TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/11 W185 2226919-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.03.2020
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Entscheidungsdatum

11.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z1
AsylG 2005 §15b Abs1
AsylG 2005 §4a
AsylG 2005 §57
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §61 Abs1 Z1
FPG §61 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W185 2226919-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX alias XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.12.2019, Zl. 1240179805-190762204, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 4a, 10 Abs. 1 Z 1, 57 AsylG 2005 sowie § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 26.07.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, nachdem ihm die Einreise nach Deutschland verweigert und er nach Österreich zurückgewiesen wurde.

Eine EURODAC-Abfrage ergab einen Treffer der Kategorie 1 mit Griechenland vom 10.12.2018.

Im Zuge der polizeilichen Erstbefragung vom 27.07.2019 gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, der Befragung ohne gesundheitliche Probleme folgen zu können. Sein Zielland sei - aufgrund der Nähe zur Heimat - die Türkei gewesen. Nunmehr habe er eigentlich nach Deutschland fahren wollen, um dort Freunde zu besuchen. Zum Reiseweg befragt gab der Beschwerdeführer an, Syrien im November 2016 verlassen zu haben und über die Türkei nach Griechenland gelangt zu sein. In Griechenland, wo er sich sechs Monate lang aufgehalten habe, habe er Behördenkontakt und eine ED-Behandlung gehabt. Er habe dort privat bei seinem Onkel in Athen gewohnt; der Aufenthalt in Griechenland sei "schlecht" gewesen. Der angeführte Onkel des Beschwerdeführers lebe nunmehr in den Niederlanden. In Griechenland habe der Beschwerdeführer keinen Asylantrag stellen wollen und habe dies auch abgelehnt. Er habe nur seine Fingerabdrücke abgegeben, um nicht mehr im "Gefängnis" bleiben zu müssen. Die ersten drei Monate habe er sich in einem Camp in XXXX aufgehalten, danach habe er, wie bereits erwähnt, privat in Athen gewohnt. Griechenland habe er dann im Mai 2019 verlassen. Von Griechenland sei der Beschwerdeführer über Albanien, Montenegro, Bosnien und weitere, ihm unbekannte Länder, nach Österreich gereist. Nunmehr wolle er in Österreich bleiben.

Mit Verfahrensanordnung vom 27.07.2019 wurde dem Beschwerdeführer die Unterkunftnahme in der BS XXXX angeordnet.

Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Reiseweg sowie der vorliegenden EURODAC-Treffermeldung richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 06.08.2019 Informationsersuchen gem. Art. 34 Dublin III-VO an Griechenland, Kroatien und Slowenien.

Mit Schreiben vom 08.08.2019 bzw 10.09.2019 teilten sowohl Slowenien als auch Kroatien mit, dass sie keine Informationen den Beschwerdeführer betreffend hätten.

Mit Schreiben vom 10.09.2019 gab Griechenland bekannt, dass dem Beschwerdeführer am 11.04.2019 der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde; die Aufenthaltsberechtigungen sei bis zum 11.04.2022 gültig. Die angeführten Dokumente habe der Beschwerdeführer jedoch nicht erhalten.

Mit Verfahrensordnung vom 17.09.2019 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, dessen Asylantrag zurückzuweisen, da dieser in Griechenland Schutz vor Verfolgung gefunden habe.

Am 24.09.2019 wurde der Beschwerdeführer - nach durchgeführter Rechtsberatung und in Anwesenheit einer Rechtsberaterin - einer Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) unterzogen. Hiebei gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, sich psychsisch und physisch in der Lage zu fühlen, Angaben zu seinem Asylverfahren zu machen; er sei gesund und müsse keine Medikamente einnehmen. Er sei syrischer Staatsangehöriger, ledig und habe keine Kinder. Er lebe weder in einer Familiengemeinschaft noch in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Familienangehörige bzw Verwandte habe er in Holland, in Belgien und in Deutschland. Betreffend den Asylantrag in Griechenland erklärte der Beschwerdeführer, diesen nicht freiwillig gestellt zu haben. Er habe dort dann "gegen seinen Willen" Asyl bekommen. Er habe nicht gewusst, dass er am 11.04.2019 den Asylstatus erhalten habe. Über Vorhalt der beabsichtigten Außerlandesbringung nach Griechenland gab der Beschwerdeführer an, dass ihm dort "faktisch" kein Schutz gewährt worden sei. Hätte er gewußt, dass er in Griechnland den Asylstatus erhalten habe, hätte er siich die drei Monate dauernde Reise nach Österreich ersaprt und wäre mit dem Flugzeug hierher gekommen. Die Lage in Griechenland sei sehr schlecht. Er habe dort zunächst in einem Camp gelebt, welches eine Art Gefängnis gewesen sei; es habe sich niemand um einen gekümmert. Er sei dann von der Insel nach Athen gereist. Der Beschwerdeführer sei 17 Jahre alt gewesen, als er sich in Griechenland aufgehalten habe. Die Rechtsberaterin wies darauf hin, dass die griechischen Behörden das Geburtsjahr des Beschwerdeführes mit 2002 angegeben hätten. In Österreich habe er angegeben, volljährig zu sein, damit ihm nicht dasselbe wie in Griechenland zustoße; dort dürften nämlich Minderjährige das Flüchtlingscamp nicht verlassen.

Aufgrund vorliegender Zweifel am angegebenen Geburtsdatum des Beschwerdeführers wurde dieser Beschwerdeführer einer Altersfeststellung unterzogen. Aufgrund des Ergebnisses des multifaktoriellen Gutachtens wurde das spätmöglichste Geburtsdatum des Beschwerdeführers mit dem XXXX festgelegt (siehe VAO; AS 233).

Mit Bescheid vom 12.12.2019 wurden unter Spruchpunkt I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich der Beschwerdeführer nach Griechenland zurückzubegeben habe. In Spruchpunkt II. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Mit Spruchpunkt III. wurde gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Griechenland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei. In Spruchpunkt IV. wurde festgehalten, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 aufgetragen worden sei, von 27.07.2019 bis 29.07.2019 in der BS XXXX Unterkunft zu nehmen.

Die Feststellungen zur Lage in Griechenland wurden - soweit für Schutzberechtigte entscheidungswesentlich - folgendermaßen zusammengefasst:

Schutzberechtigte

Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte erhalten zunächst eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Humanitär Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre. Die Aufenthaltserlaubnis wird in der Regel ein bis zwei Monate nach der Entscheidung ausgestellt. In der Zwischenzeit gilt die Asylwerberkarte mit dem Stempel "Pending Residence Permit". Nach fünf Jahren Aufenthalt kommt ein Flüchtling für eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung infrage, wenn er bestimmte Voraussetzungen erfüllt (AIDA 3.2019). Subsidiär Schutzberechtigte haben keinen Anspruch auf Familienzusammenführung. Sie erhalten außerdem nur dann international gültige Reisedokumente, wenn sie keine Reisedokumente ihres Heimatstaats erlangen können. Darüber hinaus bestehen keine rechtlichen und tatsächlichen Unterschiede bei der Behandlung der genannten Personengruppen (AA 26.9.2018a; vgl. AIDA 3.2019).

NGOs bezeichnen die Lebensbedingungen für Menschen mit internationalem Schutzstatus in Griechenland als alarmierend. Schutzberechtigte sehen sich nicht nur mit fehlenden Möglichkeiten zur Integration in die griechische Gesellschaft konfrontiert, sondern auch oft mit unzulänglichen Lebensumständen und humanitären Standards, einer äußerst prekären sozioökonomischen Situation und kämpfen oft um ihr bloßes Überleben. Es bestehen weiterhin flächendeckende Defizite bezogen auf die Aufnahme, Versorgung und Integration von Schutzberechtigten. In der Praxis besteht für Flüchtlinge immer noch kein gesicherter Zugang zu Unterbringung, Lebensmittelversorgung, medizinischer und psychologischer Behandlung oder zum Arbeitsmarkt. Auf dem Festland sind Fälle bekannt, in denen anerkannte Flüchtlinge inoffiziell für einige Monate weiter in den Unterbringungszentren bleiben durften und Bargeld erhielten wie Asylbewerber. Jedoch wurden für sie keine weiteren Integrationsmaßnahmen ergriffen. Sie erhielten keinen Zugang zu entsprechenden Informationen oder Unterstützung bei der Integration (Pro Asyl/RSA 8.2018).

Besondere staatliche Hilfsangebote für anerkannte Schutzberechtigte neben dem allgemeinen staatlichen Sozialsystem bestehen nicht. Konzepte für eine speziell zugeschnittene Information durch öffentliche Behörden sowie Zugangserleichterungen zu staatlichen Leistungen für anerkannte Schutzberechtigte befinden sich im Aufbau (AA 26.9.2018a; vgl. Pro Asyl/RSA 8.2018).

Integrationsplan

Die sogenannte Nationale Strategie zur Integration von Drittstaatsangehörigen ist nur teilweise umgesetzt. Maßnahmen und Projekte des Ministeriums für Arbeit und Sozialfürsorge sind zwar für diejenigen, die unter der Armutsgrenze leben, vorgesehen, aber nicht für Personen, die kein Griechisch sprechen oder verstehen (Pro Asyl/RSA 8.2018).

In der Praxis werden konkrete Integrationsprogramme (z.B. Soforthilfe für Integration und Unterbringung (ESTIA)) weitgehend von einer EU-Finanzierung abhängig sein, da weder auf nationaler noch auf kommunaler Ebene nennenswerte Ressourcen zur Verfügung stehen. Positiver gestaltet sich die Integration der etwa 12.000 schulpflichtigen Flüchtlingskinder in Griechenland, von denen im Schuljahr 2017/2018 ca. 8.000 eingeschult waren (AA 6.12.2018).

Sozialleistungen

Gemäß Gesetz haben Flüchtlinge in Griechenland dieselben sozialen Rechte wie griechische Staatsbürger, aber bürokratische Hürden, staatliche Handlungsdefizite, mangelnde Umsetzung des Gesetzes und die Auswirkungen der Wirtschaftskrise können den Genuss dieser Rechte schmälern (AIDA 3.2019; vgl. Pro Asyl/RSA 30.8.2018; UNHCR 4.2019). Das neue System der sozialen Grundsicherung vom Februar 2017 befindet sich noch im Aufbau und wird schrittweise eingeführt. Es sieht Geldleistungen (erste Säule) sowie Sachleistungen (zweite Säule) und Arbeitsvermittlung (dritte Säule) vor. Eine etablierte Verwaltungspraxis besteht bislang nicht. Allerdings wurde der Zugang im Rahmen einer Gesetzesänderung im Juni 2018 für jene Personen eingeschränkt, die in EU-finanzierten Aufnahmelagern und Apartments wohnen. Die überwiegende Mehrheit der anerkannten Schutzberechtigten bezieht bisher keine soziale Grundsicherung (AA 6.12.2018). Voraussetzung für den Leistungsbezug allgemeiner Sozialhilfe ist das Einreichen verschiedener Dokumente (Aufenthaltserlaubnis, Sozialversicherungsnummer, Bankverbindung, Steuererklärung über das Online-Portal Taxis-Net), wobei der Nachweis des dauerhaften einjährigen Mindestaufenthalts im Inland durch die inländische Steuererklärung des Vorjahres nachzuweisen ist. Dabei sind Unterlagen grundsätzlich online und in griechischer Sprache einzureichen, staatlicherseits werden keine Dolmetscher gestellt (AA 7.2.2018). Bei der Beschaffung der genannten Dokumente stoßen jedoch die Betroffenen in der Praxis auf zahlreiche Schwierigkeiten (Pro Asyl/RSA 30.8.2018; vgl. UNHCR 4.2019). Einige NGOs bieten punktuell Programme zur Unterstützung bei der Beantragung von Sozialleistungen an. Erster Anlaufpunkt ist die HELP-Webseite des UNHCR. Es beraten z. B. der Arbeiter- Samariter-Bund, die Diakonie und der Greek Refugee Council (AA 6.12.2018; vgl. UNHCR 4.2019). Im Juli 2019 gab es 72.290 Bezieher der EU-finanzierten Geldleistungen im Rahmen sogenannter Cash-Card Programm des UNHCR, darunter 13.800 anerkannte Schutzberechtigte (UNHCR 7.2019). Es besteht kein Anspruch auf Teilnahme an dem Cash-Card-Programm, es handelt sich nicht um einen Sozialhilfeanspruch, sondern um humanitäre Hilfe. Der Bezugszeitraum endet grundsätzlich nach Anerkennung bzw. nach einer Übergangsfrist von 6 bis 12 Monaten. In der Praxis wurden bisher keine Asylwerber nach ihrem Statuswechsel von dem Bezug ausgeschlossen. Für bereits anerkannte Schutzberechtigte ist ein Neueintritt in das Cash-Card-Programm allerdings nicht möglich (AA 6.12.2018). Der Auszahlungsbetrag beträgt zwischen 90 ? für eine Einzelperson mit

Unterkunft und Verpflegung und bis zu 550 ? für eine Familie mit sieben oder mehr Personen (AIDA 3.2019; vgl. UNHCR 7.2019).

Medizinische Versorgung

Anerkannte Schutzberechtigte haben durch Gesetz vom 20. Februar 2016, umgesetzt seit Ende 2016, einen gesetzlichen Anspruch auf unentgeltliche medizinische Behandlung (auch in Krankenhäusern) und sind in die staatliche Krankenversicherung mit einbezogen. Das Gesundheitssystem erfüllt diesen Anspruch auch in der Praxis, insbesondere im Rahmen der Notfallversorgung (AA 7.2.2018). Trotz des günstigen Rechtsrahmens wird der tatsächliche Zugang zu medizinischer Versorgung in der Praxis durch einen erheblichen Ressourcen- und Kapazitätsmangel sowohl für Fremde als auch für die einheimische Bevölkerung erschwert. Der von verschiedenen Sparmaßnahmen stark betroffene öffentliche Gesundheitssektor steht unter enormem Druck und ist nicht in der Lage, den gesamten Bedarf an Gesundheitsleistungen weder für die einheimische Bevölkerung noch für Migranten zu decken. Ein weiteres Problem stellt die Ausstellung der Sozialversicherungsnummer (AMKA) dar (AIDA 3.2019). Kosten fallen bei Medikamenten im ambulanten Bereich an, da der staatlich festgesetzte erstattete Preis in Apotheken teilweise unterhalb des realen Verkaufspreises gilt. Mit Blick auf die allgemein begrenzten Haushaltsmittel sind Schutzberechtigte wie die griechische Bevölkerung auch hierbei Budgetierungen und restriktiver Medikamentenausgabe insbesondere bei teuren Krebsmedikamenten unterworfen. Seit Anfang 2017 werden Medikamente für Bedürftige nicht mehr kostenlos in Krankenhausapotheken abgegeben, sondern sind über Apotheken zu beziehen. Dabei wird ein staatlich festgesetzter Preis erstattet, der z. T. unterhalb des üblichen Abgabepreises in Apotheken liegt. Der Differenzbetrag ist privat zu tragen. An einigen Orten unterstützen private Sozialkliniken Bedürftige mit kostenloser Medikamentenabgabe. Fälle von Behandlungsverweigerung sind seltene Ausnahmen (AA 6.12.2018; vgl. AA 7.2.2018).

Wohnmöglichkeiten

Anerkannte Schutzberechtigte haben seit 2013 Zugang zu Unterbringung unter den gleichen Bedingungen wie Drittstaatsangehörige, die sich legal in Griechenland aufhalten. Eine staatliche Sozialleistung zur Wohnungsunterstützung besteht derzeit auch für die griechische Bevölkerung noch nicht (AA 26.9.2018a; vgl. AIDA 3.2019). In der Praxis wird Schutzberechtigten, die als Asylwerber in einem Flüchtlingslager oder in einer Wohnung des UNHCR-Unterbringungsprogramms (ESTIA) untergebracht waren, gestattet, nach ihrer Anerkennung für weitere 6 Monate in der gleichen Unterkunft zu bleiben (Pro Asyl/RSA 8.2018). Wohnraum wäre grundsätzlich auf dem freien Wohnungsmarkt zu beschaffen (AA 6.12.2018). Das private Anmieten von Wohnraum für bzw. durch anerkannte Schutzberechtigte wird durch das traditionell bevorzugte Vermieten an Familienmitglieder, Bekannte und Studenten, sowie gelegentlich durch Vorurteile erschwert (AA 26.9.2018a). Personen, die keine Unterkunft haben und nicht das Geld besitzen, eine zu mieten, leben oft in überfüllten Wohnungen, verlassenen Häusern ohne Zugang zu Strom oder Wasser oder werden obdachlos (AIDA 3.2019; Pro Asyl/RSA 8.2018). Schutzberechtigte haben Zugang zu Unterbringungseinrichtungen für Obdachlose, die jedoch nur begrenzt vorhanden sind. Eigene Unterbringungsplätze für anerkannte Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte existieren nicht. Es gibt auch keine eigene Unterstützung für ihre Lebenshaltungskosten. In Athen etwa gibt es vier Asyle für Obdachlose (zugänglich für griechische Staatsbürger und legal aufhältige Drittstaatsangehörige). Aber es ist äußerst schwierig, dort zugelassen zu werden, da sie chronisch überfüllt sind und Wartelisten führen (AIDA 3.2019; vgl. Pro Asyl/RSA).

Die Aufnahme ins ESTIA-Programm ist nur für diejenigen anerkannten Schutzberechtigten möglich, welche die Kriterien der Vulnerabilität erfüllen und bereits als Asylwerber an dem Programm teilgenommen haben. Im Rahmen des Programms werden hauptsächlich Familien untergebracht (AIDA 3.2019). Prioritäre Kriterien sind das Vorliegen einer medizinischen Indikation, bevorstehende Geburt oder Neugeborene, alleinerziehende Mütter sowie Unterbringung der vulnerablen Personen von den Erstaufnahmeeinrichtungen auf den ostägäischen Inseln (AA 6.12.2018). Im Rahmen des ESTIA-Programms waren im März 2019 6.790 anerkannte Schutzberechtigte untergebracht (UNHCR 4.2019). Die Auslastungsquote lag Ende August 2019 mit 21.622 Einwohnern (Asylwerber und anerkannte Schutzberechtigte) bei 98,2% der Kapazitäten (ESTIA 28.8.2019). Anerkannte Schutzberechtigte sind dazu aufgerufen, die Wohnungen innerhalb einer Übergangsphase von 6 bzw. 12 Monaten nach ihrer Anerkennung zu verlassen. In der Praxis ist es bisher aber nicht zu erzwungenen Räumungen gekommen (AA 6.12.2018). Personen, die nach Zuerkennung ihres Schutzstatus in Griechenland ESTIA verlassen und einen Zweitantrag in einem anderen EU-Staat stellen, verzichten in eigener Verantwortung auf diesen sozialen Vorteil (AA 6.12.2018).

Einige NGOs bieten punktuell Wohnraum an. Hierzu gehören z.B. Caritas Hellas, Orange House und PRAKSIS. Insbesondere Caritas Hellas unterhält einen sogenannten "Social Spot" in Athen. Hier werden täglich Hilfestellungen zu verschiedenen Themen angeboten. Zudem verfügt Caritas Hellas über Wohnräumlichkeiten sowie Kooperationen mit der armenischen Kirchengemeinde, welche u. a. auch für kurzfristige Unterbringungen zur Verfügung stehen. Weitere gemischte Wohnprojekte der Caritas Hellas im Stadtteil Neos Kosmos werden von den römisch-katholischen Bischöfen in Griechenland unterstützt. Die Zahl der Unterkünfte in Athen ist insgesamt nicht ausreichend. Die vorbezeichneten Stellen arbeiten mit Bedürftigen direkt und unmittelbar zusammen. Bedürftige können sich nach Ankunft in Griechenland unmittelbar an die vorgenannten Organisationen wenden (AA 6.12.2018).

Arbeitsmarkt

Ein Zugang zum Arbeitsmarkt steht rechtlich dauerhaft und legal im Land lebenden Personen zu, damit grundsätzlich auch Schutzberechtigten. Geldleistungen der Arbeitslosenversicherung erhalten nur Personen mit entsprechenden Vorversicherungszeiten für eine Dauer von maximal einem Jahr. Die griechische Arbeitsagentur ODEA stellt nunmehr seit Juni 2018 für alle Schutzberechtigten eine Arbeitslosenkarte aus. Eine Registrierung bei der Arbeitsagentur, welche Voraussetzung für weitere Sozialleistungen ist, war zuvor in der Praxis für Schutzberechtigte kaum möglich, da als Voraussetzung ein Wohnungsnachweis auf den Namen der Person vorgelegt werden musste. Nachdem diese Hürde weggefallen ist, wurden innerhalb weniger Monate über 4.000 Personen aus dem EU-finanzierten Unterkunftsprogramm ESTIA registriert. Die Arbeitslosenkarte berechtigt zu folgenden Leistungen: kostenlose Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs; kostenloser Eintritt in Museen; Ermäßigungen für Gas-, Wasser-, und Stromrechnungen, Rabatte in einigen Fast-Food-Restaurants, Mobilfunkangebote und ermäßigte berufliche Fortbildungsmaßnahmen. Einige NGOs bieten punktuell Programme zur Fortbildung und Unterstützung bei der Arbeitssuche an. Hierzu gehören z. B. Arbeiter- Samariter-Bund, Diakonie und Greek Refugee Council (AA 6.12.2018). Die Chancen zur Vermittlung eines Arbeitsplatzes sind gering. Die staatliche Arbeitsagentur OAED hat bereits für Griechen kaum Ressourcen für die aktive Arbeitsvermittlung (Betreuungsschlüssel: 1 Mitarbeiter für über 1.000 Arbeitslose) und noch kein Programm zur Arbeitsintegration von Flüchtlingen aufgelegt. Migration in den griechischen Arbeitsmarkt hat in der Vergangenheit vor allem in den Branchen Landwirtschaft, Bauwesen, haushaltsnahe und sonstige Dienstleistungen stattgefunden. Allerdings haben sich die Arbeitschancen durch die anhaltende Finanz- und Wirtschaftskrise allgemein deutlich verschlechtert. Möglichkeiten zur Arbeitsaufnahme bestehen z. T. bei NGOs etwa als Dolmetscher oder Team-Mitarbeiter (AA 26.9.2018a).

Bildung

Ein Zugang zum Bildungssystem wird faktisch durch Sprachbarrieren und die stark akademisch ausgerichtete Bildungslandschaft in Griechenland erschwert. Es bestehen einzelne Projekte einer dualen Berufsausbildung etwa im Bereich der Landwirtschaft. Das griechische Bildungsministerium konzentriert sich in seinen Bemühungen bisher auf die Beschulung der 5 bis 17-jährigen schulpflichtigen Flüchtlingskinder, von denen im Schuljahr 2017/2018 ca. 62% eingeschult waren. Zahlreiche NGOs bieten Sprachkurse für Griechisch und Englisch an (AA 26.9.2018b).

Unterstützung durch NGOs

NGOs spielen bei der Integration Schutzberechtigter eine wichtige Rolle. Es gibt sowohl in Griechenland aktive internationale wie auch lokale NGOs. Die Angebote sind vielfältig, allerdings mit Schwerpunkt in den Ballungsräumen Athen und Thessaloniki, wo sich auch die meisten Schutzberechtigten befinden. Die NGOs sind Umsetzungspartner der internationalen Hilfsprojekte, finanziert von der EU und in weiten Teilen koordiniert vom UNHCR. Die Programme werden genutzt (AA 26.9.2018a). Bekannte Organisationen sind unter anderem: Society for the care of minors (sma-athens.org), Apostoli, eine Organisation der griechisch-orthodoxen Kirche (mkoapostoli.com), Arsis (arsis.gr), National Centre for Solidarity (ekka.org.gr) Hellenic Red Cross (redcross.gr), Positive Voice - Greek Association of HIV Positive Persons (positivevoice.gr), Klimaka (klimaka.org.gr), Nostos (nostos.org.gr), Doctors of the World (mdmgreece.gr), Medical Intervention (medin.gr), Praksis (praksis.gr) sowie Faros (faros.org.gr) usw. (AA 6.12.2018; vgl. UNHCR 4.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.12.2018): Auskunft des AA an das Verwaltungsgericht Stade, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/683300/684459/684461/684543/18914234/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_06%2E12%2E2018%2C_508%2D516.80_51293.pdf?nodeid=19635053&vernum=-2, Zugriff 26.9.2019

- AA - Auswärtiges Amt (26.9.2018a): Auskunft des AA an das Verwaltungsgericht Schwerin, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/683300/684459/684461/684543/18914234/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_26%2E09%2E2018%2C_508%2D516.80_50799.pdf?nodeid=19309208&vernum=-2, Zugriff 26.9.2019

- AA - Auswärtiges Amt (26.9.2018b): Auskunft des AA an das Verwaltungsgericht Greifswald, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/693991/696617/696619/696431/18970518/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_26%2E09%2E2018%2C_508%2D516.80_51035.pdf?nodeid=19373612&vernum=-2, Zugriff 26.9.2019

- AA - Auswärtiges Amt (7.2.2018): Auskunft des AA an das Verwaltungsgericht Köln, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/683300/683529/683531/683613/18932792/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_07%2E02%2E2018%2C_508%2D516.80_49957.pdf?nodeid=18971400&vernum=-2, Zugriff 26.9.2019

- AIDA - Asylum Information Database (3.2019): Country Report: Greece, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_gr_2018update.pdf, Zugriff 26.9.2019

- ESTIA - Emergency Support to Integration & Accomodation (28.8.2019): ESTAI Accomodation Capacity - Weekly Update, http://estia.unhcr.gr/en/estia-accommodation-capacity-weekly-update-27-august-2019/, Zugriff 26.9.2019

- Pro Asyl/RSA - Refugee Support Aegean (8.2018): Update - Stellungnahme - Lebensbedingungen international Schutzberechtigter in Griechenland, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/684671/701739/1999815/1999817/20085633/PRO_ASYL%2C_Lebensbedingungen_international_Schutzberechtigter_in_Griechenland%2C_30%2E08.2018.pdf?nodeid=20085316&vernum=-2, Zugriff 26.9.2019

- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (7.2019): Cash Assistance Update, http://estia.unhcr.gr/en/greece-cash-assistance-july-2019/, Zugriff 26.9.2019

- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (4.2019): Fact Sheet; Greece; 1-31 March 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2006858/69017.pdf, Zugriff 26.9.2019

Die Behörde führte aus, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe. Schwere psychische Störungen oder schwere Krankheiten würden nicht vorliegen. Eine besondere Integrationsverfestigung sei nicht zu erkennen. Zu Spruchpunkt I wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in Griechenland asylberechtigt sei und dort somit Schutz vor Verfolgung gefunden habe. Diese Feststellung ergebe sich aus der Mitteilung Griechenlands vom 10.09.2019. Die Aliasdaten würden sich ebenfalls aus der genannten Mitteilung Griechenlands und aus den Angaben des Beschwerdeführers ergeben. Die Feststellung der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers basiere auf dem medizinischen Sachverständigengutachten vom 22.10.2019. Aus den Angaben des Beschwerdeführers seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass er tatsächlich konkret Gefahr liefe, in Griechenland Folter oder unmenschlicher Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihm eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könne. Es bestünden in Österreich keine familiären oder verwandtschaftlichen Anküpfungspunkte. Griechenland gewähre ausreichende Versorgung für Schutzberechtigte. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG hätten nicht vorgelegen. Die Abschiebung in den Zielstaat sei zulässig.

Gegen den Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und darin zusammengefasst vorgebracht, dass das Bundesamt bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens zum Schluss gelangen hätte müssen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Griechenland eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC gewährleisteten Rechte darstellen würde und somit zwingend das Selbsteintrittsrecht auszuüben gewesen wäre. Beim Beschwerdeführer handle es sich um einen minderjährigen Syrer, welcher den Asylantrag in Griechenland nicht freiwillig gestellt habe. Das Camp sei wie ein Gefängnis gewesen, ein Schulbesuch unmöglich gewesen sei und habe der Beschwerdeführer keinerlei Unterstützung erhalten. Der Beschwerdeführer habe bereits im Rahmen der Erstbefragung vorgebracht, in Griechenland keine Zukunft zu haben und nicht nach Griechenland zurückkehren zu wollen. Er habe dort auch keine Angehörigen. Die Behörde hätte konkret prüfen müssen, ob den Beschwerdeführer nach einer Überstellung adäquate Unterkunft und angemessene Versorgung erwarten würden; die Einholung einer solchen individuellen Zusicherung sei aber unterblieben. Die Behörde habe sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht auseinandergesetzt. Schließlich wurde darauf verwiesen, dass das Kindeswohl vorrangig zu berücksichtigen sei; eine Kindeswohlprüfung sei jedoch unterblieben. Der Beschwerdeführer sei als Minderjähriger als besonders vulnerabel anzusehen. Eine Außerlandesbringung stehe dem Kindeswohl entgegen und sei - jedenfalls nach dem momentanen Ermittlungsstand - unzulässig. Die Länderfeststellungen zu Griechenland seien zudem nicht aktuell bzw. nicht vollständig. Das Bundesamt habe verabsäumt den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu ermitteln. Es bestünden nach wie vor flächendeckende Defizite hinsichtlich der Aufnahme, der Versorgung und der Integration von Schutzberechtigten in Griechenland. Beantragt wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung bzw. die Zulassung des Antrages auf internationalen Schutz samt Zurückverweisung an die erste Instanz, um ein inhaltliches Verfahren durchzuführen.

Das Bundesamt teilte am 27.12.2019 mit, dass der Beschwerdeführer seit 25.12.2019 unbekannten Aufenthaltes sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Syrien, stellte am 26.07.2019 nach einer Einreiseverweigerung seitens Deutschlands in Österreich den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Betreffend den Beschwerdeführer liegt eine EURODAC-Treffermeldung der Kategorie 1 vom 10.12.2018 mit Griechenland vor.

Der Beschwerdeführer ist minderjährig. Im Zuge der Erstbefragung am 27.07.2019 gab der Beschwerdeführer an, am XXXX geboren zu sein. Mit Schreiben vom 10.09.2019 teilte die griechischen Behörden im Zuge des Konsultationsverfahrens mit, dass der Beschwerdeführer in Griechenland als Geburtsdatum den XXXX angegeben habe. Ein veranlasstes multifaktorielles Altersfeststellungsgutachten ergab eine Minderjährigkeit des Beschwerdeführers bei Asylantragstellung; das spätestmögliche Geburtsdatum des Beschwerdeführers wurde daraufhin mit Verfahrensanordnung mit XXXX festgesetzt.

Der Beschwerdeführer hat am 10.12.2018 in Griechenland um Asyl angesucht hat. Er hat sich dort etwa 3 Monate in einem Camp und anschließend mit seinem Onkel in einer privaten Wohnung in Athen aufgehalten. Am 11.04.2019 wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Er ist in Besitz einer bis zum 11.04.2022 gültigen, verlängerbaren Aufenthaltsgenehmigung für Griechenland.

Der Beschwerdeführer ist gesund und muss keine Medikamente einnehmen. Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer weder an körperlichen noch an psychischen Krankheiten leidet, die einer Überstellung nach Griechenland entgegenstehen würden.

Der Beschwerdeführer hat weder in Griechenland noch in Österreich Familienangehörige oder Verwandte. Es bestehen keine besonders ausgeprägten privaten, familiären oder beruflichen Bindungen des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer ist seit 25.12.2019 nicht mehr aufrecht im Bundesgebiet gemeldet und unbekannten Aufenthaltes. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer lebt seit der Antragstellung am 26.07.2019 auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich. Nicht auf das Asylgesetz gestützte Aufenthaltsrechte sind nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer war in Österreich nie selbsterhaltungsfähig oder erwerbstätig, sondern lebte seit der Antragstellung von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Sonstige Maßnahmen zur Integration des Beschwerdeführers wie beispielsweise der Besuch einer Schule, von Deutschkursen und/oder Ausbildungen beruflicher oder sonstiger Natur können nicht festgestellt werden.

Die Anordnung der Unterkunftnahme des Beschwerdeführers in der BS XXXX gem. § 15b Abs. 1 AsylG für den Zeitraum von 27.07.2019 bis zum 29.07.2019 erfolgte rechtskonform.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

Zur Lage in Griechenland:

Zur Lage von Schutzberechtigten im Mitgliedstaat Griechenland schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den entsprechenden Feststellungen des angefochtenen Bescheides an (siehe oben). Den Feststellungen des nunmehr angefochtenen Bescheides zu Griechenland, welche in Summe als aktuell zu bezeichnen sind, ist insbesondere zu entnehmen, dass Schutzberechtigte in Griechenland dieselben sozialen Rechte wie griechische Staatsbürger haben. Anerkannte Schutzberechtigte haben Zugang zu Unterbringung unter den gleichen Bedingungen wie Drittstaatsangehörige, die sich legal in Griechenland aufhalten. Die Aufnahme ins ESTIA-Programm ist für anerkannten Schutzberechtigten möglich, welche die Kriterien der Vulnerabilität erfüllen und bereits als Asylwerber an dem Programm teilgenommen haben. Ein Zugang zum Arbeitsmarkt steht rechtlich dauerhaft und legal im Land lebenden Personen zu, damit grundsätzlich auch Schutzberechtigten. NGOs spielen bei der Integration Schutzberechtigter eine wichtige Rolle. Es gibt sowohl in Griechenland aktive internationale wie auch lokale NGOs. Die Angebote sind vielfältig, allerdings mit Schwerpunkt in den Ballungsräumen Athen und Thessaloniki, wo sich auch die meisten Schutzberechtigten befinden. Die NGOs sind Umsetzungspartner der internationalen Hilfsprojekte, finanziert von der EU und in weiten Teilen koordiniert vom UNHCR. Die Länderberichte zu Griechenland sowie der nunmehr angefochtene Bescheid wurden auch dem gesetzlichen Vertreter zur Kenntnis gebracht und wurden diesbezüglich keine substantiierten Einwendungen erhoben. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung die Lage von Schutzberechtigten in Griechenland umfassend festgestellt und zwar unter Berücksichtigung sämtliche Rechte, die anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten in Griechenland zukommen, wie beispielsweise erneuerbare dreijährige Aufenthaltserlaubnis, Zugang zum Arbeitsmarkt und zu medizinischer Versorgung.

Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass der Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Griechenland als Asylberechtigter in Griechenland in eine existenzielle Notlage geraten könnte und/oder ihm der Zugang zu medizinischer Versorgung und/oder zum Arbeitsmarkt verwehrt werden würde. Daher ist aus Sicht des zuständigen Richters betreffend die Lage von Asylberechtigten in Griechenland den Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid zu folgen.

Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Griechenland sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung nach Griechenland Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Staatsangehörigkeit, zu seinem Reiseweg, zum Aufenthalt in Griechenland, zur Antragstellung in Griechenland und zur Zuerkennung des Statuts des Asylberechtigten, ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers in Zusammenschau mit dem Akteninhalt.

Dass der Beschwerdeführer am 10.12.2018 in Griechenland einen Asylantrag stellte, ergibt sich zweifelsfrei aus der EURODAC-Treffermeldung der Kategorie 1. Die Feststellungen zur Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten an den Beschwerdeführer in Griechenland am 11.04.2019 samt Erteilung einer (verlängerbaren) Aufenthaltsberechtigung bis zum 11.04.2022, ergibt sich aus dem Schreiben der griechischen Dublinbehörde vom 10.09.2019.

Die Feststellung der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers bei Asylantragstellung in Österreich basiert auf dem Ergebnis des durchgeführten multifaktoriellen Altersfeststellungsgutachtens vom 28.10.2019. Auch bei Zugrundelegung des in Griechenland angegebenen Geburtsdatums (Anm: XXXX ) würde sich daran nichts ändern. Lebensfremd sind in diesem Zusammenhang die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Alter im Zuge der Erstbefragung am 27.07.2019, woraus sich dessen Volljährigkeit bei Antragstellung ergeben würde; dies, zumal die rechtlichen Rahmenbedingungen für (unbegleitete) Minderjährige deutlich günstiger sind als für volljährige Asylwerber. Die seine Angaben zu stützten versuchenden Ausführungen erscheinen demgegenüber nicht nachvollziehbar. Es gereicht dem Beschwerdeführer keinesfalls zum Nachteil, wenn die Behörde, wie auch das Gericht, von der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers auch zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt ausgehen.

Die Feststellungen zu den privaten Verhältnisse des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen Angaben im Verfahren in Zusammenschau mit dem Akteninhalt. Die Negativfeststellungen zu Integrationsbemühungen seitens des Beschwerdeführers waren mangels Vorlage von Bestätigungen und/oder sonstiger Unterlagen zu treffen. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers konnten auch keine weiteren Anknüpfungspunkte privater Natur festgestellt werden.

Der unbekannte Aufenthalt des Beschwerdeführers seit Ende Dezember 2019 ergibt sich einer entsprechenden Mitteilung des Bundesamtes vom 27.12.2019 sowie der seitens des BVwG zuletzt am 10.03.2020 veranlassten Abfrage aus dem Zentralen Melderegister. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus einem vom BVwG eingeholten Strafregisterauszug.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführer ergibt sich aus seinem eigenem Vorbringen bzw. der Aktenlage. Sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt gab der Beschwerdeführer jeweils dezidiert an, an keinen Krankheiten oder psychischen Störungen zu leiden und keine Medikamente einnehmen zu müssen. Es liegt zweifellos keine derart schwere bzw. lebensbedrohende Erkrankung vorliegt, die einer Überstellung nach Griechenland entgegenstehen würde. Es wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Die Feststellungen zur Lage von Asylberechtigten bzw. von subsidiär Schutzberechtigten in Griechenland beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zur Situation von Asylberechtigten in Griechenland ergeben. Insbesondere werden auch die Rechte und Versorgungsleistungen, die Schutzberechtigten in Griechenland zukommen - erneuerbare dreijährige Aufenthaltserlaubnis, Zugang zum Arbeitsmarkt und zu medizinischer Versorgung - umfassend dargelegt. Allerdings wird durchaus auch auf die Schwierigkeiten, die auf Schutzberechtigte in Griechenland unter Umständen zukommen können, verwiesen, sodass gesagt werden kann, dass die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid ein durchaus differenziertes Bild der Situation von Schutzberechtigten in Griechenland zeigen. Nach Ansicht des erkennenden Einzelrichters handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.

Die Gesamtsituation für Asyl- bzw. Schutzberechtigte in Griechenland ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch hinreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentliche Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, wurden nicht dargelegt.

Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Griechenland wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht (siehe hiezu weiter unten).

Konkrete in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Griechenland sprechen, liegen nicht vor. Es wurde lediglich pauschal in den Raum gestellt, dass die Lage im griechischen Camp sehr schlecht gewesen sei. Nähere Ausführungen, worin sich die angeführte "schlechte Situation" im Lager konkret gezeigt hätte, wurden nicht erstattet. Es wurden weder die Unterbringung noch die (medizinische) Versorgung der Bewohner des Camps konkret moniert. Der Beschwerdeführer gab in diesem Zusammenhang lediglich an - als minderjährige Person -- das Camp nicht habe verlassen zu dürfen und sich dort wie in einem Gefängnis gefühlt zu haben. Ob eine allfällige Ausgangssperre für Jugendliche tatsächlich bestanden hat bzw eine solche zum Schutz der Jugendlichen gedient hat, ist nicht verifizierbar, kann aber fallgegenständlich letztlich dahinstehen, zumal es dem Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben offenkundig problemlos möglich war, das Camp zu verlassen und mit seinem Onkel in Athen einen gemeinsamen Haushalt zu begründen.

Die Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach es ihm nicht möglich gewesen wäre, die Schule zu besuchen, ist anzumerken, dass dies mit den Feststellungen der Länderberichte nicht in Einklang zu bringen ist. Anzumerken bleibt in diesem Zusammenhang auch, dass der Beschwerdeführer - seine von ihm selbst in Griechenland angegebenen Daten zugrunde gelegt - zum Zeitpunkt seines Aufenthalts in Griechenland bereits etwa 17 Jahre alt war und eine Schulpflicht somit nicht mehr gegeben war.

Zum Verweis in der Beschwerde, wonach es im gegenständlichen Fall einer Kindeswohlprüfung bedurft hätte, um eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Falle einer Außerlandesbringung nach Griechenland ausschließen zu können, ist Folgendes festzuhalten:

Die Länderberichte zu Griechenland wurden auch der ARGE als gesetzlichem Vertreter zur Kenntnis gebracht und wurden diesbezüglich keine substantiierten Einwendungen erhoben. Aus den Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass der minderjährige Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Griechenland als dort Schutzberechtigter in eine existenzielle Notlage geraten könnte.

Im gegenständlichen Verfahren ist nicht erkennbar, dass eine Überstellung des mj Beschwerdeführers nach Griechenland dem Kindeswohl entgegensteht. Er verfügt dort über den Status eines Asylberechtigten und eine (verlängerbare) Aufenthaltserlaubnis (welche auch eine Arbeitserlaubnis einschließt). Griechenland gewährleistet ausreichend Schutz und medizinische Versorgung für Asylberechtigte und ermöglicht Kindern eine Schulbildung, sodass auch unter diesem Aspekt keine Gefährdung des Kindeswohls ersichtlich ist. Im Übrigen ist aus der GRC nicht ableitbar, dass die Berücksichtigung des Kindeswohls so weit ginge, dass sich der mj Beschwerdeführer im Wissen um seinen unsicheren Aufenthalt den bevorzugten Mitgliedstaat aussuchen könnte. In Hinblick auf das Vorbringen in der Beschwerde, dass der Beschwerdeführer in Griechenland weder familiäre noch verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte habe, ist anzumerken, dass dies im selben Maße auch für Österreich zutrifft.

Die Feststellungen betreffend der Rechtmäßigkeit der Anordnung der Unterkunftnahme in der BS XXXX vom 27.07.2019 bis 29.07.2019 stützen sich auf die sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ergebenden Informationen. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer am 26.07.2019 von der deutschen Polizei am österreichisch-deutschen Grenzübergang einer grenzpolizeilichen Einreiseüberprüfung unterzogen wurde, welche eine Einreiseverweigerung nach Deutschland sowie die Zurückweisung nach Österreich zur Folge hatte. In der Folge stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, wobei er angab, sein primäres Zielland sei Deutschland gewesen, da er dort Freunde zu besuchen beabsichtge. Es bestand somit die Gefahr, dass sich der Beschwerdeführer dem Verfahren in Österreich entziehen könnte und seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommen würde. Auch waren noch Erhebungen zur Identität des Beschwerdeführers erforderlich. Das Bundesamt ging im Zeiptunkt der Anordnung der Unterkunftnahme auf Grundlage der Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung von der Volljährigkeit des Beschwerdeführers aus. Die Anordnung der Unterkunftnahme des Beschwerdeführers in der BS XXXX war somit nicht unrechtmäßig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 57/2018, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.

Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl. § 75 Abs. 18 AsylG 2005 idF BGBl I 144/2013).

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) lauten:

"§ 4a (1) Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat. § 4 Abs 5 gilt sinngemäß.

...

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. ...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 vorliegt.

...

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1.wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2.zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3.wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

...

§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

..."

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.der Grad der Integration,

5.die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

"§ 61. (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1.dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

Bei einer Zurückweisung nach § 4a AsylG 2005 handelt es sich um eine Entscheidung außerhalb des Anwendungsbereichs der Dublin III-VO (VwGH Ra 2016/19/0072, 30.06.2016 mit Hinweis auf Ra 2016/18/0049, 03.05.2016).

Zur Frage der Unzulässigkeit des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz ist davon auszugehen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht eine Zurückweisung nach § 4a AsylG 2005 vorgenommen hat, zumal dem Beschwerdeführer in Griechenland der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ist (war) nicht geduldet. Er ist (war) auch nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG lagen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

Die seit dem 01.01.2014 anwendbare Dublin III-VO geht, wie sich aus der Legaldefinition in ihrem Art. 2 lit. f ergibt, nunmehr von einem einheitlichen Status für Begünstigte internationalen Schutzes aus, welcher gleichermaßen Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte umfasst. Auf Personen, denen bereits in einem Mitgliedstaat Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wurde und deren Asylverfahren zu beiden Fragen rechtskräftig abgeschlossen ist, findet die Dublin III-VO im Fall eines neuerlichen Antrages auf internationalen Schutz in einem anderen Mitgliedstaat keine Anwendung. Aus dem festgestellten Sachverhalt - insbesondere aus dem Antwortschreiben der griechischen Dublinbehörde vom 10.09.2019 - ergibt sich, dass der Beschwerdeführer in Griechenland bereits als Begünstigter internationalen Schutzes anerkannt wurde. Aus diesem Grund kommt zweifelsfrei § 4a AsylG zur Anwendung.

Der Verwaltungsgerichtshof (Ra 2016/18/0049, 03.05.2016) hat festgehalten, dass nach dem klaren Wortlaut des § 4a AsylG 2005 für die Beurteilung der Frage, ob ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß dieser Bestimmung zurückzuweisen ist, darauf abzustellen ist, ob dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Dass der Fremde dort zudem über einen aufrechten Aufenthaltstitel verfügen muss, lässt sich dem § 4a AsylG 2005 nicht entnehmen. Weiters ergibt sich aus dem Wortlaut der soeben zitierten Bestimmung, dass bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz nach § 4a AsylG 2005 - im Gegensatz zu jener nach § 4 AsylG 2005 - keine Prognoseentscheidung zu treffen ist. Während nämlich gemäß § 4 AsylG 2005 eine Prognose dahingehend zu treffen ist, ob der Fremde in dem in Frage kommenden Drittstaat Schutz vor Verfolgung finden kann (Hinweis E vom 6. Oktober 2010, 2008/19/0483; vgl. auch ErlRV 952 BlgNR 22. GP 33), stellt § 4a AsylG 2005 unmissverständlich darauf ab, ob dem Fremden von einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde. Ob der Fremde bei Rückkehr in den nach Ansicht Österreichs zuständigen Staat eine Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung erlangen würde können oder ihm etwa die Aberkennung seines in der Vergangenheit zuerkannten Schutzstatus drohen könne, ist daher gemäß § 4a AsylG 2005 nicht zu prüfen.

Fallgegenständlich verfügt der Beschwerdeführer in Griechenland über eine (verlängerbare) Aufenthalstberechtigung bis 2022 und ist dessen Asylverfahren zur Gänzwe abgeschlossen.

Wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich, ist es vorliegend nicht zur Anwendung von § 8 Abs 3a AsylG gekommen und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs 2 AsylG ergangen

Zu einer möglichen Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK wurde im vorliegenden Fall Folgendes erwogen:

Gemäß Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (vgl. VwGH vom 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. VwGH vom 09.05.2003, Zl. 98/18/0317 u.a.). Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949) wie folgt ausgesprochen: "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist."

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH vom 17.02.1998, Zl. 96/18/0379 sowie EGMR vom 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov gegen Türkei Rz 71 bis 77). Auch eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Fall einer Überstellung und ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (vgl. VwGH vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673; vom 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025 und vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK haben die Vertragsstaaten der EMRK aufgrund eines allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatzes - vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich der EMRK - das Recht, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu regeln. Jedoch kann die Ausweisung eines Fremden durch einen Vertragsstaat ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen und damit die Verantwortlichkeit dieses Staates nach der EMRK auslösen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Abschiebung mit einer realen Gefahr rechnen muss, im Zielstaat einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden. Unter diesen Umständen beinhaltet Art. 3 die Verpflichtung, die betreffende Person nicht in diesen Staat abzuschieben.

Es ist auch ständige Rechtsprechung des EGMR, dass die verbotene Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen muss, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu fallen. Die Festsetzung dieses Mindestmaßes ist naturgemäß relativ; es hängt von allen Umständen des Einzelfalls ab, wie etwa der Dauer der verbotenen Behandlung, ihren physischen oder psychischen Auswirkungen und in manchen Fällen vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers (vgl. EGMR vom 27.05.2008, Nr. 26565/05 sowie vom 28.02.2008, Nr. 37201/06).

Den Ausführungen des Beschwerdeführers hinsichtlich seines ca 6 Monate dauernden Aufenthalts in Griechenland ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass dieser zu Beginn seines Verfahrens in einem Camp untergebracht war, in welchem er sich jedoch "eingesperrt" gefühlt habe, weshalb er das Lager verlassen und privat bei seinem Onkel in Athen gewohnt habe. Die Lage in Griechenland hat der Beschwerdeführer pauschal als "sehr schlecht" beschrieben, ohne diese Angaben näher zu konkretisieren. Als wesentlichen Kritikpunkt führte der Be

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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