TE OGH 2020/2/20 5Ob197/19k

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Veröffentlicht am 20.02.2020
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. K***** GmbH, *****, 2. DI T*****, beide vertreten durch Dr. Wolf Stumpp, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Löschung einer Dienstbarkeit und eines Bestandrechts sowie weiterer Grundbuchshandlungen ob der EZ *****, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 19. September 2019, AZ 53 R 179/19h, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 12. Juli 2019, TZ 5017/2019, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden in ihrem antragsabweisenden Teil dahin abgeändert, dass es lautet:

Urkunden

1 Kauf- und Bauträgervertrag - Zweitantragsteller

vom 4. 6. 2013

2 Nachtrag zum Kaufvertrag – Zweitantragsteller

vom 30. 6. 2017

3 Inländererklärung – Zweitantragsteller

vom 23. 4. 2019

4 Bescheinigung (Magistrat Salzburg)

vom 1. 7. 2013

5 Löschungserklärung vom 11. 4. 2017

Bewilligt wird:

1 in EZ *****

auf Anteil B-LNR 17

17 Anteil: 144/6426

K***** (FN *****)

ADR: *****

e 1070/2017 Wohnungseigentum an Wohnung H2T7 samt

Kellerraum K 2.7

im Rang TZ 7735/2014 zu 144/6426

die Einverleibung des Eigentumsrechts

für Dipl. Ing T*****, geb.

*****

2 in EZ *****

auf Anteil B-LNR 93

93 Anteil: 12/6426

K***** (FN *****)

ADR: *****

e 1070/2017 Wohnungseigentum an KFZ-Tiefgaragenstellplatz

T45

im Rang TZ 7735/2014 zu 12/6426

die Einverleibung des Eigentumsrechts

für Dipl. Ing T*****

*****

3 in EZ *****

die Einverleibung der Löschung B-LNR 17b

17 Anteil: 144/6426

K***** (FN *****)

ADR: *****

b 7625/2014 Zusage der Einräumung von Wohnungseigentums

gem § 40 Abs 2 WEG 2002 an Wohnung Top 9 im Haus 1,

Keller Nr 1.8 und Tiefgaragenstellplatz Nr 11 für

*****

4 in EZ *****

die Einverleibung der Löschung C-LNR 5a

5 a 8301/2014

Dienstbarkeit

der Wärmeversorgungsanlage

und des Leitungsrechts auf Gst 1326 gem Pkt III

Dienstbarkeitsvertrag 2014-06-30 für

P***** GmbH (FN *****)

5 in EZ *****

die Einverleibung der Löschung C-LNR 6a

6 a 8301/2014

Bestandrecht

bis 2035-12-31 gem Pkt I., VII.

Mietvertrag Heizräumlichkeiten 2014-06-30 für

P***** GmbH (FN *****)

Hievon werden verständigt:

1. Dr. Wolf Stumpp, Rechtsanwalt, *****

2. K***** GmbH,

*****

3. E***** GmbH, *****

4. Finanzamt Salzburg

5. Magistrat der Stadt Salzburg

Der Vollzug dieses Beschlusses und die Verständigung der Beteiligten obliegt dem Erstgericht.

Text

Begründung:

Unter Vorlage der im Spruch genannten Urkunden und der weiteren Kauf- und Bauträgerverträge samt Nachträgen über die Wohnungseigentumsobjekte auf der Liegenschaft EZ ***** begehrten die Antragsteller die Einverleibung des Eigentumsrechts für den Zweitantragsteller im Rang der Anmerkung der Zusage von Wohnungseigentum ob zweier Miteigentumsanteile der Erstantragstellerin, mit denen Wohnungseigentum an einer Wohnung und einem Kfz-Tiefgaragenabstellplatz verbunden sein soll, sowie die Löschung der jeweils im Rang nach dieser Zusage zugunsten einer Contracting GmbH einverleibten Dienstbarkeit der Wärmeversorgungsanlage und des Leitungsrechts auf einem Grundstück der Liegenschaft sowie des ebenfalls im Rang nachgehenden Bestandrechts an Heizräumlichkeiten.

Das Erstgericht bewilligte die ebenfalls vom Antrag umfasst Löschung eines Pfandrechtes und wies das Grundbuchsgesuch im Übrigen ab. Die vorgelegten Urkunden lieferten keinen ausreichenden Nachweis darüber, dass die Eintragung der Dienstbarkeiten C-LNR 5 und das Bestandrecht C-LNR 6 gelöscht werden könnten, weil daraus eine einheitliche Regelung über die Übernahme oder Löschung dieser Lasten nicht entnommen werden könne. Die Erstantragstellerin habe dem Zweitantragsteller den lastenfreien Übergang in das Eigentum zugesichert, sodass auch eine teilweise Stattgebung der Begehren 1–3 nicht in Betracht komme.

Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel der Antragsteller nicht Folge. Der Entscheidung zu 5 Ob 168/06a des Obersten Gerichtshofs könne entnommen werden, dass eine Grunddienstbarkeit immer nur auf dem ganzen Grundbuchskörper lasten dürfe, sodass die Löschung der in Rede stehenden Rechte C-LNr 5 und 6 grundsätzlich nur hinsichtlich der gesamten Liegenschaft in Betracht komme. Von der Löschung gemäß § 40 Abs 4 WEG iVm § 57 Abs 1 GBG seien unter anderem Eintragungen ausgenommen, zu deren Übernahme sich der Wohnungseigentumsbewerber gegenüber dem Liegenschaftseigentümer verpflichtet habe. Mit dem Grundbuchsgesuch seien sämtliche zwischen der Liegenschaftseigentümerin und den Wohnungseigentumsbewerbern abgeschlossene Verträge vorgelegt worden; daraus ergebe sich, dass sich ein Wohnungseigentümer zunächst zur Übernahme der bücherlichen Rechte C-LNr 5 und 6 im Sinn des § 40 Abs 4 Z 2 WEG verpflichtet habe, wohingegen in weiteren Nachträgen eine solche Verpflichtung zurückgenommen worden sei. Der auch hier einschreitende Antragstellervertreter sei im ursprünglichen Kauf- und Bauträgervertrag von den Vertragsparteien zur Ergänzung des Vertrags bevollmächtigt worden, wobei diese Vollmacht auf geringfügige Ergänzungen beschränkt geblieben sei und Änderungen betreffend den wesentlichen Inhalt ausgenommen habe. Die Ergänzungen und Änderungen in den Nachträgen seien vom Vertragserrichter unter Ausnützung dieser Vollmacht für die Verkäuferin und die Käufer vorgenommen worden, wobei diese keine Änderungen des wesentlichen Inhalts des Vertrags trage, sodass Bedenken an der Befugnis des Vertragserrichters zum Einschreiten aus Anlass der Errichtung der Nachträge bestünden.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zur Klärung der Frage zulässig, ob und unter welchen Voraussetzungen ein mit der Anmerkung der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum gesicherter Wohnungseigentumsbewerber die Löschung im Rang nach dieser Anmerkung einverleibter bücherliche Rechte auf der ganzen Liegenschaft betreiben könne, so sich der erste eingetragene Wohnungseigentümer zunächst in ausschließlich vom Vertragserrichter vorgenommenen Nachträgen zur Übernahme von bücherlichen Rechten verpflichtet habe und anschließend nach der Einverleibung seines Eigentums diese Übernahmeverpflichtung aufgehoben worden sei.

Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist zulässig; er ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1.1 Wird an dem in der Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum (§ 40 Abs 2 WEG) angeführten wohnungseigentumstauglichen Objekt Wohnungseigentum begründet, so kann der eingetragene Wohnungseigentumsbewerber die Einverleibung seines Eigentums am Mindestanteil und des Wohnungseigentums im Rang dieser Anmerkung auch dann verlangen, wenn die Liegenschaft nach der Anmerkung einem Dritten übertragen oder belastet wurde. § 57 Abs 1 GBG ist entsprechend anzuwenden (§ 40 Abs 4 WEG).

1.2 Die in § 40 Abs 4 WEG angeordnete sinngemäße Anwendung des § 57 Abs 1 GBG setzt nach einhelliger Meinung in Judikatur und Lehre voraus, dass die Einverleibung des Eigentumsrechts am Mindestanteil und des Wohnungseigentumsrechts im Rang der Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts erfolgt ist (RIS-Justiz RS0106441). Der Löschungsantrag kann sowohl gleichzeitig mit dem Einverleibungsgesuch (vgl RS0130624) als auch nach dem Eintragungsbeschluss und vor Eintritt seiner Rechtskraft, spätestens aber 14 Tage nach Rechtskraft der in der angemerkten Rangordnung bewilligten Einverleibung gestellt werden (RS0060998; zur Rechtskraft RS0061017)

2.1 Die Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG soll einem Wohnungseigentumsbewerber den Rang für den späteren Erwerb des Eigentums am Mindestanteil und des damit untrennbar verbundenen (RS0081766) Wohnungseigentums sichern. Dazu hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt klargestellt, dass die Bestimmung des § 40 Abs 4 WEG der (frühzeitigen) grundbücherlichen Sicherung des Wohnungseigentumsbewerbers, besonders der Sicherung seines Ranges zum Schutz gegen nachfolgende Veräußerung oder Belastung, also gegen jede nachrangige vereinbarungswidrige Vorgangsweise des mit der Anmerkung Belasteten dient. Die Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts bewirkt, dass in sinngemäßer Anwendung des § 57 Abs 1 GBG zur Umsetzung des Rangprinzips die Löschung sämtlicher, nicht nach § 40 Abs 4 Z 1–3 WEG 2002 ausgenommener Eintragungen begehrt werden kann. Der durch die Anmerkung Gesicherte soll durch die Löschung der Zwischeneintragungen so gestellt werden, wie wenn sein Recht schon im Zeitpunkt der Anmerkung einverleibt worden wäre (RS0113522).

2.2 Zu Fragen im Zusammenhang mit der Löschung nachrangiger Servitute hat der Oberste Gerichtshof in der bereits vom Rekursgericht zitierten Entscheidung zu 5 Ob 168/06a (NZ 2007, 311 [Hoyer] = wobl 2007/71 [Call]) Stellung genommen. Darin führte der Senat aus, dass der durch eine Anmerkung gemäß § 40 Abs 4 WEG Geschützte in sinngemäßer Anwendung des § 57 Abs 1 GBG die Löschung sämtlicher, nicht nach § 40 Abs 4 Z 1 bis 3 WEG ausgenommener nachrangiger Eintragungen begehren kann, wobei der Schutzzweck des § 40 Abs 4 WEG und die konsequente Umsetzung des Rangprinzips nach § 57 Abs 1 GBG dazu führen, dass jedem einzelnen seinerzeitigen Wohnungseigentumsbewerber und nunmehrigen Mit- und Wohnungseigentümer die Möglichkeit der Löschung einer Zwischeneintragung auch dann eröffnet wird, wenn die Dienstbarkeit auf der gesamten Liegenschaft lastet. Abgelehnt wurde in dieser Entscheidung die Notwendigkeit eines Einschreitens aller seinerzeitigen Wohnungseigentumsbewerber und nunmehrigen Mit- und Wohnungseigentümer (gleich einer einheitlichen Streitpartei), weil dies den Schutzzweck des § 40 Abs 4 WEG praktisch völlig entwerten und das Rangprinzip geradezu aushöhlen würde.

2.3 Diese Entscheidung ist in der Literatur durchwegs auf Zustimmung gestoßen (insb Hoyer, NZ 2007, 317; Call, wobl 2007/71; auch K. Binder in Kodek, Grundbuchsrecht² § 57 GBG Rz 14; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Wohnrecht4 § 40 WEG Rz 27; Ofner in GeKo Wohnrecht II § 40 WEG 2002 Rz 17; Gartner in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht³ § 40 WEG Rz 17). Nach den darin vertretenen Grundsätzen, ist zur Stellung eines Antrags auf Einverleibung der Löschung einer Zwischeneintragung jeder der seinerzeitige Wohnungseigentumsbewerber und nunmehrigen Mit- und Wohnungseigentümer berechtigt, müsste sonst die nachrangige unteilbare Last von allen hingenommen werden, wenn auch nur ein einziger Mit- und Wohnungseigentümer – aus welchen Gründen immer – nicht zur Erhebung eines gemeinsamen Löschungsantrags bereit ist. Diese Überlegungen kommen auch im vorliegenden Fall zum Tragen.

2.4 Eine Grunddienstbarkeit kann immer nur auf dem ganzen Grundbuchskörper lasten (RS0013190 [T3]); die Belastung einer im Miteigentum stehenden Liegenschaft mit einer Grunddienstbarkeit muss notwendiger Weise für alle Miteigentumsanteile gleich sein (5 Ob 254/02t mwN; 5 Ob 168/06a). Daher ist ein Antrag auf Einverleibung der Löschung einer Zwischeneintragung nicht schon deshalb abzuweisen, weil sich einer von vielen Mit- und Wohnungseigentumsbewerbern allenfalls zur Übernahme einer zwingend auf der gesamten Liegenschaft lastenden Grunddienstbarkeit bereit erklärt hat, wären sonst alle übrigen seinerzeitigen Wohnungseigentumsbewerber gezwungen eine nachrangige unteilbare Last hinzunehmen. Begünstigt ist jeweils der aus einer Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG berechtigte Wohnungseigentumsbewerber. Dessen Schutz würde entgegen den Intentionen des § 40 Abs 4 WEG iVm § 57 Abs 1 GBG ausgehöhlt, könnten ihm über § 40 Abs 4 Z 1 – Z 3 WEG nachrangige Lasten durch Verfügungen Dritter (eines anderen Wohnungseigentumsbewerbers), die nicht seine Zustimmung finden, aufgedrängt werden.

3. Wie das Rekursgericht selbst betont liegen alle Kauf- und Bauträgerverträge (samt Nachträgen) über die Wohnungseigentumsobjekte auf der Liegenschaft vor. Danach hat sich der Zweitantragsteller nicht zur Übernahme der hier in Rede stehenden nachrangigen Lasten verpflichtet. Das Begehren der Antragsteller auf Einverleibung des Mit- und Wohnungseigentumsrechts im Rang der Anmerkung für den Zweitantragsteller und der Löschung der nachrangigen Zwischeneintragungen (§ 40 Abs 4 Satz 2 GBG iVm § 57 GBG) ist somit berechtigt. Darauf, ob sich allenfalls ein anderer Mit- und Wohnungseigentümer als seinerzeitiger Wohnungseigentumsbewerber (mag sein Mit- und Wohnungseigentum auch als erstes einverleibt worden sein) in Nachträgen zum Kaufvertrag zur Übernahme von bücherlichen Rechten verpflichtet hat und damit auf die vom Rekursgericht geäußerten Bedenken hinsichtlich der Vollmacht des Vertragserrichters, kommt es hingegen nicht an.

4. Wird durch die Einverleibung des Mit- und Wohnungseigentums die Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG ausgenutzt, ist sie auf Antrag oder von Amts wegen zu löschen (RS0113522 [T5]). Dem Begehren ist damit insgesamt Folge zugeben.

Textnummer

E127832

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0050OB00197.19K.0220.000

Im RIS seit

17.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

13.01.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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