TE OGH 2019/8/29 3Nc20/19z

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Veröffentlicht am 29.08.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

 Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Priv.-Doz. Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Mag. Christian Kies, Rechtsanwalt in Scheibbs, gegen die beklagte Partei E***** AG, *****, vertreten durch Dr. Hartmut Ramsauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 1.840 EUR sA,

über die Anzeige eines Zuständigkeitsstreits zwischen dem Bezirksgericht Scheibbs und dem Bezirksgericht Salzburg nach § 47 JN, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache ist das Bezirksgericht Scheibbs zuständig.

Der Beschluss des Bezirksgerichts Scheibbs vom 4. Juni 2019, GZ 2 C 426/19p-17, mit dem es die Übernahme des Akts des Bezirksgerichts Salzburg ablehnte, wird aufgehoben.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger erhob die Klage ursprünglich beim Bezirksgericht Scheibbs. Die Beklagte wendete örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts ein, weil sie ihren Sitz im Sprengel des Bezirksgerichts Salzburg habe. Der Kläger bestritt dies, beantragte allerdings für den Fall, dass das Bezirksgericht Scheibbs seine Unzuständigkeit aussprechen sollte, die Überweisung der Rechtssache an das Bezirksgericht Salzburg. In der Tagsatzung vom 30. Oktober 2018 erklärte sich das Bezirksgericht Scheibbs für örtlich unzuständig und überwies die Rechtssache gemäß § 261 Abs 6 ZPO an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht Salzburg.

In der vom Bezirksgericht Salzburg daraufhin anberaumten Tagsatzung vom 25. April 2019 beantragten die Parteien einvernehmlich die Delegierung der Rechtssache gemäß § 31a JN an das Bezirksgericht Scheibbs. Nach Rechtskraft des vom Bezirksgericht Salzburg antragsgemäß gefassten Beschlusses übermittelte dieses den Akt dem Bezirksgericht Scheibbs.

Das Bezirksgericht Scheibbs lehnte die Übernahme der Rechtssache mit der Begründung ab, der Delegierungsantrag wäre abzuweisen gewesen, weil er – da die mündliche Streitverhandlung bereits mit dem Aufruf der Sache anlässlich der Tagsatzung vom 30. Oktober 2018 begonnen habe – verspätet gestellt worden sei. Der Delegierungsbeschluss sei daher eindeutig gesetzwidrig.

Nach Rechtskraft dieses Beschlusses legte das Bezirksgericht Scheibbs den Akt gemäß § 47 JN dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung des negativen Kompetenzkonflikts vor.

Bei der Entscheidung über negative Kompetenzkonflikte ist auf eine allfällige Bindungswirkung des ersten Beschlusses Bedacht zu nehmen. Um Kompetenzkonflikte nach Möglichkeit von vornherein auszuschließen, nimmt der Gesetzgeber in Kauf, dass allenfalls auch ein an sich unzuständiges Gericht durch eine unrichtige Entscheidung gebunden wird (RIS-Justiz

RS0046391).

Im hier zu beurteilenden Zuständigkeitsstreit haben zwei Gerichte rechtskräftig ihre örtliche Zuständigkeit verneint. Die (jüngere) Entscheidung des Bezirksgerichts Scheibbs missachtete aber, dass der Überweisungsbeschluss für das Adressatgericht solange maßgebend bleibt, als er nicht in höherer Instanz rechtskräftig abgeändert wird (RS0081664), sodass das Adressatgericht seine Unzuständigkeit nicht mit der Begründung aussprechen kann, das überweisende Gericht sei zuständig (

RS0046315 [T3];

RS0002439 [T9]). Auch ein unrichtiger, aber in Rechtskraft erwachsener Beschluss iSd § 31a JN hat Bindungswirkung (RS0046135 [T3]).

Der Beschluss des Bezirksgerichts Scheibbs verletzte daher die Bindungswirkung des vorausgehenden Beschlusses des Bezirksgerichts Salzburg und war – ohne auf die Frage nach seiner Richtigkeit einzugehen (RS0002439 [T2, T9]) – aufzuheben.

Textnummer

E126237

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0030NC00020.19Z.0829.000

Im RIS seit

12.10.2019

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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