TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/18 I422 2229588-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.05.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

18.05.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §6 Abs1 Z4
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §53 Abs3 Z4
FPG §55 Abs2
StGB §105 Abs1
StGB §127
StGB §229
StGB §241e
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 2229588-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Tunesien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.02.2020, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.05.2020 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt VII. der angefochtenen Bescheide zu lauten hat:

"VII. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und Z 4 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wird gegen Sie ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Infolge von Straffälligkeit erkannte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 04.02.2020, Zl. XXXX, den ihm mit Bescheid vom 10.09.2003, Zahl: XXXX, zuerkannten Status des Asylberechtigten ab und stellte fest, dass Ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Zugleich erkannte sie ihm keinen Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und gewährte ihm auch keinen Aufenthaltstitel besonderen Schutz (Spruchpunkt III.). Des Weiteren erließ sie über ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), erklärte seine Abschiebung nach Tunesien für zulässig (Spruchpunkt V.) und gewährte ihm eine Frist von 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für seine freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Zudem verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer ein befristetes Einreiseverbot in der Dauer von fünf Jahren (Spruchpunkt VII.).

Begründend führte die belangte Behörde unter Darlegung der Verurteilungstatbestände und Berücksichtigung der Milderungs- und Erschwerungsgründe im Wesentlichen aus, dass ein Asylausschlussgrund wegen der Verübung eines besonders schweren Verbrechens vorliege und im gegenständlichen Fall gerechtfertigt sei.

Der Beschwerdeführer sei ab Juni 2016 im Alter von nur 14 Jahren erstmals strafgerichtlich in Erscheinung getreten und sei binnen eines Zeitraumes von 14 Monaten insgesamt sechs Mal von einem österreichischen Gericht verurteilt worden. Das Deliktsausmaß umfasse mehrfach Verbrechen beziehungsweise Vergehen gegen die körperliche Integrität. Zusätzlich habe er Vermögensdelikte (Diebstahl) und strafbare Handlungen gegen die Rechtspflege (falsche Beweisaussage, Verleumdung, Begünstigung), Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz und eine strafbare Handlung gegen die Staatsgewalt begangen. Er sei mehrfach rückfällig geworden und hätten ihn die mehrmaligen Verurteilungen und dabei insbesondere auch die Anwendung des Jugendstrafrechts nicht an der Begehung weiterer Straftaten gehindert. Auch habe ihn sein familiäres Umfeld nicht von der Tatbegehung abgehalten. Die Gemeingefährlichkeit des Beschwerdeführers indiziere sich außerdem darin, dass er mit Waffengewalt (auch wenn es sich bloß um eine Spielzeugpistole gehandelt habe) und mit einem Elektroschocker gegen Personen vorgegangen sei und er zudem auch noch einen Beamten zu verletzten versucht habe, der lediglich seiner Arbeit nachging. Ebenso leite sich diese Gemeingefährlichkeit auch aus seinem Suchtgifthandel ab, das eine Gefahr für die Allgemeinheit und für die Volksgesundheit darstelle. Zusammengefasst könne dem Beschwerdeführer keine günstige Zukunftsprognose ausgestellt werden, sondern sei vielmehr mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, dass er auch in Zukunft weitere derartige Straftaten begehen könnten.

2. Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 27.02.2020 fristgerecht Beschwerde und begründete diese im Wesentlichen damit, dass die Begründung der belangten Behörde nicht im Einklang mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung stehe.

Der Beschwerdeführer habe kein besonders schweres Verbrechen im Sinne des AsylG begangen, da er nicht zu mindestens drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. Zudem habe sich das verurteilende Gericht im unteren Bereich des Strafmaßes bewegt, weshalb ebenfalls nicht von einem besonders schweren Verbrechen ausgegangen werden könne. Der Beschwerdeführer lebe seit seiner Asylgewährung im Jahr 2002 unauffällig in Österreich und habe hier sowohl soziale als auch familiäre Anknüpfungspunkte. Im Falle einer Rückkehr habe der Beschwerdeführer mit entsprechenden Schwierigkeiten zu rechnen, zumal er der arabischen Sprache nicht mächtig sei und er die tunesische Staatsbürgerschaft nicht besitze und staatenlos sei. Der Beschwerdeführer sei mittlerweile 18 Jahre alt und halte sich durchgehend rechtmäßig in Österreich auf, weshalb die Erlassung eines Einreiseverbots bereits von vornherein als unzulässig erscheine. Nachdem mit dem Einreiseverbot (ex lege) zudem der befristete Verweis aus dem gesamten Gebiet der Mitgliedstaaten erfolge, sei auch diese Entscheidung ebenfalls unzulässig, zumal es den Betroffenen aus dem gesamten Raum ausschließen würde. Die dargelegte persönliche Gefährlichkeit für die öffentliche Ordnung und Sicherheit sei aus Sicht des Beschwerdeführers ebenfalls nicht gegeben, zumal er in Zukunft keine weiteren Straftaten zu begehen gedenke.

3. Am 12.05.2020 erfolgte im Beisein des Beschwerdeführers, seiner Rechtsvertretung und einer Sozialbetreuerin der Justizanstalt XXXX eine mündliche Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Tunesiens. Er gehört der arabischen Volksgruppe an, bekennt sich zum islamischen Glauben und spricht muttersprachlich Arabisch. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.

Der Beschwerdeführer wurde im Februar 2002 in Marokko geboren. Am 22.07.2002 stellte der in Österreich als anerkannter Flüchtling lebende Vater des Beschwerdeführers im Botschaftsverfahrenen einen Antrag auf Einreise und internationalen Schutz für den Beschwerdeführer. Gemeinsam mit seiner Mutter reiste der zu diesem Zeitpunkt minderjährige Beschwerdeführer (spätestens) am 12.05.2003 legal in das Bundesgebiet ein.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Er wuchs im österreichischen Bundesgebiet auf, besuchte den Kindergarten und absolvierte die neunjährige Schulpflicht. Zuletzt ging der Beschwerdeführer auf eine Produktionsschule, von der ihn sein Vater aufgrund der Inhaftierung des Beschwerdeführers abmeldete. In der Haft begann der Beschwerdeführer am 01.10.2019 eine Ausbildung als Bäcker. Aufgrund nicht zufriedenstellender Arbeitsleistung und Arbeitsverweigerung wurde der Lehrvertrag am 11.10.2019 aufgelöst. Der Beschwerdeführer war in weiterer Folge weiterhin als Hilfsarbeiter in der Bäckerei beschäftigt. Diese Tätigkeit wurde jedoch am 25.10.2019 wegen der Nichtbefolgung einer Anordnung, ungebührlichem Benehmen trotz mehrmaliger Ermahnungen und dem negativen Einfluss des Beschwerdeführers auf andere Insassen seitens der Justizanstalt beendet. Am 04.11.2019 wurde der Beschwerdeführer als Hausreiniger eingeteilt.

Gegenwärtig sichert sich der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt durch das Hausgeld, dass er sich aufgrund seiner Tätigkeiten während der Haft verdient. Dabei bringt er monatlich rund 200 bis 250 Euro ins Verdienen, wovon rund die Hälfte des Betrages in einen Rücklagefond einfließen. Des Weiteren ersucht der Beschwerdeführer zeitweise seine Eltern ihm Geld zu schicken - dies zuletzt vor rund einem Jahr. Er ist seit Erreichen seiner Volljährigkeit nicht selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über Familienmitglieder. Es halten sich seine Eltern, eine Schwester und drei Brüder auf. Der Beschwerdeführer lebte bis zur Inhaftierung in einem gemeinsamen Haushalt mit seinen Angehörigen. Gegenwärtig verbüßt der Beschwerdeführer in Österreich eine Haftstrafe. Zu seinen Eltern und Geschwistern hat der Beschwerdeführer aufrechten telefonischen Kontakt und besuchen ihn seine Eltern in regelmäßigen Abständen auch in der Haft. Ein persönliches, finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis zu seinen Eltern und seinen Geschwistern liegt nicht vor. Der Beschwerdeführer spricht Deutsch und war als Kind Mitglied in einem Fußballverein. Er weist darüber hinaus jedoch keine sonstigen maßgeblichen Integrationsmerkmale in sozialer, kultureller oder beruflicher Hinsicht auf.

Während der Haft absolvierte der Beschwerdeführer von April 2018 bis Februar 2019 ein Antigewalttraining im Rahmen einer Gruppentherapie. Die Teilnahme an der Antigewaltgruppe wurde im Februar 2019 durch Psychotherapie in Einzeltherapie ersetzt. Diese Einzeltherapie erfolgte durch einen Psychotherapeuten der Männerberatung XXXX und dauerte bis September 2019. Anschließend nahm der Beschwerdeführer von Oktober 2019 bis Jänner 2020 wieder erneut am Antigewalttraining im Rahmen einer Gruppentherapie teil. Zudem nimmt er in der Haft auch selbständig und regelmäßig klinisch psychologische Gespräche in Anspruch.

In Tunesien verfügt der Beschwerdeführer über familiäre Anknüpfungspunkte in Form eines Bruders und zweier Schwestern seines Vaters. Zumindest bis zur Inhaftierung bestand ein regelmäßiger telefonischer Kontakt des Beschwerdeführers zu den in Tunesien wohnhaften Verwandten.

Erstmalig wurde der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 17.03.2017, XXXX wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB; des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB; des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB; des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs.1 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt, welche ihm unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer mit Urteil die Inanspruchnahme einer Bewährungshilfe angeordnet und die Weisung erteilt, sich einem Antiaggressionstraining zu unterziehen und dem Gericht über den Beginn unaufgefordert binnen drei Monaten zu berichten. Der Verurteilung lag unter anderem zu Grunde, dass der Beschwerdeführer mit Gewalt gegen eine namentlich näher bezeichnete Person ein Mobiltelefon der Marke Samsung Galaxy J im Wert von ca. EUR 150,- mit dem Vorsatz wegnahm, indem er der Person das genannte Mobiltelefon, dass dieser gerade in Händen hielt, um einen Anruf zu tätigen, wegriss, die Person am Hals packte, zudrückte, ihn hochhob und sodann mit dem Mobiltelefon wegging und im Anschluss an diese strafbare Handlung die beraubte Person durch die Äußerung, wenn sie die Polizei informiere, werde er sie abstechen zur Unterlassung einer Anzeige zu nötigen versuchte.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 05.04.2017, XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 1 erster Fall StGB, des Vergehens des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach § 148a Abs. 1 StGB, des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB und des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten und einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Drittmalig wurde der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 18.10.2017, XXXX wegen des Vergehens der falschen Zeugenaussage nach § 288 Abs. 1 und 4 StGB; der Vergehen der Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs. 1 StGB; und des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB; zu einer bedingten Freiheitsstrafe acht Monaten und einer Probezeit drei Jahren verurteilt.

Das Landesgericht XXXX verurteilte den Beschwerdeführer mir rechtskräftigem Urteil vom 17.11.2017, XXXX wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 2a SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten und einer Probezeit von drei Jahren.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 08.01.2018, XXXX, wurde Beschwerdeführer erneut wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach§§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 2a, Abs. 3 SMG; 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten und einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Zuletzt wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 14.05.2018, 163 Hv 25/2018v rechtskräftig wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 StGB; des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1, 143 Abs. 1 zweiter Fall StGB; und des Vergehens eines tätlichen Angriffs auf einen Beamten nach § 270 Abs. 1 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung lag im Wesentlichen zu Grunde, dass der Beschwerdeführer im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einer anderen namentlichen genannten Person an das Opfer und weitere Jugendliche herantraten und "Geld oder Drogen" forderten. Seiner Forderung verlieh der Beschwerdeführer Nachdruck, indem er eine Pistole aus seinem Hosenbund zog, dies gegen den Boden hielt und zweimal repetierte. Ebenso wurde berücksichtigt, dass die strafbare Handlung zudem unter Verwendung einer Waffe, nämlich eines Elektroschockers, erfolgte, indem der namentlich genannte Mittäter einem Opfer den Elektroschocker drohend zeigte und die Geldbörse verlangte, ansonsten er ihn "tasern" werde, während der Beschwerdeführer dabeistand und die zuvor erwähnte Spielzeugpistole als vermeintlich echte Waffe zeigte und ebenfalls Geld forderte. Nachdem sich das Opfer aber weigerte versetzte ihm der Mittäter schließlich einen Elektroschock, worauf sie von ihrem Vorhaben abließen und davongingen; Des Weiteren griff der Beschwerdeführer in der Justizanstalt XXXX einen Justizwachebeamten während einer Amtshandlung, nämlich der Verbringung des Beschwerdeführers als Strafgefangener vom Aufenthalt im Freien zurück in die Abteilung, tätlich an, indem er diesem einen Stoß versetzte und auf ihn hinschlug.

1.2. Zum Status des Asylberechtigten und zur Verfolgungsgefahr des Beschwerdeführers:

Dem Beschwerdeführer wurde als damals noch Minderjähriger mit Bescheid vom 10.09.2003, Verfahrenszahl: 180133498, der Status des Asylberechtigten zuerkannt und leitete sich dieser von seinem Vater aufgrund eines Asylerstreckungsantrages gemäß dem damaligen § 11 AsylG 1997 ab. Gründe, die für die damalige Zuerkennung ausschlaggebend waren, beziehen sich nur auf die Ankerperson, nämlich den Vater. Für den Beschwerdeführer wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

Der Vater des Beschwerdeführers verfügt seit 20.07.2017 über einen auf dem NAG basierenden Aufenthaltstitel (Daueraufenthalt EU). Es ist davon auszugehen, dass dem Vater des Beschwerdeführers in Tunesien keine Verfolgungsgefahr mehr droht.

Dem Beschwerdeführer droht persönlich in seinem Herkunftsstaat von staatlicher Seite keinerlei Verfolgung oder Bedrohung aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten. Im Entscheidungszeitpunkt liegt keine aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in Tunesien vor.

Ebenfalls nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Tunesien respektive in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre. Der Beschwerdeführer liefe dort nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

1.3. Zu Situation im Herkunftsstaat:

Tunesien ist gemäß § 1 Z 11 Herkunftsstaaten-Verordnung ein sicherer Herkunftsstaat.

Insbesondere zur politischen Situation und Sicherheitslage, zur allgemeinen Menschenrechtslage, zu Grundversorgung und Wirtschaft sowie zur Lage von Rückkehrern wird im Wesentlichen wie folgt festgestellt:

Politische Situation:

Tunesien ist gemäß der Verfassung von 2014 ein freier, unabhängiger und souveräner Staat, dessen Religion der Islam, dessen Sprache das Arabische und dessen Regierungsform die Republik ist. Ferner betont die Verfassung den zivilen und rechtsstaatlichen Charakter des Regierungssystems. Die Verfassung sieht ein gemischtes Regierungssystem vor, in dem sowohl der Präsident als auch das Parlament direkt vom Volk gewählt werden. Die Mitglieder der Regierung werden vom Präsidenten ernannt und benötigen darüber hinaus das Vertrauen des Parlaments. Der Premierminister bestimmt die Richtlinien der Politik, mit Ausnahme der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die in der Zuständigkeit des Staatspräsidenten liegen. Die Verfassung garantiert durch eine stärkere Gewaltenteilung und die Einrichtung eines Verfassungsgerichtshofs eine bessere Kontrolle der verschiedenen Gewalten.

Aktuell ist ein tiefgreifender Umbruch in Tunesien in Gang. Tunesien hatte nach dem sogenannten Arabischen Frühling vor acht Jahren zwar tiefgreifende demokratische Reformen eingeleitet. Das Land kämpft aber mit großen wirtschaftlichen Problemen und hoher Arbeitslosigkeit, was sich in der großen Unzufriedenheit der Bevölkerung widerspiegelt.

Sicherheitslage:

Die von der Regierung Essid als auch der Regierung Chahed angestrebte Verbesserung der Sicherheitslage im Inneren und der Anti-Terrorkampf bleiben trotz vermehrter Anstrengungen und zahlreichen Verhaftungs- und Durchsuchungsaktionen weiter eine Herausforderung.

Laut österreichischem Außenministerium gilt eine partielle Reisewarnung (Sicherheitsstufe 5) für die Saharagebiete, das Grenzgebiet zu Algerien und die westlichen Landesteile. Reisewarnungen bestehen zudem für die Region südlich der Orte Tozeur - Douz - Ksar Ghilane - Tataouine - Zarzis. Mit gewaltsamen Aktionen von Terrororganisationen ist zu rechnen.

Die Sicherheitslage ist nach wie vor prekär, geprägt von täglichen Sicherheitsoperationen von Militär und Polizei und Meldungen über vereitelte Anschläge. Die Sorge der Infiltration aus Libyen und anderen Konfliktzonen zurückkehrenden Islamisten tunesischen Ursprungs ist groß. Auch mit Hilfe ausländischer logistischer Unterstützung wurden die Grenzkontrollen drastisch verschärft und es wird auch im Land nach Rückkehrern gefahndet. Neben dem IS sind weiterhin Gruppen aktiv, die der Al Qaida oder anderen extremistisch-islamistischen Ideologien angehören. Beim mit Algerien seit Jahren geführten gemeinsamen Kampf gegen terroristische Gruppierungen im Grenzbereich besteht ein Pattverhältnis, das die Bewegungsfreiheit der Terrorzellen weitgehend einschränkt, aber nicht verhindert. Dennoch sind die Sicherheitskräfte auch hier bemüht, die Situation zunehmend unter Kontrolle zu bringen, wobei das Gelände den Terrorzellen gute Rückzugsmöglichkeiten bietet. Die Sicherheitslage in Libyen verfolgt die tunesische Regierung mit großer Sorge. Die Sicherheitskräfte an der Grenze zu Libyen, einschließlich Militär, wurden daher erheblich verstärkt.

Allgemeine Menschenrechtslage:

Seit dem Volksaufstand und dem Beginn der Demokratisierung 2010/11 hat Tunesien deutliche Fortschritte beim Schutz der Menschenrechte gemacht. Die tunesische Verfassung vom 26.01.2014 enthält umfangreiche Garantien bürgerlicher und politischer sowie wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Grundrechte. Tunesien hat die meisten Konventionen der Vereinten Nationen zum Schutz der Menschenrechte einschließlich der entsprechenden Zusatzprotokolle ratifiziert. Vereinzelt noch bestehende Vorbehalte wurden 2011 größtenteils zurückgezogen. Eine ständige Herausforderung bleibt die Anpassung der nationalen Rechtsordnung an die neue Verfassung sowie internationale Standards. Der Kampf gegen Folter und unmenschliche Behandlung bleibt eine große Herausforderung.

Tunesien verfügt über eine Reihe an Institutionen, die sich mit Menschenrechten befassen. Das Land schneidet allerdings auch nach dem Umbruch in den Berichten internationaler Menschenrechtsorganisationen regelmäßig schlecht ab. Eingeschränkte Presse- und Meinungsfreiheit, Folter von Häftlingen und Attacken gegen Oppositionelle listet der aktuelle Jahresbericht von Amnesty International auf. Seit dem Sturz Ben Alis hat sich die Situation zwar gebessert, allerdings kommt es nach wie vor zu Menschenrechtsverletzungen, so die Internationale Menschenrechtsliga.

Grundversorgung:

Die Grundversorgung der Bevölkerung gilt als gut. Tunesien verfügt über eine moderne Wirtschaftsstruktur auf marktwirtschaftlicher Basis sowie wichtige Standortvorteile: Ein hoher Industrialisierungsgrad, gute Infrastruktur, Nähe zu Europa sowie qualifizierte Arbeitskräfte und Steuervorteile für Exportbetriebe ("Offshore-Sektor"). Den größten Anteil am Bruttoinlandsprodukt erwirtschaftet der Dienstleistungssektor (ca. 50% aller Erwerbstätigen), gefolgt von der Industrie (32%) und der Landwirtschaft (ca. 25%). Neben dem Bergbau, der einer der wichtigsten Sektoren der tunesischen Wirtschaft ist, spielen Landwirtschaft, Textilfabrikation und Tourismus eine wichtige Rolle für die tunesische Wirtschaft. Im Dienstleistungssektor spielen vor allem nach Tunesien ausgelagerte Callcenter französischer Firmen und IT-Unternehmen eine große Rolle. Außerdem gründen sich seit 2011 immer mehr Start-Ups. Der sogenannte Start Up Act, der im April 2018 verabschiedet wurde, soll aufstrebenden jungen Kleinunternehmen v.a. im IT-Bereich den Start erleichtern.

Der Förderung der Wirtschaft und der Schaffung von Arbeitsplätzen kommt nach der Revolution große Bedeutung zu, da die politischen Ereignisse für einen deutlichen Einbruch der Wirtschaft gesorgt haben. Die Arbeitslosigkeit bleibt eines der dringlichsten Probleme des Landes. Die tunesische Wirtschaft ist auch mehr als sieben Jahre nach dem Umbruch nicht besonders konkurrenzfähig. Das Finanzgesetz 2018 hatte zu Beginn des Jahres massive Proteste ausgelöst.

Die größten Herausforderungen liegen in der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der Beschäftigungsförderung, der Verbesserung der arbeitsmarktorientierten Aus- und Fortbildung, sowie der Erhöhung des Investitionsniveaus im privaten und öffentlichen Sektor. Die Arbeitslosigkeit bewegt sich zwischen 15 und 16%, wobei junge Menschen, Frauen, Akademiker (ca. 300.000) und die benachteiligten Regionen im Binnenland überproportional betroffen sind.

Um regionalen Ungleichheiten zu begegnen, hat Tunesien ein ambitioniertes Programm zur Regionalentwicklung vorgelegt. Die aktuelle Regierung hat zur Verbesserung der Grundversorgung der Bevölkerung in den armen Gegenden des Südens und des Landesinnern eine Umwidmung der staatlichen Ausgabenprogramme weg vom gut entwickelten Küstenstreifen hin zu den rückständigeren Regionen vorgenommen.

Fast ein Viertel der Bevölkerung, vor allem auf dem Land, lebt in Armut. Nichtsdestotrotz verfügt das Land über eine relativ breite, weit definierte Mittelschicht aus selbständigen Kleinunternehmern, Angestellten und Beamten (deren Einkommen niedrig ist) und einer schmalen Oberschicht. Diese spaltet sich in alteingesessenes Bildungsbürgertum und ökonomische Elite.

In Tunesien gibt es ein gewisses strukturiertes Sozialsystem. Es bietet zwar keine großzügigen Leistungen, stellt aber dennoch einen gewissen Basis-Schutz für Bedürftige, Alte und Kranke dar. Der Deckungsgrad beträgt 95%. Folgende staatlichen Hilfen werden angeboten: Rente, Arbeitslosengeld, Kindergeld, Krankengeld, Mutterschaftsgeld, Sterbegeld, Witwenrente, Waisenrente, Invalidenrente, Hilfen für arme Familien, Erstattung der Sach- und Personalkosten bei Krankenbehandlung, Kredite für Familien. Eine Arbeitslosenunterstützung wird für maximal ein Jahr ausbezahlt - allerdings unter der Voraussetzung, dass man vorab sozialversichert war. Es gibt folgende Arbeitsvermittlungsinstitutionen: Nationale Arbeitsagentur (ANETI), Berufsbildungsagentur (ATFP), Zentrum für die Ausbildung der Ausbilder und die Entwicklung von Lehrplänen (CENAFFIF), Zentrum für die Weiterbildung und Förderung der beruflichen Bildung (CNFCPP).

Es existiert ein an ein sozialversichertes Beschäftigungsverhältnis geknüpftes Kranken- und Rentenversicherungssystem. Nahezu alle Bürger finden Zugang zum Gesundheitssystem. Die Regelungen der Familienmitversicherung sind großzügig und umfassen sowohl Ehepartner, als auch Kinder und sogar Eltern der Versicherten. Allerdings gibt es keine allgemeine Grundversorgung oder Sozialhilfe. Die mit Arbeitslosigkeit verbundenen Lasten müssen überwiegend durch den traditionellen Verband der Großfamilie aufgefangen werden, deren Zusammenhalt allerdings schwindet.

Rückkehr:

Es gibt keine speziellen Hilfsangebote für Rückkehrer. Soweit bekannt, werden zurückgeführte tunesische Staatsangehörige nach Übernahme durch die tunesische Grenzpolizei einzeln befragt und es erfolgt ein Abgleich mit den örtlichen erkennungsdienstlichen Registern. Sofern keine innerstaatlichen strafrechtlich relevanten Erkenntnisse vorliegen, erfolgt anschließend eine reguläre Einreise. Hinweise darauf, dass, wie früher üblich, den Rückgeführten nach Einreise der Pass entzogen und erst nach langer Wartezeit wieder ausgehändigt wird, liegen nicht vor. An der zugrundeliegenden Gesetzeslage für die strafrechtliche Behandlung von Rückkehrern hat sich indes nichts geändert. Sollte ein zurückgeführter tunesischer Staatsangehöriger sein Land illegal verlassen haben, ist mit einer Anwendung der Strafbestimmung in §35 des Gesetzes Nr. 40 vom 14.5.1975 zu rechnen: "Jeder Tunesier, der beabsichtigt, ohne offizielles Reisedokument das tunesische Territorium zu verlassen oder zu betreten, wird mit einer Gefängnisstrafe zwischen 15 Tagen und sechs Monaten sowie einer Geldstrafe zwischen 30 und 120 DT (ca. 15 bzw. 60 Euro) oder zu einer der beiden Strafarten verurteilt. Bei Wiederholung der Tat (Rückfälligkeit) kann sich das im vorhergehenden Absatz aufgeführte Strafmaß für den Täter verdoppeln." Soweit bekannt, wurden im Jahr 2017 ausschließlich Geldstrafen verhängt. Die im Gesetz aufgeführten Strafen kommen nicht zur Anwendung bei Personen, die das tunesische Territorium aufgrund höherer Gewalt oder besonderer Umstände ohne Reisedokument betreten.

Eine "Bescheinigung des Genusses der Generalamnestie" wird auf Antrag vom Justizministerium ausgestellt und gilt als Nachweis, dass die in dieser Bescheinigung ausdrücklich aufgeführten Verurteilungen - kraft Gesetz - erloschen sind. Eventuelle andere, nicht aufgeführte zivil- oder strafrechtliche Verurteilungen bleiben unberührt. Um zweifelsfrei festzustellen, ob gegen eine Person weitere Strafverfahren oder Verurteilungen vorliegen, kann ein Führungszeugnis (das sog. "Bulletin Numéro 3") beantragt werden.

Seit der Revolution 2011 sind tausende Tunesier illegal emigriert. Vor allem junge Tunesier haben nach der Revolution das Land verlassen, kehren nun teilweise zurück und finden so gut wie keine staatliche Unterstützung zur Reintegration. Eine kontinuierliche Quelle der Spannung ist die Diskrepanz zwischen starkem Migrationsdruck und limitierten legalen Migrationskanälen. Die Reintegration tunesischer Migranten wird durch eine Reihe von Projekten von IOM unterstützt. Sowohl IOM als auch UNHCR übernehmen die Registrierung, Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in Tunesien. Finanzielle Hilfe dafür kommt hauptsächlich von der EU, sowie aus humanitären Programmen der Schweiz und Norwegens. Die Schweiz ist dabei einer der größten Geber und verfügt über zwei Entwicklungshilfebüros vor Ort. Wesentlich für eine erfolgreiche Reintegration ist es, rückkehrenden Migranten zu ermöglichen, eine Lebensgrundlage aufzubauen. Rückkehrprojekte umfassen z.B. Unterstützung beim Aufbau von Mikrobetrieben, oder im Bereich der Landwirtschaft. Als zweite Institution ist das ICMPD [International Centre for Migration Policy Development] seit 2015 offizieller Partner in Tunesien im Rahmen des sog. "Dialog Süd" - Programms (EUROMED Migrationsprogramm).

COVID-19 in Tunesien:

Auch hinsichtlich COVID-19 ergeben sich in Bezug auf den Herkunftsstaat keinerlei Bedenken: Wie sich aus den Informationen des tunesischen Gesundheitsministeriums (https://covid-19.tn/fr/accueil-2/) ergibt, setzte Tunesien einerseits ebenfalls auf eine strenge Eingrenzung des öffentlichen Lebens und andererseits auf die Eigenverantwortung der Bevölkerung im Kampf um die Eindämmung der Pandemie (https://covid-19.tn/fr/mesures-preventives/). Die gegenwärtige Entwicklung in Tunesien spiegeln den europäischen Trend wider. Die Zahl der Neuinfektionen ist stark abgeflacht und die Zahl der ehemals an COVID-19 erkrankten und nunmehr gesundeten Personen ist in den letzten Wochen stark angestiegen. Mit Stand 08.05.2020 gab es in Tunesien insgesamt 25.967 getesteten Personen (cas testés). 1.026 Personen wurden dabei positiv auf COVID-19 Fälle (cas confirmés) getestet und 44 Personen verstarben nachweislich an COVID-19 (nombre de décès). Derzeit befinden sich noch 33 Personen in medizinischer Behandlung (cas hospitalisés) und geltend 600 Personen als genesen (cas rétablis) - (https://covid-19.tn/fr/tableau-de-bord/).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, des bekämpften Bescheides und seinen Angaben im Beschwerdeschriftsatz sowie den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen mündlichen Verhandlung. Des Weiteren wurde eine Auskunft der Justizanstalt XXXX betreffend den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers, seiner Ausbildung, Beschäftigung und allfällige Reintegrationsmaßnahmen während der Haft angefordert. Ergänzend wurden auch Auskünfte aus dem Strafregister der Republik Österreich, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Volljährigkeit, der Volksgruppen- und Glaubenszugehörigkeit des Beschwerdeführers und seiner Muttersprache ergeben sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor dem erkennenden Gericht. Zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers zeigte bereits die belangte Behörde vollkommen schlüssig und richtig auf, dass sich die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers aus den Bestimmungen des tunesischen Staatsangehörigkeitsgesetzes (Code de la Nationalité Tunisienne - https://www.ecoi.net/en/file/local/2022022/5e00d4e64.pdf) ableitet. Gemäß Artikel 6 dieser Bestimmung besitzt eine Person die tunesische Staatsangehörigkeit, wenn es als Kind eines tunesischen Vaters oder einer tunesischen Mutter geboren wird. Nachdem der Vater des Beschwerdeführers nachweislich tunesischer Staatsbürger ist, resultiert daraus die Feststellung, dass der Beschwerdeführer ebenfalls tunesischer Staatsangehöriger ist - ungeachtet der Tatsache, ob diese beantragt wurde oder nicht. Eine Aberkennung der tunesischen Staatsangehörigkeit durch die tunesischen Behörden mittels Dekret wurde nicht nachgewiesen und als solches auch nicht behauptet. Somit geht der Einwand, wonach der Beschwerdeführer staatenlos ist, ebenso wie der Einwand, dass er Beschwerdeführer von der belangten Behörde in einem vorangegangenen Schreiben als staatenlos bezeichnet wurde, ins Leere. Die Identität des Beschwerdeführers ergibt sich aus den im Zuge der Asylgewährung vorgelegten Dokumenten.

Aus dem Verwaltungsakt sind die Feststellungen zur Geburt des Beschwerdeführers in Marokko, der legalen Einreise des Beschwerdeführers belegt.

Dass der Beschwerdeführer gesund ist, ergibt sich aus seinen Angaben. In Zusammenschau mit seinem Alter und den bisherigen Tätigkeiten während der Haft resultiert daraus die Feststellung, dass er arbeitsfähig ist.

Die Feststellungen zu seinem Aufwachsen und seiner Schulbildung im Bundesgebiet gründen ebenfalls auf den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers. Dass der Beschwerdeführer während seiner Haft einer Ausbildung als Bäcker begann, dieses Ausbildungsverhältnis jedoch aufgrund der nicht zufriedenstellenden Arbeitsleistung und seiner Arbeitsverweigerung aufgelöst wurde und auch seine spätere Hilfsarbeitertätigkeit in der Bäckerei aufgrund seines Verhaltens seitens der Justizanstalt ebenfalls eingestellt wurde, ist - ebenso wie die Feststellung, dass er gegenwärtig in der Hausreinigung der Justizanstalt beschäftigt ist - durch eine aktuelle Stellungnahme der Justizanstalt XXXX belegt. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seit Erreichen der Volljährigkeit nicht selbsterhaltungsfähig war, basiert auf folgenden Überlegungen: Bis zu seiner Inhaftierung besuchte der Beschwerdeführer eine Produktionsschule und sicherte er sich seinen Unterhalt im Bundesgebiet aus den finanziellen Zuwendungen seitens seines Vaters. Zuletzt bestätigt der Beschwerdeführer im Rahmen seiner mündlichen Verhandlung, dass er seinen Lebensunterhalt seit seiner Inhaftierung aus dem Hausgeld und gelegentlichen Zuwendungen seitens seiner Familie bestreitet.

Die Feststellungen zur familiären Situation im Bundesgebiet ergibt sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers. Auf der Tatsache, dass der Beschwerdeführer volljährig ist, er die letzten drei Jahre durchgehend in Haft verbrachte und nur mehr gelegentliche Geldzuschüsse von seinen Eltern erhalten habe, basiert die Feststellung, wonach zu seiner Familie in keinem finanziellen oder persönlichen Abhängigkeitsverhältnis besteht. Aus dem ZMR ist belegt, dass er sich gegenwärtig in Haft befindet und er bis zur Inhaftierung in einem gemeinsamen Haushalt mit seinen Familienangehörigen lebte. Glaubhaft erachtet das erkennende Gericht, wonach er mit seiner Familie beinahe täglich telefoniere und ist aus einer sich im Verwaltungsakt befindlichen sowie einer vom erkennenden Gericht aktuell eingeholten Besuchsbestätigung der Justizanstalt belegt, dass er während seiner Inhaftierung von seinen Eltern in regelmäßigen Abständen in Besuch erhält. Der Erwerb der deutschen Sprache ergibt sich zwangsläufig aus seinem Aufenthalt und der Schulbildung in Österreich. Darüber hinaus erstattete der Beschwerdeführer jedoch keinerlei weitere Vorbringen bzw. legte er auch keine Unterlagen vor, die seine Integration bestätigen würden. Abgesehen vom Besuch eines Anti-Gewalt-Trainings, dass ihm aufgrund seiner strafgerichtlichen Verurteilung angeordnet wurde, verwies er darauf, dass er als Kind Fußball gespielt habe, verneinte allerdings die gegenwärtige Mitgliedschaft in einem Verein. Hinsichtlich seines sozialen Umfeldes verwies der Beschwerdeführer darauf, dass in Österreich Freunde habe. Sie seien fünf Personen mit arabischen, serbischen, türkischen und österreichischen Wurzeln und seien sie öfters draußen. Die Ausführungen zu seinen integrativen Maßnahmen decken sich mit den Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung. In Relation zum etwa 17jährigen Aufenthalt in Österreich sind seine Integrationsschritte daher nicht als das übliche Maß übersteigend anzusehen.

Die Feststellungen zu seinen Reintegrationsmaßnahmen während der Haft ergeben sich einerseits aus den Angaben des Beschwerdeführers als auch aus der eingeholten Stellungnahme der Justizanstalt XXXX.

Dass der Beschwerdeführer in Tunesien über familiäre Anknüpfungspunkte in Form eines Bruders und zweier Schwestern seines Vaters verfügt, gründet auf den Angaben des Beschwerdeführers zuletzt bei seiner mündlichen Verhandlung und denen seines Vaters vor der belangten Behörde. Aus seinen Angaben, wonach er manchmal - zu Weihnachten - mit den Verwandten in seinem Heimatland telefoniert habe, er jedoch noch nie in Tunesien gewesen sei, belegt, den zumindest bis zur Inhaftierung bestehenden Kontakt des Beschwerdeführers zu den in Tunesien wohnhaften Verwandten.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich und den im Administrativverfahren eingeholten und sich im Verwaltungsakt befindlichen Kopien der Strafurteile. Der Beschwerdeführer bestritt auch zu keinem Zeitpunkt des vorliegenden Verfahrens seine strafbaren Handlungen und das Bestehen der Verurteilung. Aus dem Urteil gehen die festgestellten Strafhandlungen sowie die mildernden und erschwerenden Umstände ausreichend klar hervor. Wie sich aus den vorliegenden Urteilen allerdings auch ergibt, zeigte sich der Beschwerdeführer oftmals nur teilweise geständig und ergaben aus den Urteilen selbst auch keinerlei Anzeichen, dass ihm sein Verhalten leid tue oder für eine Reue. Erstmals wird dies in der Beschwerde vorgebracht und führte er diesbezüglich im Rahmen der mündlichen Verhandlung aus, dass er einen Fehler gemacht habe. Er habe "da draußen eine schwierige Zeit gehabt" und bereue er seine damaliges Verhalten.

2.3. Zum Status des Asylberechtigten und zur Verfolgungsgefahr des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, insbesondere auch der der Tatsache, dass sich sein Asylansuchen lediglich auf die Fluchtgründe seines Vaters bezieht und bezüglich seiner Person keine eigenen Fluchtgründe vorliegen, gründet auf der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt. Zuletzt bestätigte der Beschwerdeführer auch im Rahmen des Administrativverfahrens, dass er keine eigenen Fluchtmotive habe.

Dass der Vater des Beschwerdeführers seit 20.07.2017 über einen auf dem NAG basierenden Aufenthaltstitel (Daueraufenthalt EU) verfügt, ergibt sich aus der Einsichtnahme in das IZR. Dass seinem Vater in seinem Herkunftsstaat mittlerweile keine Verfolgungsgefahr droht, basiert aus folgenden Überlegungen: Dem Vater des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid vom 25.11.1994, Zahl. 4.344.651/1-III/13/94 aufgrund dessen Sympathie für die Ennahda-Bewegung politisches Asyl in Österreich gewährt. Aus der Ennahda-Bewegung resultiert mittlerweile eine politische Partei, die in Tunesien seit 01.03.2011 nicht mehr verboten ist. Sie nahm bei den Parlamentswahlen in den Jahren 2011, 2014 und zuletzt 2018 teil und errang dabei rund 54 der 217 Parlamentssitze. Demzufolge kann nicht mehr davon ausgegangen werden, das dem Vater des Beschwerdeführers aufgrund dessen früheren Sympathie für die Ennahda-Bewegung eine Bedrohung in Tunesien zu erwarten hätte. Aus diesen Überlegungen resultiert auch die Feststellung, dass der Beschwerdeführer folglich mit keinerlei Bedrohungen zu rechnen hätte und wurden solche auch nicht behauptet.

Die Feststellungen zur Rückkehrsituation des Beschwerdeführers ergeben sich darüber hinaus aus einer Zusammenschau mit den vorangegangenen Ausführungen zu einer fehlenden persönlichen Verfolgung in seinem Herkunftsstaat mit dem Inhalt der dieser Entscheidung gelegten Länderberichte zur aktuellen Sicherheits- und Menschrechtslage in Tunesien sowie den Angaben des Beschwerdeführers im Zuge derer er zu seinen aktuellen Rückkehrbefürchtungen befragt wurde.

Bereits im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde im Ergebnis zutreffend aufgezeigt, dass keine Anhaltspunkte für eine dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr drohende staatliche Verfolgung oder sonst maßgebliche individuelle oder generelle Gefährdung ersichtlich sind. Der Beschwerdeführer, welcher sein Heimatland im Alter von rund einem Jahren verlassen hat, hat nicht vorgebracht, zu irgendeinem Zeitpunkt persönliche Verfolgungshandlungen in Tunesien erlebt zu haben und konnte zuletzt auch keine Gründe nennen, weshalb ihm solche bei einer nunmehrigen Rückkehr drohen sollten. Der Beschwerdeführer hat im nunmehrigen Verfahren keinerlei Befürchtungen hinsichtlich einer ihm im Falle einer Rückkehr möglicherweise drohenden gezielten Verfolgung vorgebracht. Im Gegenteil, er verneinte vor der belangten Behörde sogar die Frage, ob ihm in Tunesien irgendeine Art der Verfolgung drohe. Die Gründe, welche für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten an den Vater des Beschwerdeführers, von welcher er seinen Status abgeleitet hat, ausschlaggebend gewesen sind, führen zu keiner Gefährdung des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr. Aus dem Umstand, dass sich zahlreiche Verwandte des Beschwerdeführers unverändert in Tunesien aufhalten, ist ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer keine Verfolgung aufgrund seiner Familienzugehörigkeit droht. Entsprechende Befürchtungen hat er im gegenständlichen Verfahren im Übrigen auch nicht geäußert. So brachte er vor dem erkennenden Gericht auf die Frage, was gegen ein zukünftiges Leben in Tunesien spreche lediglich vor, dass er nicht dorthin wolle. Er wolle ein schönes Leben in Österreich beginnen. Er wolle arbeiten. Ich wolle eine Familie. Er habe zweieinhalb Jahre im Gefängnis verbracht. Er wolle nun die Zeit mit seiner Familie verbringen und in Österreich leben. Er wolle nicht mehr kriminell sein.

Da infolge des Arabischen Frühlings 2011 und der Flucht des Langzeitmachthabers Ben Ali eine nachhaltige Änderung der dortigen Sicherheits- und Menschenrechtslage eingetreten ist, der Beschwerdeführer auch im gegenständlichen Verfahren keine konkrete Furcht vor individueller Verfolgung oder einer sonstigen Gefährdung im Fall seiner Rückkehr geäußert hat und es seinen Angehörigen unverändert möglich ist, im Herkunftsstaat zu leben, konnte im Fall des Beschwerdeführers keine aktuell bestehende Gefährdung im Fall einer Rückkehr prognostiziert werden.

Den diesbezüglichen Erwägungen der belangten Behörde wurde auch in der Beschwerde nicht entgegengetreten, zumal auch in dieser keine konkrete Rückkehrbefürchtung des Beschwerdeführers geäußert wurde, welche eine aktuelle staatliche Verfolgung seiner Person indizieren würde und eine weitere mündliche Erörterung als geboten erscheinen ließe.

Aufgrund der dargelegten Umstände, welche bereits im angefochtenen Bescheid festgestellt wurden, ergibt sich, dass eine aktuelle Gefahr einer Verfolgung aus asylrelevanten Motiven nicht gegeben ist und auch darüber hinaus keine Gefährdung des Beschwerdeführers im Falle seiner Rückkehr zu prognostizieren ist.

Mit dem Einwand von der belangten Behörde, dass er dort nicht arbeiten könne, er die Sprache nicht gut könne und er nicht wisse, was er in Tunesien machen solle, berief er sich ausschließlich auf das Bestehen wirtschaftlicher Probleme. Der Vollständigkeit halber wird dahingehend verwiesen, dass der Beschwerdeführer mit einem tunesischen Vater und einer marokkanischen Mutter in einem maghrebinisch geprägten Haushalt aufgewachsen ist. Der Beschwerdeführer gab zudem selbst an, dass arabisch seine Muttersprache ist und liegt es nahe, dass innert der Familie primär Arabisch gesprochen wird, weil sowohl von der marokkanischen Mutter, als auch vom tunesischen Vater die Muttersprache jeweils Arabisch ist und was der Beschwerdeführer zuletzt auch vor dem erkennenden Gericht selbst bestätigte. Zum Einwand, dass der Beschwerdeführer nicht arabisch lesen und schreiben könne und dies einer Rückkehr entgegenstehen, ist einerseits entgegenzuhalten, dass ihm seine Eltern die arabische Schrift lernen haben wolle, er dazu jedoch keine Lust gehabt hätte. Es liegt somit am Beschwerdeführer sich die arabischen Schreib- und Lesekompetenzen anzueignen. Im Falle des Beschwerdeführers kommt hinzu, dass er aufgrund der Kenntnis der lateinischen Schrift zudem bereits über Schreib- und Lesekompetenzen aufweist, die ihm beim Erlernen der arabischen Schrift behilflich sind. Zudem wird auch nicht außer Acht gelassen, dass die Analphabetismusrate in Tunesien bei einer Gesamtbevölkerung von rund 11,5 Millionen Einwohner laut UNESCO bei rund 67.000 (Alter 15 - 24 Jahre) und im Gesamten bei rund 1,7 Millionen Personen (Alter über 15 Jahre ) (http://uis.unesco.org/country/TN) liegt und somit generell als erhöht einzustufen ist. Es wird auch nicht außer Acht gelassen, dass der Beschwerdeführer nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte in Tunesien verfügt, zu denen die Familie nach wie vor in aufrechten Kontakt steht. Im Verfahren wurde keine Gründe dargelegt, weshalb der Beschwerdeführer keine Unterkunft bei seinen Verwandten (wenn auch nur vorübergehend) nehmen könnte. Es ergaben sich auch keinerlei Indizien dafür, dass ihm seine in Tunesien aufhältige Familie ihm in der ersten Zeit nicht beim Fußfassen unterstützen und beim Erlernen des Lesens und Schreibens der arabischen Schrift helfen könnte. Der Beschwerdeführer ist in Tunesien somit nicht vollkommen auf sich alleine gestellt.

2.4. Zu Situation im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Tunesien (Stand 31.10.2019) samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Der Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie beispielsweise dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen. Ergänzend wurde auch noch in das öffentliche zugängliche tunesischen Staatsangehörigkeitsgesetzes (Code de la nationalité tunisienne - https://www.ecoi.net/en/file/local/2022022/5e00d4e64.pdf) und die Webseite des tunesischen Gesundheitsministeriums betreffend COVID-19 (https://covid-19.tn/fr/accueil-2/) Einsicht genommen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde dem Beschwerdeführer und seiner Rechtsvertretung die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt. Hiezu gab der Beschwerdeführer an, dass er keinen Aufenthaltstitel in Tunesien wolle. Er wolle hier in Österreich leben. Er sei hier aufgewachsen und sei dies hier seine Heimat. Er beherrsche die Sprache, könne Lesen und Schreiben. Er wolle hier arbeiten und in Österreich sein Leben weiterführen.

Die Rechtsvertretung gab zu bedenken, dass es für den Beschwerdeführer schwierig sei dort zu überleben. Im Vergleich zu Österreich sei Tunesien kein Sozialstaat und würden die meisten Tunesier von Tagesjobs leben. Fallen diese Jobs weg, wäre ihnen die Existenzgrundlage entzogen. Diese Gefahr würde auch den Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr treffen. Auch mangels einer entsprechenden Ausbildung sei die Existenzsicherung des Beschwerdeführers erschwert.

Der Beschwerdeführer und seine Rechtsvertretung traten diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland weder im Beschwerdeschriftsatz noch in der mündlichen Verhandlung substantiiert entgegen.

Das bloße Aufzeigen von spezifischen Problemlagen im Herkunftsstaat vermag die Glaubwürdigkeit der Länderfeststellungen nicht zu erschüttern. Vielmehr sparen die Länderfeststellungen die im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers vorherrschenden Schwierigkeiten und Probleme nicht nur nicht aus, sondern legen diese ebenfalls offen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Zur Rechtsgrundlage:

Gemäß § 7 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid der Status eines Asylberechtigten abzuerkennen, wenn ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt, einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und Z 2 AsylG mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG - welcher auch von der belangten Behörde bei der Erlassung des gegenständlich angefochtenen Bescheides zur Anwendung gebracht wurde - ist der Status des Asylberechtigten einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn ein Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG vorliegt.

Gemäß dem hier zu prüfenden § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft darstellt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müssen für die Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Flüchtling trotz drohender Verfolgung in den Herkunftsstaat verbracht werden darf. Er muss erstens ein besonders schweres Verbrechen verübt haben, dafür zweitens rechtskräftig verurteilt worden und drittens gemeingefährlich sein, und schließlich müssen die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung seine Interessen am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen (vgl. VwGH 26.02.2019, Ra 2018/18/0493).

Unter den Begriff des "besonders schweren Verbrechens" im Sinn von § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG fallen nur Straftaten, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzen. Typischerweise schwere Verbrechen sind etwa Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel, bewaffneter Raub und dergleichen. Dabei handelt es sich um eine demonstrative und daher keineswegs abschließende Aufzählung von Delikten in Zusammenhang mit Art. 33 Abs. 2 GFK (vgl. VwGH 18.10.2018, Ra 2017/19/0109; 29.08.2019, Ra 2018/19/0522; 18.11.2019, Ra 2019/18/0418; ua.).

Auf die Strafdrohung allein kommt es bei der Beurteilung, ob ein "besonders schweres Verbrechen" iSd § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG vorliegt, nicht an. Es genügt demnach nicht, wenn ein abstrakt als "schwer" einzustufendes Delikt verübt worden ist. Die Tat muss sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen, wobei unter anderem auf Milderungsgründe Bedacht zu nehmen ist. Bei der Beurteilung, ob ein "besonders schweres Verbrechen" vorliegt, ist daher eine konkrete fallbezogene Prüfung vorzunehmen und sind insbesondere die Tatumstände zu berücksichtigen. Lediglich in gravierenden Fällen schwerer Verbrechen erweist sich bereits ohne umfassende Prüfung der einzelnen Tatumstände eine eindeutige Wertung als schweres Verbrechen mit negativer Zukunftsprognose als zulässig (vgl. etwa in Zusammenhang mit der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren wegen des Verbrechens des versuchten Mordes) (vgl. VwGH 06.10.1999, 99/01/0288; 14.02.2018, Ra 2017/18/0419, 30.12.2019, Ra 2019/18/0125; ua.).

3.1.2. Zur Anwendung im gegenständlichen Fall:

3.1.2.1. Rechtskräftige Verurteilung:

Zunächst einmal ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer von einem inländischen Gericht rechtkräftig verurteilt wurde - im gegenständlichen Fall insgesamt bereits sechs Mal:

Erstmalig wurde der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 17.03.2017, XXXX wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB; des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB; des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB; des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs.1 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt, welche ihm unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 05.04.2017, XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 1 erster Fall StGB, des Vergehens des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach § 148a Abs. 1 StGB; des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB und des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten und einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Drittmalig wurde der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 18.10.2017, XXXX wegen des Vergehens der falschen Zeugenaussage nach § 288 Abs. 1 und 4 StGB; der Vergehen der Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs. 1 StGB und des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe acht Monaten und einer Probezeit drei Jahren verurteilt.

Das Landesgericht XXXX verurteilte den Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil vom 17.11.2017, XXXX wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 2a SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten und einer Probezeit von drei Jahren.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 08.01.2018, XXXX, wurde Beschwerdeführer erneut wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach§§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 2a, Abs. 3 SMG; 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten und einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Zuletzt wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 14.05.2018, 163 Hv 25/2018v rechtskräftig wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 StGB; des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1, 143 Abs. 1 zweiter Fall StGB; und des Vergehens eines tätlichen Angriffs auf einen Beamten nach § 270 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten verurteilt.

3.1.2.2. Besonders schweres Verbrechen:

Zunächst kann dem Beschwerdeeinwand, wonach der Beschwerdeführer kein besonders schweres Verbrechen begangen habe, da er nicht zu mindestens drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden sei bzw. sich die verhängte Strafe am unteren Drittel des Strafrahmens orientiere, so nicht gefolgt werden. Wie sich aus der umseits aufgezeigten Judikatur ergibt, liegt bereits aufgrund des von ihm verübten Verbrechens des schweren Raubes nach § 143 Abs. 1 zweiter Fall StGB ein besonderes schweres Verbrechen im abstrakten Sinn vor. Allerdings bedarf es - wie aus der aufgezeigten Judikatur ebenfalls ersichtlich - einer fallbezogenen Prüfung, ob sich die Taten als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen.

Dahingehend ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer gerade einmal mit 15 Jahren das erste Mal strafgerichtlich in Erscheinung getreten ist. In weiterer Folge wurde er innert kürzester Zeit von lediglich 14 Monaten (März 2017 bis Mai 2018) insgesamt sechs Mal (!) strafgerichtlich verurteilt. Durchaus möchte man vermeinen, dass es sich beim Verhalten des Beschwerdeführers aufgrund seines jungen Alters und der gerichtlichen Wertung als Jugendstraftat um einen Ausdruck jugendlicher Delinquenz handelt. Dies ist jedoch im gegenständlichen Fall zu verneinen. Einerseits deshalb, weil es sich nicht bloß um eine einzige rechtskräftige Verurteilung handelt, die noch dazu auf einem entschuldbaren Fehlverhalten fußt. Andererseits auch aufgrund der Tatsache, dass sich aus dem Handeln des Beschwerdeführers ein hohes Maß an physischer und psychischer Gewaltbereitschaft ableitet, die für sich gesehen mit dem Begriff "jugendlicher Leichtsinn" nicht mehr vereinbar ist. Wie die umseitigen Ausführungen zeigen, weisen die strafgerichtlichen Urteile des Beschwerdeführers im Allgemeinen ein breites Spektrum an strafgerichtlichen Tatbeständen auf. Allerdings hatte der Beschwerdeführer mit seiner ersten und seiner letzten Verurteilung, aufgrund seiner dabei gesetzten strafbaren Handlungen zwei besonders schwerwiegende Verurteilungen zu verantworten. Zudem deuten die mehrfachen strafgerichtlichen Verurteilungen auf das Bild einer steigenden kriminellen Energie des Beschwerdeführers hin, was zuletzt in eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monate gipfelte. Nicht unberücksichtigt bleibt im gegenständlichen Fall auch die Intensität der vom Beschwerdeführer an den Tag gelegten physische und psychische Gewalt. Diese zeigt sich bei der ersten Verurteilung im Wegreißen des Mobiltelefons, am Packen und Zudrücken des Halses und dem anschließenden Hochheben des Opfers sowie der Äußerung, dass er sein Opfer "abstechen" werden, wenn es die Polizei informiere. Nicht minder gewaltbereit stellt sich der Sachverhalt für die letzte Strafverurteilung dar. Demzufolge trat der Beschwerdeführer im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einer anderen Person an das Opfer und weitere Jugendliche heran und forderten sie "Geld oder Drogen". Ihrer Forderung verliehen der Beschwerdeführer unter Vorzeigen und Repetieren einer (Spielzeug)Pistole und sein Mittäter unter Vorzeigen und Verwendung eines Elektroschockers Nachdruck. Auch wenn es sich beim Beschwerdeführer "nur" um eine Spielzeugpistole gehandelt hat und sein Mittäter den Elektroschocker verwendete, zeigt dies, dass der Beschwerdeführer zur Erreichung seines Zwecks auch nicht vor einem Waffengebrauch zurückschreckt. Des Weiteren griff der Beschwerdeführer in der Justizanstalt XXXX einen Justizwachebeamten während einer Amtshandlung, nämlich der Verbringung des Beschwerdeführers als Strafgefangener vom Aufenthalt im Freien zurück in die Abteilung, tätlich an, indem er diesem einen Stoß versetzte und auf ihn hinschlug.

Ebenso sind laut höchstgerichtlicher Judikatur die Milderungs- und Erschwernisgründe zu berücksichtigen. Mildernd wurde vom Landesgericht für Strafsachen immer wieder die (zeitweisen Teil-) Geständnisse und (teilweisen) Versuche des Beschwerdeführers berücksichtigt. Wohingegen das Zusammentreffen mehrerer strafbarerer Handlungen, die einschlägigen Vorstrafen, der baldige bzw. rasche Rückfall innert der offenen Probezeit erschwerend gewertet wurden. Bei seiner letztmaligen Verurteilung vom 14.05.2018, 163 Hv 25/2018v wurde erneut das teilweise Geständnis und der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben als mildernd berücksichtigt. Die 3 (sic!) Vorstrafen, das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen und die Tatwiederholung ließ der erkennende Strafrichter erschwerend in seine Entscheidung miteinfließen. Hinweise auf das etwaige Vorliegen von Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgründen, ergab sich aus keinem der sechs Gerichtsurteile. Auch wenn sich der Beschwerdeführer immer wieder (teil-)geständig zeigte, darf nicht darf nicht außer Acht gelassen werden, dass er immer wieder rückfällig wurde. Die Tatwiederholungen bzw. mehrfach einschlägigen Verurteilungen drücken eindeutig das fehlende Unrechtsbewusstsein des Beschwerdeführers aus. Zudem zeigen die mehrfachen Verurteilungen, dass der durch ein Strafurteil bewirkte Zweck einer negativen Spezialprävention - nämlich einen Täter von der Begehung (weiterer) strafbarer Handlungen abzuhalten - im gegenständlichen Fall offenbar keine Wirkung zeigte.

Somit stellt sich die vom Beschwerdeführer begangene Taten - auch unter Berücksichtigung seines zum Zeitpunkt der Tatbegehungen noch minderjährigen Alters - im konkreten Einzelfall sowohl objektiv, als auch subjektiv als besonders schwerwiegend dar.

3.1.2.3. Gemeingefährlichkeit:

Hinsichtlich der Voraussetzung der Gemeingefährlichkeit verlangt der VwGH das Vorliegen einer konkreten Gefahr für die "nationale Sicherheit", insbesondere, dass es sich dabei um Umstände handeln muss, bei denen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft darstellt. (VwGH 21.09.2015, Ra 2015/19/0130; 23.09.2009, 2006/01/0626). Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ist der Beschwerdeführer als gemeingefährlich anzusehen, da er unzählige Straftaten innerhalb eines äußerst kurzen Zeitraumes von Dezember 2016 bis Jänner 2018 (wiederholt) begangen hat. Er wurde bereits im Alter von 15 Jahren (!) das erste Mal strafgerichtlich wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB; des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB; des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB; des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt. Allerdings zeigte er sich trotz der (in weiterer Folge mehrfachen) Verurteilung(en) nicht einsichtig, sondern verübte weitere Straftaten mit steigender krimineller Energie. Die (vorangehende(n)) Verurteilungen haben beim Beschwerdeführer keine Besserung bewirkt. Im Gegenteil. Das Verhalten des Beschwerdeführers gipfelte zuletzt in einer Verurteilung zu einer 21monatigen Haftstrafe wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 StGB; des Verbrechens des

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten