TE OGH 2020/1/20 12Os128/19v

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Veröffentlicht am 20.01.2020
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Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Jänner 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel in Gegenwart des Schriftführers Mag. Hauer in der Strafsache gegen Oliver B***** wegen Verbrechen der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 3. April 2019, GZ 10 Hv 47/18t-67, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Janda, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Christoph Sigl zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, dass Oliver B***** mehrere, statt bloß ein Verbrechen der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB begangen habe, demzufolge auch in dem den Angeklagten betreffenden Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und insoweit in der Sache selbst erkannt:

Oliver B***** wird für das ihm weiterhin zur Last liegende Verbrechen der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 6. März 2019, GZ 10 Hv 47/18t-59, zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt.

Die Vorhaftanrechnung wird dem Erstgericht überlassen.

Mit dem auf den Sanktionsausspruch bezogenen Teil der Nichtigkeitsbeschwerde sowie mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen wird verworfen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige Freisprüche enthaltenden Urteil wurde Oliver B***** acht Verbrechen der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hierfür zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Danach hat er am 26. Mai 2017 in G***** in „acht Angriffen an fremden Sachen ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen versucht, indem er gezielt im Freien befindliche Holzlager, trockenes Holz und aufgeschichtete Haufen aus dünnen Ästen durch Entzünden unter Zuhilfenahme von zusammengeknülltem Zeitungspapier in Brand setzte, wobei hinsichtlich fünf der Brandherde lediglich aufgrund des Einschreitens der Feuerwehr eine Feuersbrunst verhindert werden konnte und drei weitere Brandstellen von selbst erloschen, weshalb ein weiteres Ausbreiten auf die angrenzenden Mischwälder verhindert werden konnte, und es daher mangels Eintretens einer Feuersbrunst hinsichtlich sämtlicher Angriffe beim Versuch blieb“.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene und auf Z 5, 5a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist teilweise berechtigt.

Die Tatrichter gingen bei vernetzter Betrachtung jener Beweisergebnisse, wonach Zeugen den Angeklagten in zeitlichem Konnex zu den jeweiligen Brandlegungen im Bereich der Tatorte angetroffen haben, weiters aufgrund seiner Motivationslage und mit Blick auf Verfahrensergebnisse in Bezug auf der Tat vorangegangene Manipulationen am in der Nähe des Waldes befindlichen Löschteich von dessen Täterschaft aus, wobei sie das Alibi des Angeklagten (wonach er sich bei seiner Tante aufgehalten habe) als nicht stichhaltig erachteten (US 8 ff).

Indem die Mängelrüge (Z 5) bloß einzelne Aussagedivergenzen der Zeugen in Bezug auf die Zeitpunkte, zu denen sie den Angeklagten angetroffen haben und sie einen Brandgeruch wahrnehmen konnten, hervorkehrt, und davon ausgehend die Feststellung kritisiert, dass die Brände um 17:40 Uhr entstanden seien, beruft sie sich insoweit auf gar keinen entscheidenden Umstand (vgl RIS-Justiz RS0098557; Hinterhofer/Oshidari, Strafverfahren Rz 9.114). Im Übrigen zieht der Beschwerdeführer bloß mit eigenständigen Beweiswerterwägungen die Konstatierungen betreffend seine Täterschaft in Zweifel, womit er die Beweiswürdigung des Schöffengerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung bekämpft.

Soweit der Beschwerdeführer bemängelt (Z 5 zweiter Fall), dass sich die Tatrichter mit seinem beeinträchtigten „Kurzzeitgedächtnis“ hätten auseinandersetzen müssen, macht er nicht klar, inwieweit ein solches Beweisergebnis den Feststellungen zu schulderheblichen Tatsachen entgegen stehen soll.

Die weitere Rüge (Z 5 vierter Fall) erschöpft sich in der bloßen Wiederholung des bisherigen Vorbringens und im pauschalen Vorwurf, das Schöffengericht habe seine Feststellungen lediglich auf Scheinargumente gestützt. Dabei unterlässt es die Beschwerde jedoch prozessordnungswidrig, ihre Einwände an der Gesamtheit der – eingangs skizzierten – Entscheidungsgründe auszurichten (vgl RIS-Justiz RS0119370).

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).

Indem die Beschwerde bloß die Argumentation der Mängelrüge in Bezug auf Divergenzen der Angaben von Zeugen zu den Zeitpunkten ihrer Wahrnehmungen wiederholt, weckt sie keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs im dargelegten Sinn.

Gleiches gilt, soweit der Nichtigkeitswerber den aus dem objektiven Tatgeschehen und den Manipulationen am Löschteich gezogenen Schluss auf die subjektive Tatseite des Angeklagten kritisiert (vgl RIS-Justiz RS0116882).

Hingegen zeigt die Subsumtionsrüge (Z 10) zutreffend auf, dass der Angeklagte zu Unrecht mehrerer Verbrechen nach § 169 Abs 1 StGB statt bloß einer solchen strafbaren Handlung schuldig erkannt wurde. Denn die Tatrichter stellten fest, dass der Angeklagte am 26. Mai 2017 insgesamt acht Brände in dem im Eigentum des Johann K***** stehenden Waldstück legte, wobei er zuvor einen diesbezüglichen Entschluss gefasst hatte (US 5). Solcherart liegt eine tatbestandliche Handlungseinheit im Sinn einer wiederholten Verwirklichung des gleichen Tatbestands in kurzer zeitlicher Abfolge bei einheitlicher Motivationslage vor (vgl RIS-Justiz RS0122006). Damit hat der Angeklagte aber nur eine einzige strafbare Handlung verwirklicht (vgl zum Ganzen Hinterhofer/Oshidari, Strafverfahren Rz 9.204).

Aufhebung des Ausspruchs, dass der Beschwerdeführer mehrere statt bloß ein Verbrechen der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB begangen hat, samt des Strafausspruchs ist – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – die Folge. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die Sanktionsrüge (Z 11).

Bei der erforderlichen Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB) sowie zwei Verurteilungen wegen (unter anderem) auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Taten (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB) und als mildernd, dass die Brandstiftung beim Versuch geblieben ist (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB).

Dazu ist anzumerken, dass sowohl die frühere Verurteilung wegen § 89 StGB (Landesgericht für Strafsachen Graz vom 15. September 2015, AZ 15 Hv 90/15y) als auch jene wegen § 146 StGB (Bezirksgericht Deutschlandsberg vom 15. März 2017, AZ 4 U 11/17b) einschlägig im Sinn des § 71 StGB sind. Denn der Tatbestand der Brandstiftung ist einerseits ebenfalls gegen das Rechtsgut des fremden Vermögens gerichtet (vgl RIS-Justiz RS0091951) und soll andererseits Gefahren für Leib und Leben von Personen abwenden (vgl Flora SbgK § 169 Rz 6 f).

Unter allgemeinen Schuldgesichtspunkten (§ 32 Abs 3 StGB) war zudem die erhöhte kriminelle Energie, die in der Legung von acht Bränden ihren Ausdruck fand, entsprechend zu berücksichtigen.

Davon ausgehend erachtete der Oberste Gerichtshof die Verhängung einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten als tat- und schuldangemessen, wobei gemäß § 31 StGB auf das (zwischenzeitig rechtskräftig gewordene) Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 6. März 2019, GZ 10 Hv 47/18t-59, Bedacht zu nehmen war.

Eine (auch nur teilbedingte) Strafnachsicht kam mit Blick auf die Vorstrafenbelastung des Angeklagten nicht mehr in Betracht.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E127306

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0120OS00128.19V.0120.000

Im RIS seit

10.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.02.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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