TE OGH 2020/7/23 18ONc2/20v

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Veröffentlicht am 23.07.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten Dr. Veith und die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Priv.-Doz. Dr. Rassi und Mag. Painsi als weitere Richter in der Schiedsrechtssache der Antragstellerin R*****, vertreten durch Dr. Michael Ritter, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die Antragsgegner 1. G*****, 2. Wassergenossenschaft „A*****“; *****, beide vertreten durch Dr. Walter F. Scharinger, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Bestellung eines Schiedsrichters, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Zum Schiedsrichter wird Hon.-Prof. Dr. D*****, bestellt.

Die Antragsgegner sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen die mit 1.543,53 EUR bestimmten Kosten des Bestellungsverfahrens (darin 257,26 EUR USt) zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Grundstücks, das an ein im Eigentum des Erstantragsgegners stehendes Grundstück grenzt. Die Zweitantragsgegnerin, eine Wassergenossenschaft, ist auf Grundlage entsprechender Anerkennungsbescheide als Körperschaft öffentlichen Rechts im Wasserbuch des Landes Salzburg eingetragen. Die Antragstellerin und der Erstantragsgegner sind als Liegenschaftseigentümer Mitglieder dieser Wassergenossenschaft.

Auf dem Grundstück des Erstantragsgegners befindet sich ein Teich, der an das Grundstück der Antragstellerin heranreicht. Die Antragstellerin behauptet, dass ihr Grundstück durch die von den Antragsgegnern unterlassene Instandhaltung des Teichs und seiner Ufer (als ein Teil einer Wasserbenutzungsanlage) unterwaschen und abgeschwemmt worden sei. Aufgrund dessen sei im September 2016 die auf dem Grundstück der Antragstellerin errichtete Gartenmauer samt Tor teilweise ein- und in den Teich gestürzt.

Im Zusammenhang mit diesem Mauereinsturz machte die Antragstellerin gegenüber den Antragsgegnern unter Berufung auf die Verletzung der Instandhaltungsverpflichtung nach § 50 WRG (betreffend den Teich und die Teichufer) Ansprüche auf Schadenersatz, Feststellung und Wiederherstellung geltend. Die Antragsgegner bestritten diese Ansprüche.

Gemäß § 19 [„Entscheidung von Streitigkeiten“] der Satzung der Zweitantragsgegnerin obliegt die Austragung der Streitigkeiten zwischen den Mitgliedern untereinander oder zwischen diesen und der Genossenschaft einem Schiedsgericht (Abs 1). Jeder der Streitteile wählt einen Schiedsrichter, die so Gewählten bestimmen einen Dritten als Obmann. Wenn es auf diese Weise zu keiner Bestellung eines Obmanns kommt, ernennt die Wasserrechtsbehörde den Obmann. Die Entscheidung des Schiedsgerichts wird mit einfacher Stimmenmehrheit gefällt. Der Obmann stimmt mit. Die Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens tragen die Parteien in dem Maße, in dem sie mit ihren Ansprüchen abgewiesen worden sind (Abs 2).

Unter Berufung auf diese Bestimmung der Satzung berief die Antragstellerin ein Schiedsgericht zur Entscheidung über ihre im Zusammenhang mit dem Mauereinsturz geltend gemachten Ansprüche ein. Unter einem benannte sie einen Schiedsrichter und forderte die Antragsgegner auf, binnen vier Wochen nach Empfang dieser schriftlichen Aufforderung, ihrerseits einen Schiedsrichter namhaft zu machen. Der Rechtsvertreter der Antragsgegner teilte der Antragstellerin daraufhin mit, welche Person von diesen als Schiedsrichter für das Schiedsverfahren namhaft gemacht werde.

Nachdem ein von der Bürgermeisterin initiierter außergerichtlicher Vergleichsversuch im Jänner 2020 gescheitert war, ersuchte die Antragstellerin den von ihr namhaft gemachten Schiedsrichter um Fortsetzung des Schiedsverfahrens. Die Antragsgegner hatten dem von ihnen namhaft gemachten Schiedsrichter aber keinen Auftrag erteilt. Die Antragstellerin stellte daraufhin bei der zuständigen Wasserrechtsbehörde den Antrag, für das schiedsgerichtliche Verfahren zu den bereits namhaft gemachten Schiedsrichtern einen Schiedsrichterobmann zu bestimmen. Mit E-Mail vom 5. 3. 2020 gab die Wasserrechtsbehörde bekannt, dass die Antragsgegner die Namhaftmachung ihres Schiedsrichters ausdrücklich zurückgezogen hätten und auch keinen anderen Schiedsrichter namhaft machen oder beauftragen werden. Dem Antrag der Antragstellerin mangle es daher in Beachtung von § 19 der zurzeit gültigen Satzung der Zweitantragsgegnerin an dem maßgeblichen Tatbestandsmerkmal, dass jeder der Streitteile einen Schiedsrichter namhaft gemacht habe. Die Wasserrechtsbehörde habe daher keine weiteren Veranlassungen zu treffen.

Mit dem – hier zu beurteilenden – Antrag begehrte die Antragstellerin, auf Grundlage des § 19 der Satzung der Zweitantragsgegnerin für die Austragung der zwischen der Antragstellerin einerseits und den Antragsgegnern andererseits wegen des Mauereinsturzes vom 22. 9. 2016 infolge der – nach den Behauptungen – von den Antragsgegnern zu vertretenden Unterlassung der Instandhaltung des Teichs und der Teichufer entstandenen „Streitigkeiten“ gemäß § 587 ZPO einen Schiedsrichter für die Antragsgegner zu bestimmen. Im Hinblick auf die Zurückziehung der Namhaftmachung des ursprünglich benannten Schiedsrichters durch die Antragsgegner seien die Voraussetzungen gemäß § 587 Abs 3 ZPO erfüllt.

Der Senat stellte den Antragsgegnern frei, sich binnen 14 Tagen zu diesem Antrag zu äußern. Weiters teilte der Senat den Parteien mit, dass er beabsichtige, gegebenenfalls Hon.-Prof. Dr. D*****, zum Schiedsrichter zu bestellen. Allfällige Einwendungen gegen dessen Person seien ebenfalls binnen 14 Tagen bekanntzugeben.

Die Antragstellerin gab bekannt, dass sie gegen die Bestellung der in Aussicht genommenen Person keine Einwände erhebe.

Die Antragsgegner beantragen, den Antrag der Antragstellerin auf Bestellung eines Schiedsrichters bzw auf Bildung eines Schiedsgerichts zurück- in eventu abzuweisen. Bei der im § 19 der Satzung der Zweitantragsgegnerin vorgesehenen Schlichtungsstelle handle es sich um kein Schiedsgericht iSd §§ 577 ff ZPO, sondern um eine Schlichtungsstelle nach dem WRG. Die §§ 586 und 587 ZPO seien daher nicht anwendbar. Eine andere Auslegung lasse sich in einer Gesamtschau mit den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 73 bis 86 WRG nicht ableiten, zumal sich aus dem Gesetz ausdrücklich ergebe, dass dann, wenn Schlichtungen nach dem in den Satzungen der Wassergenossenschaft bestimmten „Schiedsgericht“ nicht gelingen, für Streitigkeiten aus dem Genossenschaftsverhältnis die Wasserrechtsbehörde zuständig sei. Das ergebe sich auch schon daraus, dass jene Streitigkeiten aus dem Genossenschaftsverhältnis, die in den Satzungen der Zweitantragsgegnerin gemeint sein könnten, solche öffentlich-rechtlicher Natur seien und keine zivilrechtlichen Ansprüche. Auf die von der Antragstellerin geltend gemachten Ansprüche sei die Satzung der Wassergenossenschaft (somit auch § 19 der Satzung) auch gar nicht anwendbar, weil es sich um keine Streitigkeit aus dem Genossenschaftsverhältnis handle, sondern um zivilrechtliche Ansprüche, für welche keine Schiedsgerichtsvereinbarung existiere. Das Genossenschaftsverhältnis zwischen der Antragstellerin und der Zweitantragsgegnerin beziehe sich lediglich darauf, dass die Antragstellerin von einem anderen bebauten Grundstück über einen privaten Kanal ihre Oberflächen- bzw Festflächenwässer bis zu einem außerhalb ihrer Grundstücke gelegenen Zementrohrkanal der Zweitantragsgegnerin einleite und daher verpflichtend Mitglied dieser Wassergenossenschaft geworden sei. Auch der Erstantragsgegner sei Mitglied der Wassergenossenschaft, weil er ebenfalls Oberflächenwässer in den Zementrohrkanal der Zweitantragsgegnerin einleite. Zwar seien andere Grundstücke des Erstantragsgegners in das Gebiet der Wassergenossenschaft miteinbezogen worden, allerdings nicht das Grundstück, auf welchem der Teich gelegen sei. Bei dem Teich handle es sich auch nicht um eineWasserbenutzungsanlage des Erstantragsgegners, sondern um ein bewilligungsfreies Privatgewässer. Für diesen Teich gebe es daher weder eine wasserrechtliche Bewilligung noch Wasserberechtigte. Außer dem Umstand, dass die Antragstellerin und der Erstantragsgegner in unterschiedlichen Bereichen (also nicht mit einer gemeinsamen Anlage), Oberflächen- bzw Festflächenwässer in den außerhalb ihrer Grundstücke gelegenen Zementrohrkanal der Zweitantragsgegnerin einleiteten, gebe es daher kein Genossenschaftsverhältnis. Im vorliegenden Fall bestehe daher kein Streit aus diesem Genossenschaftsverhältnis. Der Einsturz der auf dem „privaten“ Grundstück der Antragstellerin gelegenen Gartenmauer stehe in keinerlei Zusammenhang mit der Genossenschaftsmitgliedschaft. Eine Haftung gemäß § 50 WRG scheide aus den dargelegten Gründen jedenfalls aus.

Rechtliche Beurteilung

Dazu wurde vom Obersten Gerichtshof erwogen:

Dem Antrag ist stattzugeben. Auf der Grundlage des eingangs dargestellten, nach dem Parteivorbringen unstrittigen und/oder aus den hinsichtlich ihrer Echtheit unbedenklichen Urkunden zweifelsfrei ableitbaren Sachverhalt ist ein Schiedsrichter zu bestellen.

1. Abgesehen von der Erfüllung der relevanten Tatbestandsmerkmale des § 587 ZPO setzt die gerichtliche Bestellung eines Schiedsrichters eine Schiedsklausel voraus (Hausmaninger in Fasching/Konecny3 IV/2 § 587 ZPO Rz 153; vgl 18 ONc 3/19i). Zu prüfen sind also die Gültigkeit und der Umfang der Schiedsklausel iSd §§ 577 ff ZPO. Die Entscheidung, mit der ein Schiedsrichter bestellt wird, hat freilich keine Bindungswirkung hinsichtlich dieser Frage der (Un-)Zuständigkeit des so bestellten Schiedsgerichts (Hausmaninger in Fasching/Konecny3 IV/2 § 587 ZPO Rz 162, 175; Nueber in Höllwerth/Ziehensack, ZPO-TaKom § 587 ZPO Rz 18 mwN; Reiner, Schiedsrecht § 587 ZPO Anm 79).

2. Die Bestimmungen des Vierten Abschnitts des Sechsten Teils der ZPO über das Schiedsverfahren (§§ 577 ff ZPO) finden gemäß § 581 Abs 2 ZPO sinngemäß auf Schiedsgerichte Anwendung, die in gesetzlich zulässiger Weise durch Statuten angeordnet werden. Unter Statuten sind sowohl die Satzungen juristischer Personen (zB GmbH, AG und Genossenschaft) als auch die Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften (OG und KG) als auch Vereinsstatuten zu verstehen, sofern sie echte Schiedsgerichte nach §§ 577 ff ZPO vorsehen (Hausmaninger in Fasching/Konecny3 IV/2 § 581 ZPO Rz 306 mwN; Zeiler, Schiedsverfahren2 § 581 ZPO Rz 133 mwN; Nueber in Höllwerth/Ziehensack, ZPO-TaKom § 581 ZPO Rz 5 mwN; zu Genossenschaften vgl RS0053167).

3. Wassergenossenschaften sind Körperschaften öffentlichen Rechts. Demnach sind deren Satzungen – ab ihrer Anerkennung durch Bescheid der Wasserrechtsbehörde – gleichfalls öffentliches Recht. Das Verhalten physischer Personen in Verfolgung statutarischer Zwecke, das Wassergenossenschaften zuzurechnen ist, wurzelt somit im öffentlichen Recht. Demgemäß sind auch deren Rechtsbeziehungen zu Mitgliedern und außenstehenden Interessenten sowie – in Genossenschaftsangelegenheiten – jene der Mitglieder untereinander grundsätzlich öffentlich-rechtlicher Natur (1 Ob 47/00v SZ 73/57 mwN).

4. Gemäß § 77 Abs 3 lit i WRG sind in den Satzungen der Wassergenossenschaft Bestimmungen über die Schlichtung der zwischen den Mitgliedern und zwischen ihnen und der Genossenschaft aus dem Genossenschaftsverhältnis entstandenen Streitigkeiten aufzunehmen. Die Aufsicht über die Wassergenossenschaften obliegt der zuständigen Wasserrechtsbehörde, die auch über alle aus dem Genossenschaftsverhältnis und den wasserrechtlichen Verpflichtungen der Genossenschaft entspringenden Streitfälle zu entscheiden hat, die nicht iSd § 77 Abs 3 lit i WRG beigelegt werden (§ 85 Abs 1 WRG). Die Wasserrechtsbehörde hat dabei aber nur über jene aus dem Genossenschaftsverhältnis entspringenden Streitfälle zu entscheiden, die öffentlich-rechtlicher Natur sind; nicht aber auch Streitigkeiten über Schadenersatzansprüche oder Unterlassungsansprüche (1 Ob 47/00v; RS0082178 [T1]). Entgegen der Auffassung der Antragsgegner besteht daher auch im Wirkungsbereich von Wassergenossenschaften Raum für die Vereinbarung echter Schiedsgerichte nach §§ 577 ff ZPO für die Entscheidung über privatrechtliche Ansprüche eines Mitglieds gegenüber einem anderen Mitglied oder der Genossenschaft. Wie die Antragsgegner selbst zugestehen, sind für derartige Streitigkeiten die ordentlichen Gerichte zu befassen.

5.1. Aus dem Umstand, dass der Entscheidung über die Schiedsrichterbestellung nach § 587 ZPO keine Bindungswirkung in Bezug auf die als Vorfrage zu prüfende Zuständigkeit des Schiedsgerichts zukommt, lässt sich ableiten, dass die Gültigkeit der Schiedsklausel nur eingeschränkt und summarisch zu prüfen ist (Riegler/Petsche in Liebscher/Oberhammer/Rechberger, Schiedsverfahrens-recht I Rz 5/66).

5.2. Die Satzung der Zweitantragsgegnerin normiert in seinem mit „Entscheidung von Streitigkeiten“ überschriebenen § 19, dass „[d]ie Austragung der zwischen den Mitgliedern untereinander oder zwischen diesen und der Genossenschaft aus dem Genossenschaftsverhältnis entstehenden Streitigkeiten … einem Schiedsgericht [obliegt]. Jeder der Streitteile wählt einen Schiedsrichter, die so Gewählten bestimmen einen Dritten als Obmann. Wenn es auf diese Weise zu keiner Bestellung eines Obmanns kommt, ernennt die Wasserrechtsbehörde den Obmann. Die Entscheidung des Schiedsgerichts wird mit einfacher Stimmenmehrheit gefällt.“ Der Wortlaut legt zumindest nahe, dass diese Schiedsgerichte als echte Schiedsgerichte zur Entscheidung über privatrechtliche Streitigkeiten aus dem Genossenschaftsverhältnis berufen sind (arg „Entscheidung“). Anhaltspunkte dafür, dass dieses „Schiedsgericht“ als bloße Schlichtungsstelle nicht dazu berufen sein soll, anstelle des staatlichen Gerichts zu entscheiden, sondern lediglich zur Aufgabe hat, vor Anrufung des staatlichen Gerichts einen Rechtsstreit durch Herbeiführung einer Einigung zwischen den Streitteilen zu vermeiden, gibt es nicht (vgl RS0045292).

5.3. Welche Streitigkeiten von der Schiedsklausel umfasst sind, ist grundsätzlich augrund ihres – auszulegenden – Inhalts zu ermitteln. Bestimmungen in Satzungen sind nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht nach § 914 ABGB, sondern wie generelle Normen nach den §§ 6 und 7 ABGB auszulegen. Maßgebend ist daher der objektive Sinn der Bestimmungen. Unklare oder eine mehrfache Deutung zulassende Bestimmungen sind in vernünftiger und billiger Weise so auszulegen, dass ihre Anwendung im Einzelfall brauchbare und vernünftige Ergebnisse zeitigt (5 Ob 28/17d mwN). Lässt der Wortlaut der Erklärung zwei gleichwertige Auslegungsergebnisse zu, so gebührt jener Auslegung der Vorzug, die die Gültigkeit des Schiedsklausel favorisiert (18 OCg 2/16t mwN; 18 OCg 6/18h; vgl RIS-Justiz RS0044997 und Kalss, Gesellschaftsrecht, in Czernich/Deixler-Hübner/Schauer, Handbuch Schiedsrecht [2018] Rz 22.11).

5.4. Rechtsgrund der von der Antragstellerin im Schiedsverfahren verfolgten privatrechtlichen Ansprüche ist Schadenersatz wegen (angeblicher) Verletzung der in § 50 Abs 1 WRG normierten Pflicht der Wasserberechtigten zur Instandhaltung ihrer Wasserbenutzungsanlagen. Die Beurteilung, dieser Streit sei von der Schiedsklausel des § 19 der Satzung umfasst, hält sich im Rahmen der dargelegten Grundsätze der Rechtsprechung zur Auslegung einer Schiedsklausel in Satzungsbestimmungen, insbesondere folgt sie jenem der größtmöglichen geltungserhaltenden Auslegung.

6.1. Die Bestimmungen der §§ 586 und 587 ZPO sind hier daher (sinngemäß) anzuwenden.

6.2. Die Parteien können das Verfahren zur Bestellung des Schiedsrichters oder der Schiedsrichter frei vereinbaren (§ 587 Abs 1 ZPO). Haben die Parteien ein Verfahren für die Bestellung vereinbart und 1. handelt eine der Parteien nicht entsprechend diesem Verfahren oder 2. können die Parteien oder die Schiedsrichter eine Einigung entsprechend diesem Verfahren nicht erzielen oder 3. erfüllt ein Dritter eine ihm nach diesem Verfahren übertragene Aufgabe innerhalb von drei Monaten nach Empfang einer entsprechenden schriftlichen Mitteilung nicht, so kann jede Partei bei Gericht die entsprechende Bestellung von Schiedsrichtern beantragen, sofern das vereinbarte Bestellungsverfahren zur Sicherung der Bestellung nichts anderes vorsieht (§ 587 Abs 3 ZPO). Die Bestellung erfolgt nach § 616 Abs 1 ZPO im Außerstreitverfahren, die Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs ergibt sich aus § 615 ZPO (18 ONc 1/18v).

6.3. Es ist unstrittig, dass die Antragstellerin die Antragsgegner zur Bestellung eines Schiedsrichters aufgefordert hat und dass diese säumig geblieben sind. Die in § 587 Abs 2 Z 5 ZPO normierte Bindung der Partei an die durch sie erfolgte Schiedsrichterbestellung, ist dispositiv (Hausmaninger in Fasching/Konecny3 IV/2 § 587 ZPO Rz 159; ErläutRV 1158 BlgNR 22. GP 12). Im Hinblick auf den Widerruf der Bestellung durch die Antragsgegner und den Umstand, dass die Antragstellerin durch die Antragstellung nach § 587 Abs 3 Z 1 ZPO und das Vorbringen dazu dessen Akzeptanz zum Ausdruck gebracht hat, haben die Parteien diese Bindung hier abbedungen. Unstrittig ist auch, dass die schriftliche Aufforderung gemäß § 587 Abs 4 ZPO hinreichende Angaben darüber enthielt, welcher Anspruch geltend gemacht wird und auf welche Schiedsklausel sich die Antragstellerin beruft. Damit sind die Voraussetzungen des § 587 Abs 3 Z 1 ZPO erfüllt.

6.4. Eine nachträgliche Benennung, die nach § 587 Abs 7 ZPO zur Abweisung des Antrags führte, ist nicht erfolgt. Daher ist ein Schiedsrichter zu bestellen.

7. Die Auswahl des Schiedsrichters liegt im gebundenen Ermessen (§ 587 Abs 8 ZPO) des Gerichts. Da die Schiedsklausel keine besonderen Voraussetzungen für den Schiedsrichter vorsieht, ist ein nicht mit der Sache befasster Honorar-Professor und Rechtsanwalt zu bestellen. An dessen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit bestehen keine Zweifel.

8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 616 Abs 1 ZPO iVm § 78 Abs 1 Satz 1 AußStrG. Der Antragstellerin sind die Kosten des Bestellungsverfahrens zuzusprechen. Für den verfahrenseinleitenden Antrag gebührt nur der einfache Einheitssatz.

Textnummer

E129133

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:018ONC00002.20V.0723.000

Im RIS seit

24.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.12.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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