TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/30 96/19/3577

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Veröffentlicht am 30.01.1998
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §5;
AsylG 1991 §7 Abs1;
AufG 1992 §1 Abs1;
AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;
AufG 1992 §6 Abs3;
AufG 1992 idF 1995/351 §13 Abs2;
AufG 1992 idF 1995/351 §6 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winkler, über die Beschwerde des 1964 geborenen MA in S, vertreten durch

Dr. Gerhard O. Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Oktober 1996, Zl. 120.302/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 30. Mai 1996 die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land namens des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. Juni 1996 gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) "zurückgewiesen". Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Oktober 1996 wurde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung - unter anderem - mit § 6 Abs. 2 AufG abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei von Ungarn kommend am 9. März 1993 (gemeint wohl: 1992) über die "grüne Grenze", ohne sich der Grenzkontrolle zu stellen, nach Österreich eingereist. In der Folge habe er einen Asylantrag gestellt, welcher jedoch abgewiesen worden sei. Eine dagegen erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof sei durch ein am 20. Mai 1996 zugestelltes Erkenntnis dieses Gerichtshofes abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer hätte daher den gegenständlichen Antrag aus dem Grunde des § 6 Abs. 2 AufG vom Ausland aus zu stellen gehabt, zumal für ihn zwar eine gültige Arbeitserlaubnis ausgestellt, er jedoch noch nie im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung gewesen sei. Die öffentlichen Interessen überwögen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 MRK.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1 Abs. 3 Z. 6, § 6 Abs. 2 und § 13 AufG lauteten

auszugsweise:

"§ 1. ...

...

(3) Keine Bewilligung brauchen Fremde, wenn sie

...

6. aufgrund des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind.

§ 6. (1) ...

(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. ... Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls ...; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältige Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden.

§ 13. (1) Die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen.

(2) Abs. 1 findet auf die in § 1 Abs. 3 und 4 genannten Fremden keine Anwendung. Für diese kommt eine Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung nur nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 in Betracht."

Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (31. Oktober 1996) ist für dessen Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof die Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, maßgeblich. § 4 Z. 4 dieser Verordnung lautete:

"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:

...

4. Personen, für die eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt ist, und deren Familienangehörigen im Sinne des § 3 des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten."

§ 8 AsylG 1991 lautete:

"§ 8. (1) Die Asylbehörde kann aus Anlaß der Erlassung eines Bescheides, mit dem ein Asylantrag abgewiesen wird, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen einem Fremden von Amts wegen den befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet bewilligen, wenn die Abschiebung rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist oder ihm wegen der Situation in seinem Heimatstaat oder - sofern er staatenlos ist - in den Staat, in dem er zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, aus wichtigen Gründen nicht zugemutet werden kann.

(2) Die befristete Aufenthaltsberechtigung ist für höchstens ein Jahr zu bewilligen. Sie kann um jeweils höchstens ein weiteres Jahr verlängert werden, wenn die Gründe für ihre Bewilligung andauern."

Der Beschwerdeführer legt zunächst ausführlich die gegen ihn gerichteten individuellen Verfolgungshandlungen in seinem Heimatstaat, der Türkei, dar. Er sei in der Folge über das iranisch-irakische Grenzgebiet, über die Türkei, Bulgarien, Rumänien und Ungarn auf dem Landwege nach Österreich geflohen. Er sei am 9. März 1992 in das Bundesgebiet eingereist und habe am 12. März 1992 den gegenständlichen Asylantrag gestellt. Der Beschwerdeführer betont, sein Asylantrag sei aus dem Grunde des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 abgewiesen worden. Über die Frage, ob der Beschwerdeführer Flüchtling sei, sei in diesem Zusammenhang inhaltlich nicht entschieden worden. Dem Beschwerdeführer sei am 13. März 1992 bescheinigt worden, daß er gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 1968 bis zum rechtskräftigen Abschluß seines Asylverfahrens zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei. Diese vorläufige Aufenthaltsberechtigung sei in eine solche nach § 7 Abs. 1 AsylG 1991 übergegangen. Der gegen die Abweisung seines Asylantrages in zweiter Instanz erhobenen Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof sei mit Beschluß vom 9. März 1995 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Der Beschwerdeführer sei seit Sommer 1992 zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich berechtigt gewesen. Zuletzt sei ihm eine Arbeitserlaubnis mit Geltungsdauer vom 16. November 1995 bis 15. November 1997 erteilt worden. Er stehe auch seit 1993 in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis zu einem inländischen Unternehmen. Ein Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 37 Abs. 2 FrG 1992 sei von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen worden, daß derzeit kein Verfahren zur Ausweisung oder zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer anhängig sei.

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, der Gesetzgeber des Aufenthaltsgesetzes habe jener Personen nicht gedacht, die sich aufgrund eines vorläufigen Aufenthaltsrechtes im Sinne des § 5 AsylG 1968 bzw. des § 7 AsylG 1991 bis zum Abschluß des Asylverfahrens rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten, insbesondere nicht solcher Asylwerber, deren Aufenthalt aufgrund der Dauer ihres Asylverfahrens ein langewährender war. In Ansehung dieses Personenkreises liege daher eine Regelungslücke vor, welche im Wege der Rechtsanalogie zu schließen sei. Dabei sei im Falle des Beschwerdeführers der Schutz des Privatlebens gemäß Art. 8 Abs. 1 MRK zu beachten, weil die Erfolgsvoraussetzung, einen Bewilligungsantrag vom Ausland aus zu stellen, in die während der Dauer des Asylverfahrens aufgebauten persönlichen Beziehungen eingriffe. Darüber hinaus sei auch das bundesverfassungsrechtliche Gebot der Gleichbehandlung Fremder untereinander zu beachten. Eine sachliche Rechtfertigung für eine unterschiedliche Behandlung zwischen Fremden, denen Asyl zuerkannt worden war und die dieses in der Folge wieder verloren, und solchen, die sich während der Dauer ihres Asylverfahrens vorläufig im Bundesgebiet aufhielten, bestehe nämlich nicht. Ebensowenig sei eine Differenzierung zwischen Personen, deren Aufenthaltsbewilligung (etwa infolge Fristversäumnis) ablief, und Asylwerbern, deren vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach Abweisung ihres Asylantrages endete, sachlich zu rechtfertigen.

Aus all diesen Gründen sei der Antrag des Beschwerdeführers entweder in Analogie zu § 6 Abs. 2 letzter Satz AufG den Regeln für Verlängerungsanträge zu unterstellen, oder aber die Bestimmung des § 4 Z. 4 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1996, dahingehend auszulegen, daß unter "Aufenthaltsbewilligung" im Sinne dieser Bestimmung auch die vorläufige Aufenthaltsberechtigung von Asylwerbern während der Dauer ihres Asylverfahrens zu verstehen sei. Dies umso mehr, als der gegenständliche Antrag keinesfalls mutwillig, also in der Absicht gestellt worden sei, damit Einwanderungsvorschriften zu umgehen. Hingewiesen werde auch auf die Praxis der Behörden, abgewiesene Asylwerber darauf hinzuweisen, daß diese binnen zwei Wochen nach Zustellung des abweislichen Asylbescheides einen Antrag auf Aufenthaltsbewilligung stellen könnten.

Diesem Vorbringen ist folgendes entgegenzuhalten:

Der Beschwerdeführer verfügte niemals über eine Aufenthaltsbewilligung. Zwar war er nach seinen Behauptungen am 1. Juli 1993, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes, gemäß § 7 AsylG 1991 zum vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Eine solche vorläufige Aufenthaltsberechtigung ist jedoch - wie aus der Übergangsbestimmung des § 13 Abs. 2 AufG unzweifelhaft hervorgeht - einer "Verlängerung" durch einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften nicht zugänglich. Für den Beschwerdeführer, dessen vorläufiges Aufenthaltsrecht mit Zustellung des im Asylverfahren ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes am 20. Mai 1996 endete, galt daher der Grundsatz, daß der abgewiesene Asylwerber seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor einer weiteren Einreise in das Bundesgebiet vom Ausland aus zu stellen hatte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 1995, Zl. 95/19/0666).

Wenn der Beschwerdeführer vermeint, in Ansehung von nach § 5 AsylG 1968 bzw. § 7 AsylG 1991 vorläufig aufenthaltsberechtigten Personen bestehe eine Gesetzeslücke, verkennt er nicht nur den Inhalt des § 13 Abs. 2 AufG, sondern auch jenen des § 6 Abs. 2 AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995. Nach dem dritten Satz dieser Bestimmung ist eine Antragstellung im Inland nur in den dort taxativ aufgezählten Fällen ausnahmsweise zulässig. Da § 6 Abs. 2 AufG nach seinem klaren Wortlaut keine Ausnahmebestimmung für Fremde enthält, die nach § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG aufgrund des AsylG 1991 während der Anhängigkeit ihres Asylverfahrens zum Aufenthalt in Österreich berechtigt waren oder sind, sind im Inland gestellte Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung auch in denjenigen Fällen abzuweisen, in denen eine Berechtigung zum vorläufigen Aufenthalt im Sinne des § 7 des AsylG 1991 vorgelegen ist oder noch vorliegt. Da § 6 Abs. 2 AufG nur den "Verlust des Asyls" ausdrücklich als Ausnahmetatbestand anführt, fehlt jedes Indiz für eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes hinsichtlich der nach § 5 AsylG 1968 bzw. § 7 AsylG 1991 vorläufig aufenthaltsberechtigten Personen. Die vom Beschwerdeführer vorausgesetzte Lücke liegt daher nicht vor, weshalb sich auch eine Schließung der - vermeintlichen - Lücke in der vom Beschwerdeführer erwogenen Richtung verbietet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997, Zl. 96/19/0593). Darüber hinaus war durch § 8 AsylG 1991 in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen für jene abgewiesene Asylwerber, bei denen - wie der Beschwerdeführer von sich behauptet - die Abschiebung rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist oder ihnen wegen der Situation in ihrem Heimatstaat nicht zugemutet werden kann, die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung durch die Asylbehörde vorgesehen. Das Aufenthaltsrecht dient nicht dazu, allfällige Unterlassungen einer solchen Ermessensübung durch die Asylbehörde zu substituieren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Oktober 1997, Zl. 96/19/2679).

Ebensowenig kann sich der Beschwerdeführer auf die Ausnahmebestimmung des § 4 Z. 4 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, stützen, weil er nie eine Aufenthaltsbewilligung hatte. § 4 Z. 4 dieser Verordnung kommt nur solchen Personen zugute, für die eine Arbeitserlaubnis ausgestellt ist, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. November 1997, Zlen. 96/19/2291, 2790).

Mit "Aufenthaltsbewilligung" im Sinne des § 4 Z. 4 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, ist die in § 1 Abs. 1 AufG vorgeschriebene besondere Bewilligung gemeint. Diese - im AufG "Bewilligung" genannte - Berechtigung ist Gegenstand des Antrages nach § 6 Abs. 2 AufG. § 4 der genannten Verordnung bezeichnet diesen als "Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung". Die Verordnung bietet keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Begriff "Aufenthaltsbewilligung" in § 4 erster Satz etwas anderes bedeuten soll als jener in Z. 4 leg. cit. Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung während der Dauer eines Asylverfahrens zählt nicht dazu (vgl. hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 28. November 1997 mit weiteren Hinweisen auf die Vorjudikatur).

Aus Anlaß des Beschwerdefalles sind auch keine Bedenken entstanden, daß die Ausnahmebestimmungen des § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG bzw. des - die Ermächtigung des § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG voll ausschöpfenden - § 4 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, zu eng wären. Gegen die in § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG vorgenommene Einschränkung des Rechtes nach dem AsylG 1991 aufenthaltsberechtigter Personen zur Inlandsantragstellung nur auf den Fall des Verlustes des Asyls bestehen aus folgenden Erwägungen keine Bedenken aus dem Grunde des Art. 8 MRK:

Die aus den Erläuternden Bemerkungen zum Aufenthaltsgesetz (vgl. RV 525 BlgNR 18. GP) ersichtliche Zielvorstellung dieses Gesetzes, die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch Stellung von Asylanträgen (darunter sind auch bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes gestellte Asylanträge zu verstehen) zu verhindern, welche zum Schutze der öffentlichen Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt erscheint, verbietet es, sowohl abgewiesene Asylwerber (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. September 1996, Zl. 95/19/0396) als auch Asylwerber während der Dauer ihres Asylverfahrens in Ansehung ihrer privaten Interessen im Inland besser zu stellen als einen Fremden, der erstmals eine Aufenthaltsbewilligung beantragt. Dieser Grundsatz kommt auch bei Fremden zum Tragen, die - wie der Beschwerdeführer von sich behauptet - ihren Asylantrag nicht in der Absicht gestellt haben, damit Einwanderungsvorschriften zu umgehen. Entscheidend ist, daß im Falle der gedachten Zulässigkeit der Inlandsantragstellung nach negativem Abschluß eines Asylverfahrens der sonst für Einwanderungswillige geltende Grundsatz, wonach die Entscheidung vom Ausland aus abzuwarten ist, als Folge einer unberechtigten Asylantragstellung im Ergebnis durchbrochen wäre. Eine Einschränkung eines gedachten, durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten Rechtes auf Neuzuwanderung zur Wahrung persönlicher Interessen im Inland durch die in Rede stehende Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG wäre - ebenfalls aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung und des damit verbundenen Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung - aus dem Grunde des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt.

Da die oben dargestellte Gefahr der Umgehung von Einwanderungsvorschriften bei berechtigten Asylanträgen nicht gegeben ist, bestehen keine Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes dahin, daß die - in bezug auf die Zulässigkeit der Inlandsantragstellung - unterschiedliche Behandlung von Personen, denen Asyl zuerkannt wurde und die es in der Folge verloren und solchen, die bis zur negativen Beendigung ihres Aylverfahrens vorläufig aufenthaltsberechtigt waren, gegen das bundesverfassungsrechtliche Gebot der Gleichbehandlung Fremder untereinander verstieße. Die gleiche Überlegung kommt auch hinsichtlich der Differenzierung zwischen Personen, die eine Bewilligung gemäß § 1 Abs. 1 AufG hatten und jenen, die nach dem AsylG 1991 vorläufig aufenthaltsberechtigt waren, zum Tragen.

Der Beschwerdeführer wäre daher gehalten gewesen, seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 AufG vor der Einreise in das Bundesgebiet vom Ausland aus zu stellen. Auf eine dem Gesetz widersprechende Behördenpraxis - wie sie nach den Beschwerdebehauptungen gepflogen wird - kann sich der Beschwerdeführer nach herrschender Judikatur vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht mit Erfolg berufen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1997, Zl. 96/19/0784). Bei dem in § 6 Abs. 2 AufG umschriebenen Erfordernis handelt es sich um eine Voraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung des Antrages nach sich zieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010). Bei der von der erstinstanzlichen Behörde und im Instanzenzug auch von der belangten Behörde vorgenommenen "Zurückweisung" des Antrages gemäß § 6 Abs. 2 AufG handelt es sich nur um ein Vergreifen im Ausdruck (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1996, Zl. 95/18/0525, m.w.H.).

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996193577.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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