TE OGH 2019/2/26 8Ob2/19f

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Veröffentlicht am 26.02.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Tarmann-Prentner, Mag. Korn, Dr. Stefula und Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Georg Lehner, Rechtsanwalt in Wels, gegen die beklagte Partei H***** KG, *****, vertreten durch Dr. Bernhard Gumpoldsberger, Rechtsanwalt in Sattledt, wegen 35.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 28.560 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 14. November 2018, GZ 2 R 142/18t-154, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. § 496 Abs 2 ZPO ordnet im Fall der Aufhebung nach § 496 Abs 1 Z 2 ZPO an, dass das Verfahren vor dem Prozessgericht auf die durch den Mangel betroffenen Teile des erstrichterlichen Verfahrens und Urteils zu beschränken ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist auch bei der Aufhebung wegen des Vorliegens von Erörterungs- bzw Feststellungsmängeln nur zu einem ganz bestimmten Teil des erstrichterlichen Verfahrens und Urteils das Verfahren im zweiten Rechtsgang auf diesen von der Aufhebung ausdrücklich betroffenen Teil des Verfahrens und Urteils zu beschränken (vgl RIS-Justiz RS0042411). Abschließend erledigte Streitpunkte können demgemäß nicht wieder aufgerollt werden (RIS-Justiz RS0042411 [T5]).

Welche Verfahrensergebnisse im Aufhebungsbeschluss als abschließend erledigt angesehen wurden, ist zwangsläufig einzelfallabhängig (RIS-Justiz RS0042031 [T20]).

Im vorliegenden Fall war die grundsätzliche Frage, ob dem Kläger ein Mitverschulden anzulasten ist, im ersten Rechtsgang nicht abschließend entschieden. Nach der Begründung im Aufhebungsbeschluss bedurfte es noch einer Klärung, warum trotz Beschädigung der externen Festplatte die Daten am Notebook gelöscht bzw keine Datenrekonstruktionen vom Notebook versucht wurden. Wenn das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang davon ausgegangen ist, dass damit auch ganz allgemein der Sorgfaltsmaßstab im Hinblick auf das Anlegen einer Sicherheitskopie nicht abschließend entschieden war, hält sich diese Rechtsauffassung im Rahmen des eingeräumten Ermessensspielraums.

Wenn der Kläger weiters ausführt, dass das Berufungsgericht von einem überzogenen Sorgfaltsmaßstab ausgeht und ihm das Anlegen einer weiteren Sicherungskopie nicht zumutbar gewesen sei, übergeht er, dass nach dem nunmehr festgestellten Sachverhalt mit der Neuformatierung des Notebooks (geplanter Weise) nur noch ein Datensatz und damit überhaupt keine Sicherungskopie mehr vorhanden war.

2. Das Gericht ist nach § 405 ZPO nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was sie nicht beantragt hat. Für die Beurteilung des von § 405 ZPO gezogenen Schrankens ist nicht allein das Klagebegehren, sondern auch der übrige Inhalt der Klage maßgebend (vgl RIS-Justiz RS0041078). Der Streitgegenstand wird (auch) durch das tatsächliche Vorbringen abgegrenzt, aus dem die Partei den Sachantrag ableitet (vgl RIS-Justiz RS0025188).

Der Kläger hat seinen Schadenersatzanspruch daraus abgeleitet, dass für eine Wiederherstellung seiner Daten eine bestimmte Zahl an Arbeitsstunden aufzuwenden gewesen sei, für die ein Stundensatz von 40 EUR angemessen sei. Der Zuspruch eines höheren Stundensatzes (für eine geringere Stundenzahl) ist daher nach § 405 ZPO ebenso wenig zulässig wie der Zuspruch einer nicht begehrten Umsatzsteuer (vgl RIS-Justiz RS0041153).

3. Die Entscheidung des Gerichts darüber, ob es § 273 ZPO anwenden darf, ist eine verfahrensrechtliche Entscheidung. Wurde zu Unrecht die Anwendbarkeit des § 273 ZPO bejaht oder verneint, muss dies mit Mängelrüge bekämpft werden (RIS-Justiz RS0040282). Eine vom Berufungsgericht verneinte Mangelhaftigkeit kann in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden.

Ausgehend von der festgestellten Bandbreite für die Datenrekonstruktion von 316–421 Arbeitsstunden ist dem für seinen Schaden beweispflichtigen Kläger der Beweis eines Arbeitsaufwands nur für 316 Stunden gelungen. Wie in der Revision richtig betont wird, besteht nach den Feststellungen keine höhere Wahrscheinlichkeit für einen weitergehenden Aufwand, damit aber auch keine Grundlage für einen höheren Zuspruch.

4. Für die im Zusammenhang mit der Diplomarbeit für die Erstellung eines Datenmodells erforderliche Arbeitsleistung haben die Vorinstanzen ohnehin einen Stundenaufwand von 20–21 Stunden angesetzt. Für das Erstellen des übrigen Konzepts ist dagegen nur von einem Zeitaufwand von 1–2 Stunden auszugehen. Soweit die Revision ihren Ausführungen 60 Stunden zugrunde legt, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt. Da nach den Feststellungen dieses Dokument (auch als Konzept) völlig unbrauchbar und wertlos ist, ist die Ansicht der Vorinstanzen, dass für dessen Rekonstruktion kein Ersatz zusteht, nicht korrekturbedürftig.

5. Die Revision ist daher mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Textnummer

E124416

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0080OB00002.19F.0226.000

Im RIS seit

28.03.2019

Zuletzt aktualisiert am

28.03.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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