TE OGH 2018/11/6 12Os125/18a

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Veröffentlicht am 06.11.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. November 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sischka als Schriftführer in der Strafsache gegen Edwin N***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 44 Hv 23/18z des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts als Schöffengericht vom 19. Juni 2018, GZ 44 Hv 23/18z-73, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Janda, und Dr. Kresbach, zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19. Juni 2018, GZ 44 Hv 23/18z-73, verletzt in der rechtlichen Unterstellung der Schuldspruch A./ zugrunde liegenden Taten unter § 28a Abs 2 Z 1 SMG das Gesetz in dieser Bestimmung.

Gemäß § 292 letzter Satz StPO werden das genannte Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Subsumtion der Schuldspruch A./ zugrunde liegenden Taten unter § 28a Abs 2 Z 1 SMG, demgemäß auch der Ausspruch der Freiheitsstrafe (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie der unter einem gefasste Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19. Juni 2018, GZ 44 Hv 23/18z-73, wurde Edwin N***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG (A./) und des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG (B./) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Gemäß § 26 Abs 1 StGB iVm § 34 SMG wurde auf Einziehung „des sichergestellten Suchtgiftes“ erkannt, gemäß § 20 Abs 1 StGB ein Betrag von 13.000 Euro für verfallen erklärt und gemäß § 19a Abs 1 StGB eine Waage, ein Mobiltelefon der Marke bea-fon und Verpackungsmaterial konfisziert (vgl dazu US 5 iVm US 7 und US 12 f).

Mit zugleich ergangenem Beschluss (§ 494a Abs 1 Z 4 StPO) wurde die dem Angeklagten mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13. Oktober 2014, AZ 115 Hv 66/14i, gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat Edwin N***** – soweit hier von Relevanz – (A./) von Frühling bis Dezember 2017 in W***** vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB) überlassen, indem er 39 im Urteil namentlich genannten Abnehmern in einer Vielzahl von Angriffen zumindest 1.030 Gramm Cannabiskraut (US 7) mit einem durchschnittlichen Wirkstoffgehalt von zumindest 0,78 % Delta-9-THC und zumindest 10,34 % THCA (US 7 f) gewinnbringend verkaufte, wobei er (am 6. April 2017 zu AZ 43 Hv 23/17s des Landesgerichts für Strafsachen Wien) schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden war (US 6).

Den Urteilsfeststellungen zufolge hat der Angeklagte von 6. April 2017 bis 12. Dezember 2017 „die im Spruch ersichtlichen“ (teils nicht feststellbaren) Mengen (von jeweils einem bis zu 252 Gramm [US 2 bis 4] und insgesamt zumindest 1.030 Gramm) Cannabiskraut „an die im Spruch genannten Abnehmer“ um etwa 10 Euro pro Gramm „in der Absicht, sich durch den wiederkehrenden Verkauf von Cannabiskraut an eine Vielzahl von Abnehmern eine fortlaufende Einnahmequelle von mehr als 400 Euro monatlich, gerechnet über ein Jahr im Durchschnitt, zu verschaffen“, verkauft. Dabei wusste der Angeklagte „über Art und Qualität des Suchtgifts Bescheid. Ihm war bei jedem Verkauf bewusst, dass durch die wiederkehrende Überlassung von für sich genommen kleinen Mengen Wirksubstanz sich diese mit der Zeit auf die Grenzmenge übersteigende Mengen summieren werden, fand sich damit ab und entschloss sich dessen ungeachtet, fortlaufend die im Spruch angeführten Suchtmittel zu verkaufen“ (US 7; vgl ergänzend auch US 10).

Gegen das Urteil richtet sich die zum Nachteil des Angeklagten erhobene Berufung der Staatsanwaltschaft, über welche das Oberlandesgericht Wien noch nicht entschieden hat. Der Schuldspruch erwuchs unbekämpft in Rechtskraft.

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19. Juni 2018, GZ 44 Hv 23/18z-73, steht – wie die Generalprokuratur in der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt – im Umfang der rechtlichen Unterstellung der Schuldspruch A./ zugrunde liegenden Taten unter § 28a Abs 2 Z 1 SMG mit dem Gesetz nicht in Einklang:

Für die Subsumtion unter § 28a Abs 2 Z 1 SMG müssen sowohl die Vorverurteilung (dazu US 6) als auch die dieser Verurteilung – bei Annahme gewerbsmäßiger Begehung nach Maßgabe des § 70 Abs 1 Z 3 zweiter Fall StGB (wie hier) zeitgerecht (§ 70 Abs 3 StGB) – nachfolgende Tat (US 7 iVm US 2 bis 4) alle Tatbestandsmerkmale des § 28a Abs 1 SMG aufweisen (RIS-Justiz RS0130966; 11 Os 23/18v). Dabei ist zwar eine Zusammenfassung von – wie hier – jeweils für sich allein die Grenzmenge (§ 28b SMG) nicht übersteigender Suchtgiftquanten zur Begründung von Suchtgifthandel nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG aufgrund von Additionsvorsatz (US 7) möglich (RIS-Justiz RS0112225, RS0124018, RS0131856 [T1]). Da eine gesetzliche (auf exakt eine Grenzmenge bezogene) Abtrennungsregel für ihrerseits und im Verhältnis zueinander sukzessiv begangene Taten nach § 28a Abs 1 SMG im geltenden Recht nicht (mehr) aufzufinden ist, kann § 28a Abs 1 (hier:) fünfter Fall SMG so jedoch nicht mehrfach begründet werden (dazu 12 Os 21/17f, EvBl 2018/13, 83 E RZ 2018/4, 88 [verst Senat]; RIS-Justiz RS0131856).

Dass der Angeklagte nach seiner rechtskräftigen Verurteilung am 6. April 2017 bis zum 12. Dezember 2017 Suchtgiftverkauf – ohne Zusammenrechnung von für sich genommen jeweils unter der Grenzmenge gebliebenen sukzessiv vorgenommenen Einzelakten – in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge mit der Absicht getätigt hätte, sich durch die wiederkehrende Begehung von (nicht dem „Verkauf von Cannabiskraut“ [US 7] schlechthin, sondern) Taten nach § 28a Abs 1 SMG, also solchen Taten längere Zeit hindurch ein den Voraussetzungen des § 70 Abs 2 StGB entsprechendes Einkommen zu verschaffen, die (nicht bloß insgesamt, sondern) jeweils in Bezug auf eine die Grenzmenge übersteigende Suchtgiftquantität begangen werden (RIS-Justiz RS0130966 [T4]), lassen die Konstatierungen nicht erkennen.

Der von der Generalprokuratur zutreffend aufgezeigte Rechtsfehler mangels Feststellungen gereicht dem Angeklagten zum Nachteil, weswegen der Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 292 letzter Satz StPO wie im Spruch ersichtlich konkrete Wirkung zuzuerkennen war. Zu einer Aufhebung der Aussprüche über die Einziehung, die Konfiskation und den Verfall sah sich der Oberste Gerichtshof jedoch nicht veranlasst.

Textnummer

E123240

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0120OS00125.18A.1106.000

Im RIS seit

26.11.2018

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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