TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/12 L515 2142554-1

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Veröffentlicht am 12.08.2019
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Entscheidungsdatum

12.08.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §34 Abs3 Z3
BFA-VG §40 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
FPG §46 Abs1 Z2
VwGVG §35
VwGVG §35 Abs1

Spruch

L515 2142554-1/24E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch RA Mag. Ronald FRÜHWIRTH, gegen die Festnahme am 07.11.2016, die Anhaltung im Rahmen der Festnahme bis 08.11.2016 und die Abschiebung am 08.11.2016 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 22a Abs. 1, 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idg und § 46 Abs. 1 Z 2 FPG BGBl I Nr. 100/2005 idF als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF abgewiesen.

III. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF hat der Beschwerdeführer dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von ? 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B) Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Dublinverfahren:

1.1. Die beschwerdeführende Partei (im Folgende kurz als "bP" bezeichnet) stellte nach Einreise am 18.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.

1.2. Eine durchgeführte EURODAC- Abfrage ergab keinen Treffer.

1.3. Im Rahmen einer ersten Prognoseentscheidung wurde das Verfahren am 19.12.2015 gem. § 19 Abs. 2 AsylG zugelassen.

1.4. Aufgrund der Aktenlage und der Angaben der bP hinsichtlich ihres Reiseweges und der erfolgten Einreise über die Republik Kroatien leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als nunmehr belangte Behörde (nachfolgend kurz als "bB" bezeichnet) nach neuerlicher Prüfung des Verfahrens mit Datum vom 14.03.2016 ein Konsultationsverfahren gem. Art 13 Abs. 1 Dublin III VO mit der Republik Kroatien ein.

Auf Grund der nicht fristgerecht erfolgten Antwort seitens Kroatiens ging die Zuständigkeit gem. Art. 13 Abs. 1 iVm Artikel 22 Absatz 7 bzw. Artikel 25 Absatz 2 der Dublin III-Verordnung aufgrund Verfristung mit Datum 15.05.2016 auf diesen Mitgliedsstaat über.

1.5. Mit Bescheid der bB vom 28.06.2016 wurde der Antrag der bP auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Republik Kroatien gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-Verordnung zur Prüfung des Antrages zuständig ist, sowie II. die Außerlandesbringung der bP gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung der bP nach Kroatien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig ist.

Zusammengefasst wurde festgehalten, dass ein von der bP im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer hier relevanten Verletzung des Art. 4 GRC bzw. von Art. 3 EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen lassen würde, im Verfahren nicht hervorgekommen sei. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Relevante schwere, lebensbedrohliche Krankheiten seien von der bP weder behauptet worden noch sei dies aus der Aktenlage ersichtlich. In Durchführung einer Abwägung der öffentlichen mit den privaten Interessen sei dem öffentlichen Interesse der Vorzug zu geben, da diese stärker wirken würde. Die Republik Kroatien sei bereit, den Antragsteller einreisen zu lassen bzw. die sonstigen ihm aus der Dublin III Verordnung und anderen einschlägigen unionsrechtlichen Rechtsakten treffenden Verpflichtungen dem Antragsteller gegenüber zu erfüllen. Es sei festzustellen, dass in Kroatien, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als einer Rechts- und Wertegemeinschaft und des Europarates mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Auch aus der Rechtsprechung des EGMR oder aus sonstigem Amtswissen lasse sich eine systematische, notorische Verletzung fundamentaler Menschenrechte in Kroatien keinesfalls erkennen.

1.6. Die bP erhob gegen den zurückweisenden Bescheid Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

1.7. Das ho. Beschwerdeverfahren über den zurückweisenden Bescheid des Bundesamtes wurde vorerst mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.02.2017 gemäß § 38 2. Satz AVG iVm § 17 VwGVG ausgesetzt, da die vom Obersten Gerichtshofs der Republik Slowenien vom 14.09.2016, ZI. C-490/16, und vom Verwaltungsgerichtshof vom 14.12.2016, EU 2016/0007, 0008-1 (Ra 2016/19/0303 und 0304) beantragte Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union als für die hier zu beurteilende Rechtsfrage als präjudiziell angesehen wurde. Dabei wurde hinsichtlich der Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung ausgeführt, dass in casu ausgeschlossen werden konnte, dass eine Abschiebung der bP aufgrund der sich eindeutig aus den fundierten und aktuellen Länderfeststellungen der bP entnehmbaren unbedenklichen Lage in Kroatien, als auch aufgrund der persönlichen Verhältnisse des BF eine reale Gefahr der Verletzung von Bestimmungen der Art. 3 bzw. 8 EMRK bedeuten würde.

Das ho. Gericht bestätigte mit Schreiben vom 19.07.2016 den Eingang der Beschwerde und kannte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zu. Die Anordnung zur Außerlandesbringung war somit durchführbar.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.10.2017 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.06.2016 gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

2. Verfahren über die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt:

2.1. Der bP wurde am 07.10.2016 ein Laissez-Passer für ihre geplante Überstellung nach Kroatien ausgestellt.

Am selben Tag erging betreffend die bP durch die bB ein Abschiebeauftrag nach Kroatien auf dem Luftweg für den 08.11.2016.

Die Flugbuchungsbestätigung für die Überstellung der bB nach Kroatien am 08.11.2016 wurde ebenfalls am 07.10.2016 ausgestellt und die Transferdaten zu der geplanten Überstellung der bP auf dem Luftweg nach Kroatien den kroatischen Behörden zur Kenntnis gebracht.

Am 07.10.2016 erließ die bB einen Festnahmeauftrag, wonach die bB ab 07.11.2016 06:00 Uhr gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG aufgrund der geplanten Überstellung der bB am 08.11.2016 festzunehmen und ihre Verfahrenskarte einzuziehen und die bP im Anschluss daran in das zuständige PAZ zu verbringen ist.

2.2. Die bP wurde am 07.11.2016 um 09:00 Uhr gemäß dem Festnahmeauftrag vom 07.10.2016 an ihrer Wohnanschrift festgenommen, wobei ihre Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 39 Abs. 3 BFA-VG sichergestellt wurde, und in das zuständige PAZ verbracht.

2.3. Die bP wurde am 08.11.2016 um 13:00 Uhr in die Republik Kroatien rücküberstellt.

2.4. Mit Schriftsatz vom 19.12.2016 erhob die bP durch ihren gewillkürten Rechtsvertreter Beschwerde gegen die Festnahme am 07.11.2016, die Anhaltung bis 08.11.2016 sowie gegen die erfolgte Abschiebung (Überstellung) am 08.11.2016 nach Kroatien. Beantragt wurde, das BVwG möge eine mündliche Verhandlung durchführen, feststellen, dass die Festnahme am 07.11.2016, die Anhaltung bis 08.11.2016 sowie die erfolgte Abschiebung bzw. Überstellung am 08.11.2016 rechtswidrig war sowie die belangte Behörde zum Ersatz der Kosten des Verfahrens zu verhalten.

Begründend wurde in der Beschwerde ausgeführt, dass die Festnahme dem Zweck der Sicherung der Abschiebung nach Kroatien gedient habe, und diese unzulässig gewesen sei. Die belangte Behörde stütze ihre Annahme der Zuständigkeit Kroatiens darauf, dass die bP im Zuge der "Massenfluchtbewegung" über die Länder der sogenannten "Balkanroute" reisend "illegal" iSd Art. 13 Dublin III-VO in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gelangt sei. In solch einem Fall wie dem gegenständlichen, in dem die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aus humanitären Gründen (etwa im Sinne des Art. 6 Schengener Grenzkodex) gestattet werde, stelle sich die Frage, ob damit ein "illegales" Überschreiten der Grenze im Sinne des Art. 13 Abs. 1 der Dublin III-VO vorliege und ob im Falle der Verneinung dieser Frage davon auszugehen sei, dass in einem solchen Fall kein Visumszwang im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Dublin III-VO bestehe und deshalb die Zuständigkeitstatbestand dieser Bestimmung zur Ermittlung der Zuständigkeit zur Prüfung eines Antrages auf internationalen Schutz herangezogen werden könne. Der Lösung dieser Rechtsfrage liege die Auslegung von Unionsrecht zugrunde. Der Oberste Gerichtshof der Republik Slowenien habe mit Beschluss vom 13.09.2016 die erörterte Fragestellung zur Auslegung des Tatbestandes der "illegalen Einreise" nach Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO gemäß Art. 267 AEUV dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Für die österreichischen Gerichte und Behörden liege nun eine "acte claire" Konstellation nicht mehr vor. Ein Vorabentscheidungsurteil des EuGH habe nach herrschender Ansicht über den Ausgangsfall hinaus die Wirkung, dass die dem Verfahren zugrundeliegende Auslegung des Unionsrechts für alle Behörden und Gerichte der Mitgliedstaaten verbindlich sei. Es ergebe sich somit für das Bundesamt die Verpflichtung, keine Entscheidung zu treffen oder Handlungen zu setzen, die dem Urteil des EuGH entgegenstehen könnten. Auch wenn gegen die bP eine durchsetzbare Entscheidung zur Außerlandesbringung vorlag, seien die dargelegten Argumente einer Außerlandesbringung der bP nach Kroatien entgegengestanden, da damit eine Entscheidung bzw. Handlung im oben dargestellten Sinne getroffen worden sei, welche nicht wieder rückgängig gemacht werden könne. Schließlich sei zu bedenken, dass durch die Außerlandesbringung der bP nach Kroatien im Falle der abschließenden Prüfung seines Asylantrages dort keine Möglichkeit mehr bestehe, eine sich allenfalls aus dem Vorabentscheidungsurteil ergebende Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrages der bP auf internationalen Schutz zu ermöglichen. Mit der Abschiebung der bP nach Kroatien habe keine Überstellung in den "zuständigen Mitgliedstaat" iSd Art. 29 Dublin III-VO stattgefunden, zumal die Zuständigkeit Kroatiens zur Prüfung des Antrags der bP auf internationalen Schutz angesichts des anhängigen Vorabentscheidungsverfahrens und der sich daraus ergebenden Verpflichtung Österreichs, in Fallkonstellationen wie der dem Vorabentscheidungsverfahren zugrundeliegenden die Verfahren auszusetzen, zum Zeitpunkt der in Beschwerde gezogenen Abschiebung nicht gegeben gewesen sei. Die Abschiebung bzw. Überstellung der bP erweise sich aus all den dargestellten Gründen daher als rechtswidrig.

2.5. Die belangte Behörde legte am 23.12.2016 die Beschwerde vor und erstattete eine Stellungnahme in der sie die Abweisung der Maßnahmenbeschwerde sowie den Zuspruch der Kosten begehrte. Zusammenfassend wurde ausgeführt, dass die in der Beschwerde geäußerte Vorhaltung aufgrund der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Festnahme und auch zum Zeitpunkt der Außerlandesbringung der bP nach Kroatien das Beschwerdeverfahren im Asylverfahren bzw. im Verfahren zur Anordnung einer Außerlandesbringung, - ohne das ein Rechtsmittel zu diesem Zeitpunkt eine aufschiebende Wirkung zugekommen wäre- in II. Instanz anhängig gewesen sei und auch von Seiten des Europäischen Gerichtshofes keine Einstwillige Maßnahme getroffen worden sei, ins Leere gehe.

3. Weiterer Verfahrensgang:

3.1. Die Beschwerdesache wurde der ho. Gerichtsabteilung L186 zugewiesen.

3.2. Mit ho. Erkenntnis vom 21.12.2017, GZ W186 2142554-1/7E wurde die Beschwerde gem. §§ 22a, 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG, § 46 Abs. 1 Z2 FPG als unbegründet abgewiesen, der Antrag der bP auf Kostenersatz wurde gem. § 35 VwGVG abgewiesen, weiter wurde Ausgesprochen, dass die bP dem Bund gem. § 35 VwGVG Kosten in der Höhe von ? 426,50 zu ersetzen hat. Die Revision wurde gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zugelassen.

3.3. Gegen das oa. Erkenntnis brachte die bP eine außerordentliche Revision beim VwGH ein. Diese wurde im Wesentlichen ähnlich wie die gegen die angefochtene Maßnahme vorgetragenen Beschwerdepunkte und weiters damit begründet, dass in der Rechtssache eine nach der Geschäftsverteilung des ho. Gerichts unzuständige Richterin entschied.

3.4. Mit Erkenntnis des VwGH vom 15.3.2018, RA 2018/21/0006-4 wurde seitens des Höchstgerichts das ho. Erkenntnis vom 21.12.2017, GZ W186 2142554-1/7E wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts aufgehoben. Der VwGH verneinte die Zuständigkeit der entscheidenden Richterin.

3.5. Nachdem das Erkenntnis des VwGH vom 15.3.2018, RA 2018/21/0006-4 beim ho. Gericht einlangte, erfolgte keine Neuzuweisung der Rechtssache an einen zuständigen Richter und folglich auch keine weitere Entscheidung in der Sache.

3.5. Mit Schreiben vom 29.5.2019 brachte der Vertreter der bP einen Fristsetzungsantrag gem. Art. 133 Abs. 1 Z2 B-VG iVm § 38 Abs. 1 VwGVG ein.

3.6. Nach Einlangen des Fristsetzungsantrages wurde seitens der Gerichtsabteilung W186 eine Unzuständigkeitseinrede erstattet, die Rechtssache der GA W186 abgenommen und mit Verfügung vom 17.6.2019 der ho. Gerichtsabteilung L515 zugewiesen.

3.7. Nach Aktenvorlage an den VwGH wurde mit verfahrensleitender Anordnung vom 4.7.2019 dem ho. Gericht ua. aufgetragen, innerhalb einer Frist von drei Monaten die Entscheidung zu erlassen.

3.8. Weitere inhaltliche Äußerungen, wie etwa Beschwerdeergänzungen oder Ergänzende Stellungnahmen ergingen in der anhängigen Rechtssache seitens der Parteien nach der Erlassung des Erkenntnisses des VwGH vom 15.3.2018, RA 2018/21/0006-4 nicht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die bP ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan und gelangte aus der Türkei über Griechenland, Mazedonien und Serbien nach Kroatien -wo sie in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union einreiste- sowie in weiterer Folge über Slowenien ins österreichische Bundegebiet.

Aufgrund der eindeutigen Angaben der bP zu ihrem Reiseweg und ihrer Einreise in das Gebiet der Mitgliedsstaaten über Kroatien wurde begründet ein auf Art. 13 Abs. 1 Dublin III VO basierendes Konsultationsverfahren mit Kroatien eingeleitet.

Nach Konsultation unterblieb seitens Kroatiens eine schriftliche Antwort, wodurch Kroatiens seine Zuständigkeit durch Verschweigen anerkannt hat.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28.06.2016, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Kroatien gemäß der Dublin III-Verordnung zur Prüfung des Antrages zuständig ist, sowie II. die Außerlandesbringung des BF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung des BF nach Kroatien zulässig ist.

Einer dagegen beim Bundesverwaltungsgericht mit 19.07.2016 erhobenen Beschwerde wurde keine aufschiebende Wirkung zuerkannt. Die Anordnung zur Außerlandesbringung war ab dem 27.07.2016 durchführbar.

Gegen den BF wurde am 07.10.2016 ein Abschiebeauftrag für den 08.11.2016 sowie ein Festnahmeauftrag für den 07.11.2016 erlassen.

Der BF wurde am 07.11.2016 um 09:00 Uhr an seiner Wohnadresse in Oberösterreich festgenommen und in das zuständige PAZ verbracht.

Zum Zeitpunkt der Festnahme des BF am 07.11.2016 lag ihn betreffend eine durchsetzbare und durchführbare Anordnung zur Außerlandesbringung hinsichtlich Kroatiens vor.

Die Festnahme am 07.11.2016 erfolgte auf Basis des am 07.10.2016 erlassenen Festnahmeauftrages gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG.

Am 08.11.2016 wurde der BF um 13:00 nach Kroatien überstellt. Die Überstellung verlief ohne Vorkommnisse.

Der BF litt zum Zeitpunkt der Festnahme, Anhaltung und Abschiebung an keinen schwerwiegenden Erkrankungen und war nicht in stationärer medizinischer bzw. psychologischer Behandlung.

Besondere private, familiäre oder berufliche Bindungen des BF bestehen im österreichischen Bundesgebiet nicht.

Besondere, in der Person des BF gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Kroatien sprechen, lagen ebenfalls nicht vor.

Der weitere maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem beschriebenen Verfahrenshergang.

2. Beweiswürdigung:

Die relevanten Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und von den Verfahrensparteien nicht beanstandeten Akteninhalt.

In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene freie Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen von ihrem objektiven Aussagekern her in sich schlüssig und stimmig ist.

Die Ausführungen der bB sind für sich als tragfähig anzusehen und stellten die nachfolgenden Erwägungen des ho. Gerichts lediglich Konkretisierungen und Abrundungen hierzu dar.

Da sich die bP seit Einbringung der Beschwerdeschrift bzw. in weiterer Folge seit der Erlassung des Erkenntnisses des VwGH vom 15.3.2018, RA 2018/21/0006-4 beim ho. Gericht nicht mehr inhaltlich äußerte, geht das ho. Gericht davon aus, dass in Bezug auf den entscheidungs-relevanten Sachverhalt keine Änderung eintrat, zumal die bP eingehend wiederholt über ihre Obliegenheit zur initiativen Mitwirkung im Verfahren belehrt wurde und überdies rechtsfreundlich vertreten wird. Es ist daher davon auszugehen, dass sie im Rahmen ihrer ihr bekannten Obliegenheit zur initiativen Mitwirkung im Verfahren eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts dem ho. Gericht mitgeteilt hätte, wenn eine solche Änderung eingetreten wäre. Da die bP keinerlei Mitteilungen diese Richtung erstattete, kann das ho. Gericht daraus den Schluss ziehen, dass im Vergleich zum Sachverhalt, wie er zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde vorlag, keine Änderung eintrat. Dies gilt sinngemäß auch für die bB als Verfahrenspartei.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Fall durch den Einzelrichter.

3.2. Durch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses tritt gem. § 42 Abs. 3 VwGG die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses befunden hat, weshalb sich die gegenständliche Rechtssache in der Lage vor der Erlassung des ho. Erkenntnis vom 21.12.2017, GZ W186 2142554-1/7E befindet.

Das Bundesverwaltungsgericht ist gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung über die Beschwerde hinsichtlich der Festnahme und der Anhaltung und Anordnung der Schubhaft zuständig.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG, in dem sich der die Abschiebung regelnde § 46 FPG befindet.

Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus den oa. Ausführungen die sachliche Zuständigkeit des ho. Gerichts zur Entscheidung über die Beschwerde.

Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beträgt sechs Wochen (§ 7 Abs. 4 VwGVG) und beginnt mit jenem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, wenn er aber durch diese behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung (§ 7 Abs. 4 Z 3 VwGVG) und wurde die gegenständliche Beschwerde fristgerecht eingebracht.

Zu Spruchteil A)

1. Abweisung der Beschwerde gegen die Festnahme und der Anhaltung:

1.1. In § 34 BFA-VG finden sich die Voraussetzungen für die Anordnung der Festnahme eines Fremden. Gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG kann ein Festnahmeauftrag erlassen werden, wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll. Gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 FPG sind Fremde, gegen die (beispielsweise) eine durchsetzbare Ausweisung vorliegt und die dieser nicht zeitgerecht nachgekommen sind, abzuschieben.

Absatz 1 des mit "Festnahme" betitelten § 40 BFA-VG lautet:

"(1) Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind nach § 40 Abs. 1 BFA-VG ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen,

1. gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht,

2. wenn dieser Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt oder

3. der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt."

Diese Voraussetzungen lagen im gegenständlichen Fall zum Zeitpunkt der Festnahme vor:

Das Bundesamt erließ am 07.10.2016 einen Festnahmeauftrag gegen den BF gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG. Gegen die bP bestand zu diesem Zeitpunkt eine Anordnung zur Außerlandesbringung, die durchsetzbar und durchführbar war und unter einem am 07.10.2016 ein Abschiebeauftrag auf dem Landweg für den 08.11.2016 erlassen wurde. Zudem war diese Entscheidung auch durchführbar, da der gegen den zurückweisenden Bescheid erhobenen Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zuerkannt worden war - was letztlich durch die problemlose Durchführung der Überstellung belegt ist.

1.2. Hinsichtlich der Argumentation in der gegenständlichen Beschwerde ist zunächst festzuhalten, dass sich diese offenkundig inhaltlich (nur) gegen die Entscheidung im Asylverfahren - gestützt auf beim EuGH anhängige Vorabentscheidungsersuchen und rezente Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes (nach dem Zeitpunkt der Abschiebung) - richtet. Die Festnahme sei durch die Rechtswidrigkeit der Abschiebung (infolge der angeführten VwGH-Entscheidungen) quasi rückwirkend ebenfalls rechtswidrig geworden. Die bP und ihr rechtsfreundlicher Vertreter können diese Argumente im Rahmen einer Revision/VfGH-Beschwerde oder allenfalls eines Antrags auf Wiederaufnahme des Asylverfahrens nach hg. ergangenem Erkenntnis geltend machen.

Die Beschwerde gegen eine Festnahme, Anhaltung und Abschiebung ist jedenfalls nicht das rechtliche Instrument, um Zweifel an der dieser zugrundeliegenden durchsetzbaren und durchführbaren Sachentscheidung in einem im Stande der Beschwerde anhängigen Asylverfahren anzumelden. Umso mehr, als die diesbezüglich vorgesehenen rechtlichen Instrumente zweifelsfrei existieren - und von der bP nach Entscheidung in dem hg. anhängigen Verfahren über den zurückweisenden Bescheid des Bundesamtes geltend gemacht werden können.

Zudem kann eine Festnahme, Anhaltung oder Abschiebung nicht schon deswegen rechtswidrig sein, weil sich Wochen nach dieser Festnahme möglicherweise herausstellen könnte, dass eine durchsetzbare Entscheidung im hg. Verfahren zu beheben gewesen wäre, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt unter Umständen jenem entsprechen könnte, der den Verwaltungsgerichtshof nach Vollzug der Festnahme zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens beim EuGH motiviert hat. Im Übrigen beziehen sich die in der Beschwerde angesprochenen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes (vom 16.11.2016) auf konkrete Umstände von Einzelfällen in eben jenen Verfahren, deren Anfechtung der bP und seinem rechtsfreundlichen Vertreter im Zusammenhang mit der gegenständlichen Entscheidung auch nach erfolgter hg. Entscheidung über den zurückweisenden Bescheid noch offen steht.

Der Vollständigkeit halber sei bezüglich des Beschwerdevorbringens noch anzumerken - wenn gleich dies ohnehin nur für das Asylverfahren und nicht für gegenständliche Beschwerde relevant-, dass der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 26.07.2017 über das slowenische (C-490/16) und das österreichische (C-646/16) Vorabentscheidungsersuchen betreffend der "Massenfluchtbewegung" im Zusammenhang mit der Anwendung der Dublin III-VO feststellte, dass trotz der exzeptionelle Umstände das Überschreiten einer Grenze ohne Einhaltung der Voraussetzungen der im betreffenden Mitgliedstaat geltenden Regelung zwangsläufig als "illegal" im Sinne der Dublin-III-Verordnung einzustufen ist, und somit ein "illegales Überschreiten einer Grenze" auch dann vorliegt, wenn ein Mitgliedstaat Drittstaatsangehörigen die Einreise in sein Hoheitsgebiet aus humanitären Gründen und unter Abweichung von den für sie grundsätzlich geltenden Einreisevoraussetzungen gestattet. Im gegenständlichen Fall ist daher, entsprechend der durchsetzbaren und durchführbaren Entscheidung der belangten Behörde im Zulassungsverfahren, Kroatien für die Führung des Asylverfahrens des BF zuständig ist.

1.3. Eine Rechtswidrigkeit der Festnahme, Anhaltung oder Abschiebung aus anderen Gründen wird in der Beschwerde nicht behauptet - insbesondere wird nicht vorgebracht, dass die Festnahme auf einer falschen rechtlichen Grundlage angeordnet worden ist oder sich diese aus irgendwelchen Gründen in deren Anordnung bzw. Vollziehung als unverhältnismäßig herausgestellt hätte. Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG zur Erlassung eines Festnahmeauftrags und damit zur Vollziehung der Festnahme und der darauf gestützten Anhaltung waren zum Zeitpunkt der Festnahme (07.11.2016) vielmehr unstrittig gegeben.

1.4. Da sich die Festnahme im gegenständlichen Fall als rechtmäßig erwiesen hat, erweist sich auch die ihr folgende Anhaltung (auf Basis der Festnahme) als rechtmäßig - zumal die diesbezüglich gesetzlich zulässige Maximaldauer deutlich nicht erreicht worden ist. Im Übrigen findet sich auch in der Beschwerde kein Hinweis, warum die der Festnahme folgende Anhaltung aus anderen Gründen rechtswidrig sein hätte sollen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2. Abweisung der Beschwerde gegen die erfolgte Abschiebung:

2.1.1. Gemäß § 46 Abs. 1 FPG können Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung), wenn (1) die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint; (2) sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind; (3) aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen; oder (4) sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

2.1.2. Die Abschiebung stellt nur insofern eine Einheit mit der Festnahme und Anhaltung im Rahmen der Festnahme dar, als alle ihre Elemente auf den Endzweck ausgerichtet sind, den Fremden zum Verlassen des Bundesgebietes zu verhalten, gleichgültig, wo sich diese Einzelelemente ereignen. Sie alle gehen auf den Willen derjenigen Fremdenpolizeibehörde zurück, die die Abschiebung veranlasst hat. Wird demnach gegen einen Fremden nach der Festnahme nicht die Schubhaft verhängt, sondern wird er nach seiner Festnahme "direkt" abgeschoben, dann beginnt die Abschiebung bereits mit dieser Festnahme. Dass gegen Festnahme und Anhaltung des Fremden als eigene Maßnahmen im Rahmen der Abschiebung eine Beschwerde nach § 22 a Abs. 1 BFA-VG (vor dem 31.12.2013: § 82 Abs. 1 Z 1 und Z 2 FPG) zulässig erhoben werden kann, ergibt keine andere Beurteilung (VwGH 16.05.2012, 2012/21/0085; 19.05.2011, 2009/21/0214, 0224).

Im Verfahren gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG ist die Frage der Rechtmäßigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme keiner Prüfung zu unterziehen (VwGH 27.03.2007, 2007/21/0019; 31.08.2006, 2004/21/0138), ebenso wenig die Rechtmäßigkeit der Abschiebung. Beachtlich ist vielmehr im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit von Festnahme und Anhaltung, ob die belangte Behörde bei Setzung dieser Maßnahme realistischer Weise mit der tatsächlichen Durchführung der Abschiebung rechnen durfte.

2.2. Es müssen also zur durchsetzbaren Rückkehrentscheidung, Anordnung zur Außerlandesbringung, zur Ausweisung bzw. zum Aufenthaltsverbot noch weitere Voraussetzungen hinzutreten; dass durchsetzbare Bescheide vorliegen genügt noch nicht; dies ist nur eine der Voraussetzungen für die Abschiebung. Es muss daher ein Weg eröffnet sein, die Rechtswidrigkeit der Abschiebung trotz Vorliegens durchsetzbarer Bescheide betreffend Rückkehrentscheidung, Anordnung zur Außerlandesbringung, Aufenthaltsverbot oder Ausweisung geltend zu machen. Das Gesetz wird dem insofern gerecht als es die Umsetzung des Bescheides als unmittelbare Befehls- und Zwangsgewalt bezeichnet und damit die Möglichkeit einer Maßnahmenbeschwerde eröffnet (VwGH 23.09.1994, 94/02/0139; VwGH 20.10.2011, 2010/21/0056). Bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Abschiebung kommt es nach § 46 Abs. 1 FPG nicht nur auf das Vorliegen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Entscheidung, sondern auch auf die Erfüllung einer in den Z 1 bis 4 genannten Tatbestandsvoraussetzungen an. Überdies sieht die Bestimmung bei Vorliegen der dort genannten Bedingungen keine unbedingte Abschiebeverpflichtung vor, sondern stellt die Abschiebung in behördliches Ermessen (VwGH 30.08.2011, 2008/21/0020; VwGH 20.10.2011, 2010/21/0056). Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme ist die Behörde nicht auf die vorgebrachten Gründe beschränkt. Eine Abschiebung darf im Fall eines gestellten Antrages auf internationalen Schutz bis zur Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 12a Abs. 4 AsylG 2005 nicht stattfinden (vgl. VwGH 26.06.2014, 2013/21/0253).

Zunächst bedarf es einer näheren Prüfung, ob im Fall der bP eine Anordnung zur Außerlandesbringung vorlag:

2.3. Der von der bP eingebrachte Antrag auf internationalen Schutz wurde wegen der Zuständigkeit Kroatiens mit Bescheid vom 28.06.2016 zurückgewiesen und gegen die bB eine Anordnung der Außerlandesbringung nach Kroatien angeordnet. Dieser Bescheid wurde zwar am 19.07.2016 in Beschwerde gezogen, das Bundesverwaltungsgericht erkannte der Beschwerde allerdings binnen einer Woche keine aufschiebende Wirkung zu und setzte das Beschwerdeverfahren mit Beschluss vom 13.02.2017 gemäß § 38 2. Satz AVG iVm § 17 VwGVG aus. Gegen die bP lag daher seit 27.07.2016 eine durchsetzbare Außerlandesbringung vor. Der Abschiebeauftrag vom 07.10.2016 sieht die Abschiebung der bB am 08.11.2016 nach Kroatien vor. Es ist daher - auch vor dem Hintergrund der tatsächlich erfolgten Abschiebung innerhalb der für die Anhaltung im Rahmen der Festnahme vorgesehenen Höchstfrist - der belangten Behörde nicht vorzuwerfen, wenn sie zum Zeitpunkt der Festnahme am 07.11.2016 ex ante davon ausging, dass die Abschiebung tatsächlich in Frage kam und innerhalb der vorgesehenen Frist (aufgrund der für den nächsten Tag vorliegenden Buchungsbestätigung) bewerkstelligt werden konnte (vgl. zur Schubhaft VwGH 26.09.2007, 2007/21/0253; 23.10.2008, 2006/21/0128; 11.06.2013, 2013/21/0024; aufgrund der vergleichbaren Interessenslage sind die dort angestellten höchstgerichtlichen Überlegungen auch im gegenständlichen Fall anwendbar).

Gemäß § 46 Abs. 1 FPG ist nun weiters zu prüfen, ob eine der in den Z 1 bis 4 genannten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt ist:

In Bezug auf die bP lag seit 27.07.2016 eine durführbare Anordnung zur Außerlandesbringung vor. Da die bP ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht nachkam ist der Tatbestand des § 46 Abs. 1 Z 2 FPG erfüllt. Wird eine Ausweisung durchsetzbar, ist damit stets die Verpflichtung zum unverzüglichen Verlassen des Bundesgebietes verbunden (Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht [2014] § 46 FPG Anm 2).

Es ist weiters zu prüfen, ob im vorliegenden Fall ein Verbot der Abschiebung vorlag:

2.4. Gemäß § 50 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Für die Gewährung von Abschiebeschutz ist die maßgebliche Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Verletzung der Menschenrechte gefordert. Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen genügen hingegen nicht (vgl. VwGH 27.02.1997, 98/21/0427).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. VwGH 26.06.1997, 95/18/1293; 17.07.1997, 97/18/0336).

2.5. Im verfahrensgegenständlichen Fall kann, wie schon in der rechtlichen Beurteilung unter Punkt 1.2. bereits ausgeführt, nicht angenommen werden, dass die bP durch die Abschiebung nach Kroatien einer existentiellen Gefährdung oder sonstigen Bedrohung ausgesetzt war, sodass die Abschiebung eine Verletzung von Art. 2 oder Art 3 EMRK bedeuten würde. Weder wurde ein diesbezügliches Beschwerdevorbringen erstattet noch ist von Amts wegen eine solche Gefährdung hervorgekommen. Die Überstellung selbst verlief ohne Zwischenfälle.

Dass der bP in Kroatien keine Gefahr für Leib oder Leben in einem Maße droht, welche die Abschiebung im Lichte des Art. 2 und Art. 3 EMRK unzulässig erscheinen lässt, hat bereits das Bundesverwaltungsgericht durch die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung unterstrichen.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die bB ex ante vom im Rahmen des Beitritts der Republik Kroatiens zur Europäischen Union erfolgten Grundsatz der normativen Vergewisserung der Sicherheit der Republik Kroatien ausgehen konnte und keine substantiierten Hinweise bestanden, dass von dieser Annahme im konkreten Fall abzugehen sei.

Eine Rechtswidrigkeit der Abschiebung aus anderen Gründen als hinsichtlich der Nichtzuständigkeit Kroatiens im Zusammenhang mit dem beim Europäischen Gerichtshof anhängigen Vorabentscheidungsersuchen im Hinblick auf die "Massenfluchtbewegung" auf der "Westbalkanroute" im Zeitraum September 2015 bis März 2016, wird in der Beschwerde nicht behauptet (siehe dazu die obigen Ausführungen zur Festnahme und Anhaltung) - insbesondere wird nicht vorgebracht, dass die Abschiebung auf einer falschen rechtlichen Grundlage angeordnet worden ist oder der BF in aufgrund der Abschiebung nach Kroatien einer existentiellen Gefährdung oder sonstigen Bedrohung iSd Art 2 oder 3 EMRK ausgesetzt war. Ebenso wenig ergibt sich aus dem Akteninhalt ein derartiger Umstand, sondern geht aus diesem hervor, dass die Abschiebung ohne Probleme verlief.

Eine Rechtswidrigkeit der Abschiebung in Hinblick auf Art. 8 EMRK kann ebenfalls nicht erblickt werden, zumal diesbezüglich kein Vorbringen erstattet wurde und auch von Amts wegen keine Art. 8 EMRK relevanten Beziehungen des BF aktenkundig sind.

2.5. Die Voraussetzungen des § 46 FPG waren vielmehr unstrittig gegeben. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass die bB im Rahmen dieser Voraussetzungen nicht Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt hätte und ist die Beschwerde gegen die Abschiebung daher als unbegründet abzuweisen.

Sonstige außergewöhnliche Umstände, welche die Abschiebung der bP nach Kroatien unzulässig machen könnten, sind im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgetreten.

2.6. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die bP durch die von ihr mittels gegenständlicher Beschwerde bekämpfte Abschiebung am 08.11.2016, die zur Durchsetzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme in Ausübung unmittelbarer verwaltungs-behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erfolgte, nicht in ihren Rechten verletzt wurde war daher spruchgemäß die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3. Kostenersatz

3.1.Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

3.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 leg. cit. der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 leg. cit. die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 leg. cit. auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 leg. cit. sinngemäß anzuwenden.

3.3. Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegene Partei daher kein Kostenersatz.

3.4. Die belangte Behörde ist auf Grund der Rechtmäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft in allen Punkten obsiegende Partei, weshalb sie Anspruch auf Kostenersatz (im beantragten Umfang) hat:

Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird in § 1 VwG-AufwErsV wie folgt festgesetzt:

1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei ? 737,60

2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei ? 922,-

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei ? 57,40

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei ? 368,80

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei ?461,00

6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) ? 553,20

7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) ? 276,60

Die belangte Behörde legte die Akten vor (Z 3) und gab eine schriftliche Stellungnahme zur Beschwerde ab bzw. erstattete eine Gegenschrift (Z 4). Weitere Gebühren und Barauslagen sind im gegenständlichen Verfahren laut der dem Gericht bekannten Aktenlage nicht angefallen, bzw. wurde derartiges von der bB nicht geltend gemacht.

Weiters stellt die bB einen Antrag auf den Ersatz ihrer Aufwendungen.

Der belangten Behörde gebührt als obsiegende Partei Ersatz sowohl für die Aktenvorlage, als für eine begründete Stellungnahme (Schriftsatz) von insgesamt Euro 423,20, zumal die erfolgte Festnahme, Anhaltung und Abschiebung im gegenständlichen Fall als Einheit zu sehen sind (siehe Punkt 2.1.2), weshalb mit dem einmaligen Zuspruch der Aufwendungen sämtliche in Beschwerde gezogene Amtshandlungen iSd § 35 VwGVG abgedeckt sind.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung sowie die in der Beschwerde geforderten Einvernahmen konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente (Durchführbarkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, kein Abschiebehindernis iSd Art. 2 oder 3 EMRK) nicht vorlagen.

Auch wird zum allfälligen Erfordernis einer weiteren persönlichen Einvernahme festgehalten, dass in der Beschwerde nicht angeführt wird, was bei einer solchen konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären (zB. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies -so wie im gegenständlichen Fall- unterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme iSe hier weiteren Beschwerdeverhandlung. Ebenso erstattete die bP kein Vorbringen, welche die normative Vergewisserung der Sicherheit Georgiens in Zweifel gezogen hätte. Auch waren keine offenen Fragen zu klären, deren Klärung die Verschaffung eines persönlichen Eindruckes der bP bedingen würde (vgl. etwa. Erk. d. VwGH vom 20.10.2016, Ra 2016/21/0289 mwN; Beschluss des VwGH vom 26.1.2016, Ra 2016/21/0233 oder Beschluss vom 18.10.2017, Ra 2017/190422 bis 0423-4, Ra 2017/19/0424-5).

5. Auch im Lichte des Urteils des EuGH vom 19.06.2018, C-181/16, Gnandi gg. Belgien kann das ho. Gericht zu keiner anderslautenden Entscheidung kommen, weil die dort angeführten Ausführungen gegen die Zulässigkeit einer Abschiebung während des Rechtsmittelverfahrens auf den gegenständlichen Fall keine Anwendung finden (vgl. insbes. Erk. des VwGH vom 13.12.2018, Ro 2018/18/0008 mwN).

Zu B) Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungs-gerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage und den eindeutigen und keine andere als die hier gewählte Auslegung der anzuwendenden Rechtsnormen stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Abschiebung Anhaltung Aufenthaltsbeendigung Befehls- und Zwangsgewalt Dublin III-VO Festnahme Festnahmeauftrag Kostenentscheidung - Gericht Kostenersatz Kostenersatz - Antrag Maßnahmenbeschwerde Obsiegen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L515.2142554.1.00

Im RIS seit

17.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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