TE Bvwg Beschluss 2018/10/2 W192 2195169-1

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Veröffentlicht am 02.10.2018
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Entscheidungsdatum

02.10.2018

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §13 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1

Spruch

W192 2195169-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. RUSO als Einzelrichter über die Beschwerde der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.04.2018, Zl. 1177740007-171429215, beschlossen:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unzulässig

zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Ein volljähriger marokkanischer Staatsangehöriger (in der Folge: Antragsteller) gelangte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 28.12.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu seiner Person liegen EURODAC-Treffermeldungen über eine erkennungsdienstliche Behandlung in Italien am 07.04.2017 sowie eine Asylantragstellung in Deutschland am 20.11.2017 vor.

Im Verlauf der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 29.12.2017 brachte der Antragsteller vor, minderjährig zu sein, an keiner Erkrankung zu leiden und der Einvernahme ohne Probleme folgen zu können. Er sei minderjährig, habe keine Familienangehörigen in Österreich oder einem sonstigen EU-Staat und habe seinen Herkunftsstaat Marokko im Juli 2017 legal auf dem Luftweg verlassen. In der Folge sei er über Tunesien und Libyen nach Italien gelangt, wo er sich zwei Monate aufgehalten hätte, bevor er nach Österreich weitergereist wäre. In Italien habe er keinen Asylantrag gestellt und zwei Monate auf der Straße geschlafen. Überdies sei er durch Deutschland durchgereist, wo er ebensowenig einen Asylantrag gestellt hätte. Er habe dort seine Fingerabdrücke abgegeben, jedoch nicht gewusst, dass er einen Asylantrag gestellt hätte. Eine Einvernahme habe er in Deutschland nicht gehabt. Nochmals um Darstellung seiner korrekten Reiseroute ersucht, gab der Antragsteller zu Protokoll, er sei über Marokko, Tunesien, Libyen, Frankreich und Deutschland nach Österreich gereist. Er habe nicht gewusst, dass er nunmehr in Österreich wäre, sondern angenommen, immer noch in Deutschland zu sein. Er wolle nunmehr um Asyl ansuchen, werde es sich jedoch noch überlegen, ob er in Österreich bleiben wolle. In Deutschland sei er in einem Camp untergebracht gewesen, er habe das Land jedoch verlassen, bevor er einen Bescheid erhalten hätte, da es dort viel Rassismus und eine im Allgemeinen schlechte Lage gegeben hätte. Nach Deutschland wolle er nicht zurückkehren, lieber ginge er nach Italien.

Am 03.01.2018 wurde der Antragsteller nach 48-stündiger Abwesenheit aus der Betreuungsstelle abgemeldet und ist seither unbekannten Aufenthalts.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden auch: "BFA") richtete am 16.01.2018 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: "Dublin III-VO") gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Deutschland, in welchem die deutschen Behörden unter anderem darüber informiert worden sind, dass die Behauptung des Antragsteller, ein unbegleiteter Minderjähriger zu sein, im Hinblick auf sein Erscheinungsbild sowie das Fehlen von sein Alter belegenden Dokumenten unglaubwürdig erscheine. Eine in Aussicht genommene multifaktorielle Altersfeststellungsuntersuchung habe nicht durchgeführt werden können, da der Antragsteller zuvor untergetaucht wäre.

Ebenfalls am 16.01.2018 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein auf Art. 34 der Dublin III-VO gestütztes Informationsersuchen an Italien.

Mit am gleichen Datum eingelangtem Schreiben vom 17.01.2017 lehnte Deutschland das Wiederaufnahmegesuch ab und teilte mit, sich für die Behandlung des vom Antragsteller gestellten Antrags auf internationalen Schutz nicht für zuständig zu erachten, da dieser laut EURODAC-Auskunft über Italien in den Schengen-Raum eingereist wäre. Ein durch die deutsche Behörde am 10.01.2018 an Italien gerichtetes Wiederaufnahmegesuch wäre bislang nicht beantwortet worden. Aus dem Schreiben der deutschen Behörden ergibt sich weiters, dass der Antragsteller in Italien unter einem gegenüber dem in Österreich angegebenen abweichenden Nachnamen und mit dem Geburtsdatum eines Volljährigen registriert wurde.

Folglich richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 17.01.2018 ein auf Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO gestütztes Aufnahmegesuch an Italien.

Mit Verfahrensanordnung vom 19.03.2018 stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass es sich beim Antragsteller um eine volljährige Person mit dem gegenüber den deutschen Behörden angegebenen Geburtsdatum handle und die bis dahin bestandene Funktion des Rechtsberaters als gesetzlicher Vertreter des Antragstellers im gegenständlichen Asylverfahren demnach erloschen ist.

Mit den italienischen Behörden am gleichen Datum übermittelten Schreiben vom 20.03.2018 informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl über die gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO durch Verfristung eingetretene Zuständigkeit Italiens beginnend mit am 18.03.2018. Ebenfalls am 20.03.2018 setzte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Italien davon in Kenntnis, dass sich die Überstellungsfrist aufgrund Untertauchens des Antragsteller gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO auf 18 Monate verlängere.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Antragsteller gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 10.04.2018 durch Hinterlegung im Akt gemäß § 23 Abs. 2 ZustellG zugestellt.

Mit Verfahrensanordnung vom gleichen Tag wurde dem Antragsteller gemäß § 52 BFA-VG die einschreitende Rechtsberatungsorganisation als Rechtsberater für ein etwaiges Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht amtswegig zur Seite gestellt.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich ein am 08.05.2018 durch eine Rechtsberatungsorganisation "als gesetzlicher Vertreter" eingebrachter Beschwerdeschriftsatz, in welchem begründend im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass der Antragsteller als Minderjähriger in das österreichische Bundesgebiet eingereist wäre und aus diesem Grund eine Rechtsberatungsorganisation als gesetzliche Vertreterin zur Seite gestellt bekommen hätte. Die gesetzliche Vertretung sei jedoch weder über die Einleitung des Konsultationsverfahrens gemäß der Dublin III-VO informiert worden, noch wären dieser Ladungen bezüglich der in Aussicht genommenen Altersfeststellung übermittelt worden, sondern sei lediglich per Verfahrensanordnung vom 19.03.2018 darüber informiert worden, dass der Antragsteller auf Basis der in Deutschland geführten Alias-Daten für volljährig erklärt worden wäre. Lediglich aus der am 10.04.2018 zugestellten Verfahrensanordnung über die Bestellung als Rechtsberaterin im Rechtsmittelverfahren sei für die gesetzliche Vertreterin ersichtlich geworden, dass gegen den ihr zugewiesenen und in seiner Abwesenheit volljährig erklärten Antragsteller offenbar ein Bescheid erlassen worden wäre, wobei im Vorfeld der Bescheiderlassung kein Parteiengehör gewährt worden wäre. Die Volljährigkeitserklärung sei nicht rechtmäßig erfolgt und es sei auch über die Entlassung der gesetzlichen Vertretung aus ihrer Funktion noch nicht abschließend abgesprochen worden. Die Rechtsberatungsorganisation bringe die gegenständliche Beschwerde zur Wahrung des Kindeswohls, zu deren Einhaltung sie verpflichtet wäre, ein. Obwohl keine rechtswirksame Zustellung an die gesetzliche Vertreterin stattgefunden hätte, werde der 10.04.2018 als das Datum der Zustellung der Verfahrensanordnung als Zustelldatum des Bescheides fingiert, womit die vierwöchige Beschwerdefrist gegen den allenfalls erlassenen Bescheid mit diesem Datum zu laufen beginne; dennoch werde eine ordnungsgemäße Zustellung des Bescheides an die gesetzliche Vertreterin beantragt, damit diese in Wahrung ihrer Aufgaben vollständig tätig werden könne. Der gegenständlich bekämpfte Bescheid sei ohne sorgfältiges Ermittlungsverfahren erlassen worden und ermangle daher jeglicher Grundlage. Da die Änderung des Alters im Asylverfahren als nicht gesondert bekämpfbarerer Verfahrensschritt gelte, werde die vorgenommene Altersänderung nunmehr gerügt. Die gesetzliche Vertreterin habe niemals persönlichen Kontakt mit dem von ihr vertretenen Minderjährigen gehabt, da die Erstbefragung außerhalb der EASt Ost und ohne Beisein eines Rechtsberaters stattgefunden hätte. Die Behörde habe es unterlassen, das Alter des Antragsteller, welches sich für gegenständliches Verfahren als von entscheidender Bedeutung erweisen würde, gemäß § 13 Abs. 3 BFA-VG zu ermitteln, zumal der Antragsteller nicht aufgrund des gesetzlich vorgeschriebenen Prozederes und einer multifaktoriellen Altersfeststellung, sondern ausschließlich aufgrund seiner in Deutschland getätigten Angaben für volljährig erklärt worden wäre. Die Angaben eines Antragstellers in einem anderen Mitgliedstaat seien jedoch nicht geeignet, einen vollen Beweis für sein Alter zu liefern, da es durchaus Motivationen für Asylwerber zu einer unterschiedlichen Angabe ihres Alters geben könne - etwa den Wunsch, als Erwachsener ein schnelleres Asylverfahren, oder auch eine Arbeitserlaubnis, zu erhalten; ebenso sei eine vorerst unrichtige Datenaufnahme denkbar, welche aufgrund der sofortigen Weiterreise eines Antragstellers nicht korrigiert werde. Die ordnungsgemäße Verfahrensführung verlange es, dem Minderjährigen im Beisein seiner gesetzlichen Vertretung Parteiengehör zu diesem Widerspruch zu gewähren und im Zweifel von den in Österreich unmittelbar zur Kenntnis gelangten Angaben auszugehen. Daran ändere auch die in der Verfahrensanordnung zitierte Entscheidung des EGMR in der Sache A.M.E. v. Niederlande vom 13.01.2015 nichts, zumal der EGMR lediglich festhalte, dass sich die Asylbehörden eines Mitgliedstaates grundsätzlich auf die ihnen selbst gegenüber getätigten Angaben eines Antragstellers verlassen dürften, sofern es keine offenkundigen Diskrepanzen bzw. Unstimmigkeiten - wie es jedoch gegenständlich der Fall wäre - geben würde. Im Übrigen müssten die in der österreichischen Rechtsordnung zugunsten Minderjähriger vorgesehenen Schutzmechanismen unabhängig von der Rechtsprechung des EGMR Anwendung finden. Auch das BVwG habe ausgesprochen, dass alleine anhand der Angaben in einem anderen Mitgliedstaat nicht automatisch von der Volljährigkeit des betreffenden Antragstellers ausgegangen werden könne (BVwG 15.9.2017, W242 2162496-1; 2.2.2016, W168 2119346-1). Aus diesem Grund wäre eine Änderung der vom Antragsteller geltend gemachten Minderjährigkeit ausschließlich aufgrund einer Altersfeststellung möglich gewesen (vgl. BVwG 14.12.2016, W232 2141162-1). Im Zweifel sei von einer Minderjährigkeit des Antragstellers auszugehen, weshalb die gesetzliche Vertretung den Antrag stelle, entweder vom durch den Antragsteller angegebenen Geburtsdatum auszugehen oder aufgrund des nicht hinreichend geklärten Alters des Antragstellers und seines unbekannten Aufenthalts eine Einstellung des Verfahrens im Sinne des § 24 Abs. 3 AsylG vorzunehmen.

4. Im Rahmen einer gemeinsam mit der am 14.05.2018 hg. eingelangten Beschwerdevorlage übermittelten Stellungnahme erklärte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, die Legitimation des Einschreitens zur Erhebung einer Beschwerde zu bestreiten, zumal der Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung vom 19.03.2018 für volljährig erklärt worden wäre und dadurch die Funktion der Rechtsberatungsorganisation als gesetzliche Vertreterin im Asylverfahren erloschen wäre. Der durch eine Rechtsberatungsorganisation eingebrachten Beschwerde sei keine Vollmacht angeschlossen und werde in dieser selbst angeführt, dass der Aufenthaltsort des Asylwerbers gar nicht bekannt wäre. Unter Verweis auf Rechtsprechung des BVwG in ähnlich gelagerten Fällen (BVwG 7.8.2017, W232 216582-1; 11.8.2017, W184 2163086-1) wurde eine Zurückweisung der Beschwerde als unzulässig mangels Parteistellung des Einschreiters im Verwaltungsverfahren und damit auch mangels Legitimation zur Einbringung der Beschwerde beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird der eben dargelegte Verfahrensgang. Insbesondere wird festgestellt, dass der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl für volljährig erklärte Antragsteller zum Beschwerdezeitpunkt nicht von der laut Beschwerdeschriftsatz als gesetzliche Vertreterin einschreitenden Rechtsberatungsorganisation vertreten war. Eine gesetzliche Vertretung des Antragstellers lag zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung der einschreitenden Rechtsberatungsorganisation nicht (mehr) vor. Eine gewillkürte Vollmacht wurde weder behauptet noch durch Vorlage einer Vollmachtsurkunde bescheinigt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus der Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.03.2018, nach der die gesetzliche Vertretung des Einschreiters erloschen ist.

Die Volljährigkeit des Antragstellers ergibt sich aus dem Umstand, dass dieser sich anlässlich der Stellung seines ersten Asylantrags in Deutschland als volljährig bezeichnet hat und das von diesem im deutschen Verfahren geführte Geburtsdatum um fünf Jahre von dem anlässlich der Antragstellung in Österreich zu Protokoll gegebenen Datum abweicht; die Behörde wies zutreffend darauf hin, dass kein Grund ersichtlich ist, weshalb der Antragsteller gegenüber den deutschen Behörden ein Geburtsdatum hätte bekannt gegeben sollen, welches ihn wahrheitswidrig fünf Jahre älter als sein tatsächliches Lebensalter ausweisen würde. Soweit die Beschwerde anführt, dass sich ein Antragsteller durch ein solches Verhalten möglicherweise eine schnellere Verfahrensabwicklung und einen baldigeren Zugang zum Arbeitsmarkt erhoffen könnte, so handelt es sich hierbei um eine bloß spekulative Behauptung, welche den Beobachtungen in der Praxis entgegensteht. Eine derartige Motivation des Antragstellers für eine wahrheitswidrige Behauptung seiner Volljährigkeit erscheint im konkreten Fall auch deshalb keinesfalls glaubhaft, da dessen seit Einreise in das Gebiet der Mitgliedstaaten gezeigtes Verhalten keinesfalls auf ein Interesse an einer zeitnahen Abwicklung seines Verfahrens hindeutet, zumal dieser in Verletzung seiner Mitwirkungspflichten sowohl in Österreich, als auch in Deutschland, jeweils kurze Zeit nach Antragstellung untergetaucht ist. Der Antragsteller ist in Deutschland zudem unter einem abweichenden Nachnamen aufgetreten, was zusätzlich zum Umstand, dass er sich dem hiesigen Verfahren entzogen hat und untergetaucht ist, gegen eine persönliche Glaubwürdigkeit seiner Person spricht. Auch die deutschen Behörden hatten offensichtlich keine Veranlassung, an der Volljährigkeit des Antragstellers zu zweifeln, da andernfalls - im Hinblick auf Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO - nicht davon auszugehen wäre, dass selbige mit einem Wiederaufnahmegesuch an Italien herangetreten wären. Auch die italienischen Behörden, die im Aufnahmegesuch des BFA von der behaupteten Minderjährigkeit in Kenntnis gesetzt wurden, haben an der Volljährigkeit des Antragstellers nicht gezweifelt. Hätten derartige Zweifel bestanden, wäre es nicht naheliegend, dass die italienischen Behörden dem Wiederaufnahmegesuch konkludent zugestimmt hätten. Auch das aus Lichtbildern im Akt ersichtliche äußere Erscheinungsbild des Beschwerdeführers gibt keinen Anlass, an dessen Volljährigkeit zu zweifeln. Das Bundesamt kam daher in nicht zu beanstandender Weise zum Schluss, dass der Beschwerdeführer bei seinem Auftreten gegenüber österreichischen Behörden anlässlich der Erstbefragung wahrheitswidrig seine Minderjährigkeit behauptet hat, um dadurch eine günstigere Behandlung zu erwirken. Weitere Ermittlungsschritte waren daher nicht notwendig.

Es haben sich auch sonst keine Hinweise auf ein etwaiges Vollmachtverhältnis zwischen Antragsteller und Einschreiter ergeben. Die bloße amtswegige Beigebung der einschreitenden Rechtsberatungsorganisation als Rechtsberater lässt für sich genommen ebenso wenig auf ein aufrechtes Vollmachtverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem Einschreiter schließen, zumal im Rahmen des Beschwerdeschriftsatzes auch ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass nie ein persönlicher Kontakt zwischen der Rechtsberatungsorganisation und dem Antragsteller bestanden hätte.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit mangels spezieller Bestimmungen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

3.1.2. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. Eine Zurückweisung durch Beschluss hat etwa im Falle des Fehlens der Parteistellung zu erfolgen (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2013, § 28 K2).

Gemäß § 10 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk.

Gemäß § 10 Abs. 3 BFA-VG ist ein mündiger Minderjähriger, dessen Interessen von seinem gesetzlichen Vertreter nicht wahrgenommen werden können, berechtigt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen und einzubringen sowie Verfahrenshandlungen gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu seinem Vorteil zu setzen. Solche Fremde sind in die Erstaufnahmestelle zu verbringen (§ 43 BFA-VG). Gesetzlicher Vertreter für Verfahren vor dem Bundesamt und dem Bundesverwaltungsgericht ist ab Ankunft in der Erstaufnahmestelle der Rechtsberater (§ 49), nach Zulassung des Verfahrens und nach Zuweisung an eine Betreuungsstelle eines Bundeslandes der örtlich zuständige Kinder- und Jugendhilfeträger jenes Bundeslandes, in dem der Minderjährige einer Betreuungsstelle zugewiesen wurde. Widerspricht der Rechtsberater (§ 49) vor der ersten Einvernahme im Zulassungsverfahren einer erfolgten Befragung (§ 19 Abs. 1 AsylG 2005) eines mündigen Minderjährigen, ist diese im Beisein des Rechtsberaters zu wiederholen.

Entzieht sich der mündige Minderjährige dem Verfahren gemäß § 24 Abs. 1 AsylG 2005 oder lässt sich aus anderen Gründen nach Abs. 3 kein gesetzlicher Vertreter bestimmen, ist der Kinder- und Jugendhilfeträger, dem die gesetzliche Vertretung zuletzt zukam, gesetzlicher Vertreter bis nach Abs. 3 wieder ein gesetzlicher Vertreter bestimmt wurde. Hatte im bisherigen Verfahren nur der Rechtsberater (§ 49) die gesetzliche Vertretung inne, bleibt dieser gesetzlicher Vertreter, bis die gesetzliche Vertretung nach Abs. 3 erstmals einem Kinder- und Jugendhilfeträger zufällt (§ 10 Abs. 5 BFA-VG).

3.1.3. Zur Altersfeststellung normiert § 13 Abs. 3 BFA-VG Folgendes:

"Gelingt es dem Fremden nicht, eine behauptete und auf Grund der bisher vorliegenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zweifelhafte Minderjährigkeit, auf die er sich in einem Verfahren vor dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen, kann das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen einer multifaktoriellen Untersuchungsmethodik zur Altersdiagnose (§ 2 Abs. 1 Z 25 AsylG 2005) auch die Vornahme radiologischer Untersuchungen, insbesondere Röntgenuntersuchungen, anordnen. Jede Untersuchungsmethode hat mit dem geringst möglichen Eingriff zu erfolgen. Die Mitwirkung des Fremden an einer radiologischen Untersuchung ist nicht mit Zwangsmittel durchsetzbar. Bestehen nach der Altersdiagnose weiterhin begründete Zweifel, so ist zu Gunsten des Fremden von seiner Minderjährigkeit auszugehen."

Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Frage der Altersfeststellung zur Rechtslage vor dem FrÄG 2009 in seinem Erkenntnis vom 16. April 2007, Zl. 2005/01/0463, grundlegend festgehalten, dass eine Alterseinschätzung bei Asylwerbern überprüfbar zu erfolgen hat, wozu es - sollte die Altersfeststellung nicht auf weitere, nachvollziehbar dargestellte Umstände gestützt werden können - im Regelfall einer Untersuchung und Beurteilung durch geeignete (zumeist wohl medizinische) Sachverständige bedarf. Sollten auch danach noch keine hinreichend gesicherten Aussagen zur Volljährigkeit möglich sein, haben die Asylbehörden im Zweifel von den Angaben des Asylwerbers zu seinem Geburtsdatum (Alter) auszugehen (vgl. die Erkenntnisse jeweils vom 17. März 2011, Zl. 2008/01/0364 und Zl. 2008/01/0479, jeweils mwN).

Nichts anderes normiert § 13 Abs. 3 BFA-VG (und zuvor bereits § 15 Abs. 1 Z 6 AsylG 2005): Mit dem FrÄG 2009 wurde in § 15 Abs. 1 Z 6 AsylG 2005 - nunmehr § 13 Abs. 3 BFA-VG - festgelegt, dass die Asylbehörden die Durchführung einer multifaktoriellen Untersuchungsmethodik zur Altersdiagnose anordnen können, wenn es dem Antragsteller nicht gelingt, eine behauptete und auf Grund der bisher vorliegenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zweifelhafte Minderjährigkeit nachzuweisen. Weder der Bestimmung des § 13 Abs. 3 BFA-VG, noch den Erläuterungen zur inhaltsgleichen Vorläuferbestimmung des § 15 Abs. 1 Z 6 AsylG 2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber bei der Einführung der multifaktoriellen Altersdiagnose davon ausging, dass eine solche bei Behauptung der Minderjährigkeit des Antragstellers jedenfalls zu erfolgen habe (arg.: "kann"). Vielmehr soll die multifaktorielle Altersdiagnose dann angeordnet werden, wenn weder aus den bisher vorliegenden Ermittlungsergebnissen hinreichend gesicherte Aussagen zur Volljährigkeit bzw. Minderjährigkeit des Antragstellers gezogen werden können, noch der Antragsteller seine behauptete Minderjährigkeit durch geeignete Bescheinigungsmittel nachweisen kann. Liegen jedoch Ermittlungsergebnisse vor, die die Annahme der Volljährigkeit des Antragstellers bei Asylantragstellung rechtfertigen, so ist weder verpflichtend von Amts wegen eine multifaktorielle Altersdiagnose anzuordnen noch kommt die Zweifelsregel zugunsten Minderjähriger zur Anwendung."

3.2.1. Im vorliegenden Fall ergab sich aus den in der Beweiswürdigung angeführten Erwägungen die Volljährigkeit des Antragstellers. Entsprechend der oben getroffenen Feststellung, dass die beschwerdeführende Partei zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits volljährig war, kommt eine gesetzliche Vertretung durch die Einschreiterin nicht in Betracht. Eine gewillkürte Vertretung wurde nicht einmal behauptet.

3.2.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Nichtvorlage einer schriftlichen Vollmacht gemäß § 10 Abs. 2 AVG ein iSd § 13 Abs. 3 AVG behebbares Formgebrechen dar (vgl. etwa VwGH 13.10.2011, 2010/22/0093).

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Fehlen einer Vollmacht kein verbesserungsfähiges Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG darstellt, da nur der Mangel des Nachweises, nicht aber der Mangel der Bevollmächtigung selbst behebbar ist (VwGH 19.02.2014, 2011/10/0014). Da in der Beschwerde ausgeführt wird, dass bisher kein persönlicher Kontakt zum Antragsteller bestanden habe und dessen Aufenthalt nach wie vor unbekannt ist, konnte von einer Fristsetzung zur Verbesserung des Mangels Abstand genommen werden.

3.2.3. Mangels einer gesetzlichen Vertretung des Antragstellers zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung und mangels schriftlichen Nachweises einer Vollmacht zur Erhebung der Beschwerde im Namen des Antragstellers konnte die Beschwerde nicht dem Antragsteller zugerechnet werden. Da eine Eingabe bis zum Nachweis der Bevollmächtigung dem Einschreiter zuzurechnen ist, ist diese als vom Einschreiter im eigenen Namen eingebracht zu behandeln (vgl. VwGH 22.05.2012, 2008/04/0208). Da der Einschreiter jedoch nicht Adressat des von ihm angefochtenen Bescheides ist, fehlt diesem mangels Parteistellung im Verwaltungsverfahren die Legitimation zur Einbringung der gegenständlichen Beschwerde im eigenen Namen. Die Beschwerde war daher mangels Beschwerdelegitimation der Einschreiterin als unzulässig zurückzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

3.3. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG idF BGBl. I 164/2013 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wurde.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Altersfeststellung, Beschwerdeeinbringung, Beschwerdelegimitation,
gesetzlicher Vertreter, Verfahrensanordnung, Volljährigkeit,
Zeitpunkt, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W192.2195169.1.00

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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