TE OGH 2019/3/5 14Os7/19i

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Veröffentlicht am 05.03.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. März 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Schriftführers Bodinger in der Strafsache gegen Kabir H***** wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 16. November 2018, GZ 609 Hv 5/18g-52, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden, Urteil wurde Kabir H***** des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 18. August 2018 in W***** seine Ehefrau Arezo H***** zu töten versucht, indem er ihr mit einem Messer mit 11,5 cm langer, spitz zulaufender, stabiler Klinge zumindest fünf kräftige Stiche in deren Oberbauch, die linke Achsel-Rückenregion und die linke untere Rückenregion versetzte, wodurch die Genannte eine Stichwunde am Oberbauch links mit rund 10 cm langem Stichkanal, Eröffnung der Bauchhöhle und einer Stichläsion des linken Leberlappens, drei Stichverletzungen der linken Achsel-Rückenregion und eine Stichwunde im Bereich der linken unteren Rückenregion knapp neben der Wirbelsäule mit Stichkanallängen von 3 bis 4 cm sowie Stichwunden im Bereich des rechten Ellenbogens und am linken Unterarm erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 4 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Die Verfahrensrüge macht einen Verstoß gegen § 

250 Abs 1 letzter Satz (Abs 2)

StPO geltend, weil dem (durch einen Verteidiger vertretenen) Angeklagten der Inhalt der Aussagen der in seiner Abwesenheit vernommenen Zeugen Zarmina A***** und Mohammad A***** nicht zur Kenntnis gebracht worden sei.

Es trifft zwar zu, dass eine solche Information dem Protokoll über die Hauptverhandlung nur in Ansehung der (gleichfalls in Abwesenheit des Beschwerdeführers befragten) Zeugen Faten S*****, Mustafa J*****, Jan M***** und Arezo H***** zu entnehmen ist (vgl ON 51 S 22, 30, 32 sowie die handschriftliche Ergänzung S 41: „Aussag“). Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer sich während der in Rede stehenden Aussagen bei geöffneter Türe im Nebenzimmer des Verhandlungssaals befand (ON 51 S 19), sodass davon auszugehen ist, dass er diese zumindest akustisch mitverfolgen konnte (vgl dazu RIS-Justiz RS0098252 [insb T5]), ist aber auch sonst unzweifelhaft erkennbar, dass die Formverletzung auf die Entscheidung keinen nachteiligen Einfluss üben konnte (§ 281 Abs 3

StPO).

Denn die Depositionen der Zeugen Zarmina und Mohammad A*****, die zudem nicht zum Tathergang, sondern nur zu den Geschehnissen unmittelbar danach Angaben machen konnten, entsprachen in ihren wesentlichen Details nicht nur deren – dem Beschwerdeführer durch ihren zusammenfassenden Vortrag (§ 252 Abs 2a StPO) in der Hauptverhandlung (ON 51 S 44) bekannten – Aussagen im Ermittlungsverfahren, sondern auch der zum objektiven Sachverhalt geständigen Verantwortung des Angeklagten selbst, der lediglich bestritten hatte, dass er seine Frau durch die Messerstiche töten habe wollen (ON 51 S 4 ff). Insoweit bestätigte der Zeuge Mohammad A***** ohnehin zugunsten des Beschwerdeführers, dass dieser unmittelbar nach der Tat auch ihm gegenüber nur einen Verletzungsvorsatz bejaht, Tötungswillen aber verneint habe (ON 51 S 25). Weitere Wahrnehmungen, die für die Beurteilung der subjektiven Tatseite bedeutsam sein könnten, haben die Zeugen nicht geschildert. Mutmaßungen über das Wissen und Wollen anderer Personen

wären im Übrigen gar nicht Gegenstand einer Zeugenaussage und damit kein erörterungsbedürftiges Beweisergebnis (RIS-Justiz

RS0097540 [va T14], RS0128679 [T1]; zum Ganzen erneut RIS-Justiz RS0098252 sowie RS0098079). Konkrete Aussageinhalte, hinsichtlich derer sich das Unterbleiben ihrer Mitteilung dennoch nachteilig für den Angeklagten ausgewirkt hätte, nennt die Rüge nicht (vgl dazu RIS-Justiz

RS0110266; vgl auch Ratz, WK-StPO § 281 Rz 743).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§§ 344, 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E124291

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0140OS00007.19I.0305.000

Im RIS seit

18.03.2019

Zuletzt aktualisiert am

18.03.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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