TE OGH 2020/2/26 1Ob5/20x

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Veröffentlicht am 26.02.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr.

 Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. U***** und 2. J*****, beide *****, Deutschland, vertreten durch die Salburg Rechtsanwalts GmbH, Wien, gegen die beklagten Parteien 1. A***** Bank AG (vormals M***** Bank AG), *****, vertreten durch die Natlacen Walderdorff Cancola Rechtsanwälte GmbH, Wien, und 2. A***** Ltd, *****, vertreten durch die DORDA Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen 7.713,14 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. Oktober 2019, GZ 1 R 151/19f-29, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 20. März 2019, GZ 10 C 314/16y-23, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die Bezeichnung der erstbeklagten Partei wird

berichtigt auf: „A***** Bank AG“.

II. Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und das Urteil des Erstgerichts

wieder hergestellt.

Die erstbeklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 2.338,30 EUR (darin enthalten 1.574,10 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens sowie die mit 1.012,90 EUR bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe

und

Begründung:

Zu I:

Die Erstbeklagte hat ihre Firma geändert, ihre

Parteibezeichnung ist daher gemäß § 235 Abs 5 ZPO zu berichtigen (RS0039550).

Zu II:

Das Verfahren zwischen den Klägern und der Zweitbeklagten ruht. Verfahrensgegenstand schon des Ersturteils war allein das Begehren gegenüber der erstbeklagten Bank.

Die Kläger machen gegen diese einen Schadenersatzanspruch aus dem Erwerb von – von der Zweitbeklagten emittierten – Zertifikaten geltend. Sie stützen ihren Anspruch unter anderem darauf, dass sie durch eine von der Erstbeklagten herausgegebene Werbebroschüre, in der fälschlicherweise eine besondere Sicherheit der Zertifikate suggeriert worden sei, vorsätzlich in die Irre geführt und zur Veranlagung in diese Wertpapiere veranlasst worden seien. Sie begehren den Ersatz des Differenzschadens zwischen dem investierten Betrag (abzüglich ausgeschütteter Dividenden) und dem niedrigeren Verkaufserlös der mittlerweile verkauften Zertifikate. Der Ersatzanspruch sei nicht verjährt, weil sich die Kläger rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist dem gegen die Erstbeklagte geführten Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen hätten, wodurch deren Ablauf gehemmt worden sei.

Die Erstbeklagte wandte ein, dass die Angaben im Werbeprospekt – insbesondere zu dem mit einer Investition in die Zertifikate verbundenen Risiko – aus damaliger Sicht zutreffend gewesen und die Kläger nicht getäuscht worden seien. Der Prospekt sei für den Veranlagungsentschluss der Kläger auch nicht ursächlich gewesen. Die Klageansprüche seien im Übrigen verjährt, weil der behauptete Privatbeteiligtenanschluss der Kläger nicht rechtswirksam erfolgt sei.

Das Erstgericht gab dem gegen die Erstbeklagte gerichteten Klagebegehren – mit Ausnahme eines Teils des Zinsenbegehrens – statt.

Es stellte unter anderem fest, dass Mitarbeiter der Erstbeklagten Werbebroschüren für die (dort als Aktien bezeichneten) Zertifikate erstellt haben, in denen diese als „sichere, breit gestreute Immobilienveranlagung

in Zeiten stark schwankender Aktienmärkte, hoher Steuern und niedriger Zinsen“ dargestellt wurden und der unrichtige Eindruck erweckt wurde, sie würden – aufgrund der Investition in Immobilien – nicht den Schwankungen des Aktienmarkts unterliegen und daher sicherer als „andere“ Aktien sein. Unter der Überschrift „Rendite“ wird dort ausgeführt, dass die Zweitbeklagte dabei „keine Kompromisse“ mache; die Renditen müssten […] hoch sein [...], auch in der Zukunft. Die Erstbeklagte (ihr Vorstandsmitglied) wusste jedoch, dass die Wertpapiere nicht sicherer als „andere“ Aktien waren und die Aussage, es handle sich um eine „sichere Anlage in Zeiten stark schwankender Aktienmärkte“ unrichtig war. Sie (ihr Vorstandsmitglied) hielt es ernstlich für möglich und fand sich damit ab, dass die Broschüren Anlegern zur Kenntnis gelangen, und nahm in Kauf, dass diesen dadurch ein falsches Bild vom tatsächlichen Risiko der Wertpapiere vermittelt wird, um sie zu einer Investition zu verleiten.

Die - auch für den Erstkläger handelnde - Zweitklägerin las sich die Werbebroschüre durch, in der ihrer Ansicht nach die Angabe ihres Anlageberaters, wonach es sich bei den Zertifikaten um eine sichere Veranlagung handle, bestätigt wurde. Sie wusste zwar, dass bei Aktien „der Kursverlauf nicht stetig stark steigen könne“, ging aber „aufgrund der propagierten Investition in Immobilien“ davon aus, dass die Investition zumindest werterhaltend sei. Wesentlich war für die Zweitklägerin die Sicherheit der Veranlagung und das Erzielen von Gewinnen. Die Broschüre vermittelte ihr den Eindruck, es handle sich um eine sichere Veranlagung. Die dort enthaltenen Informationen bestärkten sie in ihrer Investitionsentscheidung. Die Zertifikate waren als „sicherer Teil des Depots“ gedacht. Der Erstkläger wurde von der Zweitklägerin über den Inhalt der Werbebroschüre informiert, er war mit der Veranlagung in die Zertifikate (die er nicht als „normale“ Aktien ansah) einverstanden; aufgrund der Schilderung der Zweitklägerin stellte diese für ihn eine sichere Investition dar. Hätten die Kläger gewusst, dass ein Kapitalverlustrisiko besteht, hätten sie nicht in die Zertifikate investiert.

Zur Geltendmachung ihrer aus der Veranlagung in die Zertifikate abgeleiteten (Ersatz-)Ansprüche schlossen die Kläger eine

Prozessfinanzierungsvereinbarung ab. Die durch den - vom Prozessfinanzierer mit der Geltendmachung ihrer Schadenersatzansprüche beauftragten - Klagevertreter vertretenen Kläger schlossen sich mit Schriftsatz vom 21. 7. 2010 (bei der zuständigen Staatsanwaltschaft eingelangt am 23. 7. 2010) dem unter anderem gegen die Erstbeklagte geführten Strafverfahren als Privatbeteiligte an. Diesem Schriftsatz war eine CD-ROM mit den jeweiligen Daten der Privatbeteiligten (auch der Kläger) angeschlossen.

In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, dass die Erstbeklagte nach dem anwendbaren deutschen Recht für eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Kläger hafte. Sie habe in Kauf genommen, dass Anleger aufgrund der ihr bekannten unrichtigen Informationen zum Risiko der Zertifikate in den Werbebroschüren Vermögensdisposition treffen und hafte daher für diesen dadurch verursachte Schäden. Die Kläger treffe kein Mitverschulden. Der Ersatzanspruch sei nicht verjährt, weil die laufende Verjährungsfrist aufgrund des wirksam erfolgten Privatbeteiligtenanschlusses der Kläger gehemmt worden sei.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil mit der Begründung auf, das Erstgericht habe ohne weitere Feststellungen unterstellt, dass „Immobilienaktien“ (und daher auch die vorliegenden Zertifikate) keine „sichere Anlage in Zeiten stark schwankender Aktienmärkte“ seien. Es nahm zur Frage, ob diese im Werbeprospekt enthaltene Aussage (im Zeitpunkt ihrer Erteilung) unrichtig war, einerseits einen sekundären Feststellungsmangel an, ging andererseits aber auch davon aus, dass diese Aussage nicht unrichtig gewesen sei und führte dazu unter anderem ins Treffen, der Klagevertreter habe in einem „Parallelverfahren“ selbst den Standpunkt vertreten, dass es innerhalb einzelner „Wertpapierklassen“ unterschiedliche – von der jeweiligen „Substanz“ des Unternehmens abhängige – Risikoklassen (beispielsweise Immobilienaktien und Aktien von Technologieunternehmen) gebe. Die Kläger hätten die im Prospekt enthaltenen Aussagen zur Sicherheit der Zertifikate „in diesem Sinn“ verstanden; ihre Annahme, „die bei der Zweitbeklagten vorhandenen Immobilien sowie die Vermietung an renommierte Firmen würden das Risiko der Aktie [der Zertifikate] herabsetzen“, sei zutreffend gewesen. Für einen Schadenersatzanspruch fehle es an der „Ursächlichkeit unrichtiger Prospektangaben“ für die Veranlagungsentscheidung. Das Erstgericht habe sich auch nicht mit dem Vorbringen der Erstbeklagten befasst, wonach die Werbebroschüren von einem Rechtsanwalt überprüft und von diesem als unbedenklich eingestuft worden seien. Zur subjektiven Seite des Haftungstatbestands seien daher keine Feststellungen getroffen worden, weshalb das Ersturteil auch aus diesem Grund aufzuheben sei.

Der Rekurs sei zulässig, „weil die vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht zur Beweisbedürftigkeit der Werbeaussagen zur Sicherheit der Aktie von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung nicht geteilt wird.“

Der

Rekurs der Kläger ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Vorauszuschicken ist, dass die Vorinstanzen aufgrund des unstrittig anzuwendenden deutschen Rechts zutreffend davon ausgingen, dass eine Haftung nach § 826 BGB für vorsätzliche sittenwidrige Schädigung zu prüfen ist. Der Oberste Gerichtshof bejahte zu 4 Ob 112/15x (vgl auch 3 Ob 42/18z; 7 Ob 37/18v) eine solche Haftung der (hier Erst-)Beklagten für die ihr zuzurechnenden bewusst unrichtigen Angaben im Verkaufsprospekt für die Zertifikate.

2. Dass nicht festgestellt worden sei, dass die Werbebroschüren unrichtige, unvollständige oder irreführende Angaben zur Sicherheit des Investments enthielten, trifft entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht zu, hielt das Erstgericht doch fest, dass in den Werbebroschüren der unrichtige Eindruck erweckt wurde, die „Aktien“ (Zertifikate) unterlägen nicht den Schwankungen des Aktienmarkts und seien daher sicherer als „andere“ Aktien; zudem wurde auch für die Zukunft eine hohe Rendite angekündigt. Es wurde auch festgestellt, dass ein Vorstandsmitglied der Erstbeklagten wusste, dass die Zertifikate nicht sicherer waren als „andere“ Aktien und die Aussage, diese seien „eine sichere Anlage in Zeiten stark schwankender Aktienmärkte“ nicht richtig war. Damit widerspricht die Ansicht des Berufungsgerichts, die Aussagen zur Sicherheit der Zertifikate im Werbeprospekt seien im Zeitpunkt der Veranlagung durch die Kläger richtig gewesen, dem festgestellten Sachverhalt. Der Oberste Gerichtshof ging bereits in zahlreichen („Parallel“-)Verfahren von der Unrichtigkeit der Werbeaussagen zur angeblichen Sicherheit der Zertifikate bzw von einer Verharmlosung („Beschönigung“) des tatsächlich bestehenden Risikos aus (vgl etwa 8 Ob 98/15t; 4 Ob 112/15x; zur Irrtumsanfechtung etwa 4 Ob 65/10b; 8 Ob 25/10z; 3 Ob 65/13z). Daraus, dass der Klagevertreter in einem anderen Verfahren – und offenbar als Bevollmächtigter einer anderen Partei – den Standpunkt vertreten habe, dass „Immobilienaktien“ sicherer seien als andere Aktien, kann für das vorliegende Verfahren nichts gewonnen werden.

3. Davon, dass – auch für die hier nach deutschem Recht zu beurteilende Haftung nach § 826 BGB erforderliche (vgl BGH VI ZR 288/12) – Feststellungen zur „konkreten Ursächlichkeit“ unrichtiger Prospektangaben für den Veranlagungsentschluss der Kläger fehlten, kann keine Rede sein, stellte das Erstgericht doch fest, dass die Zweitklägerin (auch) aufgrund des Prospekts zur Einschätzung gelangte, dass bei einer Veranlagung in die Zertifikate mit keinem Verlust zu rechnen sei, dass sie daraus den Eindruck einer sicheren Veranlagung gewann, was sie in ihrer Veranlagungsentscheidung bestärkte, und dass sie nicht in die Zertifikate investiert hätte, hätte sie vom tatsächlich bestehenden Verlustrisiko gewusst. Insgesamt ergibt sich daraus eine „konkrete“ (zumindest Mit-)Ursächlichkeit der unrichtigen Angaben des Werbeprospekts zur angeblichen Sicherheit der Zertifikate für den Veranlagungsentschluss der Kläger.

4. Dass sich das Erstgericht mit dem Vorbringen der Erstbeklagten, wonach die Werbebroschüren (bevor sie Anlegern zur Verfügung gestellt wurden) durch einen Rechtsanwalt geprüft und von diesem als unbedenklich beurteilt worden seien, nicht auseinandergesetzt und dazu keine Feststellungen getroffen hat, begründet keinen Feststellungsmangel, weil bereits der (festgestellte) Umstand, dass die Erstbeklagte (ihr Vorstandsmitglied) wusste, dass die Zertifikate - entgegen den Angaben in der Werbebroschüre - nicht sicherer als „andere“ Aktien waren, wobei in Kauf genommen wurde, dass Kunden aufgrund dieses falschen Bilds von der Sicherheit des Produkts zu einer Investition verleitet werden, eine Haftung nach § 826 BGB begründet (vgl wieder 4 Ob 112/15x). An dem sich aus diesen Feststellungen ergebenden „Täuschungswillen“ der Erstbeklagten vermag auch eine (behauptete) Prüfung des Prospekts durch einen Rechtsanwalt und dessen Einschätzung als „rechtlich unbedenklich“ nichts zu ändern, zumal gar nicht behauptet wurde, dass auch eine inhaltliche (wirtschaftliche) Prüfung stattgefunden habe.

5.1. Die Frage der Verjährung richtet sich aufgrund des unstrittig anzuwendenden deutschen Sachrechts nach § 195 BGB iVm § 199 BGB. Wie der Oberste Gerichtshof bereits zu gleichgelagerten Fällen ausgesprochen hat, ist für die (hier: Erst-)Beklagte aus §

 37a dWpHG (aF), wonach der Anspruch des Kunden gegen ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf Schadenersatz wegen Verletzung der Pflicht zur Information und wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit einer Wertpapier(neben)dienstleistung (bereits) in drei Jahren ab Entstehung des Anspruchs verjährt, schon deshalb nichts zu gewinnen, weil der Ersatzanspruch der Kläger nicht aus einem Verstoß der Erstbeklagten gegen das dWpHG abzuleiten ist, sondern aus § 826 BGB (vgl 3 Ob 42/18z; 7 Ob 37/18v).

5.2. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB beginnt gemäß § 199 Abs 1 BGB mit Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Da die Kläger vor Ende Juli 2007 keine Kenntnis vom tatsächlichen Risiko der Veranlagung hatten bzw haben mussten, begann die Verjährungsfrist erst Ende 2007 zu laufen.

5.3. Die Verjährungsfrist wird gemäß § 204 Abs 1 Z 1 BGB durch Erhebung der Klage gehemmt. Die Stellung eines Adhäsionsantrags nach § 404 dStPO hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung der Klage im bürgerlichen Rechtsstreit (§ 404 Abs 2 dStPO). Dass ein Privatbeteiligtenanschluss nach österreichischem Recht dem Adhäsionsantrag grundsätzlich funktionell gleichwertig ist, hat der Oberste Gerichtshof bereits klargestellt (3 Ob 42/18z; 7 Ob 37/18v). Dass der vorliegende Privatbeteiligtenanschluss (auch der Kläger) vom 23. 7. 2010 ausreichend individualisiert war und den Formerfordernissen der StPO entsprach, entspricht ebenfalls seiner Rechtsprechung (vgl 3 Ob 42/18z mwN). Im Übrigen ist auf die Entscheidung 3 Ob 224/17p zu verweisen (vgl auch 7 Ob 52/18z; 4 Ob 45/18y; 1 Ob 32718i ua). Dass der Gesetzgeber für die verjährungsunterbrechende Geltendmachung privatrechtlicher Ansprüche durch den Privatbeteiligtenanschluss dessen Zustellung an den Schädiger gerade nicht vorsieht und es daher für die Verjährung auf eine Zustellung auch nicht ankommen kann, sprach der Oberste Gerichtshof im Zusammenhang mit der hier zu beurteilenden Anschlusserklärung wiederholt aus (1 Ob 32/18i; 1 Ob 36/18b; 1 Ob 28/18a), wobei dies aufgrund des klaren Wortlauts des § 404 Abs 2 zweiter Satz dStPO – auch für das deutsche Recht angenommen wurde. Der Privatbeteiligtenanschluss der Kläger unterbrach sohin - wovon der Oberste Gerichtshof auch in den Entscheidungen 7 Ob 37/18v und 3 Ob 42/18z ausging - die bei dessen Einbringung am 23. 7. 2010 laufende Verjährungsfrist gemäß § 204 Abs 1 Z 1 BGB. Der Klagevertreter wurde vom Prozessfinanzierer mit der Verfolgung der Ansprüche der Kläger (also auch mit dem Privatbeteiligtenanschluss) beauftragt; Anhaltspunkte dafür, dass diese Beauftragung nicht der von den Klägern dem Prozessfinanzierer erteilten Vollmacht entsprochen hätte, zeigt die Erstbeklagte nicht auf (vgl auch 3 Ob 11/18s; 3 Ob 42/18z ua).

6. Da die vom Berufungsgericht verfügten Verfahrensergänzungen nicht erforderlich sind und über die Ansprüche der Kläger (soweit diese nicht ohnehin - hinsichtlich eines Teils des Zinsenbegehrens - rechtskräftig abgewiesen wurden) bereits endgültig entschieden werden kann (der Mitverschuldenseinwand wurde bereits in zweiter Instanz nicht mehr aufrecht erhalten), ist deren Rekurs Folge zu geben, der angefochtene Beschluss aufzuheben und in der Sache selbst im Sinn der Wiederherstellung des klagestattgebenden Urteils des Erstgerichts (die Höhe des Klagezuspruchs wurde von der Erstbeklagten nicht bekämpft) zu erkennen.

7. Die Entscheidung über die Kosten des Rekurs- sowie des Berufungsverfahrens beruht auf den §§ 41 Abs 1 und 50 Abs 1 ZPO. Leistungen eines österreichischen Rechtsanwalts für einen ausländischen Klienten, der nicht Unternehmer ist, unterliegen nach § 3a Abs 14 Z 4 UStG 1994 nicht der österreichischen Umsatzsteuer. Sie gelten als am Wohnsitz des Empfängers erbracht (Empfängerlandprinzip) und unterliegen daher jener Umsatzsteuer, die dort, wo der Empfänger wohnt, zu entrichten ist (RS0114955). Ob und allenfalls in welcher Höhe die Kläger (oder ihr inländischer Vertreter selbst) für die erbrachten anwaltlichen Leistungen in Deutschland Umsatzsteuer abzuführen haben, bedarf keiner näheren Prüfung, weil mit der kommentarlosen Verzeichnung von 20 % USt durch die Kläger nur die inländische USt angesprochen worden ist. Dass für die angesprochenen Leistungen in Deutschland eine Umsatzsteuerpflicht besteht, wäre dem Grunde und der Höhe nach zu behaupten und zu bescheinigen gewesen (§ 54 Abs 1 ZPO). Den Klägern ist der Ersatz ihrer Vertretungskosten daher ohne Umsatzsteuer zuzusprechen (vgl etwa 4 Ob 112/15x mwN). Der ERV-Zuschlag für den Rekurs und die Berufungsbeantwortung beträgt gemäß §

 23a RATG 2,10 EUR.

Textnummer

E127904

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0010OB00005.20X.0226.000

Im RIS seit

07.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.05.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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