TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/18 W140 2209659-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.05.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

18.05.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §76 Abs2a
FPG §76 Abs3 Z3
FPG §76 Abs3 Z9
Gebührengesetz 1957 §14 TP6 Abs5
VwGVG §35
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W140 2209659-1/25E

Schriftliche Ausfertigung des am 22.11.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alice HÖLLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch ARGE RB Diakonie, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.11.2018, XXXX , und gegen die Anhaltung in Schubhaft, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.11.2018 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG idgF iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG idgF iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 3 und Z 9 FPG idgF iVm § 76 Abs. 2a FPG idgF wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

IV. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG iVm VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013, hat der Beschwerdeführer dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von ? 887,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

V. Der Antrag auf Zuspruch der Eingabegebühr in der Höhe von ? 30,-- Euro wird gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 GebG idgF zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) reiste am 01.11.2007 illegal und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte noch am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Behörde wies den Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von internationalem Schutz ab und begründete ihre Entscheidung zusammengefasst mit der im Fall des Beschwerdeführers zutreffenden Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative. Ausgehend vom Wahrheitsgehalt seiner Angaben bezüglich der in XXXX behaupteten Unruhen handle es sich dennoch um einen lokal begrenzten Konflikt, aus dem sich eine landesweite Verfolgung eines bezirksregional operierenden Jugendführers der Partei XXXX nicht ableiten lasse und auch nicht zu erwarten sei. Aufgrund des nicht vorhandenen Meldewesens sowie in Anbetracht der Größe Nigerias sei es keinesfalls glaubhaft, von kriminellen Banden beziehungsweise Milizen trotz Umzugs in einen anderen Landesteil praktisch in ganz Nigeria aufgefunden zu werden. Zu Spruchpunkt II führte das Bundesasylamt aus, es bestünde im Falle des Beschwerdeführers kein Hinweis auf einen der EMRK entsprechenden außergewöhnlichen Umstand, der eine Rückführung nach Nigeria als unzulässig erscheinen ließe. Beim Beschwerdeführer handle es sich zudem um einen arbeitsfähigen und voll handlungsfähigen jungen, gesunden Mann, von dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden könne.

Bezug nehmend auf Spruchpunkt III verwies die Behörde auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich über keinerlei Verwandtschaft verfüge und einer Ausweisung daher in Hinblick auf Art 8 ERMK nichts im Wege stehe.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diese Entscheidung fristgerecht Berufung (ab 1.7. 2008: Beschwerde) und bekämpfte den Bescheid des Bundesasylamtes wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhalts. Bezug nehmend auf die von der Behörde festgestellte Relokationsmöglichkeit innerhalb Nigerias verwies der Beschwerdeführer auf einen 2002 erschienenen ACCORD/UNHCR Bericht, woraus sich eine solche Möglichkeit eben gerade nicht ergebe. Überdies könne er keinen Schutz bei seiner Mutter beziehungsweise Schwester finden, da beide in der Krisenregion ihren Lebensmittelpunkt hätten und die Militanten den Beschwerdeführer zuerst bei seinen noch in Nigeria aufhältigen Verwandten suchen würden. Von der Polizei beziehungsweise vom Militär sei in Anbetracht der innerhalb staatlicher Behörden vorherrschenden Korruption ebenfalls kein Schutz zu erwarten.

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 14.10.2008 wurde die Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria nicht zuerkannt (Spruchpunkt II). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 wurde der BF aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III).

Die Landespolizeidirektion Wien erließ mit Bescheid vom 10.04.2013 gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum. Die vom BF gegen diesen Bescheid erhobene Berufung nahm der Beschwerdeführer in der Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien vom 20.06.2013 zurück.

Der BF wurde 3 Mal rechtskräftig nach dem Suchtmittelgesetz (SMG) verurteilt (RK 08.05.2008, RK 22.03.2013, RK 09.08.2014).

Am 27.06.2018 wurde von der Nigerianischen Botschaft ein Heimreisezertifikat ausgestellt (AS 769).

Der BF war ab 05.09.2018 unbekannten Aufenthaltes und wurde am 29.10.2018 ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z. 2 BFA-VG ausgeschrieben (AS 805).

Der BF wurde am 09.11.2018, um 19:40 Uhr in Wien XXXX festgenommen.

2. Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion Wien, vom 10.11.2018 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die gegenständliche Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:

"(...) Feststellungen

Zu ihrer Person:

Sie heißen XXXX und von der Nigerianischen Vertretungsbehörde als Nigerianischer Staatsbürger identifiziert. Auch ein Heimreisezertifikat wurde bereits erteilt. Da Sie nicht österreichischer Staatsbürger sind, sind die Bestimmungen des FPG auf Ihre Person anwendbar. Ihre Identität steht eindeutig fest.

Zu ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Gegen Sie besteht eine Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot für den Schengenraum. Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde von Ihnen nicht genützt. Sie sind nach Rechtskraft der Rückkehrentscheidung rechtswidrig in Österreich verblieben. Sie sind im Bundesgebiet aktuell nicht gemeldet und konnten auch sonst keine Adresse einer Unterkunft angeben. Sie sind in Österreich offenbar nicht unfall- oder krankenversichert. Sie verfügen über keinen gesicherten Wohnsitz.

Zu ihrem bisherigen Verhalten:

Sie sind trotz eines bestehenden schengenweiten Einreiseverbotes illegal in Österreich verblieben. Sie gehen keiner angemeldeten Erwerbstätigkeit in Österreich nach. Sie konnten keine Adresse über einer Unterkunft angeben, sind ohne polizeiliche Meldung, bzw. wollten Sie keine Angaben hierzu machen. Sie sind in keinster Weise integriert, weil zu Österreich weder berufliche noch, für die Behörde prüfbare, familiäre Bindungen bestehen.

Zu ihrem Privat- und Familienleben:

Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert. Sie gaben an, dass Sie in Österreich oder Europa niemanden zu haben.

Beweiswürdigung

Die von der Behörde getroffenen Feststellungen resultieren aus dem Inhalt Ihres BFA-Aktes, XXXX , sowie aus Ihrer Einvernahme am 10.11.2018.

Rechtliche Beurteilung

(...)

Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr: 3 und 9

Sie sind einem bestehenden schengenweiten Einreiseverbotes zuwider unrechtmäßig in Österreich verblieben, obwohl Sie von der Rückkehrentscheidung und dem Einreiseverbot in Kenntnis sein müssen. Sie waren unangemeldet im Bundesgebiet aufhältig und gaben vor der Behörde an, keine Unterkunft zu haben. Sie sind offensichtlich nicht gewillt, sich den österreichischen Rechtsvorschriften anzupassen und es besteht die Gefahr, dass Sie weiterhin untergetaucht im Bundesgebiet verbleiben. Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Dies wird durch die Verurteilungen im Bundesgebiet unterstrichen. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten. Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Bei der Prüfung der Fluchtgefahr ist auch einzubeziehen, dass ein massives strafrechtliches Verhalten des Fremden in Bezug auf Vergehen gegen das Suchtmittelgesetz eine Wiederholungsgefahr besteht (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276). Der VwGH hat auch ausgesprochen, dass eine erhebliche Deliquenz des Fremden das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität einer baldigen Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276). Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht, da Sie lediglich 30 Euro an Barmitteln zur Verfügung haben. Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass Sie Ihren Aufenthalt nicht behördlich gemeldet haben und auch keine Angabe über eine Unterkunftsadresse machen konnten oder wollten.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt. Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist."

3. Gegen den Mandatsbescheid des BFA und die bisherige Anhaltung erhob der BF Beschwerde.

4. Am 22.11.2018 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Die Verhandlung gestaltete sich u. a. wie folgt:

"(...) R: Wie heißen Sie mit vollständigem Namen, welche Staatsbürgerschaft haben Sie und wann wurden Sie an welchem Ort geboren?

BF: Mein Name ist XXXX , ich bin Staatsbürger von Simbabwe, mein Geburtsdatum ist der XXXX .

R: Können Sie Dokumente oder andere Beweismittel vorlegen, die Ihre Angaben zu Ihrer Identität belegen (zB. Reisepass, Personalausweis, Geburtsurkunde, Heiratsurkunde)?

Verfügen Sie über einen Reisepass?

BF: Nein. Als ich nach Europa kam war ich 27 Jahre alt, ich hatte noch keine Dokumente bei mir. Auch jetzt habe ich keine Dokumente.

R: Wieso haben Sie sich nicht bei einer Botschaft bemüht, Dokumente zu bekommen?

BF: Man hat mir gesagt, dass ich in die Schweiz gehen soll zur Botschaft von Simbabwe, weil es hier keine mehr gibt, diese wurde 2015 geschlossen. Und da ich keine Dokumente habe, war es mir nicht möglich, die Grenze zu überqueren.

(...)

R verliest die Stellungnahme des BFA vom 21.11.2018

"Das Asylverfahren des Herrn XXXX (BF) wurde mit 04.11.2008 gem. §§ 3 und 8 AslyG in 2. Instanz rechtskräftig negativ beschieden. Gleichzeitig wurde eine Ausweisung erlassen.

Zuvor wurde der BF am 08.05.2008 vom Landesgericht für Strafsachen Wien zu GZ: XXXX wegen §§ 27 Abs. 1 Z. 1 8. Fall SMG, 15 StGB, 27 Abs. 3 SMG, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bedingt, unter einer Probezeit von 3 Jahren rechtskräftig verurteilt.

Am 25.11.2008 wurde erstmalig von der nigerianischen Botschaft um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates (HRZ) angesucht, da der BF in der Niederschrift vom 11.11.2008 angab, dass er nigerianischer Staatsbürger ist.

Das Ersuchen um Ausstellung eines HRZ wurde mehrmals urgiert.

Im Jahr 2009 und 2010 wurde versucht den BF für die Termine der nigerianischen Delegation mittels Ladungsbescheid zu laden, jedoch konnten diese aufgrund des unbekannten Aufenthaltes nicht zugestellt werden.

Der BF hat sich vom 23.08.2011 bis 26.08.2011 in Schubhaft befunden, jedoch wurde er aufgrund der Haftunfähigkeit entlassen und konnte wieder nicht der nigerianischen Delegation vorgeführt werden.

Der BF hat sich wieder vom 29.01.2013 bis 04.02.2013 in Schubhaft befunden und wurde wieder Haftunfähig entlassen. Konnte wieder nicht der nigerianischen Delegation vorgeführt werden.

Am 22.03.2013 wurde der BF vom Landesgericht für Strafsachen Wien zur GZ: XXXX wegen §§ 27 Abs. 1 Z. 1 8. Fall, 27 Abs. 3 SMG, 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten rechtskräftig verurteilt.

Daraufhin wurde am 12.04.2013 gegen den BF eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung mit einem 8-jährigen Einreiseverbot erlassen.

Am 09.08.2014 wurde der BF letztmalig vom Landesgericht für Strafsachen Wien zur GZ: XXXX wegen §§ 27 Abs. 1 Z. 1 8. Fall, 27 Abs. 3 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten rechtskräftig verurteilt.

Es wurde im Jahr 2016 mehrmals versucht den BF mittels Ladungsbescheid zur nigerianischen Delegation zu laden, entweder ist der Ladungsbescheid nicht zugestellt worden oder der BF ist nicht erschienen.

Erst am 09.09.2016 ist der BF bei einem Interviewtermin bei der nigerianischen Delegation erschienen. Dort hat er behauptet er sei ein Staatsangehöriger aus Simbabwe.

Anschließend wurde von der Botschaft der Republik Simbabwe ein Ersuchen um Ausstellung eines HRZ übermittelt. Bei ha. Behörde eingelangt am 12.10.2016 teilt die Botschaft der Republik Simbabwe mit, dass für die Ausstellung eines HRZ die ID-Nummer, der Name des Vaters sowie der Mutter und der Geburtsort des BF mitgeteilt werden soll. Mit Mitwirkungsbescheid vom 15.09.2017 wurde versucht, den BF aufzufordern diese Daten der ha. Behörde innerhalb von 4 Wochen mitzuteilen. Dagegen hat der BF eine Beschwerde eingebracht und hat in dieser Zeit keine Daten vorgelegt.

Dieser Bescheid wurde vom BVwG behoben.

Am 27.06.2018 wurde von der Nigerianischen Botschaft ein bis 30.08.2018 gültiges Heimreisezertifikat ausgestellt.

Der BF war unbekannten Aufenthaltes und wurde somit am 29.10.2018 ein Festnahmeauftrag gem. § 34 Abs. 3 Z. 2 BFA-VG ausgeschrieben.

Der BF wurde am 09.11.2018, um 19:40 Uhr in Wien XXXX festgenommen. Die Festnahme erfolgte durch Beamte der XXXX PI und nach den Bestimmungen des BFA-VG. Anschließend wurde der BF in das PAZ Hernalser Gürtel eingeliefert.

Am 10.11.2018, um 10:20 Uhr wurde der BF niederschriftlich einvernommen.

Am 10.11.2018, um 16:18 Uhr wurde dem BF der Schubhaftbescheid persönlich zugestellt.

Am 19.11.2018, um 08:18 Uhr langte bei ha. Behörde die Schubhaftbeschwerde ein.

Der Beschwerde ist entgegenzuhalten, dass die Fluchtgefahr, die Verhältnismäßigkeit der Entscheidung und die Nichtanwendung des gelinderen Mittels entsprechend begründet wurden.

Es muss festgestellt werden, dass der BF mehrmals während seines HRZ-Verfahrens untergetaucht ist und nicht mitgewirkt hat. Er gab von seiner Asylantragstellung bis zum Delegationstermin vom 09.09.2016 immer an, dass er ein Staatsangehöriger von Nigeria ist. Anschließend hat er auch daran nicht mitgewirkt, dass er die Daten welche die Botschaft von Simbabwe für eine Ausstellung eines HRZ benötigt vorlegt. Er ist immer wieder untergetaucht und war somit unbekannten Aufenthaltes.

Dem BF wurde am 27.06.2018 ein gültiges HRZ von der nigerianischen Botschaft ausgestellt.

Weiters ist der BF nicht im Besitz von ausreichenden Barmittel. Er hat auch keine familiären oder privaten Bindungen zu Österreich.

Im Falle einer Entlassung wird der BF sich dem Verfahren zur Sicherung der Abschiebung entziehen. Der BF hat kein Interesse Österreich zu verlassen und wird der BF daher sich in keinem Verfahren vor dem BFA stellen, wo der BF Gefahr läuft, dass eine Abschiebung nach Nigeria erfolgreich durchgeführt werden kann. Der BF wird für den Charter am 12.12.2018 angemeldet werden. Dazu wird eine Verlängerung des HRZ von der Botschaft ausgestellt werden.

Aus ha. Sicht hat der BF durch das bereits gesetzte Verhalten eindeutig aufgezeigt, dass ohne fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen das Verfahren zur Abschiebung nicht erfolgreich abgeschlossen werden kann.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Risiko, dass der BF untertaucht, um sich dem Verfahren zur Abschiebung nach Nigeria zu entziehen, als schlüssig anzusehen ist.

Der Sicherungsbedarf ist somit gegeben.

Es wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge: 1. die Beschwerde als unbegründet abweisen unzulässig zurückzuweisen, 2. gemäß § 22a BFA-VG feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen, 3. den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten verpflichten."

R an BF: Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 14.10.2008 wurde Ihre Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wird dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria nicht zuerkannt (Spruchpunkt II). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 wird der BF aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III). Die Landespolizeidirektion Wien erließ mit Bescheid vom 10.04.2013 gegen Sie eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengen-Raum.

Wieso reisten Sie weder nach ihrer Ausweisung im Jahr 2008 noch nach der Rückkehrentscheidung im Jahr 2013 aus?

BF: Das ist der erste Ort wo ich nach Europa gekommen bin. Gemäß den Gesetzen bleibt man dort, wo man das erste Mal Asyl beantragt hat und deswegen bin ich auch hier geblieben.

R: Ihnen muss schon im Jahr 2008 klar gewesen sein, dass Sie nach Nigeria ausreisen müssen.

BF: Die nigerianische Botschaft hat doch gesagt, dass ich kein Staatsbürger von Nigeria bin.

R: Aber Sie hätten selber nach Nigeria ausreisen können.

BF: Wohin? Ich bin hierhergekommen und ich bin wirklich kein Nigerianer. Ich habe in meinem Asylverfahren diese Angaben gemacht, ich habe es auch im Internet gefunden. Als ich in Marokko war, habe ich viele Nigerianer getroffen und diese haben auch gesagt, wenn man dies so angibt, kann man auch Dokumente bekommen.

R an BF: Statt auszureisen wurden Sie im Jahr 2008, 2013 sowie 2014 nach dem SMG verurteilt? Nachdem man das erste Mal geschafft hat Sie im Jahr 2016 der nigerianischen Delegation vorzuführen, bahaupten Sie, dass Sie Staatsangehöriger von Simbabwe sind? Weiters auf die Aufforderung dass Sie dann Daten zu Simbabwe vorlegen sollen (ID-Nummer, Name Ihrer Mutter und Ihres Vaters, Geburtsort) bringen Sie wieder keine Daten. Dann kommt es zur Behebung des BVwG, das Sie bekämpft haben. R verliest Behebungsgrund (S. 12 des Erkenntnisses vom 18.06.2018): "Die belangte Behörde übersah dabei, dass der BF nicht Staatsangehöriger von Simbabwe, sondern von Nigeria ist".

BF: Ich konnte mir nicht alles merken. Bezüglich diesen Drogenverkaufs, ich war in einer verzwickten Lage, ich kam ins Gefängnis, ich habe keine Unterstützung von Freunden bekommen. Von 2015 weg über 2016 bekam ich das Geld und kam auch in die Schule. Seit da an, habe ich mich in nichts Kriminellen mehr vorgefunden. Bezüglich dem Thema mit meiner ID-Karte und so möchte ich sagen, dass ich von diesen Militanten geflohen bin. Ich bin schon seit 12 Jahren in Wien aufhältig, ich habe auch schon viele Sachen von meinem Land vergessen und deswegen habe ich auch diese Sachen nicht einbringen können. Bezüglich der Änderung der Namen meiner Eltern, meinem Namen möchte ich angeben, dass ich während der Beschwerde in keinem guten Zustand war, ich krank geworden bin und ernsthafte Kopfschmerzen bekam. Ich konnte diese Daten nicht einbringen.

R: Es beginnt auf AS 234, BF hat bereits am 23.01.2010 den Interviewtermin nicht eingehalten, AS 236 BF wurde kontrolliert und hatte keinen Ausweis, AS 267 BF verweist: "Mein Bruder ist in Nigeria gestorben", AS 281 BF wurde wegen Haftunfähigkeit entlassen, AS 365 gibt der BF als Heimatadresse Nigera an und sagt weiters: "Ich habe in Nigeria sechs Jahre die Schule besucht", AS 368 Suchtgiftinfomation Heroin/Kokain, AS 415 BF bei der Schubhaftverhängung die Unterschirft verweigert (in diesem Kontext möchte ich darauf hinweisen, dass der BF jetzt bei der Schubhaftverhängung wieder die Unterschrift verweigert hat, AS 418 Urteil Kokain/Heroin. Ich verweise auf AS 491 BF übernimmt persönlich die Information über die Verpflichtung zur Ausreise, AS 531 BF hätte sich bei der PI melden müssen, Meldeverpflichtung nicht wahrgenommen. Dies zieht sich durch den ganzen Akt. Was sagen Sie dazu?

BF: Seitdem ich in Österreich bin, wurde mir nie gesagt, dass ich zur Polizeistation gehen muss. Ich wurde mehr als vier Mal angehalten. Nach 2008 hat man mir mehrere Male gesagt, dass ich mich illegal in Österreich aufhalte, nachdem man mir die Lagerkarte wegnahm. Nach ein bis zwei Jahren hat man mich dann in Schubhaft genommen. Nach Festnahmen hat man mich zur nigerianischen Delegation gebracht und die haben gesagt, dass ich nicht deren Staatsbürger bin. Nach ein bis zwei Stunden der Einvernahme bzw. Treffen haben sie gesagt, dass ich gehen soll. Nach ein bis zwei Jahren hat man mich wieder verhaftet und mich zur nigerianischen Botschaft gebracht. Dann hat die nigerianische Botschaft es wieder abgewiesen und hat gefragt was ich hier mache. Ich bin nicht deren Staatsbürger. Das war nachdem sie mir Fragen gestellt hatten, sie fragten mich, ob ich aus Nigeria bin und ich sagte nein. Sie fragten mich warum ich dann nigerianische Daten benutzt hatte. Dann habe ich gesagt, als ich in Marokko, Casa Blanca war, die Nigerianer mir gesagt haben, dass wenn ich in Österreich angebe, dass ich Nigerianer bin, ich auf einfache Weise von deren Botschaft hier Dokumente bekommen könnte. Ich habe ihnen gesagt was kann ich dafür? Ich habe sie angefleht.

R: Ich will in diesem Zusammenhang festhalten, dass es seit Beginn Ihres Aufenthaltes im Jahr 2007 zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist. Sie haben von 2007 bis 2016 durchgehend behauptet - auch im Rahmen Ihres Asylverfahren - Staatsangehöriger von Nigeria zu sein und eine Fluchtgeschichte von Nigeria vorgebracht. Erst im Jahr 2016, wo die Situation für Sie eng wurde, da Sie nämlich der nigerianischen Delegation vorgeführt wurden und bereits zwei Ausreisetitel hatten und darüber informiert waren, dass Sie ausreisen müssen und bereits drei Mal nach dem SMG rechtskräftig verurteilt waren, bringen Sie dann vor, dass Sie Staatsangehöriger von Simbabwe sind. Nach Aufforderung der Behörde legen Sie auch da keine Daten vor, erheben wieder Beschwerde und letztendlich stellt dann Nigeria im Jahr 2018 ein Heimreisezertifikat aus. Was sagen Sie dazu?

BF: Es ist doch komisch. Tag für Tag ging ich zur nigerianischen Botschaft und sage, dass ich kein Nigerianer bin. Ich habe denen auch die Situation über Marokko erklärt. Bei der letzten Ladung gab es einen kleinen Mann, ich glaube er ist der kleine Mann, hat mir gesagt, dass ich der österreichischen Behörde erklären soll. Außerdem hat mich Österreich auch in die Schweiz schicken wollen, nach Genf. Aber es ist doch komisch, dass man jetzt sagt ich bin Nigerianer und Male davor mich in die Schweiz schicken wollte und gemeint hatte, dass ich aus Simbabwe bin. Ich kann doch nicht in ein Land geschickt werden, über welches ich nichts weiß.

R: Im Rahmen des Asylverfahrens wussten Sie Einiges über das Land Nigeria.

BF: Ja, vom Internet. Zwischen 2015 und 2016 war Hr. Sanko mein Referent. Er sagte, meine Identität wäre nicht klar, eben ob ich aus Nigeria bin oder nicht. Außerdem hat man bei Kontrollen meinen Ausweis, meine Lagerkarte genommen. Er sagte, ich habe eine Alternative, nämlich eine Duldungskarte zu beantragen, ich habe bis heute keine ausgestellt bekommen. Er sagte, weil meine Identität nicht klar ist, können sie mir nicht einfach so eine Karte ausstellen. Das ist das Problem.

R an BFV: Haben Sie dazu etwas vorzubringen?

BFV: Ich würde gerne Akteneinsicht nehmen und wissen wie oft der BF der Botschaft vorgeführt wurde.

R: Akteneinsicht wird gewährt.

BFV an BF: Wie oft wurden Sie der nigerianischen Botschaft vorgeführt?

BF: Dreimal, aber nicht bei der Botschaft, sondern zur Delegation als ich in der Schubhaft war.

R an BF: Waren Sie vier Mal dort?

BF: 2016 war ich dort. Das war vor der letzten Ladung dorthin.

R an BFA: Wie war das aus Sicht des BFA?

BFA: Erst am 09.09.2016 ist der BF bei der nigerianischen Delegation erschienen. Davor gab es nur Schriftverkehr.

BFV an BF: Wissen Sie die National-ID von Simbabwe?

BF: National-ID? Ich habe keine ID.

BFV: Ich möchte nur anmerken, dass die mangelnde Mitwirkung mit den Behörden von Simbabwe dem BF nicht vorgeworfen werden kann, da ein rechtskräftiges Erkenntnis vom BVwG den Mitwirkungsbescheid aufgehoben hat. Im Erkenntnis wurde lediglich als Alternativbegründung angeführt, dass der BF nigerianischer Staatsangehöriger ist.

R: Ich verweise auf AS 12 des Erkenntnisses.

BFV: Selbst, wenn er nicht nigerianischer Staatsangehöriger ist, wäre die Mitwirkungspflicht rechtswidrig gewesen. Ich verweise auf die Beschwerde sowie das Vorbringen in der Beschwerde.

R an BFA: Haben Sie dazu etwas vorzubringen?

BFA: Ich möchte nur generell anmerken, dass eine Mitwirkungspflicht zur Klärung der Identität seitens des Beschwerdeführers besteht, unabhängig davon ob ein Mitwirkungsbescheid erlassen wird. Im sonstigen verweise ich auf die Beschwerdevorlage des BFA und habe weiter dazu nichts anzumerken. Die Identität steht für uns aufgrund der nigerianischen Delegation fest. Es ist eine Charter Abschiebung für den 12.12.2018 geplant.(...)"

Im Anschluss wurde das Erkenntnis spruchgemäß mündlich verkündet.

5. Der BF befand sich von 10.11.2018 bis 31.01.2019 in Schubhaft. Er wurde am 31.01.2019 auf dem Luftweg nach Nigeria abgeschoben.

6. Mit Eingabe vom 05.12.2018 beantragte die Rechtsvertretung des BF die schriftliche Ausfertigung des am 22.11.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses. Mit Schriftsatz vom 17.01.2020 gab die Rechtsvertetung des BF die Auflösung der Vollmacht bekannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Der Verfahrensgang, insbesondere die von der Verwaltungsbehörde im Rahmen des Verfahrensganges zitierten Feststellungen des Schubhaftbescheides werden zum gegenständlichen Sachverhalt erhoben.

Ergänzend wird festgestellt:

Der BF führt die im Spruch angeführte Identität XXXX, und ist nigerianischer Staatsangehöriger. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.

Der BF reiste am 01.11.2007 illegal und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte noch am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Behörde wies den Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von internationalem Schutz ab. Der Beschwerdeführer erhob gegen diese Entscheidung fristgerecht Berufung (ab 1.7. 2008: Beschwerde) und bekämpfte den Bescheid des Bundesasylamtes wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhalts. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 14.10.2008 wurde die Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria nicht zuerkannt (Spruchpunkt II). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 wurde der BF aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III).

Die Landespolizeidirektion Wien erließ mit Bescheid vom 10.04.2013 gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum. Die vom BF gegen diesen Bescheid erhobene Berufung nahm der Beschwerdeführer in der Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien vom 20.06.2013 zurück. Der BF setzte in weiterer Folge keine Bemühungen Österreich zu verlassen.

Der BF wurde 3 Mal rechtskräftig nach dem SMG verurteilt (RK 08.05.2008, RK 22.03.2013, RK 09.08.2014). Der BF ist nicht vertrauenswürdig.

Am 27.06.2018 wurde von der Nigerianischen Botschaft ein Heimreisezertifikat ausgestellt. Mit Mandatsbescheid des BFA, Regionaldirektion Wien, vom 10.11.2018 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die gegenständliche Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der BF befand sich von 10.11.2018 bis 31.01.2019 in Schubhaft. Er wurde am 31.01.2019 auf dem Luftweg nach Nigeria abgeschoben.

Der BF verfügte in Österreich über keine familiären, keine legalen beruflichen Bindungen, über keine eigene gesicherte Unterkunft und über keine ausreichenden Existenzmittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes. Aufgrund des Vorverhaltens des BF sowie dessen Aussagen in der mündlichen Verhandlung war von Fluchtgefahr auszugehen. Der BF war haftfähig.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA, den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts bezüglich des Beschwerdeführers sowie aus der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Auch die Entscheidungsgründe des angefochtenen Bescheides werden der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität XXXX , und zur Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im gegenständlichen Verfahren.

Die Feststellungen zur Festnahme und der weiteren Anhaltung ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt und entsprechen dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes (Einsicht in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung). Die Feststellungen bezüglich der Wohnsitzmeldungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Nachschau im Zentralen Melderegister.

Die Feststellungen zur mehrfachen Straffälligkeit des BF in Österreich ergeben sich aus dem Strafregisterauszug. Die fehlende Vertrauenswürdigkeit ergibt sich aus dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers, den strafrechtlichen Verurteilungen sowie der offenkundigen laufenden Verfahrensobstruktion. Der rechtskräftige Abschluss des Asylverfahrens sowie der fremdenrechtliche Status des BF ergeben sich aus der Aktenlage.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen des BF in Österreich, insbesondere zur fehlenden familiären, legalen beruflichen Verankerung, zum Fehlen ausreichender Existenzmittel und einer gesicherten Unterkunft, beruhen auf den Angaben des BF im Verfahren vor der belangten Behörde sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Haftfähigkeit des BF ergibt sich aus dem Befund und Gutachten des Amtsarztes vom 22.11.2018.

Die realistische Möglichkeit der Abschiebung ergibt sich aus dem Vorbringen des BFA in der mündlichen Verhandlung am 22.11.2018.

Rechtliche Beurteilung

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Zu Spruchpunkt A.I.) Schubhaftbescheid vom 10.11.2018 sowie Anhaltung in Schubhaft von 10.11.2018 bis 22.11.2018

Die belangte Behörde hat den vorliegenden Schubhaftbescheid auf § 76 Abs. 2 Z 2 FPG gestützt. Das BFA ging aufgrund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 3 und Z 9 von Fluchtgefahr aus.

Die Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG war erforderlich, da aufgrund des Vorverhaltens des BF

- Der BF setzte nach seiner Ausweisung im Jahr 2008 sowie seiner Rückkehrentscheidung im Jahr 2013 keine Bemühungen Österreich zu verlassen;

- Der BF verfügte seit 05.09.2018 über keine Meldeadresse, er war für die Behörde nicht greifbar;

- Der BF konnte aufgrund eines fehlenden Dokumentes sowie fehlender Barmittel nicht selbstständig das Land verlassen;

- Die niederschriftliche Einvernahme vor dem BFA am 10.11.2018 gestaltete sich u. a. wie folgt:

"LA: Gegen Sie wurde ein Festnahmeauftrag erlassen, weil Sie unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig sind und Sie Ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sind. Sie sind im Bundesgebiet behördlich nicht gemeldet, eine Adresse bez. Ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet ist der Behörde auch nicht bekannt. Ein Heimreisezertifikat wurde bereits von der Botschaft ausgestellt. Sie sind nun hier, um Stellung zu diesem Sachverhalt zu nehmen.

Warum haben Sie das österreichische Bundesgebiet nicht verlassen?

VP: Das ist mein erstes Land in Europa. Ich wüsste nicht, wohin ich gehen sollte.

LA: Wo befindet sich Ihr Reisepass?

VP: Ich habe keinen Pass. Ich bin ohne hergekommen. Ich hatte nie einen Reisepass.

LA: Wo haben Sie Unterkunft genommen?

VP: Ich habe keine fixe Unterkunft. Manchmal schlafe ich bei Freunden, manchmal schlafe ich im Bus.

LA: Wovon leben Sie?

VP: Ich habe Freunde und manchmal eine Freundin, die geben mir Essen.

LA: Wieviel Geld haben Sie zur Verfügung?

VP: Ich habe 30 Euro in der Geldbörse.

LA: Machen Sie Angaben zu Ihren persönlichen Verhältnissen!

VP: Ich bin Single, ich habe keine Kinder. Keine Sorgepflichten. Ich habe in Österreich keine Verwandte auch nicht in Europa. Meine Eltern sind gestorben, irgendwo vielleicht Geschwister aber ich weiß nicht wo. Ich habe keinen Kontakt mehr.

- Der BF wurde in Österreich 3 Mal rechtskräftig nach dem SMG verurteilt;

- Der BF verweigerte mehrmals Unterschriften;

- Der BF verfügte in Österreich über keine familiären oder beruflichen Anknüpfungspunkte und über keine gesicherte (stete) Unterkunft, verfügte über keine ausreichenden Existenzmittel und war nicht erwerbstätig

davon auszugehen war, dass er auch hinkünftig nicht gewillt sein wird, sich für eine Ausreise nach Nigeria zur Verfügung zu halten. Vor dem Hintergrund der oben im Rahmen der Würdigung der Entscheidungsgrundlagen angeführten Umstände, das Verhalten des Beschwerdeführers betreffend, war sohin von Fluchtgefahr auszugehen.

Unter Berücksichtigung dieses Umstandes konnte die Behörde von einem verstärkten Sicherungsbedarf ausgehen. Es kann daher der Behörde auch nicht vorgeworfen werden, wenn sie bei ihrer Entscheidung zur Anordnung der Schubhaft und dem dafür erforderlichen Sicherungsbedarf davon ausging, dass sich der BF allenfalls durch Untertauchen der Abschiebung entziehen könnte.

Hinsichtlich der Anwendung eines gelinderen Mittels ist § 77 FPG idgF maßgeblich:

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. [...]

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Im vorliegenden Fall schied mangels finanzieller Mittel die Anwendung der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z. 3 des § 77 FPG idgF aus.

Insoweit die belangte Behörde in einer Zusammenschau aller angeführten Umstände, insbesondere unter Berücksichtigung des bisherigen Gesamtverhaltens des BF davon ausging, dass ein konkreter Sicherungsbedarf für die Durchführung der Abschiebung sowie die Erforderlichkeit der Schubhaft als einzige geeignete Sicherungsmaßnahme gegenüber der Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG und auch die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft gegeben waren, begegnet dies keinen Bedenken. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid zu Recht dargelegt, dass im vorliegenden Fall der erforderliche Sicherungszweck nicht durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG erreicht werden kann. Weder verfügte der BF über ausreichende finanzielle Mittel für die Hinterlegung einer angemessenen Sicherheit, noch war davon auszugehen, dass er sich den Behörden aus freien Stücken zur Verfügung halten würde.

Eine Gesamtabwägung aller angeführten Umstände ergab daher, dass das öffentliche Interesse an der Sicherung der Abschiebung das Interesse des BF an der Schonung seiner persönlichen Freiheit überwogen und ein konkretes Sicherungsbedürfnis bestanden hat. Die Behörde konnte somit unter den gegebenen Umständen zu Recht von Fluchtgefahr ausgehen.

Die Anhaltung in Schubhaft ab 10.11.2018 erwies sich bei Abwägung aller betroffenen Interessen als verhältnismäßig.

Da die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, dass aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen war, dass sich der unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältige BF der Überstellung entziehen würde, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt A.II.) Fortsetzung der Schubhaft

Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Da der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten wurde, war auch über die Fortsetzung der Schubhaft - innerhalb einer Woche - abzusprechen.

Den unter Punkt A.I. dargelegten Erwägungen zur Fluchtgefahr, zum Vorliegen eines konkreten Sicherungsbedarfs und zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft kam auch zum Zeitpunkt dieser Entscheidung nach wie vor Geltung zu.

Darüber hinaus war im gegenständlichen Fall bei der Beurteilung des konkreten Sicherungsbedarfs (infolge Fluchtgefahr) maßgeblich zu berücksichtigen, dass der BF als nigerianischer Staatsbürger identifiziert wurde und ein Heimreisezertifikat von der nigerianischen Botschaft ausgestellt wurde. Die Überstellung des BF nach Nigeria war für den 12.12.2018 geplant.

Unter Berücksichtigung des bisherigen Gesamtverhaltens des BF erwies sich die Gefahr des Untertauchens weiterhin als erheblich.

Die Anordnung eines gelinderen Mittels gemäß § 77 FPG erwies sich auch weiterhin als nicht geeignet, um den erforderlichen Sicherungszweck (Durchführbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme) zu erreichen.

Eine auf den vorliegenden Einzelfall bezogene Gesamtabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Überstellung einerseits und der Schonung der persönlichen Freiheit des BF andererseits ergab somit, dass das erwähnte öffentliche Interesse überwiegt, weil ohne Anordnung der Schubhaft die Überstellung wahrscheinlich vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.

Die Anhaltung eines Asylwerbers in Schubhaft kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die im jeweiligen Asylverfahrensstadium ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen (vgl. VwGH 05.07.2011, Zl. 2008/21/0080 mwN). Dabei bedarf es in dem frühen Verfahrensstadium (etwa vor Einleitung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) besonderer Umstände, die ein Untertauchen des betreffenden Fremden schon zu diesem Zeitpunkt konkret befürchten lassen. In einem späteren Stadium des Asylverfahrens, insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung oder Anordnung zur Außerlandesbringung, können dann unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen (vgl. VwGH 23.09.2010, Zl. 2007/21/0432 mwN).

Die Möglichkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria stand (anders als in VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047; 12.09.2013, 2013/21/0110; 20.12.2013, 2013/21/0014) tatsächlich im Raum, mit der Möglichkeit der Abschiebung war auch tatsächlich zu rechnen (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517). Die Sicherheit, dass es zur (erfolgreichen) Abschiebung kommt, ist für die Verhängung von Schubhaft nicht erforderlich (VwGH 07.02.2008. 2006/21/0389).

Vor dem Hintergrund des Verfahrensstandes stand mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fest, dass die Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer des § 80 FPG erfolgen wird (vgl. VwGH 20.12.2013, 2013/21/0014; 11.06.2013, 2013/21/0024; 19.04.2012. 2009/21/0047).

Die (fortgesetzte) Anhaltung in Schubhaft erwies sich daher zum Zweck der Sicherung der Überstellung als notwendig und verhältnismäßig. Die Anhaltung in Schubhaft konnte somit auch aus diesem Gesichtspunkt fortgesetzt werden.

Der BF verfügte über ein soziales Netz im Bundesgebiet, das ihm ein Leben im Verborgenen ermöglichte. Im Falle des Beschwerdeführers lag aufgrund seines Vorverhaltens Fluchtgefahr vor; wegen seines Vorverhaltens konnte auch mit der Verhängung gelinderer Mittel nicht das Auslangen gefunden werden. Der Beschwerdeführer war haftfähig, die Schubhaft auch aus diesem Grund nicht unverhältnismäßig.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Zu Spruchpunkt A.III., A.IV., A.V.) Kostenersatz

Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Die belangte Behörde hat als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang. Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei hingegen kein Kostenersatz.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten