TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/24 W166 2176575-1

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Veröffentlicht am 24.05.2019
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Entscheidungsdatum

24.05.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
VOG §1
VOG §2
VOG §6a

Spruch

W166 2176575-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Michael SVOBODA als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Reif und Partner Rechtsanwälte OG, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, vom 13.09.2017, betreffend die Abweisung des Antrages vom 27.10.2016 auf Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz in Form der Gewährung einer Pauschalentschädigung für Schmerzengeld, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 27.10.2016 einen Antrag auf Pauschalentschädigung für Schmerzengeld nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG) beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark (in der Folge: belangte Behörde). Antragsbegründend wurde angegeben, dass er am 26.10.2015 Opfer einer Körperverletzung wurde und dadurch eine Rissquetschwunde am Hinterhaupt, eine Prellung und Abschürfungen an der Stirn links mit Hämatom und eine Prellung des linken Knies erlitten und sich vorfallskausal vom 26.10.2015 bis 11.11.2015 im Krankenstand befunden habe. Es handle sich bei den Verletzungen des Beschwerdeführers um solche, die als schwere Körperverletzungen im Sinne des § 84 StGB zu qualifizieren seien, da ein Jahr nach dem gegenständlichen Vorfall nach wie vor Flüssigkeitsansammlungen im linken Auge vorhanden seien und diese nach Auskunft der behandelnden Ärzte operativ zu entfernen wären.

Dem Antrag beigeschlossen war der Abschlussbericht der PI XXXX vom 07.01.2016, der Strafantrag der Staatsanwaltschaft XXXX vom 14.04.2016, drei Protokolle über die Hauptverhandlungen am Bezirksgericht XXXX vom 19.05.2016, 26.07.2016 und 30.08.2016, eine Verständigung des BG XXXX über die Verweisung auf den Zivilrechtsweg vom 05.09.2016, eine Krankenstandsbescheinigung der GKK vom 21.10.2016 sowie zwei Lichtbilder der vorfallskausalen Verletzungen.

Nach Einholung der Krankenunterlagen des Beschwerdeführers beim KH XXXX und Vorlage eines Befundberichtes vom 15.05.2017 des Augenarztes erstattete der ärztliche Dienst im Haus der belangten Behörde am 24.05.2017 eine sachverständige Stellungnahme zu den Verletzungen des Beschwerdeführers und hielt als Verletzungen infolge der erlittenen Körperverletzung fest:

-

Rissquetschwunde am Hinterhaupt

-

Prellung im Bereich der Stirn links mit großem Bluterguss und geringer Abschürfung

-

Prellung des linken Knies

Zu den im gegenständlichen Antrag vorgebrachten Verletzungsfolgen des Beschwerdeführers führte der ärztliche Dienst aus, dass sich (laut des Ambulanzdekurses des KH XXXX ) am 11.05.2016 - also mehr als ein halbes Jahr nach der Verletzung - im Ultraschall noch eine kreisrunde, wenige Millimeter große Verhärtung im Bereich der linken Augenbraue, welche vom Beschwerdeführer als schmerzhaft angegeben worden sei, gefunden habe. Die Verhärtung sei äußerlich weder sichtbar, noch tastbar gewesen. Von einer operativen Entfernung sei abgeraten worden, da sie derart klein gewesen sei, dass eine Entfernung schwierig gewesen wäre und sie nach einem Eingriff durch die zu erwartende Narbe quasi ersetzt hätte werden können. Eine weitere Behandlung sei nicht notwendig gewesen. Die Verletzungen vom 26.10.2015 seien in Zusammenschau mit den vorliegenden Befunden als insgesamt leicht anzusehen. Die anfänglichen Schwellungen seien zwar beträchtlich, ein Bluterguss im Bereich der Stirn über dem linken Auge groß, die Behandlung jedoch einfach und mit der vorgesehenen Nahtentfernung am 09.11.2016 abgeschlossen gewesen. Die minimale Verhärtung im Bereich der linken Augenbraue, welche noch Monate später feststellbar gewesen sei, stelle keine relevante Gesundheitsbeeinträchtigung dar. Keinesfalls handle es sich bei dieser minimalen Verhärtung um eine Flüssigkeitsansammlung im linken Auge, die operativ entfernt werden müsse. Ein längerer Krankenstand lasse sich daraus nicht ableiten.

In dem dem Beschwerdeführer dazu gewährten Parteiengehör brachte er in seiner Stellungnahme vom 17.07.2017 vor, für zwei Monate nach Ende seines Krankenstandes Kopfschmerzen gehabt und das Medikament Parkemed 500 eingenommen zu haben.

Über Aufforderung der belangten Behörde entsprechende ärztliche Befunde zu den erlittenen Kopfschmerzen vorzulegen, äußerte der Beschwerdeführer, dass die Abgabe des Medikaments Parkemed 500 ohne Rezept erfolgt sei. Die Mutter, welche das Medikament besorgt hätte, könne als Zeugin einvernommen werden.

Mit Bescheid vom 13.09.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung einer Pauschalentschädigung für Schmerzengeld vom 27.10.2016 ab und stützte sich begründend auf die im Ermittlungsverfahren eingeholte ärztliche Stellungnahme, wonach sich die erlittenen Verletzungen als leicht darstellen würden und die minimale Verhärtung der linken Augenbraue als keine relevante Gesundheitsschädigung zu betrachten sei. Das Vorhandensein verbrechenskausaler Kopfschmerzen könne mangels Vorlage von geforderten ärztlichen Befunden nicht belegt werden und sei dazu im Übrigen anzumerken, dass Kopfschmerzen erst in den Einwendungen zum Parteiengehör angegeben worden seien.

Mit Schriftsatz vom 02.11.2017 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und legte mit dieser eine Bestätigung seines Hausarztes vom 19.10.2017 vor, worin dieser ausführte, dass es infolge eines Raufhandels am 25.10.2015 zu Kopfverletzungen gekommen sei und die Schmerzen mit Parkemed 500 mg 1x1 behandelt und von der Mutter des Beschwerdeführers besorgt worden seien. Die Mutter des Beschwerdeführers unterfertigte am 27.10.2017 ein ebenfalls in Vorlage gebrachtes Schriftstück, mit welchem sie bestätigte, das Medikament besorgt zu haben.

Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 15.11.2017 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger.

Er wurde in der Nacht vom 25.10.2015 auf den 26.10.2015 Opfer einer zum Entscheidungszeitpunkt mit mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohten rechtswidrigen und vorsätzlichen Handlung, indem er durch Schläge und/oder Tritte am Körper verletzt wurde.

Der Beschwerdeführer erlitt dadurch Körperverletzungen in Form einer Rissquetschwunde am Hinterhaupt, eine Prellung im Bereich der linken Stirn mit großem Bluterguss und geringer Abschürfung sowie eine Prellung des linken Knies.

Die Verletzungen des Beschwerdeführers sind nicht an sich schwer.

Der Beschwerdeführer befand sich bis zum 11.11.2015 im Krankenstand.

Eine Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit von länger als 24-tägiger Dauer lag im gegenständlichen Fall nicht vor.

Ob der Beschwerdeführer noch für längere Zeit an verbrechenskausalen Kopfschmerzen gelitten hat, kann nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zur österreichischen Staatsbürgerschaft beruht auf einem dem Verwaltungsakt einliegenden Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Dass der Beschwerdeführer am 26.10.2015 Opfer einer mit mehr als sechs Monate Freiheitsstrafe bedrohten Straftat wurde, ist aus den vorgelegten Unterlagen zum diesbezüglich geführten Strafakt (Strafantrag der Staatsanwaltschaft XXXX und Hauptverhandlungsprotokolle des Bezirksgerichts XXXX ) ersichtlich.

Aufgrund des Umstandes, dass das Strafverfahren mit Freisprüchen der mutmaßlichen Täter geendet hat, ist im gegenständlichen Fall nicht zwingend vom Nichtvorliegen einer Straftat im Sinne des § 1 VOG auszugehen.

Voraussetzung für eine Hilfeleistung nach dem VOG ist u.a., dass erheblich mehr für als gegen das Vorliegen einer Vorsatztat spricht, wobei eine Anklageerhebung nach § 210 StPO zu erfolgen hat, wenn aufgrund ausreichend geklärten Sachverhalts eine Verurteilung nahe liegt und kein Grund für die Einstellung des Verfahrens oder Rücktritt von der Verfolgung vorliegt. Aus einer Einstellung des Verfahrens gemäß § 190 Z 2 StPO folgt ebenso wenig zwingend wie aus dem Unterbleiben einer Anklage, dass die von § 1 VOG geforderte Wahrscheinlichkeit einer Tatbegehung nicht gegeben ist. Die Behörde hat vielmehr so nicht eine bindende strafgerichtliche Verurteilung vorliegt, eine eigenständige, auf Feststellungen gegründete und schlüssige Beurteilung vorzunehmen (VwGH 21.08.2014, 2013/11/0251).

Aus den in Vorlage gebrachten Hauptverhandlungsprotokollen des Bezirksgerichtes XXXX geht hervor, dass sich in der Nacht vom 25.10.2015 auf den 26.10.2015 ein Raufhandel ereignete, dem der Beschwerdeführer zum Opfer fiel. Mangels Bekanntwerden der näheren Umstände im Strafverfahren wurden die Angeklagten im Strafprozess gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Da im Verfahren nach dem Verbrechensopfergesetz zum einen eine geringere Wahrscheinlichkeit, welche für das Vorleigen einer Straftat spricht, gefordert wird und es zum anderen auch nicht erforderlich ist, den oder die Täter zu kennen, ist es möglich, in einem Strafverfahren nach dem Strafgesetzbuch und der Strafprozessordnung zu einem Freispruch oder erst gar nicht zu einer Anklageerhebung zu gelangen, wohingegen in dem Verfahren nach dem VOG denselben Vorfall betreffend eine Straftat mit der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als gegeben betrachtet wird.

Bereits die belangte Behörde ging in dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 13.09.2017 vom Vorliegen einer Straftat im Sinne des § 1 VOG aus und sind gegenteilige Anhaltspunkte aus dem diesbezüglich unbestritten gebliebenen Verwaltungsakt nicht ersichtlich.

Die Feststellungen zu den verbrechenskausal erlittenen Verletzungen, basieren auf der von der belangten Behörde eingeholten Stellungnahme des ärztlichen Dienstes vom 24.05.2017, welche auf den Krankenhausunterlagen des KH XXXX sowie dem vom Beschwerdeführer vorgelegten augenfachärztlichen Befundbericht vom 15.05.2017 basiert.

Aus dem Ambulanzdekurs des KH XXXX vom 11.05.2016 ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer an diesem Tag aufgrund eines von Zeit zu Zeit vorhandenen brennenden Gefühls und einer Schwellung im Bereich der linken Augenbraue neuerlich vorstellig wurde. Eine durchgeführte Sonografie zeigte eine kreisrunde Resistenz mit einigen Millimetern Durchmesser. Dem Beschwerdeführer wurde vorerst nicht zu einer operativen Incision bzw. Entfernung geraten.

Bei diesem Gesundheitszustand ist gemäß der sachverständigen Stellungnahme vom 24.05.2017 nicht von einer relevanten Gesundheitsbeeinträchtigung auszugehen, da es sich um eine minimale Verhärtung und keine Flüssigkeitsansammlung, welche operativ entfernt werden müsste, handelt.

Diesem Ergebnis trat der Beschwerdeführer weder im dazu erfolgten Parteiengehör, noch in der gegenständlich erhobenen Beschwerde entgegen. Dass inzwischen eine operative Entfernung durchgeführt worden sei, wird von ihm nicht behauptet.

Die eingeholte ärztliche Stellungnahme vom 24.05.2017 zu den Gesundheitsschädigungen des Beschwerdeführers ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts schlüssig und stimmt mit den im Verwaltungsakt einliegenden medizinischen Unterlagen zu den erlittenen Verletzungen des Beschwerdeführers überein.

Eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung ist damit nicht gegeben.

Dass der Beschwerdeführer noch zwei Monate nach Ende seines Krankenstandes an verbrechenskausalen stärkeren Kopfschmerzen gelitten habe und deswegen das Medikament Parkemed eingenommen habe, kann nicht festgestellt werden, da er dies betreffend keine ausreichenden medizinischen Unterlagen in Vorlage bringen konnte.

Im Übrigen spricht der Beschwerdeführer diesem Vorbringen aufgrund des doch sehr wesentlichen Umstandes, dass er es erstmals im Rahmen des Parteigengehörs zur ärztlichen Stellungnahme vom 11.05.2016 erstattete, an Glaubwürdigkeit ab. Aus den vorliegenden Unterlagen im Verwaltungsakt ergibt sich keinerlei Hinweis auf Kopfschmerzen, an welchen der Beschwerdeführer nach dem Vorfall vom 26.10.2015 gelitten haben will. Auch findet sich in den Protokollen der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht kein derartiger Hinweis. Er wurde in der Hauptverhandlung am 19.05.2016 zu seinen Verletzungen befragt und gab an, ein Hämatom am linken Auge, eine Rissquetschwunde am Hinterkopf und eine leichte Prellung am linken Knie erlitten zu haben. Starke Kopfschmerzen erwähnte der Beschwerdeführer hingegen nicht.

Ausgehend von den angegebenen Verletzungen des Beschwerdeführers erfolgte auch der Strafantrag der Staatsanwaltschaft XXXX vom 14.04.2016 aufgrund des Tatbestands des Raufhandels nach § 91 Abs. 2, 1. Fall StGB und wurde damit bereits im Strafverfahren vom Vorliegen einer leichten Körperverletzung und nicht von einer schweren Körperverletzung im Sinne des § 84 StGB ausgegangen.

Der Zeitpunkt der Hauptverhandlung des Bezirksgerichts XXXX lag in etwa sieben Monate nach dem Vorfall und wäre es plausibel gewesen, wenn der Beschwerdeführer bei Befragung zu seinen erlittenen Verletzungen, auch die nunmehr erwähnten Kopfschmerzen ins Treffen geführt hätte.

Insgesamt entsteht damit der Eindruck, als würde er Kopfschmerzen im Nachhinein behaupten, um zu einem längeren Zeitraum einer Gesundheitsschädigung zu gelangen. Auch der Zeitpunkt des Vorbringens - nämlich im Zuge des Parteiengehörs hinsichtlich der ärztlichen Stellungnahme, mit welchem ihm das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens und die voraussichtliche Ablehnung seines Antrags mangels Erreichens einer längerdauernden Gesundheitsschädigung zur Kenntnis gebracht wurde - wirft erhebliche Zweifel an dem tatsächlichen Leiden an Kopfschmerzen infolge der erlittenen Körperverletzung am 26.10.2015 auf. Mangels medizinischer Unterlagen könnte aber auch bei Wahrunterstellung die allfällige Frage der Kausalität nicht beantwortet werden.

Die nunmehr mit Beschwerde vorgelegte - offensichtlich im Nachhinein - ausgestellte Bestätigung eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 19.10.2017 über erfolgte Kopfverletzungen, welche mit Parkemed 500 mg behandelt worden seien, enthält keinerlei Aussagekraft.

Eine ärztliche Betätigung über Kopfschmerzen betreffend einen Zeitraum, der zwei Jahre zurückliegt, liefert keinen dahingehenden Beweis, dass es sich auch tatsächlich um verbrechenskausale Kopfschmerzen gehandelt hat. Der Beschwerdeführer befand sich diesbezüglich laut eigenen Angaben zu keiner Zeit in ärztlicher Behandlung.

An dieser Beurteilung vermag auch die von der Mutter des Beschwerdeführers unterfertigte Bestätigung vom 27.10.2017 über die Besorgung des Medikaments Parkemed nichts zu ändern.

Die Feststellung der Dauer des Krankenstandes ergibt sich zweifelsfrei aus der vorgelegten Krankenstandsbescheinigung der steiermärkischen Gebietskrankenkasse.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 9d Abs. 1 Verbrechensopfergesetz (VOG), BGBl. Nr. 288/1972 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des VOG durch einen Senat, dem ein fachkundiger Laienrichter angehört. Es liegt somit gegenständlich Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 1 Abs. 1 VOG haben österreichische Staatsbürger Anspruch auf Hilfe, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie durch eine zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohten rechtswidrigen und vorsätzlichen Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben und ihnen dadurch Heilungskosten erwachsen sind oder ihre Erwerbsfähigkeit gemindert ist.

Nach § 2 VOG ist als Hilfeleistung unter anderem die pauschale Entschädigung für Schmerzengeld vorgesehen (Z 10).

Gemäß § 6a Abs. 1 VOG ist Hilfe nach § 2 Z 10 für eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 StGB) infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 als einmalige Geldleistung im Betrag von 2 000 Euro zu leisten; sie beträgt 4 000 Euro, sofern die durch die schwere Körperverletzung verursachte Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit länger als drei Monate andauert.

Nach Abs. 2 leg.cit. gebührt eine einmalige Geldleistung im Betrag von 8 000 Euro, wenn die Handlung eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen (§ 85 StGB) nach sich zieht; sie beträgt 12 000 Euro, sofern wegen der Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen ein Pflegebedarf im Ausmaß von zumindest der Stufe 5 nach dem Bundespflegegeldgesetz (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, besteht.

Im gegenständlichen Fall kann vom Vorliegen einer mit mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohten rechtswidrigen und vorsätzlichen Handlung, als Ursache für die Verletzungen des Beschwerdeführers vom 26.10.2015 mit der für das VOG erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden (siehe obige Feststellungen) und sind damit die grundsätzlichen Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 VOG erfüllt.

Die Gewährung der Pauschalentschädigung für Schmerzengeld setzt hingegen das Vorliegen einer schweren Körperverletzung voraus und ist diese Anspruchsvoraussetzung im gegenständlichen Fall nicht erfüllt.

Eine schwere Körperverletzung liegt gemäß § 84 Abs. 1 StGB vor, wenn eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit oder eine an sich schwere Verletzung oder Gesundheitsschädigung zugefügt wird.

Die festgestellten Verletzungen des Beschwerdeführers Rissquetschwunde am Hinterhaupt, eine Prellung im Bereich der linken Stirn mit großem Bluterguss und geringer Abschürfung sowie eine Prellung des linken Knies stellen keine an sich schweren Verletzungen oder Gesundheitsschädigung dar, weshalb der zweite Fall des § 84 Abs. 1 StGB nicht verwirklicht ist.

Eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit lag im Fall des Beschwerdeführers (siehe wiederum obige Feststellungen) ebenfalls nicht vor.

Dazu ist ergänzend auszuführen, dass es bei der Schädigung an der Gesundheit primär um eine Funktionsstörung geht. Als ihre Definition wird allgemein die Umschreibung in ErläutRV 30 BlgNR 13. GP 212 akzeptiert: Gesundheitsschädigung ist danach die Herbeiführung oder Verschlimmerung einer Krankheit. Dabei kommen neben körperlichen auch geistig-seelische Leiden in Betracht. Vorausgesetzt ist aber in beiden Fällen, dass es sich um Zustände handelt, die Krankheitswert im medizinischen Sinn besitzen. Bloß vorübergehende und ganz unerhebliche Beeinträchtigungen des körperlichen oder seelischen Wohlbefindens genügt den Anforderungen einer Gesundheitsschädigung hingegen nicht (vgl. Burgstaller/Fabrizy in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 83, RZ 9f).

Das antragsgegenständliche Vorbringen des Beschwerdeführers noch immer eine Flüssigkeitsansammlung im linken Auge zu haben, erreicht infolge der ärztlichen Stellungnahme keinen Krankheitswert im medizinischen Sinne, welcher den bloßen Zustand einer unerheblichen Beeinträchtigung übersteigt. So führte der ärztliche Dienst in seiner Stellungnahme vom 24.05.2017 dazu aus, dass die minimale Verhärtung im Bereich der linken Augenbraue, welche noch Monate später feststellbar war, keine relevante Gesundheitsschädigung darstellt. Entgegen den Behauptungen des Beschwerdeführers in seinem Antrag muss diese minimale Verhärtung auch nicht operativ entfernt werden. Diesbezüglich wurde in der Stellungnahme vom 24.05.2017 ausgeführt: "(...) Keinesfalls handelt es sich bei der minimalen Verhärtung um eine Flüssigkeitsansammlung im linken Aug, die operativ entfernt werden sollte."

Da das Bestehen von Kopfschmerzen infolge der erlittenen Verletzungen durch den Raufhandel nicht festgestellt werden konnte, ist auch aus diesem Grund nicht von einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung des Beschwerdeführers auszugehen.

Im Übrigen wurde im gegenständlichen Fall berücksichtigt, dass der konsumierte Krankenstand lediglich ein Indiz für eine Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Wohlbefindens darstellt. Dennoch fehlen Hinweise, welche auf eine länger andauernde verbrechenskausale Beeinträchtigung des Beschwerdeführers deuten.

Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass eine schwere Körperverletzung des Beschwerdeführers, infolge der am 26.10.2015 erlittenen Schädigungen mangels Überschreitung eines 24 Tage dauernden Zeitraumes einer kausalen Gesundheitsschädigung nicht vorlag, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der Verhandlung erklärt werden.

Im gegenständlichen Fall galt es zu klären, ob eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Beschwerdeführer einer mit mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe geahndeten Straftat zum Opfer fiel und war es zur Prüfung der Voraussetzungen für die Hilfeleistung der Pauschalentschädigung für Schmerzengeld nach dem Verbrechensopfergesetz erforderlich, einen Sachverständigenbeweis darüber einzuholen, ob die Straftat eine schwere Körperverletzung nach sich zog. Aus dem verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahren lag dem Bundesverwaltungsgericht bereits eine Stellungnahme des ärztlichen Dienstes der belangten Behörde vor, welche vom erkennenden Gericht als schlüssig befunden wurde und wogegen der Beschwerdeführer keinerlei Einwendungen erhob. Die im Rahmen des dazu erfolgten Parteiengehörs erstmals vorgebrachten Kopfschmerzen waren aus den in der Beweiswürdigung dargelegten Erwägungen nicht als verbrechenskausal gegeben feststellbar und ergaben sich für das Bundesverwaltungsgericht keine weiteren Fragen an den Beschwerdeführer oder an den befassten ärztlichen Dienst. Vor dem Hintergrund, dass der Sachverhalt dem vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde zu entnehmen war, sohin der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt war und in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen wurden, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte, war eine mündliche Verhandlung im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zuletzt VwGH vom 17.02.2015, Zl. Ra 2014/09/0007, mwN) nicht geboten. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus weder vom Beschwerdeführer in der Beschwerde noch von der belangten Behörde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt und ist nach der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Unterlassung eines solchen Antrages als stillschweigender Verzicht auf die Verhandlung zu verstehen (vgl das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiteren Verweisen auf die Entscheidung des EGMR vom 21.3.2002, Nr. 32.636/96). Eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall ist damit nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG), weil dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Dauer, Gesundheitsschädigung, Kausalität, Körperverletzung,
Schmerzengeld

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W166.2176575.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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