TE OGH 2020/9/17 2Ob179/19s

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.09.2020
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. R***** E*****, vertreten durch Dr. Steiner & Mag. Isbetcherian Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Mag. V***** H*****, vertreten durch Dr. Helmut Heiger, Rechtsanwalt in Wien, und 2. H***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Mag. Dr. Dirk Just, Rechtsanwalt in Wien, wegen 7.853 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 23. Juli 2019, GZ 36 R 1/19t-104, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 24. Oktober 2018, GZ 23 C 484/16h-88, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit jeweils 833,88 EUR (darin enthalten 138,98 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1]            Am ***** 2016 kam es in der Tiefgarage eines Wohnhauses in Wien zu einem Brand des von der Erstbeklagten gehaltenen und bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversicherten PKW.

[2]            Das Beklagtenfahrzeug war am Vortag um die Mittagszeit von einem Mitarbeiter der Erstbeklagten in der Garage abgestellt worden und hatte sich zu diesem Zeitpunkt in einem funktionstüchtigen, altersbedingt durchschnittlichen Zustand befunden. Das Fahrzeug war gewartet worden, der Fahrer hatte mit diesem nie Probleme gehabt. Auch beim Einparken und Verlassen des Fahrzeugs traten keine Auffälligkeiten zu Tage. Durch einen technischen Defekt im Motorraum des Beklagtenfahrzeugs geriet es einen Tag später in Brand, wodurch auch das daneben geparkte Fahrzeug des Klägers samt den darin befindlichen Sachen zerstört wurde.

[3]       Der Kläger begehrte Schadenersatz und brachte vor, der Kabelbrand stehe im unmittelbaren Zusammenhang mit der vorherigen Inbetriebnahme des Beklagtenfahrzeugs, sodass eine Haftung der beklagten Parteien nach dem EKHG bestehe. Darüber hinaus sei das Fahrzeug nicht ordnungsgemäß gewartet worden, weshalb auch nach den Bestimmungen des ABGB gehaftet werde.

[4]       Die beklagten Parteien wendeten ein, das Fahrzeug sei bereits längere Zeit in der Garage abgestellt und somit nicht in Betrieb und nicht in Verwendung gewesen. Das Fahrzeug sei auch stets ordnungsgemäß gewartet worden.

[5]       Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Fahrzeug sei ordnungsgemäß abgestellt worden, sodass es nicht mehr in Betrieb gewesen sei. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass die Umstände, die zum Brand geführt hätten, noch „bei dem Betrieb“ des Fahrzeugs entstanden seien. Weder die Voraussetzungen für eine Verschuldenshaftung nach dem ABGB noch für eine Gefährdungshaftung nach EKHG seien gegeben.

[6]          Das Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil und ließ die ordentliche Revision zu. Rechtlich führte es – soweit im Revisionsverfahren noch von Relevanz – aus, dass sich nicht die spezifische Gefahr eines sich mit Motorkraft bewegenden oder in anderer Weise am Verkehr teilnehmenden Fahrzeugs, sondern die jeder energiebetriebenen Anlage innewohnende Gefahr, dass sich die Energie in einer nicht geplanten Weise in Wärme umsetzt, verwirklicht habe. Eine Haftung nach EKHG sei daher zu verneinen. Daran ändere auch die Entscheidung des EuGH zu C-100/18 nichts, da es dort um die Auslegung der Richtlinie über die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht gehe, nicht aber um die Reichweite der Gefährdungshaftung nach dem EKHG. Insbesondere werde in der genannten Entscheidung der weiter zu verstehende Begriff der „Verwendung“ ausgelegt, der in § 2 KHVG angeführt sei, und nicht der Begriff „Betrieb“ iSd § 1 EKHG.

[7]       Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, es bedürfe einer höchstgerichtlichen Klarstellung, ob die Entscheidung des EuGH vom 20. 6. 2019 zu C-100/18 dazu führe, dass die bisher ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Haftung für ein über längere Zeit abgestelltes Fahrzeug nach dem EKHG, ohne dass ein Zusammenhang mit dem Fahrbetrieb bestehe, keine Anwendung mehr finde.

[8]       Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers mit dem Abänderungsantrag, dem Klagebegehren zur Gänze stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[9]       Die beklagten Parteien beantragen in ihren Revisionsbeantwortungen, der Revision nicht Folge zu geben.

[10]     Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig. Sie ist aber nicht berechtigt.

[11]     Der Kläger macht geltend, die Begriffe „Betrieb eines Fahrzeugs“ iSd § 1 EKHG und der Begriff „Verwendung eines Fahrzeugs“ iSd § 2 Abs 1 KHVG seien nicht unterschiedlich zu werten, sondern gleichbedeutend. Auch der deutsche Bundesgerichtshof bejahe bei vergleichbaren Sachverhalten die Gefährdungshaftung des Fahrzeughalters. Der EuGH habe zu C-100/18 dargelegt, dass der Begriff „Verwendung eines Fahrzeugs“ einen autonomen Begriff des Unionsrechts darstelle und beim Parken eines Fahrzeugs in einer Privatgarage eine der Funktion als Beförderungsmittel entsprechende Verwendung vorliege. Diese Entscheidung sei auch auf den gegenständlichen Sachverhalt anwendbar, weshalb eine Haftung der beklagten Parteien nach EKHG gegeben sei.

[12]     Hiezu wurde erwogen:

[13]     1. Der „Betrieb eines Fahrzeugs“ iSd § 1 EKHG und die „Verwendung eines Fahrzeugs“ iSd § 2 Abs 1 KHVG sind zu unterscheiden:

[14]           1.1 Die Anwendung der Haftungsbestimmungen des EKHG setzt nach dessen § 1 voraus, dass der Unfall „beim Betrieb“ eines Kraftfahrzeugs herbeigeführt wurde. Unter „Betrieb“ ist die bestimmungsgemäße Verwendung des Kraftfahrzeugs als Fahrmittel, also zur Ortsveränderung unter Benützung seiner Maschinenkraft zu verstehen (2 Ob 236/18x; 2 Ob 181/15d mwN; RS0058081). Allerdings kommt es nicht darauf an, dass das Kraftfahrzeug im Unfallszeitpunkt noch in Bewegung ist. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass es auch bei stehenden Fahrzeugen zu einem Betriebsunfall kommen kann, sofern der Unfall mit der Gefährlichkeit des Kraftfahrzeugs im ursächlichen Zusammenhang steht (2 Ob 236/18x; 2 Ob 181/15d mwN; RS0058385 [T6]).

Rechtliche Beurteilung

[15]           1.2 Hingegen ist in § 2 KHVG der Deckungsumfang des Kfz-Haftpflichtversicherers gesetzlich zwingend umschrieben. Nach Abs 1 dieser Bestimmung umfasst die Versicherung die Befriedigung begründeter oder die Abwehr unbegründeter Ersatzansprüche, die aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen gegen den Versicherungsnehmer oder mitversicherte Personen erhoben werden, wenn durch die Verwendung des versicherten Fahrzeugs – soweit hier von Interesse – Sachen beschädigt oder zerstört worden oder abhanden gekommen sind. Mitversichert sind nach § 2 Abs 2 KHVG ua der Halter und Personen, die mit Willen des Halters bei der Verwendung des Fahrzeugs tätig sind.

[16]           Der Begriff des „Verwendens“ eines Fahrzeugs ist nach ständiger Rechtsprechung in weiterem Sinn zu verstehen, als jener des „Betriebs“ iSd § 1 EKHG; er umfasst etwa auch die Verwendung als ortsgebundene Kraftquelle (2 Ob 236/18x; RS0116494) und – in unionsrechtskonformer Auslegung – die Selbstentzündung eines in einer Privatgarage eines Hauses geparkten Kraftfahrzeugs (EuGH 20. 6. 2019, C-100/18 [Linea Directa]; dazu unten Punkt 4.). Die Bestimmung des § 2 Abs 1 KHVG erweitert jedoch nicht den Begriff „beim Betrieb“ iSd § 1 EKHG (2 Ob 176/08h = RS0124437). Sie begründet auch keine, von der Ersatzpflicht des hierin genannten Personenkreises unabhängige Schadenersatzpflicht des Versicherers. Trifft weder den Versicherungsnehmer noch einen Mitversicherten eine Schadenersatzpflicht, so haftet der Versicherer auch dann nicht, wenn der Schaden durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs verursacht wurde (2 Ob 73/05g).

[17]     2. Ein Unfall beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs liegt nicht vor:

[18]     2.1 Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits ausführlich und unter ausdrücklicher Ablehnung der Judikatur des Bundesgerichtshofs (VI ZR 253/13 BGHZ 199, 377) mit vergleichbaren Fällen der Selbstentzündung von auf privaten Grundstücken abgestellten Kraftfahrzeugen auseinandergesetzt und ausgesprochen, dass sich dabei nicht die spezifische Gefahr eines sich mit Motorkraft bewegenden oder in anderer Weise am Verkehr teilnehmenden Fahrzeugs verwirklicht, sondern die jeder energiebetriebenen Anlage innewohnende Gefahr, dass sich die Energie in einer nicht geplanten Weise in Wärme umsetzt. Ein Unfall beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs iSd § 1 EKHG liegt daher nicht vor, sodass der Halter nicht nach dem EKHG haftet (2 Ob 188/16k = EvBl 2017/133 [zust Spitzer] = ZVR 2017/107 [krit Reisinger]; 2 Ob 55/17b). Ob die Selbstentzündung eines auf einem öffentlichen Parkplatz parkenden Kraftfahrzeugs anders zu beurteilen wäre (so Gerhartl, Brand eines parkenden Kfz: Gefährdungshaftung? ecolex 2020, 177 [180]), kann im vorliegenden Fall dahinstehen.

[19]           2.2 Der Revisionswerber zeigt keine neuen Argumente auf, die Anlass geben, von dieser Rechtsprechung abzugehen (zum Unionsrecht siehe Punkt 4.).

[20]     3. Die beklagten Parteien haften nicht für den Schaden des Klägers:

[21]     3.1 Mangels Gefahrenzusammenhangs haftet die Erstbeklagte als Halterin nach § 1 EKHG nicht für die Schäden, die sich aus der nicht durch den Fahrbetrieb verursachten Selbstentzündung ihres Kraftfahrzeugs ergeben haben (Punkt 2.2; vgl RS0131247).

[22]           3.2 Anhaltspunkte für ein Verschulden der Erstbeklagten oder anderer nach § 2 Abs 2 KHVG mitversicherter Personen, für die die zweitbeklagte Partei einzustehen hätte, am Eintritt des Schadens des Klägers lassen sich dem Sachverhalt nicht entnehmen.

[23]     4. Das Unionsrecht steht diesem Ergebnis nicht entgegen:

[24]     4.1 Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass durch die Richtlinien zur Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung – nunmehr kodifiziert in der RL 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht – nur die Pflicht zur Deckung von Schadenersatzansprüchen durch die Haftpflichtversicherung festgelegt und garantiert ist. Sie sollen aber nicht die Haftpflichtregelungen der Mitgliedstaaten harmonisieren. Diesen steht es beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts nach wie vor frei, die Haftpflicht für Schäden aus Verkehrsunfällen mit Kraftfahrzeugen selbst zu regeln (EuGH 23. 1. 2014, C-371/12 [Petillo]; EuGH 24. 10. 2013 C-277/12 [Drozdovs]; EuGH 23. 10. 2012, C-300/10 [Marques Almeida]; EuGH 9. 11. 2011, C-409/09 [Ambrosio Lavrador] ua; Riedmeyer, Rechtsprechung des EuGH zu den KH-Richtlinien und den sonstigen Richtlinien über die Regulierung internationaler Verkehrsunfälle, in FS Danzl [2017] 637).

[25]     4.2 Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH müssen die Mitgliedstaaten bei der Ausübung ihrer Befugnisse in diesem Bereich allerdings das Unionsrecht insoweit beachten, als die nationalen Vorschriften über den Ersatz von Verkehrsunfallschäden die Richtlinie nicht ihrer praktischen Wirksamkeit berauben dürfen (EuGH 23. 1. 2014, C-371/12 [Petillo]; EuGH 23. 10. 2012, C-300/10 [Marques Almeida]; EuGH 9. 11. 2011, C-409/09 [Ambrosio Lavrador]; Loacker, Die Haftpflichtversicherung vor dem EuGH – Überblick über jüngere Entwicklungen, ZVers 2020, 106 [107]; ausführlich Dokalik/Mokrejs-Weinhappel, Kfz-Haftpflicht und Versicherungspflicht – Eine Untersuchung im österreichischen Recht und im Unionsrecht, ZVers 2019, 126). Das ist etwa dann der Fall, wenn eine nationale Regelung bewirkt, dass der Anspruch des Geschädigten auf Entschädigung aus der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung von Amts wegen ausgeschlossen oder unverhältnismäßig begrenzt wird (EuGH 23. 1. 2014, C-371/12 [Petillo]), insbesondere auf einen niedrigeren Betrag, als die in der Richtlinie vorgesehenen Mindestdeckungssummen (EuGH 24. 10. 2013, C-277/12 [Drozdovs]; EuGH 14. 9. 2000, C-348/98 [Mendes Ferreira]).

[26]     In Fällen, in denen das Unionsrecht vorsieht, dass Versicherungsschutz zu gewähren ist, kann sich daher auch bei fehlender Haftungsgrundlage im nationalen Recht die Frage der Unionsrechtskonformität stellen (Dokalik/Mokrejs-Weinhappel, Kfz-Haftpflicht und Versicherungspflicht, ZVers 2019, 126 [131]).

[27]     4.3 Bereits in seiner Entscheidung vom 14. 9. 2000, C-348/98 (Mendes Ferreira), hat der EuGH aber klargestellt, dass die Richtlinie nicht die Art der zivilrechtlichen Haftung – Gefährdungs- oder Verschuldenshaftung – vorschreibt, die die Versicherung decken muss. Es war im dortigen Fall daher zulässig, für von unentgeltlich beförderten Fahrzeuginsassen erlittene Schäden nur eine Verschuldens- und nicht auch eine Gefährdungshaftung des Fahrers vorzusehen. Auch in der Folge hat der EuGH Beschränkungen der Ansprüche der Opfer von Verkehrsunfällen aufgrund von Gefährdungshaftungen nicht beanstandet, die aus nationalen Regelungen der Haftpflicht für Verkehrsunfälle resultierten und nicht aus einer Begrenzung der Haftpflichtdeckung durch versicherungsrechtliche Vorschriften (EuGH 23. 1. 2014 C-371/12, [Petillo]; EuGH 9. 11. 2011, C-409/09 [Ambrosio Lavrador]; EuGH 23. 10. 2012, C-300/10 [Marques Almeida]). So billigte er etwa in der letztgenannten Entscheidung den Ausschluss der Gefährdungshaftung in einem Fall, in dem ein Beifahrer verletzt worden war, der sich entgegen einer Rechtsvorschrift nicht angeschnallt hatte und durch die Windschutzscheibe geschleudert worden war, wobei keinen der Unfalllenker am Unfall ein Verschulden getroffen hatte. Nach dem nationalen Recht entfiel die Gefährdungshaftung, wenn der Unfall dem Geschädigten selbst oder einem Dritten zuzurechnen war oder wenn er durch höhere Gewalt verursacht wurde.

[28]           4.4 In der vom Kläger zitierten Entscheidung vom 20. 6. 2019, C-100/18 (Linea Directa), sprach der EuGH aus, dass ein Sachverhalt, in dem ein in einer Privatgarage eines Hauses abgestelltes Fahrzeug Feuer fing, durch das ein Brand, dessen Ursache beim Schaltkreis des Fahrzeugs lag, ausgelöst und das Haus beschädigt wurde, unter den Begriff der „Verwendung eines Fahrzeugs“ iSd Art 3 Abs 1 der genannten Richtlinie zu subsumieren ist, auch wenn das Fahrzeug seit mehr als 24 Stunden vor Brandentstehung nicht bewegt worden war. Er stellte auch klar, dass der Begriff „Verwendung eines Fahrzeugs“ iSd Art 3 Abs 1 der Richtlinie einen autonomen Begriff des Unionsrechts darstellt, dessen Auslegung nicht dem Ermessen der einzelnen Mitgliedstaaten überlassen ist (Rn 32 der Entscheidung). Ein Abgehen oder eine Erweiterung der oben dargelegten Grundsätze zur Reichweite oder zur Beeinträchtigung der praktischen Wirksamkeit der Richtlinie ist der Entscheidung jedoch nicht zu entnehmen.

[29]           4.5 Für den vorliegenden Fall bedeutet das, dass zwar der dem Kläger entstandene Schaden gemäß § 2 Abs 1 KHVG grundsätzlich in den Deckungsumfang der für das Beklagtenfahrzeug bestehenden Haftpflichtversicherung fällt (Punkt 1.2). Durch den Ausschluss der Gefährdungshaftung der erstbeklagten Halterin nach dem EKHG wird das Unionsrecht jedoch nicht seiner praktischen Wirksamkeit beraubt, weil bei schuldhafter Verursachung durch versicherte Personen der Schaden des Klägers von der zweitbeklagten Haftpflichtversicherung zu ersetzen wäre, dem Kläger aber der Nachweis des behaupteten Verschuldens im hier zu beurteilenden Einzelfall nicht gelungen ist (vgl Gerhartl, Brand eines parkenden Kfz: Gefährdungshaftung? ecolex 2020, 177 [178]).

[30]           4.6 Die genannte Entscheidung des EuGH erfordert daher im vorliegenden Fall weder Abgehen von der oben (Punkt 2.1) erörterten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum Betrieb eines Kraftfahrzeugs iSd § 1 EKHG noch die (amtswegige) Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art 267 AEUV (vgl RS0075861).

[31]     5. Ergebnis:

[32]           Zutreffend hat daher das Berufungsgericht einen Schadersatzanspruch des Klägers verneint. Die Revision bleibt erfolglos.

[33]     6. Kosten:

[34]     Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 Abs 1 iVm 50 Abs 1 ZPO.

Textnummer

E129674

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0020OB00179.19S.0917.000

Im RIS seit

17.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.06.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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