TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/5 W168 2213830-1

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Veröffentlicht am 05.03.2019
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Entscheidungsdatum

05.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z1
AsylG 2005 §15b Abs1
AsylG 2005 §4a
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W168 2213830-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für

Fremdenwesen und Asyl vom 19.12.2018, Zahl: 1166885709-181093931, zu

Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG, 15b Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Somalia und stellte am 15.11.2018 gegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Den vorliegenden EURODAC - Treffermeldungen zufolge suchte der BF zuvor am 27.05.2009 in den Niederlanden, am 11.12.2013 in Schweden und am 06.09.2017, bzw. am 04.12.2017 um Asyl in Österreich an.

Der erste Antrag auf internationalen Schutz des BF in Österreich wurde mit Bescheid des BFA vom 10.10.2017 gem. §4a AsylG als unzulässig zurückgewiesen, dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. §57 AsylG nicht erteilt und gem. §61 Abs. 1 Z 1 FPG seine Außerlandesbringung nach Italien angeordnet, bzw. die Abschiebung nach Italien gem. 61 Abs 2 FPG für zulässig erklärt.

Zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung des ersten Bescheides des BFA hat sich der BF dem Verfahren entzogen und hat an dem Verfahren nachweislich nicht mitgewirkt, bzw. hat der BF dem BFA keine Meldeadresse bekannt gegeben, sodass der Bescheid durch Aushang und Beurkundung im Akt hinterlegt werden musste.

Am 04.12.2017 stellte der Beschwerdeführer einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieser wurde mit Bescheid des BFA vom 09.01.2018 wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen.

Am 18.12.2017 wurde der Beschwerdeführer nach Italien überstellt.

Im Zuge der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 15.11.2018 gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, der Einvernahme ohne gesundheitliche Probleme folgen zu können. Er habe einen neuerlichen Antrag in Österreich gestellt, um mit seiner Familie in Österreich zusammenzuleben, da seine Ehefrau oft krank sei. Seit dem Verlassen Österreichs habe er sich vom 06.04.2018 bis zum 04.11.2018 in Italien aufgehalten. Bei einer Rückkehr nach Italien habe er zwar nichts zu befürchten, er wolle aber auch weiterhin bei seiner Familie wohnen.

Mit Verfahrensanordnung gem. §15b AsylG 2005 iVm §7 Abs. 1 VwGVG vom 15.11.2018 wurde dem BF die Unterkunftnahme in der BS OST AIBE Traiskirchen aufgetragen.

Mit Schriftsatz des bevollmächtigten Vertreters vom 23.10.2018, beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) eingelangt am 07.11.2018, wurden Geburtsurkunden der Töchter des Beschwerdeführers vom 04.07.2018 in Kopie, das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.04.2018 über die Zuerkennung des Asylstatus an die Ehefrau und Kinder des Beschwerdeführers, sowie italienische Aufenthaltsdokumente ("Permesso di Soggiorno") des Beschwerdeführers in Kopie übermittelt.

Am 06.12.2018 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA im Beisein eines Rechtsberaters nach durchgeführter Rechtsberatung.

Der Beschwerdeführer gab an, dass er zurzeit in einem "Lager" wohne und keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen könne. Es bestehe kein gemeinsamer Haushalt mit seiner Ehefrau und seinen vier Kindern. Befragt, wann er seine Ehefrau geheiratet habe, entgegnete der Beschwerdeführer, dass die Hochzeit am 05.05.2005 in Mogadischu erfolgt sei und anschließend in Somalia von 2005-2008 zusammengelebt hätten. Seine Familie sei am 05.01.2015 nach Österreich gekommen und er habe zu seiner Familie erst wieder 2017 Kontakt gehabt. Im November 2018 habe er seine Familie wiedergetroffen und sich bis zum 15.11.2018 bei dieser aufgehalten. Zwischen 2008 und 2017 habe der Beschwerdeführer keinen Kontakt zu seiner Familie gehabt, danach hätten sie via Telefon oder WhatsApp täglich miteinander kommuniziert. Auf Vorhalt, dass er in Österreich nur die Möglichkeit der Erlangung eines Aufenthaltstitels auf legalem Wege habe, erklärte der Beschwerdeführer, dass er wegen seiner Familie auch den illegalen Weg auf sich genommen habe, da ihm der Schuldirektor seiner Kinder gesagt habe, dass sich seine Kinder ansonsten umbringen würden. Die genaue Wohnadresse seiner Familie kenne der Beschwerdeführer nicht, es bestehe zu dieser jedenfalls kein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis. Die Frage, ob er mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft lebe, wurde vom Beschwerdeführer verneint. Zur Frage, inwieweit aufenthaltsbeendende Maßnahmen in sein Familien-und Privatleben eingreifen würden, erwiderte der Beschwerdeführer, dass ihn seine Familie brauche und er ohne diese nicht leben wolle. Zudem sei seine Mutter auf einem Auge fast blind, werde am 12.12.2018 operiert und benötige daher seine Unterstützung. Der Beschwerdeführer wisse nicht, seit wann sich seine Mutter bereits im Bundesgebiet aufhalte und kenne auch deren Verfahrensstand nicht.

In der Einvernahme legte der Beschwerdeführer eine Überweisung einer Ärztin für Allgemeinmedizin an die Zahnambulanz vom 03.12.2018 und Kopien zweier Arzneien vor.

Mit Urkundenvorlage des bevollmächtigten Vertreters des Beschwerdeführers vom 10.12.2018, am 11.12.2018 beim BFA eingelangt, wurde die Heiratsurkunde des Beschwerdeführers im Original und in deutscher Übersetzung zur Vorlage gebracht.

2. Mit Bescheid vom 19.12.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 2 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Italien zulässig sei. Gemäß § 15 b Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, ab 15.11.2018 in der BS OST AIBE Traiskirchen Unterkunft zu nehmen.

Beweiswürdigend wurde in dem angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass die Identität des Beschwerdeführers aufgrund des vorgelegten Identitätsdokumentes (italienischer Fremdenpass, italienische Aufenthaltsberechtigungskarte) feststehe. Unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen hätten sich im Verfahren keine Hinweise ergeben, dass der Beschwerdeführer an einer schweren körperlichen Krankheit oder an einer schweren psychischen Störung leide. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Italien subsidiär Schutzberechtigter sei, ergebe sich aus der Mitteilung Italiens vom 05.10.2017 und aufgrund des vom Beschwerdeführer vorgelegten Konventionsreisepasses sowie aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren. Die Feststellung betreffend den Ausgang seines Vorverfahrens sowie der damals maßgeblichen Gründe für den Antrag auf internationalen Schutz würden sich auf den Akteninhalt zur Zahl 1166885709 - EAST Ost. Die illegale Einreise in das Bundesgebiet ergebe sich aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für eine legale Einreise und den legalen Aufenthalt in Österreich offensichtlich nicht erfülle und auch nicht zu jenem Personenkreis zu zählen sei, welchem aufgrund sonstiger rechtlicher Bestimmungen ein Einreise -oder Aufenthaltsrecht in Österreich zukommen würde. Die Ehefrau, die vier minderjährigen Kinder sowie die Mutter des Beschwerdeführers würden sich in Österreich befinden. Mit den angeführten Familienangehörigen lebe der Beschwerdeführer nicht im gemeinsamen Haushalt, ein solcher habe auch bisher nur kurzzeitig, vom 04.11.2018 bis zum 15.11.2018, bestanden. Der Beschwerdeführer habe seine nach dem islamischen Recht angetraute Ehefrau in Somalia geheiratet und vom Jahr 2005 bis zum Jahr 2008 in einem gemeinsamen Haushalt gelebt. Er habe seine Ehefrau eigenen Angaben zufolge im Juli 2017 zum ersten Mal nach seiner Ausreise wiedergesehen und zwischenzeitlich keinen Kontakt zu seiner Familie gehabt. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer bis dato keine Absichten erkennen lassen, seine traditionelle, nach islamischen Recht geschlossene Ehe nach österreichischem Recht zu legitimieren. Das Bundesamt verkenne nicht, dass der Beschwerdeführer mit seiner Ehegattin und seinen Kindern nunmehr in einem gemeinsamen Haushalt in Österreich leben wolle. Diesem Umstand würden seine wiederholte illegale Einreise nach Österreich, das Bestehen von subsidiären Schutz in Italien, der nunmehrige bisher kurze Aufenthalt in Österreich und die Tatsache gegenüber, dass der Beschwerdeführer nicht erwarten habe können, in Österreich ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu bekommen. Auch wenn für den Beschwerdeführer ein Aufenthalt in Österreich vorteilhafter wäre, so würden bei der Abwägung der Interessen dennoch klar die Interessen an der öffentlichen Ordnung sowie am wirtschaftlichen Wohl des Landes überwiegen. Aufgrund einer Gesamtabwägung der Interessen sei daher festzustellen, dass das im Sinne des Art. 8 EMRK relevantes Interesse an einem weiteren Aufenthalt in Österreich ein wesentlich geringerer Stellenwert zukomme, als dem wichtigen öffentlichen Interesse an einer Beendigung seines Aufenthalts im Bundesgebiet, nachdem die zu seinen Gunsten zu wertenden Aspekte kein besonderes Gewicht zu entfalten vermögen. Daher sei seine Außerlandesbringung aus Österreich nach Italien zulässig.

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 27.12.2018 zugestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, mit welcher der Bescheid in vollem Umfang angefochten wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass den Kindern und der Ehegattin des Beschwerdeführers in Österreich der Status der Asylberechtigten zuerkannt worden sei. Der Umstand ergebe sich aber aus der im Akt befindlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts die Familienangehörigen betreffend. Die belangte Behörde habe sich mit den aus § 34 AsylG 2005 ergebenden Verpflichtungen nicht auseinandergesetzt und die Rechtslage verkannt. Dem angefochtenen Bescheid hafte daher Rechtswidrigkeit seines Inhalts an. Unabhängig von dieser Rechtsfrage erweise sich der bekämpfte Bescheid auch aufgrund der groben Verkennung der sich aus Art. 8 EMRK ergebenden Anforderungen an die Prüfung der Zulässigkeit der gegen den Beschwerdeführer erlassenen Anordnung zur Außerlandesbringung als rechtswidrig. Bei ihrer unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK vorzunehmenden Interessensabwägung komme die belangte Behörde im angefochtenen Erkenntnis zu dem Ergebnis, dass die für die aufenthaltsbeendende Maßnahmen sprechenden öffentlichen Interessen, insbesondere der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Asylwesens sowie des wirtschaftlichen Wohl des Landes, jedenfalls schwerer wiegen müsse als die persönlichen Interessen der Beteiligten und begründe diesen Schluss damit, dass es dem Beschwerdeführer zuzumuten sei, den Wunsch nach Familienzusammenführung auf Grundlage der entsprechenden Rechtsvorschriften zu verwirklichen. Bei einer Interessenabwägung würden die vier minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers unberücksichtigt bleiben. Die belangte Behörde setze sich auch nicht mit dem in der Interessenabwägung zu beachtende Kindeswohl auseinander und stelle diesbezüglich keine näheren Ermittlungen oder Überlegungen an. Eine grundrechtskonforme Beachtung des Kindeswohls hätte einer Auseinandersetzung der belangten Behörde mit der Frage bedurft, welche konkreten Auswirkungen die erneute Trennung des Beschwerdeführers von seinen Kindern mit sich bringen würde. Die lapidar ausgeführten Argumente der belangten Behörde, der Kontakt könne über analoge und digitale Kommunikationsmittel aufrechterhalten werden, würden sich als nicht tragfähig und spekulativ erweisen. Insgesamt setze sich die Behörde mit den sich aus Art. 8 EMRK ergebenden Verpflichtungen nicht ausreichend auseinander und verkenne dahingehend die Rechtslage. Die belangte Behörde übersehe zudem, dass die zuvor bestandene Trennung auf die Umstände der Flucht aus Somalia gegründet gewesen sei und verkenne letztlich auch die Rechtslage, wenn sie von einer unrechtmäßigen Einreise des Beschwerdeführers in Österreich ausgehe. Der Beschwerdeführer sei der ihm im Wege einer Verfahrensanordnung ergangenen Anordnung nach § 15b AsylG nachgekommen. Sie erweise sich aber als rechtswidrig, weil sie auf keine der im Gesetz angeführten Gründe gestützt werden könne und auch sonst im bekämpften Bescheid kein einziges tragfähiges Argument für die Notwendigkeit der Unterkunftnahme erbracht werde.

Mit auf Nachfrage erstatteter Information des BFA vom 07.03.2019 wurde dem BVwG mitgeteilt, dass bei dem BF am 27.12.2018 48 Stunden Abwesenheit festzustellen war. In Folge konnte durch das BFA in Erfahrung gebracht werden, dass der BF über eine private Meldeadresse verfügt und daher wurde die Wohnsitzauflage mit Datum 28.12.2018 gelöscht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Somalia. Der BF reiste im April 2008 über Lybien unberechtigt nach Italien ein und stellte dort einen Antrag auf internationalen Schutz. Dem BF wurde in Italien subsidiärer Schutz gewährt und dieser hat dort Schutz vor Verfolgung gefunden.

Der BF reiste aus Italien kommend in die Niederlande und stellte dort am 27.05.2009 einen weiteren Asylantrag. Aufgrund der Zuständigkeit Italiens wurde sein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen und nach Italien überstellt.

Der Beschwerdeführer reiste in weiterer Folge nach Schweden und brachte dort am 11.12.2013 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz ein.

Nach einer weiteren Überstellung nach Italien und einer erneuten Rücküberstellung von Frankreich, brachte der Beschwerdeführer nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 06.09.2017 in Österreich seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz ein.

Mit Bescheid des BFA vom 10.10.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gem. §4a AsylG als unzulässig zurückgewiesen, dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. §57 AsylG nicht erteilt und gem. §61 Abs. 1 Z 1 FPG seine Außerlandesbringung nach Italien angeordnet, bzw. die Abschiebung nach Italien gem. 61 Abs 2 FPG für zulässig erklärt.

Zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung hat sich der BF dem Verfahren entzogen und hat an dem Verfahren nachweislich nicht mitgewirkt, bzw. hat der BF dem BFA keine Meldeadresse bekannt gegeben, sodass der Bescheid durch Aushang und Beurkundung im Akt hinterlegt werden musste.

Am 04.12.2017 stellte der Beschwerdeführer einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieser wurde mit Bescheid des BFA vom 09.01.2018 wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen. Am 18.12.2017 wurde der Beschwerdeführer nach Italien überstellt.

Nach erneuter Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellte der Beschwerdeführer am 15.11.2018 den dritten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Mit gegenständlich angefochtenen Bescheid des BFA wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gem. §4a AsylG als unzulässig zurückgewiesen, dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. §57 AsylG nicht erteilt und gem. §61 Abs. 1 Z 1 FPG seine Außerlandesbringung nach Italien angeordnet, bzw. die Abschiebung nach Italien gem. 61 Abs 2 FPG für zulässig erklärt, sowie dem BF die Unterkunftnahme in der BS Ost AIBE Traiskirchen ab 15.11.2018 angeordnet.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen akuten, bzw. lebensbedrohlich schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen.

Konkrete, in der jeweiligen Person der beschwerdeführenden Partei gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im Zielstaat sprechen, liegen nicht vor. Eine Überstellung des BF nach Italien stellt keinen unzulässigen Eingriff in besonders durch Art. 3 EMRK geschützte Rechte dar.

Im Bundesgebiet halten sich die Ehefrau und die vier Kinder des Beschwerdeführers als anerkannte Flüchtlinge auf. Die Mutter des Beschwerdeführers ist ebenfalls als subsidiär Schutzberechtigte im Bundesgebiet aufhältig. Der Beschwerdeführer und seine Familie reisten getrennt nach Österreich ein. Der BF hatte seinen Angaben zufolge zwischen 2008 und 2017 keinen Kontakt mit der Ehefrau und seinen vier Kindern. Ein gemeinsamer Wohnort bestand neuerdings nur im Zeitraum vom 04.11.2018 - 15.11.2018 in einem gemeinsamen Quartier der Grundversorgung, bzw. neuerlich ab dem 28.12.2018 nach dem Verlassen der BS Ost Traiskirchen. Eine dauernde Pflegebedürftigkeit der Mutter, seiner Ehefrau oder auch seiner Kinder, bzw. sonstige besondere Abhängigkeiten zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Angehörigen können nicht erkannt werden. Eine Trennung des BF für die Dauer der Legalisierung seines Aufenthaltes und eine Überstellung des in Italien subsidiär Schutzberechtigten BF nach Italien stellt keinen unzulässigen Eingriff in besonders durch Art. 8 EMRK geschützte Rechte dar.

Hinweise auf das Vorliegen von Umständen, die für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. §57 AsylG in Betracht kommen könnten, bestehen nicht.

Die Anordnung der Unterkunftnahme des BF in der BS Ost gem. 15 b Abs. 1 AsylG am 15.11.2018 für den Zeitraum vom 15.11.2018 bis zu ihrem Ende mit 28.12.2018 erfolgte rechtskonform.

1.2. Das Bundesverwaltungsgericht trifft zur Lage im Mitgliedstaat folgende Feststellungen:

Schutzberechtigte

Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte erhalten Aufenthaltsberechtigungen für jeweils fünf Jahre, humanitärer Aufenthalt wird für zwei Jahre gewährt. Um die Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten, brauchen die Schutzberechtigten eine Meldeadresse, was manchmal ein Problem sein kann. Verlängerung des Aufenthalts müssen postalisch beantragt werden. Dies kann mehrere Monate in Anspruch nehmen. Nach frühestens fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalts besteht für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit einen langfristigen Aufenthalt zu erhalten. Anträge auf Familienzusammenführung sind für Schutzberechtigte ohne Zeitlimit möglich. Schutzberechtigte dürfen sich frei im Land niederlassen, wenn sie sich selbst erhalten können. Laut Gesetz haben in SPRAR-Strukturen untergebrachte Schutzberechtigte ein Recht darauf für sechs weitere Monate untergebracht zu bleiben; in besonderen Fällen auch zwölf oder mehr Monate. Wenn Schutzberechtigte nach Statuszuerkennung einen Platz im SPRAR erhalten (selbe Zeitlimits wie oben), müssen sie diesen annehmen, da sie ansonsten das Recht auf Unterbringung im SPRAR verlieren. Die meisten Asylwerber in Italien leben jedoch in CAS, wo andere, regional sehr unterschiedliche Regeln gelten, wenn Antragsteller von einem Schutzstatus in Kenntnis gesetzt werden (Dauer des weiteren Verbleibs im Zentrum schwankend zwischen mehreren Monaten und lediglich einem Tag). In der Folge kann es daher auch zu Obdachlosigkeit unter Schutzberechtigten kommen. Rechtlich haben anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte Zugang zu Sozialwohnungen, zum Arbeitsmarkt und zu Sozialleistungen im selben Ausmaß wie italienische Staatsbürger (AIDA 21.3.2018).

Manchmal ist es Asylwerbern und Flüchtlingen, die illegaler Arbeit nachgehen, besonders in großen Städten nicht möglich, eine Wohnung zu mieten. Oft leben sie unter schlechten Bedingungen in besetzten Gebäuden. Die Regierung unternimmt begrenzte Versuche, Flüchtlinge in die Gesellschaft zu integrieren (USDOS 20.4.2018).

Schätzungen der NGO Medecins sans Frontiers (MSF) zufolge, waren im Feber 2018 im ganzen Land mindestens 10.000 Personen von der Unterbringung faktisch ausgeschlossen, darunter Asylwerber und Schutzberechtigte. Sie leben nicht selten in besetzten Gebäuden, von denen mittlerweile durch Involvierung von Regionen oder Gemeinden viele legalisiert wurden. Die NGO Baobab Experience betreibt in Rom ein informelles Migrantencamp und betreut nach eigenen Angaben eine steigende Zahl von Inhabern eines Schutztitels (MSF 8.2.2018).

Wie Asylwerber, müssen sich Personen mit einem Schutzstatus in Italien beim italienischen Nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. Probleme beim Zugang zu medizinischer Versorgung für Schutzberechtigte können durch das Fehlen einer Meldeadresse entstehen. In einigen Regionen Italiens sind Schutzberechtigte nicht mehr von der Praxisgebühr ("Ticket") ausgenommen, während in anderen Regionen die Befreiung weiter gilt, bis die Schutzberechtigten einen Arbeitsplatz finden (AIDA 21.3.2018).

Die Wohnsitzmeldung ist für Asylwerber und Schutzberechtigte die größte administrative Hürde für die Registrierung beim nationalen Gesundheitsdienst. Wenn sie aus der Unterbringung ausziehen, wird ihr Wohnsitz dort abgemeldet. Folglich müssen sie sich anderswo melden. Eine Wohnsitzmeldung in einem besetzten Gebäude oder unter einer fiktiven Adresse (wie bei Obdachlosen) ist in der Regel nicht möglich, wenn auch in Rom einzelne Kommunen gelegentlich schon Ausnahmen gemacht haben. Die Folge ist ein zunehmender Rückgriff auf das System der vorübergehend aufhältigen Fremden (Straniero Temperaneamente Presente, STP), das illegal aufhältigen Migranten den Zugang zu medizinischer Notfallbehandlung ermöglicht. Medizinische Behandlung wird vermehrt über die Notfallaufnahmen der Krankenhäuser in Anspruch genommen. Auch die medizinischen Leistungen von privaten humanitären Organisationen werden immer wichtiger. Diese können aber keine Medikamente zu Kassenkonditionen verschreiben, so dass die von ihnen behandelten Migranten die Medikamente zum vollen Preis kaufen müssen (MSF 8.2.2018).

Quellen:

-AIDA- Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018

-MSF- Medecins Sans Frontières (8.2.2018): "Out of sight" - Second edition, https://www.ecoinet/de/dokument/1424506.html, Zugriff 19.9.2018

-USDOS- US Department of State (20.42018): Country Report on Human Rights Practices 2017: Italy,

https://www.ecoi.net/de/dokument/1430262.html, Zugriff 24.9.2018

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die festgestellten Tatsachen zu Herkunft und Identität, Verfahrensgang und Reiseweg und zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen eigenen Angaben, den im Verfahren vorgelegten Unterlagen sowie amtswegig eingeholten Auszügen aus dem Zentralen Melde- und Fremdenregister sowie dem Betreuungsinformationssystem.

Die Feststellungen zur Asylantragstellung sowie zur Gewährung von subsidiärem Schutz in Italien stützen sich das Schreiben der italienischen Behörden vom 05.10.2017. Die Feststellungen der Asylantragstellungen in Österreich und anderen Staaten gehen aus der eingeholten EURODAC - Abfragen, als auch den Angaben des BF hervor. Die erfolgte Überstellung des Beschwerdeführers nach Italien geht aus einem Bericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 18.12.2017 hervor.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers stützen sich auf seine Angaben. Vorgebrachte Zahnschmerzen wurden nicht durch die Vorlage medizinischer Befunde untermauert.

Die Feststellung, dass der BF begründet eine ihn konkret treffende Bedrohung in Italien nicht dargelegt hat ergeben sich aus seinen eigenen Ausführungen. So hat der BF etwa selbst im Zuge der Erstbefragung hierzu angegeben, dass er in Italien leben dürfe und er dort nichts zu befürchten habe, bzw. er dort sicher sei, er jedoch bei seiner Familie bleiben wolle.

Die Feststellungen zum bestehenden Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet stützen sich auf die Angaben des BF im Verfahren, sowie die sich hierauf beziehenden und vorgelegten Unterlagen des BF. Auf die erstatteten Ausführungen unter Punkt

3.3.2. ist zu verweisen.

Die Feststellungen betreffend der Rechtmäßigkeit der Auftragung der Unterkunftnahme des BF in der BS Ost AIBE Traiskirchen ab 15.11.2018 bis zum 28.12.2018 stützen sich auf die sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ergebenden Informationen. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass es sich bei dem gegenständlichen Verfahren bereits um den dritten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich handelt. Auch die vorherigen Anträge waren wegen aufgrund der Tatsache, dass dem BF bereits in Italien ein Schutzstatus zuerkannt worden ist gem. §4a AsylG als unzulässig zurückzuweisen und die Außerlandesbriungung des BF nach Italien wurde angeordnet, bzw. wurde dieser bereits ein Mal nach Italien rücküberstellt. Der Beschwerdeführer hat im Vorverfahren nachweislich nicht mitgewirkt und hat sich diesen Verfahren entzogen. Im Zuge der Prüfung der ersten beiden Anträge wurde das Vorbringen des BF auch gem. Art 8 EMRK in Bezug auf seine Familienangehörigen dahingehend nachweislich geprüft und erkannt, dass auch unter Berücksichtigung von Art. 8 EMRK eine Trennung des BF von seinen Familienangehörigen zulässig ist. Im gegenständlichen Verfahren konnte bereits bei Antragstellung somit zu Recht die Prognose getroffen werden, dass auch der neuerliche Antrag auf internationalen Schutz gem. §4a AsylG zu behandeln sein wird. Dass dem BF die Herstellung eines persönlichen Kontaktes mit den Angehörigen seiner Familie, die sich im südlichen NÖ, in Kirchberg am Wechsel aufhalten, durch die Anordnung der Unterkunftnahme in der BS Ost in Traiskirchen verunmöglicht wäre, kann nicht angenommen werden. Auch kann der BF den auch bisher gepflegten Kontakt, der insbesondere über das Telefon bestanden hat, auch weiterhin aufrechterhalten. Aufgrund der Tatsache, dass sich der BF bereits nachweislich im ersten Verfahren nicht mitgewirkt hat, bzw. sich dem Verfahren entzogen hat auch unter Berücksichtigung der familiären Verhältnisse des BF das BFA zu Recht bei der gegenständlich dritten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich die Unterkunftnahme des BF in der BS - Ost AIBE Traiskirchen mit 15.11.2018 angeordnet. Auch ist diesbezüglich festzuhalten, dass nach Auskunft des BFA der BF mit 28.12.2018 für 48 Stunden abwesend gemeldet worden ist. Erst hierauf wurde durch das BFA in Erfahrung gebracht, dass der BF über eine private Meldeadresse in Kirchberg am Wechsel verfügt. Eine neuerliche Wohnsitznahme wurde durch das BFA nicht mehr angeordnet und die Anordnung der Unterkunftnahme hat somit mit dem 28.12.2018 geendet.

Die Feststellung betreffend des Nichtvorliegens der Voraussetzungen des §57 AsylG stützt sich auf den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes. Auch den Ausführungen des BF, bzw. der Beschwerdeschrift sind keine hierauf bezogen relevanten Ausführungen zu entnehmen, die eine andere Entscheidung indizieren würden.

2.2. Die Feststellungen zur Gesamtsituation im Mitgliedstaat Italien, sowie zur konkret auf die Situation des Beschwerdeführers bezogenen Lage ergeben sich aus den umfangreichen und durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen, die auf einer aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation beruhen und dem BF im Zuge des Verfahrens zur Kenntnis gebracht worden sind. Es besteht im Hinblick auf die Auswahl und Bewertung der herangezogenen Quellen kein Zweifel daran, dass diese ausreichend aktuell und auch ausgewogen sind und daher eine geeignete Grundlage für die Beurteilung der Situation des Beschwerdeführers im Falle ihrer Rückkehr nach Italien bilden. Zudem ist anzumerken, dass der BF substantielle Ausführungen betreffend der Lage in Italien im gegenständlichen Verfahren nicht vorgebracht hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) lauten:

"§ 4a Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat. § 4 Abs. 5 gilt sinngemäß.

...

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

...

§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

...

§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

..."

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

3.2. Der Verwaltungsgerichtshof (Ra 2016/18/0049, 03.05.2016) hat festgehalten, dass nach dem klaren Wortlaut des § 4a AsylG 2005 für die Beurteilung der Frage, ob ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß dieser Bestimmung zurückzuweisen ist, darauf abzustellen ist, ob dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Dass der Fremde dort zudem über einen aufrechten Aufenthaltstitel verfügen muss, lässt sich dem § 4a AsylG 2005 nicht entnehmen. Weiters ergibt sich aus dem Wortlaut der Bestimmung, dass bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz nach § 4a AsylG 2005 - im Gegensatz zu jener nach § 4 AsylG 2005 - keine Prognoseentscheidung zu treffen ist. Während nämlich gemäß § 4 AsylG 2005 eine Prognose dahingehend zu treffen ist, ob der Fremde in dem in Frage kommenden Drittstaat Schutz vor Verfolgung finden kann (Hinweis E vom 6. Oktober 2010, 2008/19/0483; vgl. auch ErlRV 952 BlgNR 22. GP 33), stellt § 4a AsylG 2005 unmissverständlich darauf ab, ob dem Fremden von einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde. Ob der Fremde bei Rückkehr in den nach Ansicht Österreichs zuständigen Staat eine Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung erlangen würde können oder ihm etwa die Aberkennung seines in der Vergangenheit zuerkannten Schutzstatus drohen könne, ist daher gemäß § 4a AsylG 2005 nicht zu prüfen.

Bei einer Zurückweisung nach § 4a AsylG 2005 handelt es sich um eine Entscheidung außerhalb des Anwendungsbereichs der Dublin III-VO (VwGH 30.06.2016, Ra 2016/19/0072 mit Hinweis auf Ra 2016/18/0049, 03.05.2016). Eine Anwendung von Art. 16 und Art. 17 der Dublin III-VO kommt sohin nicht in Betracht.

3.2.1. Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer in Italien aufgrund einer dort erfolgten Asylantragsstellung bereits subsidiären Schutz zuerkannt bekommen und somit in Italien Schutz vor Verfolgung gefunden hat, ging das BFA zutreffend davon aus, dass sich sein nunmehr in Österreich gestellter Antrag auf internationalen Schutz im Lichte des § 4a AsylG wegen Unzuständigkeit Österreichs als unzulässig erweist.

3.2.2. Der Beschwerdeführer befindet sich nach seiner Überstellung nach Italien am 18.12.2017 spätestens seit 15.11.2018 wieder im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

3.3. Zu einer möglichen Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK wurde im vorliegenden Fall Folgendes erwogen:

Gemäß Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK haben die Vertragsstaaten der EMRK aufgrund eines allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatzes - vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich der EMRK - das Recht, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu regeln. Die Ausweisung eines Fremden durch einen Vertragsstaat kann jedoch ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen und damit die Verantwortlichkeit dieses Staates nach der EMRK auslösen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Abschiebung mit einer realen Gefahr, im Zielstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden, rechnen muss. Unter diesen Umständen beinhaltet Art. 3 EMRK die Verpflichtung, die betreffende Person nicht in diesen Staat abzuschieben.

Es entspricht ebenfalls ständiger Judikatur des EGMR, dass die verbotene Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen muss, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu fallen. Die Festsetzung dieses Mindestmaßes ist naturgemäß relativ. Es hängt von allen Umständen des Einzelfalles ab, wie etwa der Dauer der verbotenen Behandlung, ihren physischen oder psychischen Auswirkungen und in manchen Fällen vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers. Das Leid, das sich aus einer natürlich auftretenden Krankheit ergibt, kann von Art. 3 EMRK erfasst sein, wenn es durch eine Behandlung - seien es Haftbedingungen, eine Ausweisung oder sonstige Maßnahmen - verschlimmert wird, wofür die Behörden verantwortlich gemacht werden können (EGMR 27.05.2008 (GK), 26565/05, N./Vereinigtes Königreich Rz 29; 28.02.2008 (GK), 37201/06, Saadi/Italien Rz 134).

Wie unter Heranziehung aktueller Länderfeststellungen dargelegt wurde, gewährleistet Italien grundsätzlich ausreichend Schutz für Flüchtlinge und ist somit nicht zu erkennen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Überstellung nach Italien Gefahr liefe, in seinen von Art. 3 EMRK geschützten Rechten verletzt zu werden. So haben Personen mit Schutzstatus dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf die medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. Schutzberechtigte haben weiters Zugang zu Unterbringung in den SPRAR-Projekten der Gemeinden. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Beschwerdeführer in Italien keinerlei Existenzgrundlage vorfinden würde. Zwar sind die Aufnahmekapazitäten in Italien unbestritten knapp und das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass der italienische Staat Probleme bei der lückenlosen Versorgung von Asylwerbern und Personen mit Aufenthaltstiteln hat. Jedoch ist zu bedenken, dass Personen mit einem Aufenthaltsrecht nach einer Übergangsphase der Unterstützung gehalten sind, ihre Existenz - so wie auch alle Staatsbürger eines Landes - selbst zu erwirtschaften, wobei nach den Länderfeststellungen auch der Zugang zu Jobtrainings und Praktika - wie für italienische Staatsbürger - gegeben ist. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist, bestehen keine Bedenken, dass es ihm möglich sein würde, sich eine - wenn auch bescheidene - Existenzgrundlage in Italien zu schaffen. Die allgemein gehaltenen Befürchtungen im Hinblick auf eine Unterkunftssituation in Italien sind schon insofern unbeachtlich, als auch die eigenen Staatsangehörigen eines Landes mit mitunter minder günstigen entsprechenden Bedingungen konfrontiert sind.

Es ist darauf hinzuweisen, dass die in den Länderfeststellungen durchaus angesprochenen Probleme von Schutzberechtigten in Italien beim Zugang zu Versorgungsleistungen nicht ein solches Ausmaß erreichen, dass einer realen Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK geschützten Rechtsposition entsprechen würde. Der pauschale Einwand des Antragstellers, die Behörde habe keine individuelle Zusicherung Italiens eingeholt und es würde Obdachlosigkeit und menschenunwürdige Behandlung drohen, sind letztlich nicht geeignet, um eine Anordnung zur Außerlandesbringung als unzulässig erscheinen zu lassen.

Wie festgestellt, leidet der Antragsteller nach den getroffenen Feststellungen an keinen schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Zudem ist nach den Länderfeststellungen im zuständigen Mitgliedstaat der Zugang zur Gesundheitsversorgung gesichert, sodass davon ausgegangen werden kann, dass für den Fall, dass der Beschwerdeführer im Zielstaat eine Behandlung benötigen sollten, eine solche gewährleistet ist.

Insgesamt ergeben sich aus dem Parteivorbringen weder eine systemische, noch eine individuell drohende Gefahr des Beschwerdeführers in Italien, welche für die reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK sprechen würde, weshalb die Rechtsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG zur Anwendung kommt, wonach ein Asylwerber im zuständigen Mitgliedstaat Schutz vor Verfolgung findet.

3.3.2. Mögliche Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK:

Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Der Schutzbereich des Familienlebens im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK wird als autonomer Rechtsbegriff der EMRK in der ständigen Rechtsprechung des EGMR im Bereich des Ausländerrechts - im Unterschied zum Familienbegriff in den übrigen Rechtsmaterien - auf die Kernfamilie beschränkt, also auf die Beziehungen zwischen Ehegatten sowie zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern. Andere Beziehungen, etwa zwischen Eltern und ihrem erwachsenen Kind, fallen nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR nur dann unter den Schutz des Familienlebens, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (EGMR 30.06.2015, 39350/13, A.S., Rn. 49; 23.04.2015, 38030/12, Khan, Rn. 38; 18.11.2014, 5049/12, Senchishak, Rn. 55; 20.12.2011, 6222/10, A. H. Khan, Rn. 32; 12.01.2010, 47486/06, A. W. Khan, Rn. 32; 17.02.2009, 27319/07, Onur, Rn. 43-45; 09.10.2003, Große Kammer, 48321/99, Slivenko, Rn. 97; 10.07.2003, 53441/99, Benhebba, Rn. 36; 07.11.2000, 31519/96, Kwakye-Nti und Dufie; gelegentlich stellt der EGMR auf das Kriterium ab, ob der junge Erwachsene bereits eine eigene Familie gegründet hat, z. B. EGMR 23.09.2010, 25672/07, Bousarra, Rn. 38; vgl. auch Rudolf Feik, Recht auf Familienleben, in: Gregor Heißl [Hg.], Handbuch Menschenrechte, 2009, S. 187, Rn. 9/22). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (z. B. VfGH 09.03.2016, E 22/2016; 20.02.2014, U 2689/2013; 12.06.2013, U 485/2012;

06.06.2013, U 682/2013; 09.06.2006, B 1277/04) und des Verwaltungsgerichtshofes (z. B. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0149;

09.09.2014, 2013/22/0246; 16.11.2012, 2012/21/0065).

Die Rechtsfrage, ob zwischen den Beteiligten tatsächlich ein Familienleben im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK besteht, kann in gewissen Fällen letztlich dahingestellt bleiben, weil etwa Beziehungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern, die wegen des Fehlens von über die üblichen Bindungen hinausgehenden Merkmalen der Abhängigkeit nicht mehr unter den Begriff des Familienlebens fallen, unter den Begriff des ebenfalls von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Privatlebens zu subsumieren sind und daher auch einen gewissen Schutz genießen, wobei allerdings bei der Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK das Gewicht eines Privatlebens typischerweise geringer anzusetzen sein wird als das eines Familienlebens (EGMR 09.10.2003, Große Kammer, 48321/99, Slivenko, Rn. 97; 12.01.2010, 47486/06, A. W. Khan, Rn. 31 ff).

Das Privatleben ist ein weiter Begriff und einer erschöpfenden Definition nicht zugänglich. So schützt Art. 8 EMRK auch ein Recht auf Identität und persönliche Entwicklung und das Recht, Beziehungen mit anderen Menschen und mit der Außenwelt zu schaffen und zu entwickeln, und kann auch Handlungen beruflichen oder geschäftlichen Charakters einschließen. Es gibt daher einen Bereich der Interaktion einer Person mit anderen, selbst in einem öffentlichen Zusammenhang, der in den Bereich des "Privatlebens" fallen kann (z. B. EGMR 28.01.2003, 44647/98, Peck, Rn. 57).

Im Rahmen der durch Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Achtung des Privatlebens ist Schutzgut unter anderem auch die psychische und physische Integrität des Einzelnen und damit auch die körperliche Unversehrtheit. Beeinträchtigungen der körperlichen Integrität, welche nicht die von Art. 3 EMRK geforderte Schwere und Intensität erreichen, sind folglich an Art. 8 EMRK zu messen (EGMR 13.05.2008, 52515/99, Juhnke, Rn. 71; VfGH 21.09.2015, E 332/2015).

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen stellen regelmäßig einen Eingriff in das Privatleben dar, weil sie die betroffene Person aus ihrem sozialen Umfeld herausreißen. Nach der Rechtsprechung des EGMR hängt es von den Umständen des jeweiligen Falles ab, ob es angebracht ist, sich eher auf den Gesichtspunkt des Familienlebens zu konzentrieren als auf den des Privatlebens (EGMR 23.04.2015, 38030/12, Khan, Rn. 38; 05.07.2005, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 59). Die Prüfung am Maßstab des Privatlebens ist jedoch weniger streng als jene am Maßstab des Familienlebens, weshalb letztere in der Praxis im Vordergrund steht (Ewald Wiederin, Schutz der Privatsphäre, in:

Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayer [Hg.], Handbuch der Grundrechte VII/1, 2. Aufl., § 10, Rn. 52).

Wenn eine aufenthaltsbeendende Maßnahme in den Schutzbereich des Privatlebens oder des Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreift, ist zu prüfen, ob sie sich auf eine gesetzliche Bestimmung stützt, was im vorliegenden Fall offensichtlich zutrifft, und ob sie Ziele verfolgt, die mit der EMRK in Einklang stehen, wofür hier insbesondere die Verteidigung der Ordnung im Bereich des Fremden- und Asylwesens sowie das wirtschaftliche Wohl des Landes in Betracht kommen.

Es bleibt schließlich noch zu überprüfen, ob diese Maßnahme in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, das heißt durch ein vorrangiges soziales Bedürfnis gerechtfertigt und insbesondere in Bezug auf das verfolgte legitime Ziel verhältnismäßig ist (EGMR 02.08.2001, 54273/00, Boultif, Rn. 46; 18.10.2006, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 57f; 16.04.2013, 12020/09, Udeh, Rn. 45; VfGH 29.09.2007, B 1150/07).

Der Grad der Integration manifestiert sich nach der Rechtsprechung insbesondere in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben und der Beschäftigung (VfGH 29.09.2007, B 1150/07).

Diese sowie einige weitere von der Rechtsprechung einzelfallbezogen herausgearbeiteten Kriterien für die Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK werden auch in § 9 Abs. 2 BFA-VG aufgezählt.

Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine aufenthaltsbeendende Maßnahme, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247; 22.01.2013, 2011/18/0012).

Auch bei einem Eingriff in das Privatleben misst die Rechtsprechung im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dem Umstand wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein. Grundsätzlich ist nach negativem Ausgang Asylverfahrens - infolge des damit einhergehenden Verlustes des vorläufig während des Verfahrens bestehenden Rechts zum Aufenthalt und sofern kein anderweitiges Aufenthaltsrecht besteht - der rechtmäßige Zustand durch Ausreise aus dem Bundesgebiet wiederherzustellen (VfGH 12.06.2013, U 485/2012; VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Umso mehr gilt diese Überlegung für das gegenständliche Verfahren, das sich noch im Zulassungsstadium befindet und in dem Beschwerdeführer nicht einmal eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zukommt.

Im vorliegenden Fall halten sich die Mutter, die Ehefrau und die vier Kinder des Beschwerdeführers als subsidiär Schutzberechtigte bzw. anerkannte Flüchtlinge in Österreich auf. Es war sohin zu prüfen, ob eine Trennung des Beschwerdeführers durch die Überstellung nach Italien von seinen in Österreich aufhältigen Familienangehörigen gemäß Art. 8 EMRK zulässig ist.

Die Interessenabwägung nach den Gesichtspunkten des § 9 BFA-VG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 EMRK bzw. Art. 52 Abs. 1 GRC, insbesondere der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Asylwesens sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes, führte zu dem Ergebnis, dass die für die aufenthaltsbeendende Maßnahme sprechenden öffentlichen Interessen schwerer wiegen als die persönlichen Interessen der Beteiligten:

Der Beschwerdeführer verbrachte den Großteil seines Lebens im Herkunftsstaat und reiste im Jahr 2008 ohne seine Ehefrau aus Somalia aus. Festzuhalten ist, dass der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt über einen regulären Aufenthaltstitel in Österreich verfügte und seinen Aufenthalt vielmehr nur auf den zeitweiligen faktischen Abschiebeschutz aufgrund des gegenständlichen unzulässigen Antrages auf internationalen Schutz stützte. Allen Beteiligten war der unsichere Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers in Österreich bewusst, bzw. handelt es sich bei dem gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz bereits um den dritten Antrag des BF in Österreich. Somit konnten der BF noch seine Familienangehörigen zu keinem Zeitpunkt davon ausgehen, dass der Aufenthalt des BF in Österreich dauerhaft wäre, zumal ihm die beabsichtigte (neuerliche) Vorgehensweise des BFA, nämlich die beabsichtigte Zurückweisung des Antrages, da der BF bereits über einen asylrechtlichen Schutzstatus in Italien verfügt, nachweislich zur Kenntnis gebracht worden ist.

Bezüglich der Intensität des Familienlebens ist auszuführen, dass ein gemeinsamer Haushalt des BF mit seiner Ehefrau in Somalia lediglich in den Jahren 2005 bis 2008 bestanden hat und der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben und den vorliegenden EURODAC-Treffermeldungen danach mehrere Jahre ohne seine Ehefrau bzw. seiner Familie in Italien gelebt hat. Zwischen 2008 und 2017 bestand zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Familie nach den eigenen Angaben des BF kein Kontakt. Ein gemeinsamer Haushalt wurde nunmehr nachweislich nur kurzfristig zwischen 04.11.2018 - 15.11.2018 nach seiner Asylantragstellung in Österreich, bzw. nach Beendigung der Anordnung der Unterkunftnahme in der BS - Ost mit Datum 28.12.2018 begründet. Zu diesen Zeitpunkten durfte der Beschwerdeführer mit der Fortsetzung des Familienlebens nicht ohne weiteres rechnen, da bereits zwei vorherige Anträge als unzulässig zurückgewiesen worden sind und der BF bereits einmal nach Italien rücküberstellt worden ist. Bringt der BF vor, dass seine Mutter den BF brauchen würde, da sie operiert worden wäre, so kann der BF jedoch belegbar nicht aufzeigen, dass eine derartig intensive Pflege der Mutter erforderlich wäre, die überdies auch insbesondere die Anwesenheit gerade des BF in Österreich für deren Unterstützung oder Pflege notwendig erscheinen lassen würde. Es wird nicht verkannt, dass eine Unterstützung des Beschwerdeführers für seine Frau, als auch seine Mutter von Vorteil wären, bzw. auch eine Anwesenheit des BF von Vorteil wären, doch kann eine belegte und notwendigerweise ausgeprägte Abhängigkeit dieser vom BF nicht erkannt werden. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Ehefrau des BF ausschließlich auf die Hilfe des Beschwerdeführers im Alltag derart angewiesen ist, dass eine anzunehmend auch nur kurz bis mittelfristige Trennung bis zur Legalisierung des Aufenthaltes nicht zumutbar wäre. Auch in Bezug auf sämtliche Kinder des BF, insbesondere auch auf das jüngste Kind bezogen, ist festzuhalten, dass es der Familie vor der nunmehrigen Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich auch möglich war, ohne jegliche Hilfe des BF zurechtzukommen und weder für die Ehefrau noch die Kinder eine existenzbedrohende Lage eingetreten ist. Vor diesem Hintergrund ist daher davon auszugehen, dass auch im vorliegenden Fall während der Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens eine solche Existenzbedrohung, bzw. schwerwiegende Nachteile für die Kinder durch diese Trennung nicht eintreten werden. Dass der Kontakt zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Frau bzw. den Kindern, als auch der Kontakt zu seiner Mutter bis zur kurz bzw. mittelfristig anzunehmend möglichen Legalisierung seines Aufenthaltes in Österreich nicht wie auch bisher zwischenzeitlich insbesondere auch telefonisch oder über das Internet aufrechterhalten werden könnte, bzw. einzelne die Erziehung der Kinder betreffende Angelegenheiten auf diese Weise und für diese Zeit nicht einvernehmlich auf diese Weise auch weiterhin getroffen werden können, hat der BF durch sämtliche Ausführungen, als auch die Beschwerde nachvollziehbar begründet nicht dargelegt. Warum das Kindeswohl ausschließlich nur durch ein Verbleiben des BF in Österreich zu wahren wäre und nicht auch etwa durch regelmäßige Besuche der Ehefrau des BF in Italien, oder auch durch mögliche, auch längere, Besuche des BF in Österreich bis zu der Legalisierung des Aufenthaltes zu wahren wäre, ist aus sämtlichen Ausführungen der Beschwerdeschrift nicht erschließbar. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass nach den Schengen-Bestimmungen für den BF die Möglichkeit zur - wenn auch eingeschränkten - Fortsetzung des Privat- und Familienlebens im Rahmen von regelmäßigen Besuchen im Ausmaß von bis zu drei Monaten, etwa durch einen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich (Art. 21 Abs. 1 SDÜ und § 31 Abs. 1 Z 3 FPG) besteht. Art. 21 Abs. 1 Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) lautet:

"Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einer der Vertragsparteien ausgestellten Aufenthaltstitels sind, können sich aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments höchstens bis zu drei Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien bewegen, soweit sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a), c) und e) aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste der betroffenen Vertragspartei stehen."

§ 31 Abs. 1 Z 3 FPG ordnet Folgendes an:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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