TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/31 W281 2230819-4

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Veröffentlicht am 31.07.2020
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Entscheidungsdatum

31.07.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch

W281 2230819-4/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Rosemarie HALBARTH-KRAWARIK im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl XXXX über die weitere Anhaltung von XXXX , alias XXXX , alias XXXX , alias XXXX , geb. XXXX , StA. Marokko, in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 23.08.2016 in Österreich seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA/Bundesamt/Behörde) vom 04.10.2016 wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Ziffer 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung nach Marokko gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gleichzeitig wurde einer Beschwerde gem. § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV).

2. Der BF tauchte in die Anonymität ab und gab dem BFA keine Meldeadresse bekannt. Er entzog sich dem Verfahren. Der Bescheid erwuchs mit 19.10.2016 in Rechtskraft. Am 12.10.2016 trat Deutschland an Österreich zur Rückübernahme heran. Am 13.04.2017 traten die niederländischen Behörden an Österreich heran mit der Information, dass sich der BF zurzeit in den Niederlanden befinden würde. Am 21.06.2017 trat Luxemburg an Österreich heran mit der Information, dass sich der BF nunmehr in Luxemburg befinden würde.

Überstellungen des BF mussten von den Mitgliedsstaaten stets storniert bzw. ausgesetzt werden, da sich der BF den Überstellungsverfahren immer wieder entzog und in die Anonymität untergetaucht war.

Am 27.03.2018 traten die französischen Behörden an Österreich heran mit der Information, dass sich der BF nun in Frankreich befinden würden. Am 03.05.2018 konnte der BF schließlich erfolgreich von Frankreich nach Österreich überstellt werden.

3. Am 03.05.2018 stellte der BF in Österreich erneut einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Mai und Juni 2018 wurde der BF bei der Begehung mehrerer Strafdelikte auf frischer Tat ertappt und zur Anzeige gebracht.

4. Der Antrag auf internationalen Schutz vom 03.05.2018 wurde aufgrund entschiedener Sache am 09.07.2018 vollinhaltlich zurückgewiesen. Am 13.07.2018 wurde per FAX fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom 03.05.2018 eingebracht. Am 25.07.2018 erkannte das Bundesverwaltungsgericht zu Recht, dass die Beschwerde gegen den Bescheid vom 09.07.2018 als unbegründet abgewiesen werde.

5. Am 11.09.2018 traten die Schweizer Behörden an Österreich heran mit der Information, dass sich der BF zu dieser Zeit in der Schweiz befinden würde, Österreich jedoch zuständig sei. Mit Antwortschreiben vom 12.09.2018 wurde einer Überstellung des BF von der Schweiz nach Österreich zugestimmt. Am 24.10.2018 wurde er von der Schweiz nach Österreich überstellt. Am 24.10.2018 entzog sich der BF jedoch bereits am Flughafen den Behörden durch Flucht.

6. Am 28.10.2018 stellten er einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, wurde festgenommen und infolge von einem Behördenvertreter des BFA niederschriftlich einvernommen.

Mit Mandatsbescheid des BFA vom 30.10.2018 wurde die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet.

Am 08.11.2018 wurde der BF abermals niederschriftlich einvernommen und im Anschluss daran wurde mit mündlich verkündetem Bescheid der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben. Die Verwaltungsakten wurden unverzüglich von Amts wegen dem Bundesverwaltungsgericht zur Überprüfung übermittelt. Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Beschluss vom 15.11.2018 fest, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig war.

7. Am 06.03.2019 wurde der BF aus der Schubhaft entlassen, da die Erteilung eines Ersatzreisedokumentes zum damaligen Zeitpunkt nicht absehbar war.

8. Am 30.07.2019 stellten er wiederum einen Asylantrag in Frankreich. Mit Schreiben vom 06.08.2019 wurde einer Überstellung des BF nach Österreich zugestimmt. Es erfolgte vorerst keine Dublin-Überstellung aus Frankreich.

9. Mit Bescheid des BFA vom 06.08.2019 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 28.10.2018 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Da der BF unbekannten Aufenthaltes war, wurde der Bescheid vom 06.08.2019 im Akt hinterlegt und mit 27.08.2019 rechtskräftig.

10. Am 04.11.2019 wurde der BF von der belgischen Polizei festgenommen. Belgien trat infolge an die österreichischen Behörden heran. Mit Antwortschreiben vom 15.11.2019 wurde einer Überstellung des BF von Belgien nach Österreich zugestimmt. Der BF wurde am 17.01.2020 erfolgreich von Belgien nach Österreich überstellt. Am Flughafen Wien-Schwechat wurden er umgehend festgenommen und stellte er am 17.01.2020 einen weiteren – den insgesamt vierten - Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag) in Österreich.

11. Mit verfahrensgegenständlichem Mandatsbescheid des BFA vom 18.01.2020 wurde über den BF die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über seinen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet.

12. Mit Bescheid des BFA vom 30.01.2020 wurde der Folgeantrag des BF vom 17.01.2020 gem. § 68 Abs. 1. AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und gleichzeitig festgestellt, dass die Abschiebung der Person den BF nach Marokko zulässig sei. Der Bescheid erwuchs am 15.02.2020 in Rechtskraft. Die laufende Schubhaft galt fortan als zur Sicherung der Abschiebung verhängt (§ 76 Abs. 5 FPG).

13. Mit Aktenvorlage vom 08.05.2020 legte das BFA den gegenständlichen Asyl- und Schubhaftakt gem. § 22a Abs. 4 BFA-VG mit der Bitte um gerichtliche Prüfung und Genehmigung der Fortsetzung der laufenden Schubhaft vor. Informativ wurde mitgeteilt, dass das BFA laufend die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der Marokkanischen Botschaft in Erinnerung rufe und weiterhin die Voraussetzungen für die Fortführung der Schubhaft vorlägen. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 13.05.2020, W171 2230819-1/9E, festgestellt, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vorliegen und diese auch verhältnismäßig ist. Begründend wurde insbesondere auf die mangelnde Mitwirkung des Beschwerdeführers im Verfahren sowie auf die fehlende soziale Verankerung im Bundesgebiet verwiesen.

14. Mit Aktenvorlage vom 03.06.2020 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt erneut zur amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor. In einer ausführlichen Stellungnahme wurde dabei umfassend auf das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers, den Aufenthalt im Verborgenen und die wiederholte Absetzung ins Ausland. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, Zahl: W137 2230819-2/2E, vom 10.06.2020 stellte das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

15. Mit Aktenvorlage vom 30.06.2020 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt erneut zur amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor. In einer ausführlichen Stellungnahme wurde dabei umfassend auf das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers, den Aufenthalt im Verborgenen und die wiederholte Absetzung ins Ausland. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, Zahl: W117 2230819-3/2E, vom 06.07.2020 stellte das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

16. Die Verwaltungsbehörde legte am 24.07.2020 zur neuerlichen Überprüfung der Haft den Verwaltungsakt vor und begehrte die Fortsetzung der Haft.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft bzw. zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

1.1. Der Beschwerdeführer hat bisher keine Dokumente vorgelegt, die seine Identität be-scheinigen; seine Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Der faktische Abschiebeschutz kommt ihm nicht zu. Er unterliegt einem auf fünf Jahre befristeten rechtskräftigen Einreiseverbot.

1.2. Der Beschwerdeführer wird seit 18.01.2020 in Schubhaft angehalten. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ordnete die Schubhaft (ursprünglich) mit Bescheid vom 18.01.2020 über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG an. Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer nicht bekämpft. Das in diesem Zusammenhang relevante (dritte) Asylfolgeverfahren wurde mit Bescheid vom 30.01.2020 abgeschlossen; diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft. Es besteht gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme.

1.3. Der Beschwerdeführer hat in der Vergangenheit wiederholt seine Ausreiseverpflichtung missachtet und sich illegal in Österreich aufgehalten. Er hat sich zudem mehrmals unrechtmäßig in andere Mitgliedsstaaten (Deutschland 2016, Niederlande 2017, Luxemburg 2017, Frankreich 2018, Schweiz 2018, Frankreich 2019 und Belgien 2020) abgesetzt und so fremdenrechtliche Maßnahmen in Österreich erfolgreich verhindert. Auch den dortigen Verfahren zur Rücküberstellung nach Österreich (im Rahmen der Dublin III-VO) hat er sich mehrfach entzogen. Am 24.10.2018 entzog sich der Beschwerdeführer unmittelbar nach einer einschlägigen Rücküberstellung der Behörde durch Flucht.

1.4. Der Beschwerdeführer wurde in den vergangenen Jahren mehrfach wegen der Begehung von Straftaten angezeigt. Er ist insgesamt in besonders ausgeprägtem Maß nicht vertrauenswürdig.

1.5. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz. Er weist ausschließlich Meldungen in Anhaltezentren auf. Er geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine eigenen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer ist in Österreich weder sozial noch beruflich verankert. In Österreich leben keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers.

1.6. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist seiner Verpflichtung, auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, nachgekommen; es hat rechtzeitig und zielführend ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer mit der marokkanischen Vertretungsbehörde eingeleitet. In diesem HRZ-Verfahren mit Marokko wird nachweislich laufend urgiert.

Mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikats ist innerhalb der zulässigen gesetzlichen Anhaltedauer zu rechnen. Am 12.03.2020 wurden die Unterlagen bezüglich des Beschwerdeführers erneut zur Durchführung einer Identitätsprüfung den marokkanischen Behörden übermittelt. Weitere Urgenzen auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates erfolgten am 15.04.2020, 19.05.2020, 15.06.2020, 02.07.2020 und am 17.07.2020 mittels einer „High Priority“-Liste. Die marokkanische Vertretungsbehörde überprüft aktuell die Personendaten und hat bis dato keine Ablehnung erteilt. Die Verwaltungsbehörde steht nach wie vor in Verbindung mit der Botschaft des Königreiches Marokko. Eine Abschiebung des Beschwerdeführers im Herbst 2020 ist jedenfalls realistisch.

1.7. Der Beschwerdeführer ist haftfähig und hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung.

1.8. Der Beschwerdeführer befand sich am 13.04.2020 und von 08.06.2020 bis 23.06.2020 in Hungerstreik mit der Absicht sich aus der Schubhaft freizupressen.

1.9. Der Beschwerdeführer gab im Rahmen einer Einvernahme am 28.10.2018 selbst an, Deutschland in der Stadt Leipzig drei Diebstähle begangen zu haben.

1.10. Eine (relevante) Änderung der Umstände seit Anordnung der Schubhaft hat sich im Verfahren nicht ergeben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes insbesondere zur Zahl 2230819-1, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister, ins Strafregister, ins Betreuungsinformationssystem sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft bzw. zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

2.1. Aus dem Verwaltungsakt sowie den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes ergibt sich, dass der Beschwerdeführer bisher keine Dokumente zum Nachweis seiner Identität vorgelegt hat. An seiner Volljährigkeit besteht jedoch kein Zweifel. Ebenso bestehen zum Entscheidungszeitpunkt keine begründeten Zweifel an der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers und wurde diese auch der jüngsten Rückkehrentscheidung zugrunde gelegt.

2.2. Dass der Beschwerdeführer seit 18.01.2020 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres. Die Feststellung zu der behördlichen Anordnung der Schubhaft ergibt sich zudem aus der zitierten Entscheidung.

Der Stand des Asylverfahrens, der fremdenrechtliche Status des Beschwerdeführers und die Feststellungen zu seiner fehlenden Integration ergeben sich aus der Aktenlage. Die Feststellungen zu dem mangelnden sozialen Netz, dem fehlenden Wohnsitz, den fehlenden finanziellen Mittel sowie der mangelnden beruflichen Tätigkeit ergeben sich ebenso wie die Feststellung, dass in Österreich keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers leben, überdies insbesondere aus den bisherigen Angaben des Beschwerdeführers in seinen Verfahren. Die Feststellungen zur Meldung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ergeben sich aus einer Abfrage des Zentralen Melderegisters.

2.3. Die Feststellungen zu den wiederholten Antragstellungen in EU-Staaten sowie der Entziehung aus den dort anhängigen Überstellungsverfahren nach Österreich ergeben sich aus der Aktenlage. Dies gilt auch für die Flucht nach Überstellung aus der Schweiz (2018) unmittelbar nach Rücküberstellung, die sich aus einen Aktenvermerk vom 24.10.2018 ergibt.

2.4. Ebenfalls aus der Aktenlage ergeben sich die Strafanzeigen gegen den Beschwerdeführer. Die in besonderem Ausmaß fehlende Vertrauenswürdigkeit ergibt sich aus dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers – insbesondere der Entziehung aus Verfahren im In- und Ausland sowie dem intensiv betriebenen Versuch des „Asylshoppings“.

2.5. Dass der Beschwerdeführer nicht gewillt ist, mit den Behörden zu kooperieren ergibt sich aus dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers, seiner fehlenden Mitwirkung an der Feststellung seiner Identität und aus dem Umstand, dass sich der Beschwerdeführer bereits dem Asylverfahren sowie mehreren Überstellungsverfahren entzogen hat. Das Gericht geht daher davon aus, dass der Beschwerdeführer bei einer Entlassung aus der Schubhaft untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten würde. Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer sein bisher gezeigtes Verhalten ändern würde. Aus diesem ergibt sich auch die besonders ausgeprägte Vertrauensunwürdigkeit des Beschwerdeführers.

2.6. Die Feststellungen zu den fehlenden sozialen Anknüpfungspunkten des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ergeben sich aus der Aktenlage sowie den unstrittigen längeren Auslandsaufenthalten des Beschwerdeführers seit der Antragstellung in Österreich 2016. In diesen knapp vier Jahren hat sich der Beschwerdeführer nur einen relativ kurzen Teil der Zeit im Bundesgebiet aufgehalten (wobei er auch in dieser Zeit nur teilweise gemeldet war), was eine nachhaltige soziale Verankerung bereits faktisch ausschließt. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer selbst auch keine sozialen, familiären oder beruflichen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet geltend gemacht.

2.7. Die Feststellungen zu den Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mit der marokkanischen Vertretungsbehörde ergeben sich aus der Aktenlage, insbesondere des vorgelegten Registerauszugs zur Kommunikation mit der marokkanischen Botschaft. Vor diesem Hintergrund kann realistisch von einer Identifizierung des Beschwerdeführers samt Ausstellung eines HRZ und Abschiebung innerhalb der kommenden zwei bis drei Monate ausgegangen werden.

2.8. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer eine Haftunfähigkeit vorliegen würde. Eine Haftunfähigkeit wurde auch nicht behauptet. Zudem sprechen die illegalen Auslandsaufenthalte (und Verfahrensentziehungen) des Beschwerdeführers ebenfalls klar gegen substanzielle gesundheitliche Probleme. Dass der Beschwerdeführer Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ergibt sich aus der Ausstattung des Polizeianhaltezentrums.

2.9. Überzeugend hat die Verwaltungsbehörde anlässlich ihrer aktuellen Aktenvorlage darauf hingewiesen und ergibt sich aus der Anhaltedatei, dass der Beschwerdeführer sich auch jüngst bis zum 23.06.2020 in Hungerstreik befand, das Heimreisezertifikatsverfahren prioritär geführt wird und der Beschwerdeführer eigenen Angaben zufolge in Deutschland kriminell in Erscheinung trat.

2.10. Es sind daher gegenüber dem Vorerkenntnis keinerlei Änderungen eingetreten, die für die Aufhebung der Schubhaft sprechen würden.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1.  Gesetzliche Grundlagen:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

„§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“

Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 FPG lautet:

„§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1.         drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.         sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1.         die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.         eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.         der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.         die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.“

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

㤠22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

3.1.2.  Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498; VwGH 08.09.2005, 2005/21/0301; VwGH 23.09.2010, 2009/21/0280).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (VwGH 17.03.2009, 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (VwGH 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114, vgl. auch VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (VwGH 22.05.2007, 2006/21/0052; VwGH 29.04.2008, 2008/21/0085; VwGH 28.02.2008, 2007/21/0512; VwGH 28.02.2008 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird. (VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung nur ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Über vor oder nach der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).

3.1.3.  Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft

3.1.3.1. Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat das Bundesamt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung vorzulegen. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Bundesverwaltungsgericht ergeben, dass die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers als verhältnismäßig angesehen werden kann:

3.1.3.2. Allgemeine Voraussetzungen

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Aufrechterhaltung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft) – möglich ist.

Der Beschwerdeführer war bei Anordnung der Schubhaft haftfähig und ist dies auch weiterhin. Für Gegenteiliges gab es im Verfahren keinerlei Anhaltspunkte.

Den Folgeantrag des Beschwerdeführers vom 17.01.2020 hat das Bundesamt wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Der Bescheid erwuchs am 15.02.2020 in Rechtskraft. Die laufende Schubhaft gilt fortan als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

3.1.3.3. Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf

Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus:

Gemessen an § 76 Abs. 3 FPG, konkret an dessen ersten Satz „liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 - immer noch - vor, da „bestimmte Tatsachen“, nämlich jene bereits im Rahmen der angeführten Beweiswürdigung relevierten, indizieren, dass sich der Beschwerdeführer einer drohenden Abschiebung in den Herkunftsstaat entziehen wird.

Die Gründe, aus denen das Bundesamt die Schubhaft anordnete (Ziffern 1, 3, 9 des § 76 Abs. 3 FPG), haben sich seither nicht geändert und erweisen sich als grundsätzlich nachvollziehbar. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass der der laufenden Haft ursprünglich zugrundeliegende Schubhaftbescheid durch den Beschwerdeführer nicht in Beschwerde gezogen wurde und darüber hinaus vom Bundesverwaltungsgericht bereits mit Erkenntnissen vom 13.05.2020, 10.06.2020 und 06.07.2020 festgestellt wurde, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig war.

Der Beschwerdeführer ist nicht kooperativ, hat sich in mehrere Länder abgesetzt und zuletzt auch wieder versucht sich durch einen bis 23.06.2020 dauernden Hungerstreck aus der Schubhaft freizupressen. Der Beschwerdeführer hat bereits vier Asylanträge in Österreich und jedenfalls einen in Frankreich gestellt. Er ist am 24.10.2018 während der Überstellung aus der Schweiz geflohen. Er wirkt an der Feststellung seiner Identität nicht mit. Er ist in Österreich weder sozial noch beruflich verankert, er verfügt über keinen gesicherten Wohnsitz und über kein gesichertes Einkommen.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine familiären Kontakte in Österreich. Zudem verfügt der Beschwerdeführer über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Er ging in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach, ist mittellos und verfügt über keine gesicherte Unterkunft.

Aufgrund dieses Verhaltens bestehen aktuell Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten, um sich einer Abschiebung zu entziehen.

Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem Beschwerdeführer ein erhöhtes Risiko des Untertauchens sowie einen Sicherungsbedarf ergeben. Demgegenüber hat der Beschwerdeführer auch keine substantiellen Bindungen oder Kontakte in Österreich oder einen gesicherten Wohnsitz. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist.

Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.1.3.4. Höchstzulässige Dauer der Schubhaft

Der Beschwerdeführer wird seit 18.07.2020 sechs Monate in Schubhaft angehalten. Die Anhaltung in Schubhaft in einer Höchstdauer von 18 Monaten ist unter den Voraussetzungen des § 80 Abs. 4 FPG möglich. Beim Beschwerdeführer treffen sowohl Z 1 als auch Z 4 zu:

Der Beschwerdeführer wirkt an der Feststellung seiner Identität nicht mit und könnte auch dadurch die Dauer der Schubhaft wesentlich verkürzen. Im Gegensatz dazu ist das BFA bemüht, schnellstmöglich ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer zu erlangen und urgiert laufend, teilweise innerhalb weniger Wochen, zuletzt am 17.07.2020, bei den marokkanischen Behörden. § 80 Abs. 4 Z 1 FPG ist daher jedenfalls erfüllt.

Der Beschwerdeführer hat sich auch bereits mehrfach dem Verfahren entzogen und sich in andere Mitgliedstaaten abgesetzt (Deutschland 2016, Niederlande 2017, Luxemburg 2017, Frankreich 2018, Schweiz 2018, Frankreich 2019 und Belgien 2020) und hat auch teilweise dort Asylanträge gestellt (Frankreich). Zusätzlich ist der Beschwerdeführer bei einer Überstellung aus der Schweiz geflohen. § 80 Abs. 4 Z 4 FPG ist daher jedenfalls erfüllt.

Der Beschwerdeführer kann daher bei Vorliegen der Voraussetzungen und unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit 18 Monate in Schubhaft angehalten werden.

3.1.3.5. Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft

Der Beschwerdeführer verfügt über keine familiären Kontakte in Österreich. Zudem verfügt der Beschwerdeführer über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Er ging in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach, ist mittellos und verfügt über keine gesicherte Unterkunft.

Zusätzlich befand sich der Beschwerdeführer von 08.06.2020 bis 23.06.2020 in Hungerstreik um seine Freilassung zu erpressen.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände bleibt im Zuge der durchzuführenden Abwägung festzuhalten, dass aufgrund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens (Missachtung der Ausreiseverpflichtung, unrechtmäßiges Absetzen in andere Mitgliedsstaaten (Deutschland 2016, Niederlande 2017, Luxemburg 2017, Frankreich 2018, Schweiz 2018, Frankreich 2019 und Belgien 2020) um so fremdenrechtliche Maßnahmen in Österreich erfolgreich zu verhindern, Flucht im Rahmen einer Überstellung, nicht Mitwirken an der Feststellung seiner Identität sowie Hungerstreik, um die Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen), das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung und eines geordneten Fremdenwesens den Schutz der persönlichen Freiheit des Beschwerdeführers weiterhin überwiegt und auch der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers der weiteren Anhaltung in Schubhaft nicht entgegensteht.

Insgesamt kommt den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung.

Bei einer wie im vorliegenden Fall im Sinne des § 80 Abs. 4 Z 1 und Z 4 FPG höchstzulässigen Dauer der Schubhaft von 18 Monaten scheint die Aufrechterhaltung der seit 18.01.2020 bestehenden Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin – auch im Hinblick auf eine Abschiebung im Herbst 2020 - verhältnismäßig.

Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass die seit 18.01.2020 aufrechte Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken. Selbst wenn es aufgrund der gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 noch immer zu Verzögerungen der Abschiebung aufgrund der auch weiterhin bestehenden Einschränkungen im internationalen Flugverkehr kommt, besteht jedoch die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) aus aktueller Sicht weiterhin. Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung in Schubhaft ist nach derzeitigem Stand - kooperatives Verhalten des Beschwerdeführers vorausgesetzt - mit wenigen Monaten einzustufen, da auch bald mit der Erlangung eines Heimreisezertifikates zu rechnen ist. Eine Abschiebung im frühen Herbst 2020 ist aus derzeitiger Sicht realistisch. Es ist damit zu rechnen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 wieder substantiell gelockert werden und dann eine Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat durchführbar sein wird. Eine Verzögerung der Abschiebung unmittelbar aufgrund dieser Umstände ist zum Entscheidungszeitpunkt (zumindest noch) nicht ersichtlich. Eine bereits jetzt bestehende faktische Unmöglichkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers ist aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes nicht ersichtlich.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung – zumal der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er sich einer Abschiebung entzieht oder Maßnahmen setzt, um diese verzögern.

Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ist zudem jedenfalls gewährleistet, dass eine allfällige weitere wesentliche Verlängerung der Schubhaft einer neuerlichen gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen sein wird. Dabei wird abermals eine Prognoseentscheidung hinsichtlich einer zeitnahen Effektuierung der Außerlandesbringung des Beschwerdeführers durchzuführen sein.

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft seit der letzten gerichtlichen Überprüfung vom 06.07.2020 auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.

3.1.3.6. Gelinderes Mittel

Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung sowie die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens und angesichts fehlender persönlicher Vertrauenswürdigkeit nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers besteht.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.

Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

3.1.3.6. Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3.1.4.  Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Ob die weitere Anhaltung in Schubhaft verhältnismäßig ist, ist eine Frage des konkreten Einzelfalles, sodass keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung vorliegt.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot Entziehung Fluchtgefahr Folgeantrag Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Haftfähigkeit Heimreisezertifikat Kooperation Mandatsbescheid öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Rückübernahmeabkommen Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit Untertauchen Verfahrensentziehung Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W281.2230819.4.00

Im RIS seit

20.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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