TE Bvwg Beschluss 2020/9/17 W164 2178976-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.09.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

17.09.2020

Norm

ASVG §67 Abs10
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W164 2178976-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse, nun Österreichische Gesundheitskasse, vom 16.03.2017, GZ. 11-2016-BE-VER10-000V0, nach Beschwerdevorentscheidung vom 07.07.2017, GZ 11-2016-BE-VER10-000VO, beschlossen:

A)

Der Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3, zweiter Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Österreichische Gesundheitskasse zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 16.03.2017, GZ. 11-2016-BE-VER10-000V0, sprach die Wiener Gebietskrankenkasse (im Folgenden: WGKK), nun Österreichische Gesundheitskasse, aus, dass der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) als Geschäftsführer der XXXX GmbH (im Folgenden Primärschuldnerin), der WGKK gemäß § 67 Abs. 10 ASVG iVm § 83 ASVG die von dieser Firma zu entrichten gewesenen Sozialversicherungsbeiträge iHv € 13.475,18 für die Zeiträume Mai 2015 bis November 2015 zuzüglich der ab 16.03.2017 auflaufenden Verzugszinsen in Höhe von 3,38% p.a. aus € 12.687,91 binnen vierzehn Tagen nach Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen habe.

Dem Bescheid wurde ein Rückstandsausweis vom 21.11.2016 angeschlossen, der Forderungen wie folgt auswies:

 

 

 

Gesamt

05/2015

Beitrag

(01.05.2015-31.05.2015)

1.505,51

06/2015

Beitrag Rest

(01.06.2015-30.06.2015)

2.814,29

07/2015

Beitrag Rest

(01.07.2015-31.07.2015)

1.505,51

08/2015

Beitrag

(01.08.2015-31.08.2015)

1.505,51

09/2015

Beitrag

(01.09.2015-30.09.2015)

1.505,51

10/2015

Beitrag Rest

(01.10.2015-31.10.2015)

1.909,06

11/2015

Beitrag

(01.11.2015-30.11.2015)

1.942,52

Summe der Beiträge

 

12.687,91

Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG gerechnet bis 20.11.2016

1.154,35

Nebengebühren

 

42.00

Summe der Forderung

 

13.884,26

Bis zur Zahlung entstehen für jeden weiteren Tag Verzugszinsen:

Ab 21.11.2016 7,88 % p.a. aus € 12.687,91.“

Begründend wurde ausgeführt, die XXXX GmbH (im Folgenden Primärschuldnerin) schulde aus den Beiträgen Mai 2015 bis November 2015 € 13.475,18 und weitere Verzugszinsen. Sämtliche Einbringungsmaßnahmen seien erfolglos geblieben. Der BF hafte für diesen Betrag als die zur Vertretung der Primärschuldnerin berufene Person gem. § 67 Abs 10 ASVG.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde. Der BF wendete soweit hier wesentlich ein, er habe seine hier gegenständliche Geschäftsführerfunktion per Vertrag vom 01.05.2015 an die „ XXXX “, Geschäftsführer XXXX (im Folgenden W) mit näher genanntem Sitz in Wien, übertragen. Ab diesem Zeitpunkt habe der BF keine Bankgeschäfte für die Primärschuldnerin mehr durchführen können. Der BF habe auch immer wieder darauf hingewiesen, dass im Firmenbuch eine dem genannten Vertrag entsprechende Eintragung vorzunehmen sei. Er sei vertröstet worden. Schlussendlich habe der BF im Dezember 2015 – da er laut Firmenbuch noch Geschäftsführer gewesen sei - den Konkurs der Primärschuldnerin eingeleitet.

Die WGKK forderte den BF daraufhin zur Vorlage des betreffenden Vertrages auf. Der BF teilte mit E-Mail vom 05.04.2017 mit, sein Privatordner sei im Büro der „ XXXX “ verblieben. Ihm sei kein Zugang gewährt worden. Der BF nannte einen Zeugen, XXXX , der bei der Vertragsunterzeichnung anwesend gewesen sei. Auch müsste sich bei Einsicht in das Bankkonto der Primärschuldnerin zeigen, dass der BF im fraglichen Zeitraum für die Primärschuldnerin keine Bankgeschäfte mehr getätigt habe. W habe sämtliche Überweisungen und Abhebungen durchgeführt.

Mit E-Mail vom 18.04.2017 teilte der BF der WGKK mit, W habe ihm nun im Zuge eines Gesprächs mündlich bestätigt, dass es die genannte Vereinbarung gebe und dass der BF ab 01.05.2015 keinen Zugriff auf das Konto der Primärschuldnerin gehabt habeW sei aber nicht bereit, dem BF eine Kopie auszuhändigen. Der vom BF gesuchte Ordner befinde sich laut W nicht im Büro der „ XXXX “

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 07.07.2017, GZ 11-2016-BE-VER10-000VO hat die WGKK diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung stützte sich die WGKK auf die Eintragung im Firmenbuch der Primärschuldnerin. Der BF sei demnach seit 03.03.2014 selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der Primärschuldnerin. Damit sei er für die ordnungsgemäße Meldung und Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge verantwortlich gewesen. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestehe diese Haftung auch dann, wenn die Kompetenz von vorn herein so eingeschränkt war, das die ordnungsgemäße Ausübung der Geschäftsführerfunktion insb. im Hinblick auf die abgabenrechtlichen Pflichten bzw. die Wahrnehmung der Aufsichtspflicht nicht möglich gewesen wäre. Die gesetzliche Haftung gem. § 67 Abs 10 ASVG könne nicht auf andere Personen übertragen werden.

Dagegen hat der BF fristgerecht einen Vorlageantrag erhoben und auf ein nicht näher bezeichnetes Verfahren vor einem Arbeits- und Sozialgericht verwiesen, in dem der namhaft gemachte Zeuge XXXX ausgesagt habe, dass der BF ab 01.05.2015 keinen Zugriff auf das Konto der Primärschuldnerin gehabt hätte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2. Feststellungen:

Der BF war ab 03.03.2014, dem Datum der Errichtung der XXXX GmbH, mit 25.6.2014, umbenannt in XXXX GmbH (Primärschuldnerin) handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin. Er vertrat diese selbständig.

Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 04.12.2015, GZ XXXX wurde über die Primärschuldnerin der Konkurs eröffnet. Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 20.06.2018 GZ XXXX wurde der Konkurs nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben. Mit 05.10.2019 wurde die Primärschuldnerin amtswegig gem. § 40 FBG gelöscht.

Die belangte Behörde hat den BF zur Haftung gemäß § 67 Abs 10 ASVG herangezogen.

12. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde sowie in das Firmenbuch, FN XXXX . Dass der BF bis zur Konkurseröffnung, somit im gesamten hier gegenständlichen Beurteilungszeitraum Geschäftsführer der Primärschuldnerin war ergibt sich aus dem Firmenbuch und aus den daran angeschlossenen Notariatsakten, insbesondere Protokoll vom 3.3.2014 über die Firmenänderung der XXXX GmbH in Liquidation in XXXX GmbH (am 25.6.2014 umbenannt in die Firma der Primärschuldnerin, XXXX GmbH); Erklärung über die Errichtung einer Gesellschaft der Primärschuldnerin vom 25.6.2014.

Soweit der BF behauptet, seine Geschäftsführerfunktion vertraglich an W übertragen zu haben, dieser hätte die Änderung jedoch trotz Urgenz seitens des BF nicht dem Firmenbuch gemeldet, so erscheint dieses Vorbringen nicht glaubwürdig: Hätte der BF seine Geschäftsführerfunktion – eine Funktion mit weitreichenden Rechtswirkungen - tatsächlich an eine andere Person übertragen, so kann davon ausgegangen werden, dass der BF dafür gesorgt hätte, dass ein Notariatsakt betreffend die Übertragung der Geschäftsführerfunktion errichtet und die entsprechende Firmenbucheintragung vom Notar veranlasst worden wäre. Der BF räumt überdies selbst ein, dass er – da er im November 2015 nach wie vor im Firmenbuch als Geschäftsführer der Primärschuldnerin eingetragen war – den Konkurs für die Primärschuldnerin eingeleitet hat. Damit ist aber offenbar, dass der BF bis zuletzt als Vertreter der Primärschuldnerin gehandelt hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Die vorliegende Angelegenheit ist nicht von dieser Bestimmung erfasst. Gegenständlich liegt somit EinzelrichterInnenzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Vermögensverwalter haften, soweit ihre Verwaltung reicht, entsprechend.

Die Primärschuldnerin wurde wegen Vermögenslosigkeit amtswegig gelöscht. Somit liegt Uneinbringlichkeit vor.

Der BF war im Beobachtungszeitraum Mai 2015 bis November 2015 handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin. Er ist bis zuletzt nach außen als Geschäftsführer aufgetreten und hat den Insolvenzantrag für der Primärschuldnerin gestellt. Der BF gehört damit zum Kreis der nach § 67 Abs 10 ASVG haftenden Personen.

Der Einwand des BF, nicht er sondern W hätte im hier relevanten Zeitraum die Bankgeschäfte der Primärschuldnerin getätigt, geht unter Berücksichtigung der folgrnden höchstgerichtlichen Judikatur ins Leere:
Wird von einem zur Vertretung nach außen Berufenen eine diesen treffende Verpflichtung an dritte (das heißt nicht zur Vertretung nach außen befugte) Personen übertragen, dann hat sich der primär Verpflichtete durch geeignete Kontrollmaßnahmen von der Einhaltung der ihn treffenden Verbindlichkeiten durch den Dritten auch dann laufend zu überzeugen, wenn er meint, auf ein pflichtgemäßes Verhalten dieses Dritten vertrauen zu können. Bei Wahrnehmung einer Vernachlässigung der Entrichtung der Sozialversicherungsabgaben hätte der Vertreter entweder versuchen müssen, diese Ungleichbehandlung mit anderen Forderungen abzustellen, oder es wäre bei ihm gelegen, seine Funktion - zur Vermeidung seiner Inanspruchnahme gemäß § 67 Abs 10 ASVG - zur Verfügung zu stellen (VwGH 94/08/0105 vom 29.06.1999).

Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Vermögensverwalter haften, soweit ihre Verwaltung reicht, entsprechend.

Gemäß § 58 Abs. 5 ASVG haben die VertreterInnen juristischer Personen, die gesetzlichen VertreterInnen natürlicher Personen und die VermögensverwalterInnen (§ 80 BAO) alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Beiträge jeweils bei Fälligkeit aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist die Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gegenüber dem Sozialversicherungsträger bestehende gesetzliche Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung von Beiträgen schuldhaft (leichte Fahrlässigkeit genügt) verletzt hat.

Eine gemäß § 67 Abs 10 ASVG relevante Pflichtverletzung kann darin bestehen dass bestimmte (von der Behörde konkret zu benennende DienstnehmerInnen) in einer für die spätere Uneinbringlichkeit kausalen und schuldhaften Weise nicht zur Sozialversicherung gemeldet, bzw. Löhne ausbezahlt die Dienstnehmeranteile aber einbehalten wurden (leichte Fahrlässigkeit genügt).

Eine gemäß § 67 Abs 10 ASVG relevante Pflichtverletzung kann auch darin bestehen, dass der Haftende die Beitragsschulden (ohne rechtliche Grundlage) insoweit schlechter behandelt als sonstige Verbindlichkeiten, indem er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt, bzw. im Fall des Fehlens ausreichender Mittel nicht für eine zumindest anteilsmäßige Befriedigung Sorge trägt. (vgl. VwGH 2017/08/0070 vom 12.10.2017).

Im letztgenannten Fall hat die Behörde dem zur Haftung Herangezogenen Gelegenheit zu geben, bezogen auf den strittigen Zeitraum darzulegen und entsprechend unter Beweis zu stellen, welche Verbindlichkeiten der GmbH aushafteten, welche Mittel ihr an sich zur Verfügung standen und welche Zahlungen für sie jeweils geleistet wurden. Mit Hilfe dieser vom haftungspflichtigen Geschäftsführer darzulegenden Berechnungsgrößen kann durch eine Gegenüberstellung des Verhältnisses der gesamten Verbindlichkeiten der Gesellschaft und der darauf von ihr oder für sie geleisteten Zahlungen einerseits mit den aushaftenden Beitragsverbindlichkeiten andererseits festgestellt werden, ob der haftungspflichtige Geschäftsführer dem ihm obliegenden Gleichbehandlungsgebot entsprochen hat.

Erfolgt eine solche Darlegung und ein entsprechender Nachweis konkreter, auf den genannten Zeitraum bezogener Berechnungsgrößen nicht, so ist die belangte Behörde ohne weiteres zur Annahme einer schuldhaften Pflichtverletzung mit der Konsequenz einer Haftung des haftungspflichtigen Geschäftsführers für die gesamten offenen Beitragsverbindlichkeiten berechtigt.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde den BF mit dem angefochtenen Bscheid als Haftenden gemäß § 67 Abs 10 ASVG zur Verantwortung gezogen. Die belangte Behörde hat aber nicht ausgeführt und soweit aus dem vorgelegten Akt hervorgeht auch nicht geprüft, welche Art der Pflichtverletzung dem BF vorzuwerfen ist.

Die belangte Behörde hat dem BF auch keine Gelegenheit gegeben, die Gläubigergleichbehandlung im obigen Sinn nachzuweisen. Hätte die belangte Behörde eine solche Aufforderung an de BF gesendet, so könnte dies implizit zu dem Schluss führen, dass dem BF die Gläubigerungleichbehandlung zur Last gelegt worden wäre.

Zurückverweisung:

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind die Behörden im Streitfall verpflichtet, (für einen objektiven Betrachter) nachvollziehbar darzustellen, wie die Beitragsgrundlagen errechnet wurden (vgl. VwGH 2008/08/0092 vom 14.10.2009).

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn diese notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis 2015/04/0019 vom 24.06.2015 ausgesprochen hat, stellt die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG 2014 bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Das mit § 28 VwGVG insgesamt normierte System verlangt, dass von der Möglichkeit der Vorheriger SuchbegriffZurückverweisungNächster Suchbegriff nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Vorheriger SuchbegriffZurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.

Im hier vorliegenden Fall hat die belangte Behörde den relevanten Sachverhalt nicht einmal ansatzweise ermittelt, sodass der für die hier zu treffende Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht feststeht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ermittlungspflicht Geschäftsführer Haftung Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Pflichtverletzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W164.2178976.1.00

Im RIS seit

23.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten