TE Bvwg Beschluss 2020/5/28 W212 2188545-1

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Veröffentlicht am 28.05.2020
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Entscheidungsdatum

28.05.2020

Norm

AsylG 2005 §35 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W212 2188545-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SINGER nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 17.01.2018, GZ: Damaskus-ÖB/KONS/1646/2017, aufgrund des Vorlageantrages der XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 23.10.2017, den Beschluss gefasst:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 3 VwGVG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Syrien, stellte am 30.05.2017 bei der Österreichischen Botschaft Damaskus (im Folgenden: ÖB Damaskus) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde der vermeintliche Ehemann XXXX , geb XXXX , staatenlos, namhaft gemacht, welchem mit Bescheid vom 06.04.2017, rechtskräftig seit 10.04.2017, der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Dem Antrag beigelegt waren folgende Unterlagen:

- Reisepasskopie der Beschwerdeführerin,

- Bescheid mit welchem der Bezugsperson der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist,

- Reisepasskopie der Bezugsperson,

- Meldebestätigung der Bezugsperson,

- Bescheinigung des Scharia- Gerichts vom 11.08.2015 mit der eine am 02.02.2015 in traditionell -religiöser Form geschlossene Ehe bestätigt wird,

- Heiratsurkunde aus der hervorgeht, dass die am 11.08.2015 bestätigte Ehe am 12.08.2018 registriert wurde,

- Auszug aus dem Personalregister vom 05.02.2017

2. Nach Übermittlung des Antrages der Beschwerdeführerin an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) teilte diese Behörde in einer Stellungnahme vom 08.08.2017 der ÖB Damaskus mit, dass die Gewährung des Status einer Asylberechtigten beziehungsweise subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen des Familienverfahrens nicht wahrscheinlich sei.

Begründend wurde vom BFA ausgeführt, dass die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren nicht vorlägen, da die Ehe nicht bereits im Herkunftsland bestanden habe und die Antragstellerin deshalb keine Familienangehörige im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 sei.

Die Bestätigung der Ehe beziehungsweise deren Registrierung sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem sich die Bezugsperson bereits in Österreich aufgehalten habe. Da es aufgrund der amtsbekannten Korruption im Herkunftsstaat durchaus möglich sei, Dokumente mit jeglichem Inhalt widerrechtlich zu erlangen, könnten die vorgelegten Urkunden auch nicht als Nachweis für das behauptete Familienverhältnis herangezogen werden und werde an deren Echtheit gezweifelt. Aufgrund der kurzen Zeitspanne zwischen der angeblich am 02.02.2015 erfolgten Hochzeit und der späteren Ausreise der Bezugsperson sei ferner nicht davon auszugehen, dass ein aufrechtes Familienleben im Sine des Art. 8 EMRK bestanden habe und seien zu keiner Zeit Beweismittel für eine tatsächliche Eheschließung am 02.02.2015 erbracht worden. Verwiesen werde letztlich auf eine Anfragebeantwortung von accord a-9346-v2 vom 13.10.2015, aus welcher klar hervorgehe, dass bei der Registrierung der Ehe beide Ehepaare vor Gericht anwesend zu sein haben.

3. Mit Schreiben vom 11.08.2017, zugestellt am 18.09.2017, wurde der Beschwerdeführerin die Gelegenheit gegeben, die obenstehend angeführten Ablehnungsgründe durch ein unter Beweis zu stellendes Vorbringen binnen Wochenfrist zu zerstreuen.

4. In einer Stellungnahme vom 25.09.2017, bei der belangten Behörde am selben Tag eingelangt, machte die Beschwerdeführerin zur beabsichtigten Entscheidung Folgendes geltend:

Sie sei die Ehefrau von XXXX , dem mit Bescheid vom 06.04.2017 der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei und habe sie am 30.05.2017 bei der ÖB Damaskus den Einreiseantrag gemäß § 35 AsylG gestellt, um das Familienleben mit ihrem Ehemann in Österreich fortführen zu können.

Die Ehe sei am 02.02.2015 traditionell geschlossen und am 11.08.2015 vom Scharia- Gericht sowie am 12.08.2015 vom Standesamt in Damaskus registriert worden. Ihr Ehemann sei bei der Registrierung der Ehe zwar nicht anwesend gewesen, doch habe er seinen Schwager bevollmächtigt ihn diesbezüglich zu vertreten. Nach der traditionellen Hochzeit habe die Beschwerdeführerin zunächst bei ihrem Ehemann gewohnt, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem er nach Österreich geflüchtet sei. Danach habe sie bei ihrer Familie gelebt. Da aber auch diese Syrien verlassen habe, lebe sie nunmehr bei der Mutter ihres Ehemannes. Sie stehe in regelmäßigem Kontakt mit ihrem Ehemann, welcher ihr auch Unterstützungsgelder zukommen ließe. Die Ehe habe bereits vor der Einreise der Bezugsperson in das österreichische Bundesgebiet bestanden und hätte ihr Ehemann im Laufe seines Asylverfahrens auch stets ausgesagt, verheiratet zu sein. Die Ermittlungen der Behörde ließen schließlich auch eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann vermissen, zumal sie auch nicht zu ihrem Eheleben befragt worden seien.

Der Stellungnahme beigefügt waren:

- Urkunde über die Ehebestätigung des Scharia- Gerichts,

- Heiratsurkunde,

- Generalvollmacht betreffend den Schwager der Bezugsperson,

- Hochzeitsfotos

Die Stellungnahme wurde dem BFA weitergeleitet.

5. In einer Rückmeldung vom 05.10.2017 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit, dass die im Rahmen des Parteiengehörs eingebrachte Stellungnahme der Beschwerdeführerin keine Argumente beinhalte, welche für eine positive Wahrscheinlichkeitsprognose sprechen würden.

Da die Bezugsperson einen Stellvertreter für die am 12.08.2015 erfolgte Registrierung der Eheschließung bevollmächtigt habe, liege eine Stellvertreter- Ehe vor, die mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar und daher nicht gültig sei (es handle sich um einen Verstoß des ordre public Grundsatzes im Sinne des § 6 IPRG) und habe ferner keine aufrechte Ehe zum Zeitpunkt der Asylantragstellung der Bezugsperson bestanden, zumal die Registrierung der Ehe erst danach erfolgt sei. Auch werde darauf hingewiesen, dass es sich bei den von der Beschwerdeführerin nachgereichten Fotos um kein taugliches Beweismittel handle, die angeblich am 02.02.2015 geschlossene traditionelle Hochzeit nachzuweisen, da die Fotos weder etwas über den Ort noch über den Zeitpunkt der Eheschließung erkennen ließen.

Die Rückmeldung des BFA wurde der Beschwerdeführerin nicht weitergeleitet.

6. In weiterer Folge verweigerte die ÖB Damaskus mit Bescheid vom 23.10.2017, zugestellt am 10.11.2017, den Antrag auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 Abs. 4 AsylG.

7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 06.12.2017 bei der belangten Behörde eingebrachte Beschwerde, worin im Wesentlichen das bereits in der Stellungnahme vom 25.09.2017 Gesagte wiederholt wurde.

8. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 17.01.2018, zugestellt am 19.01.2018, wurde die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Vertretungsbehörde in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des BFA über die Prognose einer Asylgewährung beziehungsweise Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden sei und eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose durch die Botschaft nicht in Betracht komme. Unabhängig davon teile die belangte Behörde die rechtliche Beurteilung des BFA in der Stellungnahme vom 08.08.2017 und insbesondere in der Stellungnahme vom 13.10.2017 (gemein: Rückmeldung vom 05.10.2017), wonach eine Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht festgestellt werden habe können und sie sohin keine Familienangehörige im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 sei. Eine Stellvertreter-Ehe widerspreche eindeutig den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung und folge aus § 6 IPRG, dass eine solche keinen Rechtsbestand habe.

9. Am 02.02.2018 wurde von der Beschwerdeführerin ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.

Die Beschwerdeführerin monierte darin zunächst, dass sie die Rückmeldung des BFA vom 13.10.2017 nicht erhalten habe, weshalb die angeführte Begründung für die Ungültigkeit der Ehe mit dem Verweis auf § 6 IPRG für sie neu und ihr diesbezüglich nicht die Möglichkeit gegeben worden sei, dagegen Stellung zu nehmen.

Darüber hinaus werde bekräftigt, dass es sich bei der Registrierung und Eintragung einer Ehe nicht um die Eheschließung selbst handle - wobei auf die ACCORD Anfragebeantwortung a- 9378 vom 19.10.2015 verwiesen werde - und könne daher nicht von einer Stellvertreter -Ehe ausgegangen werden, zumal die traditionelle Eheschließung in Anwesenheit beider Eheleute erfolgt sei.

10. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres, eingelangt am 08.03.2018, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

3.1. § 34 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017:

"(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."

§ 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:

"(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres

und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."

§ 11 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.

...

§ 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 68/2013 lautet:

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."

§ 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet:

"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist."

Mit Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden kann. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen werde daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gelte, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen hat, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.

Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. VwGH 10.04.2013, Zl. 2011/08/0169 sowie dazu Walter/Thienel: "Verwaltungsverfahren Band I2", E 84 zu § 39 AVG).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des BFA) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).

Ungeachtet dieser für die Vertretungsbehörden bestehenden Bindungswirkung an die Prognoseentscheidung des BFA steht es dem Bundesverwaltungsgericht allerdings nunmehr innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz (FNG), BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems offen, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002). Auch wenn es sich bei der Mitteilung des BFA um keinen Bescheid handelt, der vom Antragsteller (selbständig) angefochten werden kann (VwGH 06.10.2010, 2008/19/0527), setzt die Möglichkeit einer Überprüfung der Richtigkeit dieser Prognose durch das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls voraus, dass dieser Mitteilung des BFA in nachvollziehbarer Weise zu entnehmen ist, aus welchen Gründen das BFA die Zuerkennung des beantragten Schutzstatus für nicht wahrscheinlich hält.

Im Rahmen seiner Überprüfungsmöglichkeit kommt das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass sich die bekämpfte Entscheidung in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft erweist:

Die Behörde ist im Verfahren davon ausgegangen, dass die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson am 11.08.2015 durch das Scharia-Gericht bestätigt worden und daraufhin die Heiratsurkunde ausgestellt und eine Eintragung im Personenstandsregister erfolgt sei. Die Ehe hätte erst mit deren Registrierung Gültigkeit erlangt, zu einem Zeitpunkt, als die Bezugsperson bereits in das österreichische Bundesgebiet eingereist sei und sei die Beschwerdeführerin demnach keine Familienangehörige iSd § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 iVm § 35 leg. cit. Darüber hinaus sei die Registrierung der Eheschließung in Abwesenheit der Bezugsperson, dem vermeintlichen Ehemann, erfolgt, weshalb es sich um eine Stellvertreter-Ehe handle, die mit den österreichischen Grundwerten unvereinbar sei.

Die Behörde hat jedoch völlig die Fragestellung ausgeblendet, ob - wie aus der vorgelegten Ehebescheinigung des Scharia-Gerichtes in Damaskus vom 11.08.2015 hervorgeht - die Ehe nicht bereits am 02.02.2015 in traditionell-religiöser Form geschlossen worden und ob es zu diesem Zeitpunkt zu einer Verletzung des ordre public gekommen ist. Relevant ist diesbezüglich auch, ob und wann nach den Formvorschriften des Ortes der Eheschließung eine nachfolgende Registrierung korrekt erfolgt ist und ob durch eine allfällige spätere gerichtliche Bestätigung der Ehe und deren Eintragung in das Personenstandsregister die behauptete traditionelle Eheschließung rückwirkend Gültigkeit erlangt hat. Die Entscheidung der Behörde lässt demnach fundierte Feststellungen über die syrische Eherechtslage vermissen.

Was die Frage der Beurteilung der Rechtsgültigkeit einer Eheschließung von Drittstaatsangehörigen im Ausland betrifft, so entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass ausländisches Recht keine Rechtsfrage, sondern eine Tatfrage darstellt, welche in einem - grundsätzlich amtswegigen - Ermittlungsverfahren festzustellen ist, wobei eine Mitwirkungspflicht der Partei besteht, soweit dies erforderlich ist (z.B. VwGH 27.06.2017, Ra 2016/18/0277; 19.03.2009, 2007/01/0633). Im Zusammenhang mit der Frage der Gültigkeit einer Eheschließung von (dort:) somalischen Staatsangehörigen in deren Herkunftsstaat hat der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 27.06.2017 Folgendes näher ausgeführt:

"Gemäß § 3 Bundesgesetz über das internationale Privatrecht, BGBl. Nr. 304/1978 idF BGBl. I Nr. 87/2015 (IPRG), ist maßgebliches fremdes Recht von Amts wegen und wie in seinem ursprünglichen Geltungsbereich anzuwenden, wobei es in erster Linie auf die dort von der Rechtsprechung geprägte Anwendungspraxis ankommt (vgl. OGH RIS-Justiz, RS0113594). Nach § 4 Abs. 1 IPRG ist das fremde Recht und die Anwendungspraxis dazu (OGH RIS-Justiz RS0113594 (T2), siehe auch OGH RIS-Justiz RS0109415) von Amts wegen zu ermitteln. Zulässige Hilfsmittel hiefür sind etwa die Mitwirkung der Beteiligten, Sachverständigengutachten und die Inanspruchnahme der Staatendokumentation (§ 5 Abs. 3 BFA-G).

Nach dem IPRG sind die Form einer Eheschließung im Ausland, die Voraussetzungen der Eheschließung sowie die der Ehenichtigkeit und der Aufhebung und die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe nach dem Personalstatut jedes der Verlobten, sofern sich auf Grund von Rück- und Weiterverweisung kein anderer Anknüpfungspunkt ergibt (vgl. dazu § 5 IPRG), zu beurteilen (vgl. im Näheren insbesondere die §§ 9, 16 ff IPRG).

In Bezug auf ausländisches Recht gilt der Grundsatz "iura novit curia" nicht, sodass dieses in einem - grundsätzlich amtswegigen - Ermittlungsverfahren festzustellen ist, wobei eine Mitwirkungspflicht der Partei besteht, soweit die Mitwirkung der Beteiligten erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne VwGH vom 19. März 2009, 2007/01/0633)."

Die Beschwerdeführerin hat während des gesamten Verfahrens behauptet, bereits am 02.02.2015 in traditioneller Form und in Anwesenheit beider Personen geheiratet zu haben. Im Hinblick auf die entscheidungswesentliche Frage hinsichtlich der staatlichen Gültigkeit einer zuvor traditionell geschlossenen Ehe, die nachträglich registriert wurde, fehlen in den Mitteilungen des BFA wie schon oben erwähnt jedoch jegliche Feststellungen, weshalb die Behörde ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht nicht nachgekommen ist.

Es ist diesbezüglich auch auf die Entscheidung des VwGH vom 06.09.2018, Ra 2018/18/0094 zu verweisen, aus der hervorgeht, dass der bloße Umstand der Anerkennung einer traditionellen Eheschließung mit ihrer nachfolgenden staatlichen Registrierung bereits ab dem Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung im ausländischen Recht nicht gegen die Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung im Sinne der zitierten Judikatur der Höchstgerichte verstoße. Daraus ergibt sich, dass eine die Formvorschriften des Ortes der Eheschließung erfüllende Ehe grundsätzlich gültig ist.

In einem fortgesetzten Verfahren wird sohin insbesondere abzuklären sein, ob inhaltliche Vorbehalte gegen die Eheschließung, die eine Verletzung des ordre public begründen könnten (wie etwa eine Verletzung des Verbotes der Kinderehe oder des Ehezwangs) vorliegen, welche Modalitäten für die nachträgliche Registrierung einer Ehe einzuhalten sind, und ab welchem Zeitpunkt die Ehe als gültig zu Stande gekommen anzusehen ist.

Zwar hat die Behörde mit Verweis auf eine Anfragebeantwortung von accord a-9346-v2 vom 13.10.2015 ermittelt, dass bei der Registrierung der Ehe grundsätzlich beide Ehepartner anwesend zu sein haben. Feststellungen dazu, ob eine vormals traditionellen Ehe auch in Abwesenheit eines Ehepartners, wenn dieser vertreten wird (wie im gegenständlichen Fall behauptet), zulässig ist wurden jedoch keine getroffen. Zu ermitteln wäre diesbezüglich außerdem, ob es bestimmte Formvorschriften für die Vollmacht, welche zur Stellvertretung bei der Registrierung ermächtigt, gibt, wie diese aussehen und ob diese im gegenständlichen Fall eingehalten wurden.

Es ist ferner anzumerken, dass sofern die Beschwerdeführerin im Rahmen ihres Vorlageantrages erstmals auf eine ACCORD-Anfragebeantwortung vom 19.10.2015 verweist, und dazu behauptete, dass es sich - entgegen der Ansicht der Behörde - bei der Registrierung und Eintragung einer Ehe nicht um die Eheschließung selbst handle, dieses Vorbringen im Konkreten nicht dem Neuerungsverbot nach § 11a Abs. 2 FPG 2005 unterliegt, zumal ihr mangels Übermittlung der Rückmeldung des BFA, die Möglichkeit verwehrt wurde, zum zusätzlichen Vorwurf des Vorliegens einer Stellvertreter-Ehe, Stellung zu nehmen. Im fortgesetzten Verfahren wird die Behörde sohin auch dieses Vorbringen zu berücksichtigen haben.

Sollte sich schließlich herausstellen, dass es sich um eine nach syrischem Recht gültige Ehe handelt, die bereits am 02.02.2015 wirksam geschlossen wurde, und der Ausstellung der Heiratsurkunde und Eintragung in das Register bloß deklarativer Charakter zukommt, so würde die Beschwerdeführerin unter den Begriff der Familienangehörigen gemäß § 35 Abs 5 AsylG 2005 idgF fallen, weil diesfalls die Ehe zur Bezugsperson bereits vor deren Einreise nach Österreich bestanden hätte.

Nachdem das BFA hinreichende Ermittlungen zum syrischen Eherecht getätigt haben wird, ist es in einem weiteren Schritt überhaupt erst möglich, sich damit auseinanderzusetzen, ob die vorgelegten Dokumente geeignet sind, eine in Syrien rechtsgültig bestehende Ehe zu bescheinigen. In einem gesonderten Schritt ist ferner zu klären, ob die Anwendung der syrischen Rechtslage zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist.

Im Hinblick auf die Bedenken der Behörde hinsichtlich der Echtheit und Richtigkeit des vorgelegten Ehevertrages und der Heiratsurkunde, aufgrund der notorisch vorherrschenden Korruption im Herkunftsstaat, ist schließlich noch anzumerken, dass diese Bedenken allein eine Ablehnung der Anträge nicht zu begründen vermögen. In einem solchen Fall hätte die Behörde die Dokumente einer etwaig möglichen näheren Prüfung zu unterziehen, etwa durch einen Dokumentenprüfer, beziehungsweise andere Nachweise für das (Nicht-)Bestehen der Familienangehörigeneigenschaft zu prüfen.

Zwar ist es richtig, dass es sich bei den von der Beschwerdeführerin beigebrachten Fotos um kein taugliches Beweismittel handelt, eine am 02.02.2015 geschlossene traditionelle Hochzeit nachzuweisen, da - wie von der Behörde zutreffend erkannt - die Fotos weder etwas über den Ort noch über den Zeitpunkt der Eheschließung erkennen lassen. Die Beschwerdeführerin und die Bezugsperson müssten aber jedenfalls zu der von ihnen behaupteten Eheschließung und dem gemeinsamen Eheleben befragt werden. An dieser Stelle bleibt anzumerken, dass die Behörde das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach ihr vermeintlicher Ehemann bereits während seines Asylverfahrens die Beschwerdeführerin als seine Ehefrau angeführt haben soll, gänzlich unberücksichtigt ließ.

Dass, wie von der Behörde weiters vorgebracht, die Gewährung des Status der subsidiär Schutz- beziehungsweise Asylberechtigten im Rahmen des Familienverfahrens aufgrund des geringen Ausmaßes des bisherigen Familienlebens nicht wahrscheinlich sei, ist aus der vorliegenden Begründung prima vista nicht zu erkennen und bedarf ebenso einer weiteren Prüfung.

Es war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs 3 VwGVG aufzuheben und der ÖB Damaskus die Erlassung eines neuen Bescheides aufzutragen.

Gemäß § 11a Abs 2 FPG war das Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Ehe Ermittlungspflicht Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Urkunde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W212.2188545.1.00

Im RIS seit

11.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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