund von mir wurde vor 15 Tagen von der BPG und der Kongress Partei entführt.

LA: Wurde Ihr Freund wegen denselben Problemen, welche Sie im Vorverfahren kundtaten, entführt?

VP: Ja

LA: Wieso gaben Sie von der Entführung Ihres Freundes nichts bei der Erstbefragung an?

VP: Die Entführung war erst später.

LA: Ich spreche von der Einvernahme, welche Sie vor 5 Tagen hatten. Sie gaben vorhin noch an, dass Ihr Freund vor 15 Tagen entführt worden wäre. Wollen Sie dazu etwas angeben?

VP: Ich habe es nicht angegeben, weil es nur eine kurze Einvernahme war. Sie dauerte nur 5 Minuten.

[…]

LA: Hat sich seit der letzten Entscheidung zu Ihrem Vorverfahren etwas an Ihrem Fluchtgrund geändert?

VP: Nein, es ist derselbe Grund.“

Mit Verfahrensanordnung vom 21.08.2020 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, zumal die Behörde davon ausgehe, dass entschiedene Sache iSd § 68 AVG vorliege. Gemäß § 29 Abs. 3 Z 6 AsylG 2005 wurde ihm weiters mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben.

In der weiteren Einvernahme am XXXX durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, er habe Schmerzen im Rumpfbereich. Auf Vorhalt, dass er am 24.08.2020 beim Basketballspielen beobachtet worden sei, gab der Beschwerdeführer an, er sei trotz Schmerzen spielen gegangen, weil es guttue, gemeinsam etwas zu tun. Er bitte noch um eine Chance und würde hierbleiben wollen. Er wolle aus der Schubhaft entlassen werden.

Mit dem oben im Spruch angeführten, mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der faktische Abschiebeschutz des betreffenden Fremden gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben. Dieser Bescheid wurde in der Niederschrift der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am XXXX beurkundet.

Die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes übermittelten Verwaltungsakten langten am 11.09.2020 in der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien und stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 24.06.2016 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom XXXX , ZI. XXXX , den ersten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. ab (Spruchpunkt II.). Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.), und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom XXXX , XXXX , gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen. Das Erkenntnis erwuchs anschließend in Rechtskraft.

Am 18.08.2020 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft den zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Im nunmehr angestrengten zweiten Verfahren auf Gewährung von internationalem Schutz hat sich der Beschwerdeführer in seiner Erstbefragung durch Orange des öffentlichen Sicherheitsdienstes bzw. seiner niederschriftlichen Einvernahmen vor der belangten Behörde ausschließlich auf Gründe bzw. einen Sachverhalt bezogen, die bzw. den er bereits in seinem abgeschlossenen Vorverfahren ins Treffen geführt hat, und dazu ergänzt, ein Freund von ihm sei vor 15 Tagen von der „BPG und der Kongress Partei“ entführt worden. Das ergänzende Vorbringen des Beschwerdeführers weist keinen glaubhaften Kern auf. Eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation in Indien ist zwischenzeitlich ebenfalls nicht eingetreten.

In Bezug auf den Beschwerdeführer besteht in Österreich kein schützenswertes Privat- und/oder Familienleben.

Wie bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren festgehalten, bestehen beim Beschwerdeführer auch gegenständlich keine Hinweise auf etwaige (schwerwiegende) physische bzw. psychische Erkrankungen, die einer Rückkehr nach Indien grundsätzlich entgegenstehen würden.

Es bestehen ferner keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Auch hinsichtlich der weltweiten Ausbreitung von COVID-19 ergibt sich hierzu keine andere Beurteilung.

Es existieren auch sonst keinerlei Umstände, welche einer Ausweisung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung, sodass der am 18.08.2020 gestellte Folgeantrag im Asylverfahren voraussichtlich zurückzuweisen sein wird.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, dem Gang des ersten Asylverfahrens, des gegenständlichen Verfahrens sowie zur Situation in Indien wurden auf Grundlage des in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX sowie des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl getroffen.

Die Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren auf Gewährung von internationalem Schutz beruhen auf der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 19.08.2020 sowie der verwaltungsbehördlichen Einvernahmen am 24.08.2020 und am XXXX . Der Beschwerdeführer hat am 24.08.2020 ausdrücklich angegeben, dass er Österreich seit der erstmaligen Antragstellung nicht verlassen habe und sich auf denselben Fluchtgrund bzw. dieselben Probleme wie im bereits rechtskräftig abgeschlossenen ersten Asylverfahren stütze. Dem ergänzenden Vorbringen, wonach ein Freund des Beschwerdeführers wegen denselben Problemen, welche der Beschwerdeführer im Vorverfahren angegeben habe, entführt worden wäre, ist außerdem kein glaubhafter Kern zu entnehmen, zumal der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl angab, sein Freund sei vor 15 Tagen entführt worden, im Gegensatz dazu in der fünf Tage zuvor durchgeführten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes jedoch noch kein solches Vorbringen erstattete. Seine Verantwortung dahingehend, dass es eine kurze Einvernahme gewesen sei und er keine Möglichkeit gehabt habe, dieses Vorbringen zu erstatten, ist als Schutzbehauptung zu werten und vermag nicht zu überzeugen, weil der Beschwerdeführer von der Möglichkeit am Ende der Erstbefragung, Ergänzungen bzw. Korrekturen vorzunehmen, ausdrücklich nicht Gebrauch machen wollte.

Auch hinsichtlich seines Privat- und Familienlebens gab der Beschwerdeführer in den verwaltungsbehördlichen Einvernahmen an, es hätten sich diesbezüglich seit dem Vorverfahren keine Änderungen ergeben.

Anhaltspunkte für das Vorliegen einer akut lebensbedrohlichen Erkrankung des Beschwerdeführers sind weder im Vorverfahren noch im gegenständlichen Verfahren hervorgekommen. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, er habe Schmerzen im Rumpfbereich, ist festzuhalten, dass er trotz dieses Vorbringens kurze Zeit zuvor noch in der Lage war, Basketball zu spielen, und in der Einvernahme am 24.08.2020 angab, keine weiteren Behandlungstermine bei einem Arzt zu haben, sodass von einer akut lebensbedrohlichen Erkrankung nicht auszugehen ist. Auch aus den vorgelegten ärztlichen Unterlagen des Beschwerdeführers ergibt sich nichts Gegenteiliges.

Die allgemeine Lage in Indien hat sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des Vorverfahrens nicht entscheidungswesentlich geändert. Gegenteiliges wurde vom Beschwerdeführer auch nicht aufgezeigt. Es liegen insbesondere sowohl im Hinblick auf das Alter des Beschwerdeführers als auch seinen Gesundheitszustand keine Anhaltspunkte vor, wonach er bei einer allfälligen COVID-19-Infektion einer Risikogruppe für einen schwerwiegenden Verlauf angehören würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2018/57, geregelt (§ 1 leg. cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A):

Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sind im Fall der Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes die Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Dies gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Bei der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen der Überprüfung des faktischen Abschiebeschutzes handelt es sich um eine Entscheidung über eine fingierte Beschwerde gegen den Bescheid über die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes (vgl. VfGH 10.10.2018, G 186/2018 u.a.). Obwohl es sich daher um eine meritorische Erledigung (Abweisung oder Stattgabe) einer Beschwerde handeln soll, ist diese – abweichend von §§ 28, 31 VwGVG – aufgrund des ausdrücklichen Wortlautes des § 22 Abs. 10 AsylG 2005 mit „Beschluss“ zu treffen.

Der mit „Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen“ betitelte § 12a AsylG 2005 lautet auszugsweise:

„(1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

[…]“

Die Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 („wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist“) bedeutet, dass „eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags“ zu treffen ist. Zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, den faktischen Abschiebeschutz nur für „klar missbräuchliche Anträge“ beseitigen zu wollen, kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat. Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern (vgl. VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0451; 26.03.2020, Ra 2019/14/0079, mwN).

Im vorliegenden Fall wurde ein Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 gestellt, nachdem der Erstantrag bereits rechtskräftig abgewiesen worden war und darin eine Rückkehrentscheidung getroffen wurde. Es liegt daher ein Fall vor, in dem das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den faktischen Abschiebeschutz nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aberkennen „kann“.

„Entschiedene Sache“ iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung – nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen – berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN). Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH 21.03.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH 18.06.2014, Ra 2014/01/0029, mwN).

Eine Prognoseentscheidung ergibt, dass der zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 18.08.2020 voraussichtlich zurückzuweisen sein wird, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist:

So bezog sich der Beschwerdeführer im nunmehrigen Verfahren auf die gleichen Fluchtgründe wie im vorhergegangen Verfahren und verneinte die Frage, ob sich seit der letzten Entscheidung in seinem Vorverfahren etwas an seinem Fluchtgrund verändert habe. Sein ergänzendes Vorbringen betreffend die Entführung eines Freundes weist außerdem keinen glaubhaften Kern auf (siehe die dahingehenden Ausführungen unter Pkt. II.2.). Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist in einer Gesamtschau lediglich als eine Fortführung der bereits im ersten Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe zu werten, denen damals sowohl in erster als auch in zweiter Instanz kein Glauben geschenkt wurde. Ein neuer, entscheidungswesentlicher Sachverhalt kann daraus nicht entnommen werden.

Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise – für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status – auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344, jeweils mwN). Auch diesbezüglich wurden keine entscheidungswesentlichen Sachverhaltsänderungen vorgebracht.

Bereits im ersten Verfahren hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson als ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde.

Im nunmehr zweiten Verfahren auf Gewährung von internationalem Schutz sind vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl keinerlei Anhaltspunkte hervorgekommen, die für eine maßgebliche Änderung des für diesen Abspruch relevanten Sachverhaltes und/bzw. im Sinne der vorzitierten Bestimmungen gegen eine Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat sprechen würden. Auch hinsichtlich der weltweiten Ausbreitung von COVID-19 liegen sowohl im Hinblick auf das Alter des Beschwerdeführers als auch seinen Gesundheitszustand keine Anhaltspunkte vor, wonach er bei einer allfälligen COVID-19-Infektion einer Risikogruppe für einen schwerwiegenden Verlauf angehören würde. Um von der realen Gefahr („real risk“) einer drohenden Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, reicht es nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist (vgl. in Bezug auf die Verbreitung von COVID-19 VwGH 23.06.2020, Ra 2020/20/0188, mwN). Exzeptionelle und konkret auf den Beschwerdeführer Bezug nehmende Umstände, welche die Annahme einer realen Gefahr einer drohenden Verletzung seiner durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte bei einer Rückkehr in seinen Heimatstaat rechtfertigen würden, wurden nicht aufgezeigt.

Das Bundesverwaltungsgericht teilt wie oben dargestellt auch die Ansicht der belangten Behörde, dass beim Beschwerdeführer kein schützenswertes Familien- oder Privatleben in Österreich erkennbar ist.

Zudem ist festzuhalten, dass (auch) im Verfahren zur allfälligen Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Ermittlungsverfahren durchzuführen ist (vgl. § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der notwendigen Einräumung von rechtlichem Gehör (§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Dem Beschwerdeführer wurde Parteiengehör eingeräumt, er wurde am 24.08.2020 und am XXXX vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen und es wurde ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme zu den maßgeblichen Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat eingeräumt. Dem Beschwerdeführer wurde weiters mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufzuheben.

Im Lichte des § 22 BFA-VG hatte keine mündliche Verhandlung stattzufinden.

Da insgesamt die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorgelegen sind, ist der dazu mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX rechtmäßig erfolgt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

entschiedene Sache faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Folgeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W222.2172583.2.00

Im RIS seit

24.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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