TE OGH 2019/1/30 7Ob62/18w

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Veröffentlicht am 30.01.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj T***** E*****, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Bregenz, diese vertreten durch Dr. Anton Tschann, Rechtsanwalt in Bludenz, gegen die beklagte Partei Stadt D*****, vertreten durch *****, diese vertreten durch Dr. Julius Brändle, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen 369.982,23 EUR sA und Rente, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 8. Februar 2018, GZ 2 R 145/17s-280, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Beklagte macht – zusammengefasst – geltend, das Berufungsgericht habe die Verjährungsfrage in mehrfacher Hinsicht rechtsirrig gelöst; dem ist Folgendes zu entgegnen:

1.1. Die Beklagte machte mit Schriftsatz vom 16. 6. 2016 Verjährung allerdings lediglich insoweit geltend, als „bei allen erfolgten Klagsausdehnungen die Einrede der Verjährung hinsichtlich jener Schadenersatzansprüche und Unterhaltsbeträge (erhoben wurde), welche drei Jahre vor der jeweilig erstmaligen Geltendmachung entstanden bzw. fällig geworden sind und nicht schon in der Klage geltend gemacht wurden“.

1.2. Nun ist es – wie bereits vom Berufungsgericht ausgeführt – Sache des Schuldners, im Rahmen seiner Verjährungseinrede jene Tatsachen zu behaupten, aus denen sich im konkreten Fall die Verjährung der erhobenen Ansprüche ergeben kann (vgl RIS-Justiz RS0034198 [T1, T2, T4]).

1.3. Der vorliegende Einzelfall ist dadurch gekennzeichnet, dass der Kläger entgangene Leistungen infolge des von der Beklagten zu vertretenden Ablebens seiner Mutter geltend macht, wobei sich diese Ansprüche aus zahlreichen Einzelkomponenten zusammensetzen, einen mehrjährigen Leistungszeitraum betreffen, die Anrechnung von Drittleistungen vorzunehmen war und der Kläger mehrfach Klagseinschränkungen und -ausdehnungen vornahm. Wenn das Berufungsgericht bei dieser Sachlage besagte Verjährungseinrede nicht als ausreichend bestimmt erkannte, weil es damit im Ergebnis der amtswegigen Prüfung des Erstgerichts überlassen geblieben wäre, hinsichtlich welcher Forderungsteile die Verjährung zu prüfen sei, ist diese Beurteilung angesichts der komplexen Anspruchslage nicht zu beanstanden. Soweit die Beklagte insoweit einen Erörterungsmangel geltend macht, werden selbst in der Revision die nach Meinung der Beklagten (noch allenfalls) verjährungsrelevanten Anspruchsteile nicht bezeichnet. Weitere Fragen zur Verjährung stellen sich infolge unzureichenden Einwands nicht.

2. Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, die Vorinstanzen hätten durch überhöhten Zuspruch von entgangenem Unterhalt eine ungerechtfertigte Überalimentierung des Klägers vorgenommen.

2.1. Für die Jahre 2005 bis 2016 hat das Berufungsgericht angenommen, die Beklagte habe insoweit die in ihrer Berufung erhobene Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt. Dieser Einschätzung tritt die Beklagte in ihrer Revision nicht substanziell entgegen, weshalb für diesen Zeitraum eine sachliche Überprüfung nicht vorzunehmen ist (RIS-Justiz RS0043231).

2.2. Der Kläger macht einen Anspruch nach § 1327 ABGB geltend. Eine den Hinterbliebenen nach § 1327 ABGB zuerkannte Rente ist keine Unterhaltsforderung, sondern eine Schadenersatzforderung (RIS-Justiz RS0031342 [T1]). Dabei sind selbst Unterhaltsbeträge, die der Getötete zu seinen Lebzeiten geleistet hat, obwohl er mit Rücksicht auf seine Vermögenslage nur zur Leistung geringerer Beträge hätte verhalten werden können, den Hinterbliebenen zu ersetzen (RIS-Justiz RS0031342 [T2]). Der gesetzliche Unterhaltsanspruch ist als Mindestanspruch nach § 1327 ABGB anzusehen (RIS-Justiz RS0031342 [T11]). Auch ein (aus persönlichen oder sittlichen Erwägungen) reichlich bemessener Unterhalt bleibt Unterhalt und bildet damit die Grundlage für eine Schadenersatzpflicht nach § 1327 ABGB (2 Ob 157/00b). Wurde mehr als der gesetzliche Unterhalt geleistet, wird in der Rechtsprechung (lediglich) gefordert, dass die Unterhaltsleistung noch einigermaßen ins Verhältnis zur gesetzlichen Unterhaltspflicht gesetzt werden kann (2 Ob 3/08t mwN; RIS-Justiz RS0031410).

2.3. Das Berufungsgericht hat für das Jahr 2017 genau dargestellt, welche Leistungen der – in überdurchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen lebenden – Mutter als entgangener Unterhalt (Sachleistungen und „Konsumkosten“) zu werten und daher von der Beklagten zu substituieren sind. Dabei hat schon das Erstgericht Leistungen des Vaters sowie Pensionszahlungen angerechnet und das Berufungsgericht hat auch eine „Luxusgrenze“ berücksichtigt. Gegen diese Berechnung werden in der Revision keine konkreten Einwände ausgeführt, sodass die Beklagte einen Verstoß gegen die zu § 1327 ABGB entwickelten Grundsätze nicht aufzeigt.

3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält sich insgesamt im Rahmen der Judikatur und ist im Einzelfall nicht zu beanstanden. Die Beklagte macht keine erhebliche Rechtsfrage geltend. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher nicht zulässig und zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Textnummer

E124040

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0070OB00062.18W.0130.000

Im RIS seit

15.02.2019

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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