TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/2 W180 2232360-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.07.2020
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Entscheidungsdatum

02.07.2020

Norm

BFA-VG §22a
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch

W180 2232360-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Georg PECH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Marokko, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie Flüchtlingsdienst GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.04.2020, Zl. XXXX , sowie gegen die Anhaltung in Schubhaft seit 22.04.2020 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft seit 22.04.2020 für rechtmäßig erklärt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

IV. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.




Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein marokkanischer Staatsangehöriger, reiste nach eigenen Angaben am 07.03.2020 aus Italien kommend mit dem Zug ins Bundesgebiet ein.

Der Beschwerdeführer wurde am 08.03.2020 bei der Einreise nach Deutschland von den deutschen Behörden angehalten und es wurde ihm die Einreise nach Deutschland verweigert. Er wurde daraufhin den österreichischen Behörden übergeben.

Bei der Einvernahme durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 08.03.2020 gab der Beschwerdeführer an, dass er keine Reisedokumente besitze. Er habe nach Deutschland reisen wollen, um dort Arbeit zu suchen. Nun wolle er aber wieder zurück nach Italien zu seiner Familie, die aus Vater, Mutter, einem Bruder und einer Schwester bestehe, allesamt wohnhaft in Florenz. Er habe eine Ehefrau, namens XXXX , ebenfalls wohnhaft in Florenz. Seine Ehefrau sei schwanger. Er habe seinen Aufenthaltstitel für Italien zu Hause vergessen, er müsse nur noch die Verlängerung desselben abholen. In Österreich habe er keinerlei Anbindungen und keinen Wohnsitz.

Im Anschluss an die Einvernahme wurde dem Beschwerdeführer ein Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 08.03.2020 ausgefolgt, mit dem er vom Ergebnis der Beweisaufnahme in der Angelegenheit „beabsichtigte Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung bzw. Erlassung einer Rückkehrentscheidung“ verständigt wurde und ihm dazu Parteiengehör gewährt wurde. Mit dem Schreiben wurde dem Beschwerdeführer auch ein Fragenkatalog zur Beantwortung innerhalb von 14 Tagen übermittelt.

Am 09.03.2020 wurde der Beschwerdeführer um 00:45 Uhr in einem internationalen Reisezug von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Rahmen einer gemischten Streife mit der italienischen Polizei neuerlich einer Kontrolle unterzogen; der Beschwerdeführer konnte abermals keine Reisedokumente vorweisen.

Bei der neuerlichen Einvernahme durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 09.03.2020 führte der Beschwerdeführer aus, er sei auf dem Weg nach Florenz gewesen, er sei gesund und wiederholte, keine Anknüpfungspunkte zu Österreich zu haben.

Eine Anfrage bei den italienischen Behörden am 09.03.2020, ob der Beschwerdeführer in Italien behördlich bekannt und zum Aufenthalt berechtigt sei, erbrachte unter dem vom Beschwerdeführer angegebenen Namen keinen Treffer.

Mit Mandatsbescheid des BFA vom 09.03.2020 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Mit Verfahrensanordnung vom gleichen Tag wurde ihm ein Rechtsberater für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt. Mit Schreiben vom gleichen Tag wurde dem Beschwerdeführer im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung Parteiengehör zum Ergebnis der Beweisaufnahme gewährt und wiederum ein Fragenkatalog zur schriftlichen Beantwortung innerhalb von 14 Tagen übermittelt.

Am 13.03.2020 wurde vom BFA bei der marokkanischen Botschaft in Wien die Ausstellung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer beantragt.

In der Folge meldete sich Frau XXXX , geboren am XXXX , StA. Marokko, beim BFA und gab an, die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers zu sein und von ihm ein Kind zu erwarten. Sie übermittelte der Behörde unter anderem ein Foto einer am 03.07.2017 abgelaufenen italienischen Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers.

Eine neuerliche Anfrage bei den italienischen Behörden mit den übermittelten Unterlagen ergab, dass der Beschwerdeführer in Italien unter dem Namen „ XXXX , geb. XXXX , StA Marokko“ bekannt sei. Eine Aufenthaltsberechtigung (Permesso) sei mit 03.07.2017 abgelaufen. Der Beschwerdeführer habe kein neues gültiges Permesso und sei zum Aufenthalt in Italien nicht mehr berechtigt.

Frau XXXX übermittelte am 16.04.2020 dem BFA eine Kopie eines am 17.04.2017 abgelaufenen marokkanischen Reisepasses des Beschwerdeführers. Die Kopie des Reisepasses wurde in der Folge vom BFA mit Schreiben vom 18.05.2020 der marokkanischen Botschaft übermittelt.

Am 20.04.2020 um 18:00 Uhr wurde der Beschwerdeführer in das LKH XXXX (Psychiatrie) eingeliefert und dort stationär aufgenommen. Er wurde wegen Haftunfähigkeit um 18:15 aus der Haft entlassen.

Aufgrund eines Festnahmeauftrages des BFA vom 21.04.2020 wurde der Beschwerdeführer nach seiner Entlassung aus der stationären Behandlung im LKH XXXX am Vormittag des 22.04.2020 erneut festgenommen.

Mit gegenständlich angefochtenem Mandatsbescheid vom 22.04.2020 wurde über den Beschwerdeführer abermals gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Mit Verfahrensanordnung vom gleichen Tag wurde ihm wiederum ein Rechtsberater für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt. Der Beschwerdeführer wird seitdem in Schubhaft angehalten.

Mit Bescheid vom 28.05.2020, dem Beschwerdeführer zugestellt am 02.06.2020, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig sei, sowie gegen ihn gemäß § 53 Abs. 3 FPG ein auf die Dauer von ein Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde dem Beschwerdeführer nicht gewährt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie Flüchtlingsdienst GmbH, mit Schriftsatz vom 19.06.2020 Beschwerde, welche dem Bundesverwaltungsgericht vom BFA mit Schreiben vom 23.06.2020 vorgelegt wurde. Die Beschwerde langte am 29.06.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde zu GZ I409 2232495-1 protokolliert. Im Zeitpunkt der gegenständlichen Schubhaftentscheidung ist das Beschwerdeverfahren zur Rückkehrentscheidung offen und der Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht keine aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Gegen den Mandatsbescheid vom 22.04.2020 erhob der Beschwerdeführer die gegenständliche Schubhaftbeschwerde vom 25.06.2020, in der im Wesentlichen ausgeführt wird, dass im vorliegenden Fall weder Fluchtgefahr noch Verhältnismäßigkeit der Haft vorliege. Die belangte Behörde habe die Verhängung der Schubhaft auf § 76 Abs. 3 Z 1 und Z 9 FPG gestützt, habe aber nicht näher ausgeführt, inwieweit der Beschwerdeführer mangelhaft am Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeenden Maßnahme mitgewirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgangen oder behindert habe. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer der Behörde zeitnah seinen Reisepass vorgelegt habe, deute auf eine Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers hin. Inwieweit der Beschwerdeführer das Verfahren behindert habe, führe die Behörde nicht an. Seitens des Beschwerdeführers liege keine Umgehung oder sonstige Behinderung des Verfahrens vor. Zudem gelte der Vorrang des gelinderen Mittels. Im Falle des Beschwerdeführers kämen gelinderen Mittel in Betracht, nämlich eine periodische Meldepflicht oder eine Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten. Der Bescheid enthalte zu dieser Frage nur wenige allgemein gehaltene Sätze; entsprechende Ausführungen oder Begründungen seien im Bescheid nicht zu finden. Auch durch die mangelnde Prüfung der gelinderen Mittel erweise sich die Schubhaft als unverhältnismäßig. Auch sei der Behörde die lange Schubhaftdauer anzulasten. Gegen den Beschwerdeführer sei bereits am 09.03.2020 ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung eingeleitet worden, erst am 28.05.2020 sei gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen worden. Die Dauer der Schubhaft sei daher jedenfalls auch unverhältnismäßig. Beantragt wurde die Behebung des Bescheides samt Ausspruch, dass die Anordnung der Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgte, der Ausspruch, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers nicht vorliegen, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Einvernahme des Beschwerdeführers, insbesondere zur Klärung seiner Kooperationsbereitschaft, zum Beweis des Nichtvorliegens eines Sicherungsbedarfs und zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anordnung eines gelinderen Mittels, und der gesetzmäßige Kostenersatz. Anzumerken ist, dass die mündliche Verhandlung auch für die Einvernahme „des beantragten Zeugen“ beantragt wurde, im Schriftsatz jedoch niemand als Zeuge benannt wird.

Die belangte Behörde legte am 26.06.2020 den Verwaltungsakt vor, gab eine Stellungnahme ab und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen bzw. als unzulässig zurückzuweisen, gemäß § 22a BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, und den Beschwerdeführer zum Ersatz näher genannter Kosten zu verpflichten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Marokkos und führt den im Spruch genannten Namen. Seine Identität steht nicht fest. In Italien führte er den Namen XXXX , geboren am XXXX . Er ist nicht österreichischer Staatsbürger, sohin Fremder im Sinne des FPG.

1.2. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

1.3. Der Beschwerdeführer hat keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

1.4. Der Beschwerdeführer verfügt nicht über einen Aufenthaltstitel in Österreich.

1.5. Der Beschwerdeführer verfügt über kein Aufenthaltsrecht in Italien. Eine Aufenthaltsberechtigung ist mit 03.07.2017 abgelaufen. Eine neue Aufenthaltsberechtigung wurde nicht ausgestellt.

1.4. Der Beschwerdeführer ist in Österreich unbescholten.

1.5. Der Beschwerdeführer leidet an keinen nennenswerten gesundheitlichen Einschränkungen.

1.6. Über den Beschwerdeführer wurde am 09.03.2020 erstmals die Schubhaft verhängt. Nach einer Haftentlassung am 20.04.2020 wird der Beschwerdeführer nunmehr seit 22.04.2020 in Schubhaft angehalten.

Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1. Gegen den Beschwerdeführer wurde am 08.03.2020 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet.

Nunmehr liegt mit Bescheid des BFA vom 28.05.2020, dem Beschwerdeführer zugestellt am 02.06.2020, eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem auf ein Jahr befristeten Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer vor. Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer in Beschwerde gezogen, das Beschwerdeverfahren ist beim Bundesverwaltungsgericht anhängig. Der Beschwerde wurde vom BFA die aufschiebende Wirkung aberkannt, das Bundesverwaltungsgericht hat im Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung der Beschwerde nicht die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

2.2. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikats seitens der marokkanischen Botschaft wurde am 13.03.2020 beantragt. Am 15.04., 19.05. und 15.06. urgierte das BFA die Ausstellung eines HRZ bei der marokkanischen Botschaft.

2.3. Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Marokko (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne der Anhaltung in Schubhaft) besteht weiterhin. Die schrittweise Rücknahme der Restriktionen im Zusammenhang mit Covid-19 ist bereits angelaufen – für den internationalen Luftverkehr ist sie in einigen Wochen zumindest in einem reduzierten Ausmaß (das Abschiebungen ermöglicht) zu erwarten.

2.3. Der Beschwerdeführer ist haftfähig.

Zum Sicherungsbedarf und zur familiären/sozialen/beruflichen Komponente:

3.1. Der Beschwerdeführer versuchte am 08.03.2020 ohne Reisedokument von Österreich aus nach Deutschland einzureisen. Gegen ihn wurde am gleichen Tag vom BFA ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet. Bereits am Folgetag versuchte der Beschwerdeführer illegal nach Italien auszureisen.

3.2. Der Beschwerdeführer ist nicht kooperativ.

3.3. Der Beschwerdeführer war vom 12.06., 08:50 Uhr bis 13.06.2020, 16:30 Uhr in Hungerstreik.

3.4. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinerlei familiäre, soziale oder berufliche Anknüpfungspunkte.

Er hat in Österreich keinen gesicherten Wohnsitz. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur nachhaltigen Existenzsicherung. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des BFA, den Akt des Bundesverwaltungsgerichts zu GZ I409 2232495-1, in das Strafregister, in das zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

2.1. Zur Person:

Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass der Beschwerdeführer bislang kein gültiges Dokument zum Nachweis seiner Identität vorgelegt hat. Seine Identität steht daher nicht fest. Es wurde dem BFA jedoch ein Foto eines abgelaufenen marokkanischen Reisepasses des Beschwerdeführers übermittelt, die Staatsangehörigkeit zum Königreich Marokko scheint daher evident zu sein. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer nicht Staatsangehöriger Marokkos ist, sind nicht hervorgekommen.

Dass der Beschwerdeführer nicht österreichischer Staatsbürger und nicht Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist sowie in Österreich über keinen Aufenthaltstitel verfügt, gründet das Gericht auf den Verwaltungsakt und ist unstrittig. Das gilt auch für die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.

Dass der Beschwerdeführer in Italien nach Ablauf einer bis 03.07.2017 befristeten Aufenthaltsberechtigung über kein Aufenthaltsrecht verfügt, ergibt sich aus den entsprechenden Anfragebeantwortungen des Polizeikooperationszentrums für Österreich, Italien und Slowenien im Verwaltungsakt. Dem ist die Beschwerde auch nicht entgegengetreten; die Beschwerde räumt ein, dass das Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers in Italien abgelaufen ist.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich unbescholten ist, ergibt sich aus einem aktuellen Auszug aus dem Strafregister.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand stützt das Gericht auf die diesbezüglichen Aussagen des Beschwerdeführers in den Einvernahmen am 08. und 09.03.2020. Der Beschwerdeführer gab an, keine gesundheitlichen Probleme zu haben. Der Beschwerdeführer wurde am 20.04.2020 von einer Polizeiärztin aufgrund einer Psychose (Paranoia) für haftunfähig erklärt und stationär im LKH XXXX Psychiatrie aufgenommen, nach seiner Entlassung aus der stationären Behandlung am 22.04.2020 erfolgte eine neuerliche Untersuchung durch einen Amtsarzt, der den Beschwerdeführer als haftfähig erklärte. Aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres betreffend die mit 22.04.2020 beginnende, laufende Schubhaft ergeben sich in der Folge keine Anhaltspunkte dafür, dass beim Beschwerdeführer gesundheitliche Probleme vorliegen. Derartiges wird auch in der Beschwerde nicht behauptet. Das Gericht gelangt daher zur Feststellung, dass der Beschwerdeführer an keinen nennenswerten gesundheitlichen Einschränkungen leidet.

Die Daten zur ersten und zur laufenden Schubhaft ergeben sich aus dem Verwaltungsakt.

2.2. Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:

Die Feststellungen zum gegen den Beschwerdeführer geführten und mittlerweile erstinstanzlich abgeschlossenen Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt des BFA, die Feststellungen zum Beschwerdeverfahren aus dem Gerichtsakt zu GZ I409 2232495-1.

Die Beantragung der Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der marokkanischen Botschaft ist dem Verwaltungsakt des BFA zu entnehmen, ebenso die laufenden Urgenzen.

Die realistische Möglichkeit der Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat ergibt sich zunächst aus der grundsätzlich problemlosen Zusammenarbeit mit den Vertretungen und Behörden des Königreiches Marokko. Abschiebungen dorthin fanden bis zum „Lockdown“ im Marz regelmäßig statt. Regelmäßig muss diesen ein Ermittlungsverfahren im Herkunftsstaat vorangehen, weil die Betroffenen kein Personal- oder Reisedokumente vorweisen können. Dies gilt auch im Falle des Beschwerdeführers, der ohne gültiges Reisedokument nach Österreich eingereist ist. Dieses Ermittlungsverfahren dauert üblicherweise einige Monate. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erscheint die Ausstellung eines HRZ in wenigen Monaten, jedenfalls aber innerhalb der gesetzlichen Höchstdauer einer Anhaltung in Schubhaft als realistisch. Desweiteren ist davon auszugehen, dass in einigen Wochen der internationale Luftverkehr (nicht zwingend der allgemeine Reiseverkehr) wiederaufgenommen wird, womit auch Abschiebungen wieder möglich sein werden. Entsprechende Ankündigungen von Regierungen und Fluglinien wurden in den letzten Wochen veröffentlicht und sind notorisch.

Die bestehende Haftfähigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung zur laufenden Schubhaft ab 22.04.2020, aus der sich keine Anhaltspunkte für eine Haftuntauglichkeit ergeben haben. Gegenteiliges wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet.

2.3. Zum Sicherungsbedarf und zur familiären/sozialen/beruflichen Komponente:

Die Feststellungen zum illegalen Einreiseversuch des Beschwerdeführers nach Deutschland und zum kurz später erfolgten, ebenso illegalen Ausreiseversuch nach Italien ergeben sich aus dem Verwaltungsakt. Die Beschwerde ist dem auch nicht entgegengetreten.

Dass der Beschwerdeführer nicht kooperativ ist, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer am Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht mitgewirkt hat. Nach Einvernahme durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 08.03.2020 und Ausfolgung eines Schreibens des BFA zum Parteiengehör im eröffneten Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme hielt sich der Beschwerdeführer der Behörde nicht zur Verfügung, sondern versuchte sofort, sich nach Italien abzusetzen. Damit kommt eine mangelnde Bereitschaft, mit der Behörde zu kooperieren, überdeutlich zum Ausdruck. Die mangelnde Kooperationsbereitschaft zeigt sich auch darin, dass der Beschwerdeführer im Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme der zweimaligen Aufforderung der Behörde, einen Fragenkatalog schriftlich zu beantworten, nicht nachgekommen ist. Schließlich zeigt sich die mangelnde Kooperationsbereitschaft auch darin, dass der Beschwerdeführer – wenn auch nur für einen relativ kurzen Zeitraum – in den Hungerstreik trat. Wenn die Beschwerde vorbringt, auf eine Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers deute der Umstand hin, dass er während laufender Schubhaft die Kopie eines (abgelaufenen) Reisepasses vorgelegt habe, so kommt dem im Vergleich zu seinem Verhalten, das er am Beginn des Verfahrens und noch auf freiem Fuß befindlich gezeigt hat, nämlich sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme durch Ausreise nach Italien entziehen zu wollen, aus Sicht des erkennenden Richters kein maßgebliches Gewicht bei der Beurteilung seiner Kooperationsbereitschaft zu. Im Übrigen erfolgte die Vorlage dieser Kopie durch Frau XXXX . Selbst wenn man darin ein kooperatives Verhalten des Beschwerdeführers sieht, wird dieses durch den späteren Hungerstreik des Beschwerdeführers wieder entscheidend relativiert.

Die Angaben zum Hungerstreik ergeben sich aus der Anhaltedatei.

Dass der Beschwerdeführer über keinerlei familiäre, sozialen und beruflichen Anknüpfungspunkte in Österreich verfügt, ergibt sich aus seiner Einvernahme am 08.03.2020 und wurde in der Beschwerde nicht bestritten. Das gilt auch für die Feststellung, dass der Beschwerde keinen Wohnsitz in Österreich hat.

Eine nachhaltige Existenzsicherung ist aufgrund der in der Anhaltedatei ausgewiesenen Geldreserven in der Höhe von lediglich € 30,00 nicht zu erblicken. Gegenteiliges wird auch in der Beschwerde nicht behauptet. Einer Selbsterhaltungsfähigkeit steht entgegen, dass der Beschwerdeführer in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgehen kann.

2.3. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen:
Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die geklärte Sachlage Abstand genommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I – Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:

3.1.1. §§ 76 und 77 Fremdenpolizeigesetz (FPG), § 22a Abs. 4 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten auszugsweise:

Schubhaft (FPG)


„§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. 

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Gelinderes Mittel (FPG)

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
2.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Zur Judikatur:

3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

3.1.3. Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, er ist daher Fremder im Sinne des FPG. Er verfügt über kein Aufenthaltsrecht in Österreich. Zum Zeitpunkt der Verhängung der laufenden Schubhaft am 22.04.2020 war gegen den Beschwerdeführer ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung anhängig. Die Schubhaft wurde von der Behörde zur Sicherung des Verfahrens und zur Sicherung der Abschiebung erlassen. Nunmehr liegt gegen den Beschwerdeführer seit 02.06.2020 eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem auf ein Jahr befristeten Einreiseverbot vor. Die Rückkehrentscheidung ist nicht rechtskräftig und befindet sich im Beschwerdeverfahren. Der Beschwerde wurde von der Behörde die aufschiebende Wirkung aberkannt und zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung vom Bundesverwaltungsgericht nicht (wieder) zuerkannt.

Voraussetzung für die Anordnung einer Schubhaft gemäß der von der Behörde herangezogenen Bestimmung des § 76 Abs. 2 Z 2 FPG sind Fluchtgefahr, die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und das Nichtvorliegen eines gelinderen Mittels gemäß § 77 FPG.

Fluchtgefahr/Sicherungsbedarf:

3.1.4. Aufgrund des gerichtlichen Beweisverfahrens sieht das Gericht in Übereinstimmung mit der Beurteilung der Behörde Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG, näherhin im Sinne der Z. 1 und 9 dieses Absatzes, für gegeben an.

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, hielt sich der Beschwerdeführer nach Eröffnung eines Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme am 08.03.2020 der Behörde nicht zur Verfügung, sondern versuchte sofort, sich nach Italien abzusetzen und sich damit dem Verfahren zu entziehen. Er hat dadurch am Verfahren nicht mitgewirkt. Die Z 1 des § 76 Abs. 3 FPG ist damit erfüllt. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer während des laufenden Verfahrens versuchte nach Italien zu gelangen, rechtfertigt aus Sicht des Gerichts die Annahme im Sinne des § 76 Abs. 3 Satz 1 FPG, dass er sich den Behörden auch nicht zur Durchführung einer Abschiebung nach Marokko zur Verfügung halten wird und sich damit der Abschiebung entziehen oder diese wesentlich erschweren wird.

Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer über keinerlei Bindungen in Österreich verfügt, er hat keinen Wohnsitz und es bestehen in Österreich keine familiären, sozialen oder beruflichen Anknüpfungspunkte. Der Beschwerdeführer kann in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgehen und er verfügt nicht über ausreichende Existenzmittel. Bindungen in Österreich, die den Beschwerdeführer dazu veranlassen könnten, sich den Behörden zur Verfügung zu halten, sind nicht ersichtlich und werden solche auch in der Beschwerde nicht vorgebracht. Wie die Behörde sieht das Gericht daher die Z 9 des § 76 Abs. 3 als erfüllt an. Dem ist die Beschwerde im Übrigen auch nicht entgegengetreten.

Gegenständlich liegt daher Fluchtgefahr gemäß den Kriterien der Z 1 und 9 des § 76 Abs. 3 FPG vor.

Verhältnismäßigkeit:

3.1.5. Die Verhältnismäßigkeit der Schubhaftnahme ist nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und eines geordneten Fremdenwesens überwogen im vorliegenden Fall, wie im Bescheid richtig dargelegt, die Interessen des Beschwerdeführers an der Abstandnahme von der Anordnung der Schubhaft.

Die Beschwerde bringt in Zusammenhang mit der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft vor, der Behörde sei die lange Schubhaft anzulasten; das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung sei am 09.03.2020 eingeleitet worden, die Rückkehrentscheidung aber erst mit Bescheid vom 28.05.2020 erlassen worden, weshalb die Dauer der Schubhaft unverhältnismäßig sei. Angesichts einer höchstzulässigen Dauer der Schubhaft gemäß § 80 FPG von sechs Monaten ergibt sich aus der Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung von 2 Monaten und drei Wochen für den erkennenden Richter noch keine Unverhältnismäßigkeit der Schubhaft, zumal auch relevante Unterlagen (Fotos abgelaufener Ausweise des Beschwerdeführers) nicht zu Beginn, sondern erst im Laufe des Verfahrens vorgelegt wurden.

Gelindere Mittel:

3.1.6. Aufgrund der festgestellten Fluchtgefahr konnte auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden: Die Behörde hat zunächst das gelindere Mittel der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit aufgrund der finanziellen Situation des Beschwerdeführers zu Recht nicht in Betracht gezogen. Dem tritt auch die Beschwerde nicht entgegen. Eine periodische Meldeverpflichtung bzw. eine Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten beurteilte die Behörde mit der Begründung als nicht ausreichend, dass der Beschwerdeführer keinerlei Anknüpfungspunkte in Österreich habe, ihm die Barmittel für eine Unterkunftnahme fehlen würden, dass er bereits wissentlich falsche Aussagen gegenüber österreichischen Behörden (hinsichtlich des Aufenthaltstitels in Italien) gemacht habe und er innerhalb kürzester Zeit zweimal beim Versuch, illegal auszureisen, betreten wurde. Der Vorwurf in der Beschwerde, der Bescheid sei diesbezüglich nicht begründet worden, trifft nicht zu.

Auch das erkennende Gericht beurteilt den vorliegenden Fall dahingehend, dass weniger einschneidende Maßnahmen sich nicht wirksam anwenden lassen. Der Beschwerdeführer ist wie dargelegt nicht kooperativ und unternahm bereits einen, allerdings gescheiterten Ausreiseversuch nach Italien, um sich dem Verfahren zu Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu entziehen. Angesichts dieses Verhaltens des Beschwerdeführers und seiner Lebenssituation, nämlich des Fehlens jeglicher Anknüpfungspunkte in Österreich, ist nicht zu erwarten, dass er durch die Vorschreibung einer periodischen Meldeverpflichtung oder einer Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten dazu verhalten werden könnte, sich den Behörden zur Verfügung zu halten. Die Behörde ist zutreffend und begründet davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden kann.

3.1.7. Aufgrund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Fluchtgefahr, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der „ultima ratio“ im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.

3.1.8. Die Behörde hat im gegenständlichen bekämpften Schubhaftbescheid die Beweggründe für die Erforderlichkeit der Verhängung der Haft aufgezeigt und sich mit der konkreten Situation des Beschwerdeführers auseinandergesetzt. Wie oben näher ausgeführt wird, gelangt die gerichtliche Überprüfung nicht zu einer Unrechtmäßigkeit der bescheidmäßigen Verhängung der Schubhaft. Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. – Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Zu erwähnen ist, dass zum Zeitpunkt der gegenwärtigen Entscheidung auch eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt, weshalb gegenwärtig neben den Ziffern 1 und 9 auch die Ziffer 3 des § 76 Abs. 3 FPG erfüllt ist.

Die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft ist nach wie vor gegeben. Das BFA hat die Ausstellung eines HRZ urgiert und wirkt somit auf eine kurze Anhaltung in Schubhaft hin. Die Dauer der Schubhaft ist nunmehr (seit Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung) durch das Verfahren zur Erlangung eines HRZ für den Beschwerdeführer bedingt, der ohne gültiges Reisedokument nach Österreich eingereist ist.

Aufgrund der derzeitigen Covid-19-Pandemie kommt es auch weiterhin zu Einschränkungen im internationalen Flugverkehr. Gleichzeitig treten hier nun systematisch Lockerungen ein. Die realistische Möglichkeit der Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlichen Höchstdauer für die Anhaltung in Schubhaft) besteht damit aus aktueller Sicht weiterhin. Im Übrigen muss im Falle des Beschwerdeführers ohnehin noch der Abschluss des HRZ-Verfahrens (für dessen Erfordernis der Beschwerdeführer selbst die Verantwortung trägt) abgewartet werden. Eine Verzögerung der Abschiebung unmittelbar aufgrund der Covid-19-Pandemie ist zum Entscheidungszeitpunkt damit nicht gegeben.

Die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände und vor dem Hintergrund, dass sich das BFA um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bemüht, weiterhin verhältnismäßig.

Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

3.3. Zu Spruchpunkt III. – Kostenbegehren

Die Behörde begehrte den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen. Dem Beschwerdeführer gebührt hingegen als unterlegener Partei kein Kostenersatz.

3.4. Im vorliegenden Fall konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Die relevanten Sachverhaltselemente werden in der Beschwerde nicht bestritten, einzig in Zusammenhang mit der Kooperationsbereitschaft wird vorgebracht, die Vorlagen des Reisepasses (eigentlich: Kopie eines abgelaufenen Reisepasses) „deute“ auf die Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers hin. Wie in der Beweiswürdigung näher ausgeführt, kommt diesem Umstand, selbst wenn man ihn als kooperatives Verhalten des Beschwerdeführers deuten wollte, im Vergleich zu seinem bisherigen Verhalten während des Verfahrens jedoch kein Gewicht zu. In der Beschwerde wird die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Einvernahme des Beschwerdeführers zur Frage seiner Kooperationsbereitschaft und zudem zur Einvernahme eines „beantragten Zeugen“ beantragt. Allerdings wird in der Beschwerde keine Person als Zeuge genannt und auch kein Beweisthema angesprochen, zu dem ein Zeuge zu befragen wäre. Die Voraussetzungen des § 21 Abs. 7 BFA-VG lagen gegenständlich vor und eine mündliche Verhandlung konnte unterbleiben.

Zu Spruchpunkt B. – Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot Fluchtgefahr Identität Kooperation Mittellosigkeit öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W180.2232360.1.00

Im RIS seit

01.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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