TE OGH 2019/5/24 8Ob59/19p

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Veröffentlicht am 24.05.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei F*****, vertreten durch Mag. Anton Becker, Rechtsanwalt in Wien, als Verfahrenshelfer, gegen die beklagte und gefährdende Partei S*****, vertreten durch Dr. Andreas Ladstätter, Rechtsanwalt in Wien, als Verfahrenshelfer, wegen Unterhalt, hier Erlassung einer einstweiligen Verfügung, über den außerordentlichen Revisionrekurs der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28. März 2019, GZ 45 R 6/19v-90, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Die Klägerin beantragte im Rahmen des anhängigen Ehegattenunterhaltsverfahrens, den Beklagten zur Zahlung eines einstweiligen Unterhalts von monatlich 750 EUR ab 16. 12. 2016 zu verpflichten.

Mit einstweiliger Verfügung vom 10. 12. 2018 verpflichtete das Erstgericht den Beklagten zur Zahlung eines einstweiligen Unterhalts von insgesamt 2.647,70 EUR für den Zeitraum vom 16. 12. 2016 bis (zur rechtskräftigen Beendigung der Ehe am) 12. 6. 2017 und wies den darüber hinausgehenden Sicherungsantrag ab. Der antragsabweisende Teil des Beschlusses erwuchs unbekämpft in Rechtskraft.

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung über Rekurs des Beklagten gegen den antragsstattgebenden Teil dahin ab, dass es den gesamten Sicherungsantrag abwies. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin ein als „außerordentlichen Revisionsrekurs“ bezeichnetes Rechtsmittel, das auf eine Wiederherstellung der einstweiligen Verfügung des Erstgerichts abzielt.

Das Erstgericht legte das Rechtsmittel unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof ist derzeit zur Entscheidung über das Rechtsmittel nicht zuständig.

1. Nach den § 402 Abs 4 iVm § 78 EO sind auf Revisionsrekurse im Provisorialverfahren grundsätzlich die Vorschriften der Zivilprozessordnung anzuwenden (1 Ob 223/15y; 4 Ob 86/12v).

2. Die Ermittlung des Werts des vom Rekursgericht behandelten Entscheidungsgegenstands hat sich nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften der JN zu richten (§ 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 3 ZPO).

Einer Bewertung durch das Gericht zweiter Instanz bedarf es in Unterhaltssachen aufgrund der zwingenden Bewertungsvorschrift des § 58 Abs 1 JN nicht (RIS-Justiz RS0110920).

Gemäß § 58 Abs 1 JN ist ein Anspruch auf laufenden Unterhalt mit dem 36-fachen des – im Rekursverfahren noch strittigen – monatlichen Unterhaltsbeitrags zu bewerten (RS0122735 [T1, T2]; RS0103147 [T23]). Eine Bestimmung des Werts des strittigen Rechts mit dem Dreifachen der Jahresunterhaltsleistung (vgl RS0103147) kann aber dann nicht greifen, wenn sich die durch eine einstweilige Verfügung titulierten monatlichen Geldunterhaltsleistungen in einer bestimmten Summe, die hinter dem Dreifachen einer Jahresleistung zurückbleibt, erschöpfen. Dann kann der Entscheidungsgegenstand zweiter Instanz in einem Verfahren auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung die Summe der nur für einen bestimmten Zeitraum titulierten monatlichen Geldunterhaltsansprüche jedenfalls nicht übersteigen (RS0121008).

Hier war in zweiter Instanz nur mehr der vorläufige Unterhalt für den Zeitraum vom 16. 12. 2016 bis 31. 3. 2017 mit monatlich 480 EUR und vom 1. 4. 2017 bis 12. 6. 2017 mit monatlich 400 EUR strittig. Der Wert des Entscheidungsgegenstands im Rekursverfahren betrug daher 2.647,70 EUR.

3. Gemäß § 528 Abs 2 Z 1a ZPO ist der Revisionsrekurs – vorbehaltlich des Abs 2a – in familienrechtlichen Streitigkeiten nach § 49 Abs 2 Z 1 und 2 JN jedenfalls unzulässig, in denen der Entscheidungsgegenstand insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt (§ 502 Abs 4 ZPO), wenn das Gericht zweiter Instanz ausgesprochen hat, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig ist. Die absolute Untergrenze des § 528 Abs 2 Z 1 ZPO für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses von 5.000 EUR gilt daher nicht, wenn es sich um eine der in § 49 Abs 2 Z 1 und 2 JN bezeichneten familienrechtlichen Streitigkeiten handelt (4 Ob 86/12v).

Der von der Klägerin zur Sicherung geltend gemachte gesetzliche Unterhaltsanspruch nach § 94 ABGB ist eine Streitigkeit über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt gemäß § 49 Abs 2 Z 2 JN und entgegen ihrer Meinung nicht unter § 49 Abs 2 Z 2b JN zu subsumieren.

4. Ein außerordentlicher Revisionsrekurs ist im vorliegenden Fall nicht zulässig (§ 528 Abs 3 ZPO), sondern es ist nach § 528 Abs 2a iVm § 508 ZPO im Wege eines mit einem ordentlichen Revisionsrekurs verbundenen Abänderungsantrags beim Rekursgericht Abhilfe zu suchen (1 Ob 223/15y ua).

Aus diesem Grund war das Rechtsmittel der Klägerin ungeachtet der Bezeichnung als „außerordentlicher“ Revisionsrekurs jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen. Ob der Rechtsmittelschriftsatz der Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (vgl RS0109501).

Textnummer

E125443

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0080OB00059.19P.0524.000

Im RIS seit

13.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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