TE OGH 2019/3/5 14Os148/18y

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Veröffentlicht am 05.03.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. März 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Schriftführers Bodinger in der Strafsache gegen Christian K***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Christian K***** und Helmut R***** gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 23. Oktober 2018, GZ 15 Hv 26/18a-19, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Christian K***** und Helmut R***** jeweils des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB (K***** iVm § 12 zweiter Fall StGB) schuldig erkannt.

Danach haben in P***** mit dem Vorsatz, dadurch den Staat an seinem Recht auf „Überprüfung der Umwelt-, Verkehrs- und Betriebstauglichkeit von Kraftfahrzeugen“ zu schädigen,

I./ am 15. Dezember 2016 Helmut R***** als „Angestellter der Begutachtungsstelle B***** – A*****“ (richtig: als zur Vornahme wiederkehrender Begutachtungen gemäß § 57a KFG Ermächtigter [US 6]), somit als Beamter, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte, nämlich die Begutachtung von Fahrzeugen gemäß § 57a Abs 1 KFG vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem er für einen (im angefochtenen Urteil näher bezeichneten) PKW ein positives Prüfgutachten (§ 57a Abs 4 KFG) ausstellte, obwohl dieses Fahrzeug wegen (von ihm erkannter – US 7) schwerwiegender Rostschäden am rechten Schweller und am rechten Radkasten sowie wegen korrodierter Bremsleitungen nicht den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Verkehrs- und Betriebssicherheit entsprach;

II./ Christian K***** den Helmut R***** zur Ausführung der zu I./ beschriebenen strafbaren Handlung bestimmt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richten sich Nichtigkeitsbeschwerden, die R***** auf Z 5 und Z 9 lit a und K***** auf Z 5, 5a und 9 lit a, jeweils des § 281 Abs 1 StPO, stützen. Sie schlagen fehl.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten R*****:

Indem die Mängelrüge (nominell Z 5 zweiter Fall) unter Hinweis auf das (vom Erstgericht ohnedies berücksichtigte) Beweisergebnis, wonach die Rostschäden im Bereich des linken Schwellers von einer Glasfaserplatte verdeckt waren (vgl US 15 f), in Bezug auf die Feststellungen zur subjektiven Tatseite eine Erörterung dazu vermisst, ob nicht auch alle anderen Fahrzeugmängel derart manipuliert worden sein könnten, bekämpft sie bloß die Beweiswürdigung des Schöffengerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Weshalb das konstatierte Wissen des Angeklagten um den Verstoß gegen die ihm eingeräumte Befugnis (US 8) für die rechtliche Annahme von Wissentlichkeit im Sinn des § 302 Abs 1 StGB nicht ausreichen soll, erklärt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht.

Soweit der Beschwerdeführer darauf verweist, dass der Staat an seinem Recht auf Überprüfung der Betriebstauglichkeit von Fahrzeugen (vgl US 8) gar nicht geschädigt werden konnte, weil § 57a Abs 1 KFG insoweit nur deren Betriebssicherheit in den Blick nimmt, wird nicht klar, auf welche entscheidenden Tatsachen er abzielt.

Bleibt dazu anzumerken, dass bei (wie hier – US 7) erkannten schweren Mängeln des Fahrzeugs (vgl § 57a Abs 5a KFG) das Überprüfungsrecht des Staats (im Sinn der Einhaltung von Verfahrensvorschriften) gar keinen Bezugspunkt des Schädigungsvorsatzes im Sinn des § 302 Abs 1 StGB darstellt. In solchen Fällen kommt vielmehr (neben dem Recht anderer Verkehrsteilnehmer auf Sicherheit) das staatliche Recht auf Ausschluss nicht verkehrs-, betriebssicherer und umweltverträglicher Fahrzeuge von der Teilnahme am Straßenverkehr zum Tragen (RIS-Justiz RS0096721 [T5]; vgl insb 17 Os 3/14s). Einen darauf gerichteten Vorsatz haben die Tatrichter aber mit der
– unbekämpft gebliebenen – Annahme, wonach der Angeklagte im Bewusstsein handelte, dass er „eigentlich verpflichtet gewesen wäre, die Bestätigung der Verkehrs- und Betriebssicherheit zu verweigern“ (US 8), ohnedies deutlich genug konstatiert (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten K*****:

Entgegen der Mängelrüge (Z 5) ist es unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden, dass das Erstgericht auf Basis von – im Übrigen zulässigen (vgl RIS-Justiz RS0098249) – Indizienbeweisen in Bezug auf die positive Begutachtung des mit schweren Mängeln behafteten Pkw des Beschwerdeführers auf dessen Bestimmungstäterschaft geschlossen hat.

Die Behauptung (Z 5 vierter Fall), wonach die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite bloß zum Schein begründet worden seien, trifft nicht zu. Denn das Erstgericht bezog sich insoweit auf das äußere Tatgeschehen (US 16), was unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ist (vgl RIS-Justiz RS0116882). Im Übrigen blieb auch das konstatierte Wissen des Beschwerdeführers um das Vorliegen eines Totalschadens bei seinem Pkw nicht unbegründet. Diese Urteilsannahmen gründeten die Tatrichter nämlich auf die Angaben des Angeklagten K***** selbst und auf jene der Zeugen P***** und Ku***** (vgl US 5, 10, 16 f).

Soweit der Beschwerdeführer die Erklärung des Zeugen P*****, dass sich eine Reparatur „nicht auszahle“, eigenständig dahin interpretiert, dass darunter keine Bekanntgabe von schwerwiegenden Fahrzeugmängeln zu verstehen sei, bekämpft er abermals unzulässig die dem Schöffengericht vorbehaltene Beweiswürdigung. Im Übrigen nimmt er prozessordnungswidrig nicht Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (vgl RIS-Justiz RS0119370). Denn das Erstgericht stützte sich in Bezug auf das dem Angeklagten angelastete Wissen um die jeweiligen Schäden auch darauf, dass der Angeklagte dem Zeugen P***** laut dessen Angaben von seinem „Hawara beim A*****“ (US 11) erzählte.

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).

Soweit der Beschwerdeführer unter Hervorkehrung seiner leugnenden Verantwortung und jener des Angeklagten R***** neuerlich das Vorliegen stichhaltiger Beweise für die ihm angelastete Bestimmungstäterschaft in Abrede stellt, weckt er ebensowenig erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen wie mit der Beteuerung, die Mitteilung des Zeugen P*****, wonach sich eine Reparatur „nicht auszahle“, nicht im Sinne einer Bekanntgabe schwerer Fahrzeugmängel verstanden zu haben.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) lässt prozessordnungswidrig außer Acht (RIS-Justiz RS0099810), dass das Schöffengericht die vermissten Feststellungen zum Wissen des Angeklagten über die der Ausstellung eines positiven Gutachtens gemäß § 57a KFG entgegenstehenden Mängel und zum wissentlichen Fehlgebrauch der Befugnis ohnedies getroffen hat (vgl US 8).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E124369

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0140OS00148.18Y.0305.000

Im RIS seit

22.03.2019

Zuletzt aktualisiert am

22.03.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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